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Mchmtz -Jeitmg 55. Jahrgang. Nr. 102. Jmerare, welche bei da bedeutende» Auflage det Blattes eine sehr wirk same Verbreitung^ finden, «erden nnt 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarisch« und complicirt» Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, un revaktionellen Theile, di- Spaltenzeil« 20 Pfg. Dl» „Weisterih. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: DienStag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Psg., einmonatlich 42 Pfg. Einzeln« Slummern ' 10 Psg. — All- Postan. stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- , , - - A M t s V l a t t ««icht- und die Mdträthe für di- Königlich- Amtshnuptmannschaft Dippoldiswalde sowi- sur d-e K°mglich-n zu Dippoldiswalde und Irauenflem V°rantl°°r.»ch« MdaN°°r: P»»l Mm m DiP»«M-w°N>-. Donnerstag, den 29. August 1889. Zur Kolonialfrage. Das Deutsche Reich hat mit seiner noch so jungen Kolonialpolitik schon eine ganze Reihe mehr oder minder bedenklicher Erfahrungen machen müssen, welche den prinzipiellen Feinden jedweder kolonialpolitischer Ent wickelung Deutschlands einen hochwillkommenen Stütz punkt zu neuen Angriffen gegen die letztere gaben und wohl auch noch geben. Glücklicher Weise läßt sich die Neichsregierung durch diese Angriffe in der Berfolgung ihres von dem überwiegenden Theile der Nation offen bar gebilligten kolonialpolitischen Programmes nicht beeinflussen, aber immerhin muß ihr im Interesse einer gedeihlichen Entwickelung dieses ihres wichtigen Unter nehmens daran liegen, daß die bisher gemachten Miß griffe und Fehler möglichst vermieden werden. Es hat sich nun herausgestellt, daß die Schuld an den bisherigen theilweisen Mißerfolgen unserer Kolonial politik, wenn auch nicht in allen, so doch in vielen Fällen dem Umstande zuzuschreiben war, daß die Be amten der Neichsregierung in den deutschen Kolonien und Schutzgebieten sich wenig ober gar nicht befähigt zur Durchführung der ihnen übertragenen Aufgaben erwiesen, weil ihnen die nöthige Sachkunde zur Be- urlheilung der Verhältnisse in ihrem neuen Wirkungs kreise fehlte. Gerade die kolonialpolitische Geschichte Deutschlands der letzten zwei Jahre lieferte hierfür merkwürdige Beispiele und das bekannte Wort des Fürsten Bismarck von dem „kuror oonoularis", womit speziell das ungestüme und ungeschickte Vorgehen dieses oder jenes Reichsoertreters in den Kolonien gemeint sein sollte, bekundet, wie sehr man auch an leitender Stelle den angedeutelen wunden Punkt in unserer Kolonialpolitck erkennt. Es handelt sich also darum, künftig die hervorragenden Beamtenstellen in den deut schen Kolonialgebieten möglichst mit Männern zu be setzen, welche einerseits mit den praktischen Verhält nissen in den jeweiligen Gebieten vertraut sinv und die anderseits genug diplomatische Befähigung besitzen, die Interessen des Reiches und seiner Angehörigen nach jeder Richtung hin wirksam zu vertreten. Daß die Wahl unter den zu diesen Kolonialposten geeigneten „Kandidaten" vorerst noch keine große ist, läßt sich allerdings nicht leugnen und dies ist auch ganz er klärlich, denn cs fehlte bislang an einer geeigneten Vorschule zur Ausbildung derartiger Persönlichkeiten. Aber nachdem jetzt doch der erste Abschnitt unserer kolonialpolitischen Entwickelung im Allgemeinen voll endet ist, darf man hoffen, daß es an der Hand der hiermit gewonnenen Erfahrungen, auch wenn dieselben eben nicht in allen Stücken angenehme sind, der Reichs regierung allmälig gelingen wird, überall die geeigneten Persönlichkeiten für ihre Vertretung in den Schutz- und kolonialen Gebieten zu finden. Die Stellung eines Kolonialbeamten ist eben zu wichtig und ver antwortungsreich, als daß man sich nicht bemühen sollte, sür diese Posten nur hierzu befähigte Leute aus findig zu machen und zwar Leute, die vor Allem den Verhältnissen ihres Wirkungskreises ein genaues Ver- ständniß entgegenbringen und in kolonialpolitischen Dingen, im Verkehr mit den Naturvölkern, in Handel und Wandel in den Schutzgebieten u. s. w. Bescheid wissen. Freilich, auf Universitäten können Männer zu diesem Zwecke nicht herangebildet werden, ebensowenig, wie man die kolonialpolitische Weisheit aus Büchern lernen kann. Aber, Gott sei Dank, es giebt in un serer Nation genug Leute, die in den kolonialen An gelegenheiten reiche praktische Erfahrungen und zugleich ein scharfes Verständniß sür die allgemein nationalen wie politischen Interessen des Vaterlandes besitzen und es dürfte wohl nicht allzu schwierig sein, mit aus diesen Kreisen die Kräfte zu gewinnen, die bei der Verwaltung in den deutschen Kolonialgebieten wie überhaupt al- Vertreter und Beamte der Reichsregie- rung in transozeanischen Ländern brauchbar und nütz lich sind. Alsdann werden hoffentlich die Enttäuschungen und Mißerfolge allmälig verschwinden, welche bislang die deutsche Kolonialpolitik theilweise wenigstens durch Unkenntniß der Dinge begleiteten. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Am 28. August 1749 wurde ein Mann geboren, der den deutschen Namen weithin mit einem leuchtenden Glanze umgeben hat, der ebenso hell noch jetzt fortstrahlt am Himmel der deut schen Literatur. Wer wüßte nicht, daß heute vor 140 Jahren Johann Wolfgang Goethe, der Frank furter Patriziersohn, der Liebling der Musen, der König des deutschen Parnaß, die irdische Laufbahn begonnen. Wie verschieden auch Goethes Werke und seine Per sönlichkeit beurtheilt worden sind, soviel steht fest, daß in der lyrischen Dichtung keiner der Nachfolger, selbst Schiller nicht ausgenommen, die reine klassische Hohe, zu der Goethen der Genius liebend emporgehoben, je wieder erreicht hat. Je hastiger und gieriger unsere Zeit auch in der Literatur lebt, je gewürzter und pikanter ihre Erzeugnisse auftreten müssen, wenn sie dem verwöhnten Geschmack« der Lesewelt genügen sollen, uni so lieber flüchtet der geläuterte Geschmack in den gcweiheten Tempelhain der Goethe'schen Muse, zu dem reinwaschenden kastalischen Quell, als dessen Wächter Goethe bis zum hohen Greisenalter treulich gewaltet hat. Zu streiten, wer größer sei, Goethe oder Schiller, ist müssig. Wir stimmen ein in das Wort, das von Gothe selbst herrühren und das er einst zu Schiller gesagt haben soll: „Sie sollten sich glücklich schätzen, zwei Kerle, wie wir, zugleich zu haben." — Ma» meine nicht, dergleichen Empfehlung sei nicht fürs Volk, sie wende sich nur an die Gelehrten. Keines wegs! Goethes Lieder, Balladen, „Wahrheit und Dich tung aus meinem Leben", sind Blüthen, deren Duft jedes natürliche Gefühl genießen kann und sicher dabei seines Geistes einen Hauch verspüren wird. — Am vergangenen Sonntag beging in einfacher Weise und nur ausgezeichnet durch Auszug die hiesige Schützengesellschaft ihr diesjähriges Reiterschieben, bei welchem sich Herr Strohhutfabrikant Langer zum König und Herr Schuhmachermeister Jäckel zum Mar schall schoß. — Als am Dienstag Abend der Milchwagen des Berreuther Rittergutes nach dem Bahnhofe fuhr, scheute auf der Höhe das Pferd, ging durch und warf vor dem Bahnhosshotel den Wagen um, sodaß ein kleiner Theil der Milch auf die Straße floß. Der Geschirr führer, ein ältlicher Mann, wurde aus dem Wagen geschleudert, wobei er sich am Kopfe und Arme stark verletzte. Der Bewußtlose wurde schnell in das Bahn hofshotel getragen, von dem herbeigeholten Arzte ver bunden und dann nach Berreuth zurückgefahren. — Mit Rücksicht auf die gegenwärtige Obstzeit sei aus eine Thalsache aufmerksam gemacht, die viel zu wenig Beachtung findet und doch schon manche Krankheit herbeigeführt hat. An den Birnen und Aepfeln bemerkt man ost rauhe, schwarze Flecken, die beim Genuß des Obstes meist ganz unbeachtet gelassen werden. Mikroskopische Untersuchungen aber haben mit Bestimmtheit ergeben, daß Diese Flecke Pilzwuche rungen sind, welche sehr nachtheilig auf die Ver dauungsorgane wirken. Es empfiehlt sich daher, Obst nur geschält zu genießen, weil eine mitgegessene Schale schon allein im Stande ist, bei schwachem Magen das bekannte schmerzhafte Drücken zu erzeugen. — (Land- und forstwirthschaftliche Unfallver sicherung.) Die Wegeunterhaltung Seiten einzelner landwirthschastlicher Betriebsunternehmer, ebenso wie die einzelnen derselben obliegende Unterhaltung der in ihren Gutsbezirken gelegenen öffentlichen Wege werden als zum landwirthschastlichen Betriebe gehörig und daher bei der land- und forstwirthschaftlichen Be- rufsgenosienschaft versicherungspflichtig erachtet; da gegen ist die Unterhaltung öffentlicher Wege Seiten der Gemeinden oder Bezirksverbände u. s. w., weil nicht einzelnen Betriebsunternehmern unmittelbar ob liegend, der Tiefbauberufsgenossenschaft zugewiesen. — Nach dem Reichsgesetze vom 5. Mai 1886 sind Arbeiter sowohl, wie auch Betriebsbeamte, letztere so fern ihr Jahresarbeitsverdienst 2000 M. nicht über steigt, gegen die Folgen von Betriebsunfällen ver sichert; zu letzteren sind auch Rechnungsführer in und für landwirthschastliche Betriebe — die immerhin mehr oder weniger der Unfallgefahr im Betriebe mit aus gesetzt sein werden — mit zu rechnen. Wer als Be triebsbeamter anzusehen ist, hat das Gesetz der Fest stellung im berufsgenoffenschaftlichen Statut zugewiesen. Letzteres ist geschehen und da nun Scholare und Scholarinnen immerhin, wenn nicht als leitende, so doch als beaufsichtigende Personen mit verwendet werden, so sind diese auch als Betriebsbeamte zu er achten und es hat somit auch für dieselben die im Statut vorgeschriebene Nachweisung über den Bezug an Gehalt und Naturalienwerth zu erfolgen. -s- Schmiedeberg. Durch das Hinscheiden deS Herrn Traugott Aehnelt hier ist das Amt eines Ge meindevorstandes zur Erledigung gekommen. Man bedauert allgemein das Ableben des biederen Mannes, der, soweit sein langjähriges Lungenleiden es gestattete, mit großer Liebe und Treue und mit dem redlichsten Willen seines Amtes gewaltet hat. Die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten liegt gegenwärtig in den Händen des Herrn Gemeindeältesten Moritz Wolf, unter dessen Leitung bereits Vorberathungen bezüglich der Wahl eines neuen Vorstandes stattgefunden, aber zu einem bestimmten Ergebniß noch nicht geführt haben. Man ist einestheils der Ansicht, die betreffende Stelle auszuschreibeu, um möglicherweise einen mit dem Ge meindewesen bereits vertrauten Mann zu erlangen, während man andrerseits eine sich eignende Persön lichkeit des Ortes zu finden hofft. Gewiß ist die Be setzung eines solchen Postens für die Vertreter der Gemeinde keine leichte Sache. Möge es ihnen ge lingen, eine günstige Wahl herbeizuführen, damit der Gemeinde ein Mann beschieden werde, der weder nach rechts noch nach links, weder nach oben noch nach unten blickend, mit kräftiger Hand das Ruder ergreife und das Gemeindeschifflein sicher und glücklich weiter führe, was einer erfreulichen Weilerentwickelung unserS OrteS sehr zu gönnen wäre. — In unserem Nachbarorte Niederpöbel ist der schon seit mehreren Wochen aufgetretene Typhus noch immer nicht erloschen und es mögen zur Zeit vielleicht gegen 20 Personen verschiedenen Alters an dieser Krankheit noch darniederliegen. Bis jetzt sind ihrer vier, ein Ehemann, zwei Ehefrauen und eine Jung frau verstorben. Umstände halber hat man neuerlich einige von den Erkrankten im Krankenhaus zu Dip poldiswalde untergebracht. Durch die königl. Kreis- hauptmannschast ist aus dem Karolahause in Dresden eine Albertinerin in den betroffenen Ort entsendet worden, welche die heimgesuchten Familien täglich be sucht und die Vorschriften des Arztes gewissenhaft über wacht. Ihre Maj. die Königin hat zur Stärkung sür die Kranken eine Kiste mit Wein an das dortige Ge meindeamt gnädigst übermittelt, auch sind Gelder zu einer kräftigen Nahrung für sie aus Dresden geschickt worden. Von Seiten der kgl. Amlshauptmannschast zu Dippoldiswalde sind die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung des Weitergreifens der Epidemie ge troffen worden. In diesen Tagen wurden die Aborte aller Haushaltungen deSinfizirt. Auch bei uns hier muß dies auf Grund einer behördlichen Verordnung von jetzt ab bis auf Weiteres täglich geschehen. Im Interesse der Allgemeinheit ist ernstlich zu wünschen, daß alle HauSivirthe streng daraus sehen, den Vor schriften der Behörde allenthalben genau nochzugehen. Lauensteiu. Der 8. Sängertag der Eänger- veremlgung „Oberes Müglitzthal", ,u welcher die Se-