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Mt „Weißerttz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 26 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Mchentz-MW. Amtsblatt Inserate, welche bei d« bedeutenden Auflage de» «latteS eine sehr wirk same Verbreitung finden^ «erden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder oerar Raum berechnet. — Ta bellarische und compltcirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, nn redaktionellen Theile, die Spaltenzeil« 20 Pfg. für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: P-ut Ichnr in Dippoldiswalde. Nr. 87. Vom internationalen Sozialiflenkovgressc io Paris. Von den Berathungen, zu denen sich die Vertreter der französischen wie der ausländischen Sozialisten in Paris zusammen gefunden hatten, ist bislang nur ver- hältnißmäßig wenig in die Oeffentlichkeit gedrungen und wahrscheinlich wird man erst in einiger Zeit über deren Ergebnis etwas Näheres hören. Indessen, schon das Wenige, was der Telegraph über die Besprechungen der zu Paris versammelten Delegieren der europäischen Sozialistenwelt bis jetzt zu berichten wußte, genügt bereits zu einer Charakteristik des Pariser Sozialisten kongresses, denn es läßt erkennen, daß auch dieser zu nächst dazu bestimmt ist, den engeren Zusammenschluß der Sozialisten aller Länder zu fördern, während an dere Fragen, wie internationale Arbciterschutzgesetz- gebung u. s. w. erst in zweiter Linie in Betracht kommen. Speziell hat es Liebknecht, einer der Haupt wortführer der in Paris erschienenen deutschen Sozial demokraten, ja laut verkündet, daß der Kongreß dazu bestimmt sei, eine „Allianz' zwischen den deutschen und den französischen Arbeitern zu bewerkstelligen und drohend fügte er hinzu, die ganze Welt werde bald die Wirkung dieses Bündnisses spüren. Liebknecht hat va jedoch ein stolzes Wort ausgesprochen, das mit den thatsächlichen Verhältnissen gerade nicht sehr in Ein klang steht. Schon seit manchen Jahren wird der Welt vor dem Tritte der „internationalen Arbeiter bataillone" bange gemacht, oder mit anderen Worten, vor der Verbrüderung der Sozialdemokraten aller Herren Länder, ohne daß jedoch letzteres Ziel heute auch nur annähernd erreicht märe. Gewiß muß zu gegeben werden, daß der sozialistische Gedanke in Europa unter den breiten Massen der arbeitenden Be völkerung Fortschritte macht, aber bis zu einer aller Welt sichtbaren Verbrüderung der Sozialisten Europas und wohl auch Amerikas ist die Sache noch lange nicht gediehen. Auf jedem internationalen Kongresse der Feinde der heutigen staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung ist aus dieses Ziel hingearbeitet worden, ohne daß es hierbei groß über Reden hinausgekommen wäre; Heuer nun sollte in der französischen Hauptstadt die Vereinigung der beiden Hauptrichtungen in der Sozial demokratie, der sogenannten Poffibilisten und der Marxisten, zu welch' letzteren u. A. auch vie deutschen Sozialisten gehören, angestrebt und hiermit die Grund lage für die allgemeine Verbrüderung endlich gesunden werden, doch auch diesmal scheint es hiermit noch nichts zu sein. Bekanntlich tagten in Paris die Ver treter der beiden Richtungen neben einander und von Anfang der Sitzungen an ist sowohl bei den „Possi- bilisten" als auch bei den in weit stärkerer Anzahl erschienenen „Marxisten" das Thema der Vereinigung beider Parteien lebhaft erörtert worden, aus den Ver handlungen hierüber leuchtete jedoch nur das gegen seitige Mißtrauen hervor und mit der Verschmelzung der genannten beiden Hauptrichtungen unter der Sozial demokratie dürfte es daher gute Wege haben. Ob überhaupt selbst nur die von Liebknecht so hochtönende „Allianz" zwischen den Arbeitern Deutschlands und Frankreichs nunmehr zu Stande kommen wird, möchte gleichfalls zu bezweifeln sein. Es ist da höchst be zeichnend, daß in der Eröffnungssitzung der „Posst- bilisten" der Generalsekretär Lavy sich heftig gegen die deutschen Sozialisten wandte und sie geradezu als Störenfriede bezeichnete, der nationale Haß der Fran zosen gegen die Deutschen ist eben auch bei dieser Ge legenheit wieder zum Durchbruch gekommen und es ist nicht unwahrscheinlich, daß an diesem Umstande alle Bestrebungen zur geistigen Verschmelzung zwischen den deutschen und den französischen Sozialdemokraten scheitern. Selbst wenn aber eine solche jetzt in Paris zu Stande käme, so brauchen sich die „Bourgeois" dteseits wie jenseits der Vogesen deswegen durchaus noch nicht zu bekümmern. Die Sache hätte nur Be Donnerstag, den 25. Juli 1889. deutung, wenn sich die Organisation der französischen und deutschen Sozialdemokraten auf Millionen von Arbeitern erstreckte und sich dieselben ferner aus ein gegebenes Zeichen erheben würden, um das ihnen vor schwebende Ideal gewaltsam zu verwirklichen, aber weder hinter den französischen noch hinter den deutschen sozialistischen Delegirten stehen Millionen von Arbeitern und noch weniger ist die Arbeiterschaft Deutschlands wie Frankreichs einem gewaltsamen „Losschlagen" ge neigt. Man braucht daher auch den oder vielmehr die Pariser Sozialistenkongreffe keineswegs tragisch zu nehmen und auch über ihre Beschlüsse wird die Welt schließlich zur Tagesordnung übergehen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 23. Juli. Trotz vielfacher Be mühungen seitens des Vorsitzenden des Zweigvereins Dippoldiswalde des evangelischen Vereins der Gustav- Adolf-Stiftung, Herrn Pastor Hoffmann-Reinhardts grimma, ist es Heuer leider nicht gelungen, einen Kirch ort zu finden, der in der Lage wäre, die Vorbereitung und Ausführung des üblichen Jahresfestes zu über nehmen. Nicht als ob man sich überhaupt ablehnend verhalten hätte — sondern die Verhältnisse der Herren Pfarrer und Kirchschullehrer, denen bei dergleichen kirchlichen Festen eine ganz bedeutende Mühewaltung obliegt, gestalten sich Heuer vielfach so, daß der Verein geglaubt hat, dieselben berücksichtigen und von weiterem Andrängen absehen zu sollen. Die Jahresgeschäfte, insbesondere die Erledigung der Unterstützungsgesuche fällt also dem Vorstande anheim, der über seinen Be schluß sicher die Mitglieder des Vereins baldigst in Kenntniß setzen wird. Schon heute hat, wie wir hören, eine zur Erledigung der betr. Angelegenheit einbe rufene Vorstandssitzung stattgefunden. — Dem scheidenden Herrn Bezirksschulinspektor Mus hacke wurde gestern im Namen des hiesigen Schulausschuffes durch Herrn Stadtrath Bucher ein Dank- und Anerkennungsschreiben überreicht. — Zu dem 7. allgem. deutschen Turnfeste werden sich von Dippoldiswalde aus nächsten Freitag mit dem Turner-Extrazug 9 Mitglieder mit oer Fahne nach München begeben. — Auf ein Gesuch des Landesausschuffes der sächsischen Feuerwehren genehmigt die Königliche Generaldirektion der sächsischen Staatseisenbahnen, daß den Feuerwehrleuten, welche den II. technischen Feuer wehrtag in Chemnitz besuchen, eine Fahrpreisermä ßigung bewilligt wird. Auf die unter Vorweis ihrer Legitimations-, bezw. Festkarte vom 23. August d. I. ab in der Richtung nach Chemnitz gelösten, entsprechend abgestempelten einfachen Fahrkarten wird bis mit 27. August d. I. freie Rückfahrt gestattet, wobei jedoch die Benutzung der Eil- und Kurierzüge und die Gewähr ung von Freigepäck ausgeschloffen ist. Außerdem wird für diejenigen Gegenstände, welche bei Gelegenheit dieses Feuerwehrtages zur Ausstellung gelangen, auf den sächsischen Staatseisenbahnen die übliche Fracht vergünstigung gewährt werden. — Sächsische Münzen waren vor etwa 20 bis 25 Jahren unter den Münzsammlern nicht besonders gut bezahlt, denn sie kamen mit wenigen Ausnahmen häufig im Handel vor. Heute hat sich dieses Verhält- niß allerdings vollständig geändert. Trotz des niedrigen Eilberpreises sind die Werthe vieler älterer Münz sorten, der Medaillen, ja sogar verschiedener neuerer Münzen ganz beträchtlich gestiegen. In unserer vorigen Nummer war ein Inserat zu lesen, in welchem für einen Prämien-Doppelthaler von 1841 70 Mark und für einen solchen von 1857 sogar 100 Mark ge boten wurden, Preise, die trotz ihrer Höhe weit hinter dem wahren Werth zurückbleiben; wurde doch bei der im Juni 1887 in Dresden statlgefundenen Neichen- bachschen Münzauktion ersterer mit 84 und letzterer mit 165 Mark bezahlt. — Aber nicht nur neuere, auch einzelne alte sächsische Münzen stehen hoch im Preise. 55. Jahrgang. So ward bei der am 29. und 30. Oktober v. I. in Dresden abgehaltenen Versteigerung der Engelhardt- schen Sammlung, die Seltenheiten allerersten Range- enthielt, für den einzigen bis jetzt bekannten Portuga- leser (10 Dukatenstück), geprägt 1547 auf die vergeb liche Belagerung Leipzigs durch den Kurfürsten Jo hann Friedrich den Großmülhigen, 1800 Mark, und für die berühmte > Psd. Silber schwere Dreifaltigkeits medaille von 1544, gefertigt vom Leipziger Goldschmied Hans Neinhart dem Aelteren, 2500 Mark bezahlt, während eine Medaille der Kurfürstin Sophie von 1589, ein emaillirtes goldenes Kleinod, sogar 6500 Mark erzielte. Mit Angabe dieser Preise soll aller dings nicht behauptet werden, daß alle sächsischen Münzen gleiche Werthe darstellen, die meisten der in vielen Familien aufbewahrten Erbstücke haben keinen höheren als den Silberwerth, aber auch manches sel tene Stück mag sich noch in festen Händen befinden. — Wir selbst interessiren uns sehr für Münzen und Münzkunde und erklären uns gern bereit, etwa vor kommende Münzen zu bestimmen und zu taxiren, und, falls dieselben für das kgl. Münzkabinet in Dresden sammelnswerth befunden würden, den Verkauf an dasselbe unentgeltlich zu vermitteln, wie wir auch um gefl. Mittheilung über etwaige Münzsunde bitten. Dippoldiswalde. Die Frequenz auf der schmal spurigen Sekundärbahn Hainsberg-Kipsdorf im Monat Juni 1889 gestaltete sich in folgender Weise auf dm einzelnen Stationen und Haltestellen: Tourbillets. Taacsbillets. Militär- II. III. II. III. billets. Chemnitz . . . — 13 — 16 —— Dresden-Neust. . 1 4 — 2 —- Dresden-Ältst. 189 850 475 2723 87 Tharandt . . . 3 14 6 35 — Hainsberg. . . 255 1201 237 1992 27 Freiberg . . . — 5 — 19 — Dippoldiswalde . 101 1791 333 2923 52 Potschappel . . I 35 9 312 v. d. Haltestellen 340 3177 210 3689 112 Sa. 891 7090 1270 II7II 278 21,240. Es wurden befördert von Januar 1889 an 116,384 Personen. Befördert wurden 3,211,688 Kilogramm Güter. Demnach von Januar 1889 an 19,784,300 Kilogramm Güter. Im gleichen Monat des Vorjahres wurden 15,830 Billets verkauft und 3,945,819 Kilogr. Güter befördert. — (Krankenversicherungspflicht der Fa milienangehörigen.) Das kgl. Ministerium des Innern zu Stuttgart hat nach einem neuerlichen Er laß die Auffassung, daß erwachsene Söhne, Töchter oder sonstige Verwandte von Landwirthen, welche mit diesen zusammenleben und in deren Wirthschaftsbetrieb wie landwirthschaftliche Arbeiter oder Dienstboten be schäftigt werden, der für diese Arbeiter oder Dienstboten bestehenden Krankenversicherung ebenso unterliegen, wie andere landwirthschaftliche Arbeiter und Dienstboten und zwar auch dann, wenn sie nicht einen bestimmten Geldlohn, sondern in der Hauptsache nur freien Unter halt für ihre Dienstleistungen erhalten. Nach den weiteren Ausführungen des genannten kgl. Ministe riums sind nur solche Familienangehörige als von der Versicherungspflicht befreit zu erachten, welche wegm zu jugendlichen oder hohen Alters, wegen Gebrechlich keit oder dergleichen, Arbeit für den Betrieb regel mäßig nicht leisten, während alle übrigen Familien angehörigen, welche im Betrieb des Unternehmers Mit arbeiten, als in einem Dienstverhältniß gegen Lohn bez. Naturalverpflegung stehend anzusehen sind und daher dem Versicherungszwang unterliegen. Hierzu hat dasselbe kgl. Ministerium noch Folgendes an die Oberämter verordnet: Da die dem KrankenversicherungS- zwang unterliegenden Personen im Erkrankungsfall die gesetzlichen Leistungen der Krankenkassen beziehungs-