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Wchmtz-IeitW Verantwortlicher Redacteur: Paul Ithnr in Dippoldiswalde, 55. Jahrgang Dienstag, den 16. Juli 1889 Nr. 83. Zurückberusung des größeren Theiles des deutschen Blokadegeschwaders aus Ostafrika und hiermit die Frei- gebung der Zanzibarküste bevorstehen. Wie sich frei lich die staatsrechtlichen und politischen Verhältnisse in Deutsch-Ostafrika weiter entwickeln werden, erscheint noch einigermaßen ungewiß, da die Reichsregierung von einer förmlichen Annexion der bisherigen Gebiete der deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft noch immer nichts wissen will, auf alle Fälle kann aber nunmehr von einer Preisgebung jener der deutschen Interessensphäre unter nicht unbedeutenden Opfern kaum erst zurück gewonnenen Gebiete keine Rede sein. Aus Deutsch-Ostafrika. Die militärischen Erfolge, welche den deutschen Reichskommissar für Ostafrika, Hauptmann Wißmann, bei Bekämpsnng des Araberaufstandes von Anfang an begleiteten, sind in diesen Tagen durch einen neuen Waffentriumph gekrönt worden. Wie Telegramme aus Zanzibar berichten, griff Wißmann mit seiner über 1000 Mann starken Streitmacht, und unterstützt von 400 Matrosen, die an der Mündung des Usambara- Flusses gelegene wichtige Handelsstadt Pangani, welche als der eigentliche Herd des ganzen Aufstandes gelten kann, an und nahm dieselbe ohne Verlust seinerseits ein. Fünf deutsche Kriegsschiffe hatten den Platz vor her nachdrücklich beschaffen und dies mag wesentlich zu der nachfolgenden mühelosen Einnahme der Stadt bei getragen haben, denn die Eingeborenen zogen sich so fort zurück und zerstreuten sich in der Gegend, ein eigentlicher Kampf scheint demnach gar nicht erst statt gefunden zu haben. Das Gerücht, der Oberanführer der Rebellen, der vielgenannte Buschin, sei bei der Aktion gefangen genommen worden, bestätigt sich leider nicht, vielmehr ist es dem braven Buschin, wie schon bei Bagamoyo, wiederum gelungen, rechtzeitig das Hasenpanier zu ergreifen. Aber weder der Umstand, daß Buschin nochmals den Händen der Deutschen ent schlüpfte, noch die Thatsache, daß Pangani ohne be sonderen Kampf eingenommen wurde, vermögen die Bedeutung dieses neuesten Erfolges Wißmann» zu schmälern. Denn mit Pangani ist der letzte feste Stütz punkt der Aufständischen gefallen und wenn sie nun vielleicht auch in kleinere Banden zerstreut auf längere oder kürzere Zeit noch eine Art Guerillakrieg gegen die Deutschen führen werden, so kann doch die Kraft des Aufstandes in Ostafrika als gebrochen betrachtet wer den und mit den Resten der Insurgenten wird Wiß mann vermuthlich auch bald fertig werden. Haupt mann Wißmann hat demnach den ersten Theil seiner schwierigen Aufgabe, der militärischen Niederwerfung der Arabererhebung, glänzend gelöst und gezeigt, wie sehr in ihm die Reichsregierung den rechten Mann zur Durchführung des ostafrikanischen Feldzuges gefunden hatte. Allerdings darf nicht vergeßen werden, daß Hauptmann Wißmann in den deutschen Marinetruppen in Ostafrika eine nicht zu unterschätzende Hilfe fand, aber naturgemäß mußte die Hauptarbeit doch von seiner kleinen Armee gethan werden und diese hat sich, ob wohl sie aus so verschiedenen Elementen, wie Zulu negern, Askaris, Somalis und Sudanesen, zusammen gesetzt war und nur höchst flüchtig ausgebildet werden konnten, überraschend gut bewährt. Die deutsche Kriegskunst und Disziplin kann demnach sogar in Ost afrika auf einen neuen Triumph zurückblicken und jedenfalls ist die Lebensfähigkeit und Brauchbarkeit einer von deutschen Offizieren und Unteroffizieren an geführten eingeborenen Kolonialtruppe in Ostafrika durch den Verlauf des Kampfes gegen die gut be waffneten und tapferen Schaaren Buschiris zur Ge nüge nachgewiesen worden. Nach der endgültigen Dämpfung des Araberaufstandes bleibt indessen Herrn Wißmann noch immer die nicht leichte fernere Auf gabe übrig, die von der Erhebung ergriffen gewesenen Bezirke Deutsch-Ostasrikas vollständig zu beruhigen und daselbst in Handel und Wandel jene vielversprechenden blühenden Verhältnisse wieder heroorzurufen, wie sie zur Zeit der ersten Besitzergreifung dieser Gebiete durch die deutsch-ostafrikanische Gesellschaft noch herrschten. Wißmann hat noch inmitten der Kämpfe mit Buschiri erfolgverheißende Versuche zur Wiederanknüpfung deS Handelsverkehrs mit den Eingeborenen gemacht und bei seiner Umsicht und seiner gediegenen Kenntniß von Land und Leuten steht zu erwarten, daß nach Wieder herstellung des Friedens sich die deutschen Kolonien in Ostafrika von den Nachwirkungen des Aufstandes bald erholen werden. Da auch der Sklavenhandel so gut wie gänzlich aufgehört, so dürfte wohl auch endlich die Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 14. Juli. In Nr. 14 des „Cen tralblatts für Bäcker und Konditoren", des offiziellen Organs des Verbandes „Saxonia", redigirt von dem intelligenten Jnnungsmeister Böhme-Leipzig, ist eine für uns besonders wichtige und bedeutungsvolle Nach richt enthalten, die wir unfern Lesern mit großer Freude ntittheilen. Es soll nämlich im Anschlüsse an die deutsche Müllerschule durch Herrn Dir. Simon-Acker mann den 1. Oktober d. I. eine Fachschule für Bäcker, eine „wirkliche Fachschule", wie das Blatt schreibt, eröffnet werden. Herr Dir. Simon-Ackermann hat sich mit einer größeren Anzahl intelligenter Fach- genossen in näheres Vernehmen gesetzt und mit den selben zunächst die nachfolgenden Fächer als Lehr gegenstände vereinbart, als: Rechnen, Schönschreiben, Buchführung, Korrespondenz, Physik, allgemeine Chemie, Mehlerzeugung, Mehlkunde, Mehl-Untersuchungen, Feuerungstechnik, Backofensysteme, allgemeine Maschinen lehre, Bäckereimaschinen und maschinelle Bäckerei-An lagen, Gährungschemie. Diese Gegenstände sollen in 2 Semestern, von denen das eine mehr vorbereitenden Charakters sein wird, gelehrt werden. Voraussetzung für den Besuch ist die Vollendung des Volksschul kursus. Das Blatt verspricht, noch oft auf dieses für den gesammten Bäckerstand hochwichtige Unternehmen zurückzukommen, giebt aber bereits jetzt seiner unver hohlenen Freude darüber Ausdruck, daß sich der Mann gesunden, der die vielerörtete Angelegenheit am rechten Zipfel ansaßt. Jeder deutsche Bäckermeister, dessen Ver hältnisse es irgend gestatten, müsse seinen Sohn, der im Gewerbe bleibt, dieser Bildungsstätte zuführen, um ihn fähig zu machen, den immer härter werdenden Kampf ums Dasein zu bestehen. Die Hoffnung, daß unter solcher Fürsprache einsichtsvoller Fachgenoffen das Unternehmen gelingen und an seinem Theile zum Gedeihen des ehrenwerthen Gewerbstandes wesentlich bei tragen werde, ist eine wahlberechtigte und bringen wir unsrerseits demselben aufrichtige Theilnahme entgegen. Dippoldiswalde, 15. Juli. Unser Schützen fest, von Groß und Klein als berechtigte Eigenthüm- lichkeit gehegt und gepflegt, erwünscht und ersehnt, unter mancherlei Sorgen und Mühen vorbereitet, hat vorgestern durch den üblichen Zapfenstreich nebst obli gater Vorkneipe seinen Anfang genommen. Waren am Vorabend die Witterungsaussichten nicht gerade die günstigsten, so lachte am Sonntagmorgen beim Weckruf und Ausziehen des Vogels ein sonniger, wolkenloser Himmel auf den gerüsteten Festplatz her nieder. Freilich hüllte sich der blaue Baldachin bald in graue Schleier, die zu Mittag eine immer drohen dere Färbung und Dichtigkeit annahmen. Diese be denkliche Erscheinung war indeß nicht im Stande, die gute Laune und Feststimmung der zum großen Früh stück im Rathhaussaale nebst zahlreichen Gästen ver sammelten Schützenbrüder zu trüben. Hier war der Himmel rosig, und die Festfreude lockte manch frische Redeblüthe hervor. Herr Schützenvorsteher 0. Hell riefel leitete die Reihen der Tischreden durch einen Tnnkspruch auf Se. Majestät den König ein, dabei an die historischen Erinnerungen des Jahres 1889 an knüpfend. Das Wettinfest, die am heutigen Tage Inserate, welche dei de» bedeutenden Auflage det Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit IO Pfg. di« Spaltenzeile oder deren, Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Eilige« sandt, im redaktionelle» Theile, die Spaltenzeile SO Psg. (14. Juli) in der Bischofsstadt Meißen stattfindende 350jährige Jubelfeier der Einführung der Reformation, die am gleichen Tage vor 100 Jahren erfolgte Er stürmung der Bastille waren die Ausgangspunkte, die der Redner nahm, um Se. Majestät den König als Landesvater, als Schirmherr (auch des kirchlichen) Friedens, sowie als Helden und deutschen Mann zu feiern. Mit Begeisterung stimmte die Festversammlung in das dreifache Hoch und in die Sachsenhymne ein. Herr Schützenvorsteher Heinrich feierte hierauf die Ver dienste der Festkönige Lommatzsch, Stephan und be sonders des treuverdtenten Hauptmanns Wendler, worauf der Letztere sofort mit einem Hoch auf die Vorsteher der Gesellschaft antwortete. Herr Brand direktor Müller pries die Marschälle (Gietzolt, Langer und Röllig) als Muster der Selbstentsagung, Herr Seiler Schmidt weihte den städtischen Behörden sein Glas, Herr Hauptmann von Hodenberg trank auf die Schützengesellschaft und Bürgerschaft, die in Treue zum Königshause stehe, Herr Bürgermeister Voigt auf die Ehrenmitglieder (Heintze, Jehne, Lotze, Walter), von denen leider nur Herr Lotze anwesend war, Herr Kassirer Kunzmann auf die Gäste. Inzwischen war dem Schützenlieutenant, Herrn Feilenhauer Müller, der sein 25. Dienstjahr vollendet hatte, unter ehrender Ansprache des Schützenvorstehers C. Hellriegel ein Ehrendiplom überreicht worden. Auf so viel Ehren erweisungen folgten natürlich die entsprechenden Dankes- äußerungen. So antwortete Herr Bäcker Gietzolt im Namen der Marschälle mit dem Wunsche auf fröhlichen Verlauf des Festes, Herr Lehrer Lommatzsch-Dresden mit einer warmen Lobrede auf seine Vaterstadt Dip poldiswalde, Herr Lieutenant Müller mit einem Hoch aufdieSchützengesellschast.AuchHertSchuldirektorEngel- mann feierte diese im Namen und Auftrag der Gäste als diejenige Gesellschaft, die den Kern der Bürgerschaft enthalte, die ein fröhliches Volksfest veranstalte und die menschenfreundliche Unternehmungen (z. B. Milch kur) thatkräftig unterstütze, Herr Lotze dankte im Namen der Ehrenmitglieder, Herr Seifensieder Lommatzsch jun. brachte dem Herrn Hauptmann von Hodenberg ein begeistert aufgenommenes Hoch, worauf der Gefeierte mit einem Glase auf die Dippoldiswaldaer Jugend antwortete. Herr Welzel, Vorstand des Vereins „Glück zu" der Müllerschüler toastete auf die Schützen gesellschaft und die gesammte Bürgerschaft mit dem Wunsche, daß das gute Einvernehmen derselben mit seinen Kommilitonen gewahrt bleiben möge, Herr Oberlieutenant Ebert feierte schließlich Herrn Haupt mann Wendler, der seit 10 Jahren Hauptmann sei. Ein aus Schweden von Herrn Reichel eingegangenes Glückwunschtelegramm, sowie ein launiges Tafellied trugen zur Erhöhung der Stimmung bei, in deren Wogen denn auch mancher weitere Trinkspruch verhallte. Die Bewirthung durch Herrn Starke, der den ihm zugedachten Wandschmuck noch entbehrenden Saal mit Fichten hübsch dekorirt hatte, fand lobende Anerken nung. — Gegen 3 Uhr — freilich bei dem drohenden Gewitterhimmel etwas zu spät — fand der Auszug unter Betheiligung des Gesang-, Militär- und Müller schülervereins „Glück zu" statt, auch dem Herr Reichs tagsabgeordneter Geh. Hofrath Ackermann aus Dres den von einem Fenster des Rathhauses zuschaute, leider diesmal wegen des bald ausbrechenden Gewitter gusses unter erschwerenden Umständen. Wenn auch einige Tapfere der Fahne treu blieben — mit Be dauern sei's gesagt, eine allgemeine Panik löste den Zug und — 8UUV6 gui psut — sijirzten rechts und links die Zugtheilnehmer nach eineck schirmenden Ob dach. Dennoch war der Besuch des Festplatzes, als die liebe Sonne wieder hinter den Wolken hervorkam, ganz bedeutend, auch von auswärts fehlte es nicht an reichlichem Zuzug. Der Festplatz ist Heuer, da nur ein Streifen vor der Müllerschule zur Aufstellung von Buden benutzt werden konnte, nach der westlichen Seite Erweitert, so daß Schaubudefl und KarouffelS „Weißrritz-Zeitung" «-scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. Sb Pfg-, zweimonatlich. 84 Pfg., einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan fialte», Postboten, sowie die Agenten nehmm Be- , Amtsblatt für die Königliche Kmtshaupiniannschafi Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadtrathe zu Dippoldiswalde und Irauenstein