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Inserate, welch« bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk, same Verbreitung finden, werden mit 1V Psg. di« Spaltenzeile oder oerei» Raum berechnet. — Ta bellarische und complieirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, nn redaltionellen Tbeile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Mchmtz-MW Verantwortlicher Redacteur: Paul Ichne in Dippoldiswalde. Amtsblatt für di- Königliche Amtshauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für di- Königlichen Amtsgerichte und tue Stadlrathe ' zu Dippoldiswalde und Irauenstem „Weißerih-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich I M. S8 Psg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Nr. 86. Wut Zirlc für die deutsche Auswanderung. Bei dem Beginne der deutschen Kolonialpolitik wurde mit als eines der praktischen Ziele derselben die Gewinnung und Erschließung von Gebieten be zeichnet, wohin künftig der Strom der deutschen Aus wanderung gelenkt werden könnte. Der Gedanke sand bei allen Freunden der Kolonialpolitik zunächst warmen Beifall, denn den sich jährlich mehrenden überschüssigen Elementen der Bevölkerung Deutschlands vermochte nunmehr ein ganz neues Feld für ihre Thätigkeit er öffnet zu werden, ohne daß dieselben dem Heimaths- lande mehr oder weniger entfremdet wurden, wie dies bei der Auswanderung nach Amerika meist der Fall M sein pflegt. Aber inzwischen hat sich herausgestellt, daß die deutschen Schutzgebiete in Ost- und Westasrika wie in der Südsee für die eigentliche Auswanderung und Besiedelung durch deutsche Ackerbauer oder Vieh züchter nur wenig geeignet sind, klimatologische wie Bodenverhältnisse bilden hier schwer zu überwindende Hindernisse und wenn in Kamerun, in Ostafrika, auf Neu-Guinea die Plantagenwirthschast reiche Erträgnisse verspricht, so eignen sich diese Gebiete um so weniger für den eigentlichen Ackerbauer. Allerdings würde für denselben das Hinterlanv des deutschen Schutzgebietes in Südwestafrika, Damara- und Namaqualand, eher passen, hier fehlt es indessen wiederum auf lange hinaus an Verbindungen mit dem Meere, durch welche die betreffenden Ländereien erst entwickelungsfähig ge staltet würden und außerdem scheinen daselbst die Be sitzverhältnisse mit den Eingeborenen noch bedeutende Schwierigkeiten zu verursachen. Wohin soll denn dann aber der Strom der deutschen Auswanderer gelenkt werden, zumal in Nordamerika, dem bislang bevor zugten Eldorado der Europamüden, sich die Verhält nisse für die Einwanderer immer ungünstiger gestalten? Diese Frage hat nun der bekannte Kolonialpolitiker Dr. Fabri in seiner unlängst erschienenen Schrift: „Fünf Jahre deutscher Kolonialpolitik" mit berührt und sie durch den Hinweis auf die Ostküsten des mittelländischen Meeres, aus Syrien und Kleinasien mit ihren weiten Hinterländern, den Euphratgebieten, Kurdistan, Armenien u. s. w. beantwortet. Er hebt hervor, daß diese Länder, die alten Kulturstätten der arischen Menschheit, die Kornkammern der alten Welt gewesen seien und nur der Wiederbelebung durch Ein wanderung und Kultur für kommende Jahrhunderte harren. In der That zeichnen sich jene Gebiete im Allgemeinen durch hohe Fruchtbarkeit und ein ge mäßigtes Klima aus und erscheinen sie für Ackerbau ebenso geeignet wie für Viehzucht. Freilich unter der jahrhundertelangen türkischen Lotterwirthschaft sind sie arg heruntergekommen und in vielen Gegenden des türkischen Kleinasiens weist der Boden heutzutage einen weit geringeren Ertrag, als er ehedem war, auf und andere, ehemals fruchtbare Gegenden sind heute nur noch steriles Brachland, aber unter der Hand deutscher Kolonisten würden sich gewiß auch diese von der Natur so gesegneten Striche ebenso gedeihlich entfalten, als dies fgst überall der Fall ist, wo deutscher Fleiß und Ausdauer in fremden Zonen den Boden bearbeiten. Allerdings, für heute und morgen ist an die Verwirk lichung des von Fabri angeregten Planes noch nicht zu denken, wohl aber können die kleinasiatischen Länder und ihre Hintergebiete in einigen Jahrzehnten für Deutschland nicht geringe Bedeutung gewinnen, denn die politische Liquidation der Türkei kann schließlich nur eine Frage der Zeit sein und wenn dann die weittragenden orientalischen Wirren zu ihrer wirklichen Entscheidung gelangen, wird sich auch Deutschland seinen Vortheil wahren müssen. Doch auch jetzt schon wäre es erwünscht, wenn deutsche Landkäufer in den kleinasiatischen Gebieten der Türkei in größerer Anzahl festen Fuß faßten und hinreichend große Striche er worben, um sie parzellirt wieder an kleine deutsche Ackerbauer und Kolonisten zu überlassen. Es würde Dienstag, den 23. Juli 1889. hiermit eine geeignete Basis für die künftige deutsche Auswanderung nach jenen Gegenden geschaffen werden und daß ein solches Unternehmen auf den kräftigen Schutz und die volle Unterstützung der Reichsregierung rechnen könnte, darf wohl als sicher gelten. Lokates und Sächsisches. Dippoldiswalde, 20. Juli. In den Nachmittags stunden des vergangenen Freitag sah man bei uns eine stattliche Anzahl Lehrer unseres Schulbezirks von nah und fern, welche herbeigekommen waren, um Herrn Bezirksschulinspektor Mus hacke vor seinem Scheiden von hier eine Huldigung darzubringen. V-5 Uhr versammelten sich dieselben im Bahnhofshotel zu einer Gesangprobe und begaben sich dann gegen 6 Uhr in langem „Gänsemarsch" auf dem schmalen Fußwege hinter dem Vorwerk St. Nicolai nach der Wohnung des Herrn Bezirksschulinspektors, wo sie im Garten Aufstellung nahmen. Nach dem Gesänge von zwei Lhoralversen und Beethovens majestätischer Hymne: „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre", gab Herr Schuldirektor Engelmann den Empfindungen der Weh- muth, der aufrichtigen Dankbarkeit und der frohen Hoffnung auf fernere gedeihliche Arbeit im neuen er weiterten Wirkungskreise beredten Ausdruck. Sichtlich gerührt dankte hierauf der Herr Bezirksschulinspektor mit dem Versprechen, dem Bezirke ein treues Andenken bewahren zu wollen. Nachdem nun noch Mendels sohns frisches Wanderlied: „Wem Gott will rechte Gunst erweisen" angestimmt worden war, begaben sich die Lehrer in Begleitung ihres scheidenden Vorgesetzten in den Rathskcller, um hier bei einem höchst gemüth- lich verlaufenen Kommers noch einmal mit dem Ge feierten gesellig vereint zu sein. Außer drei besonders zum Abschiedskommers gedichteten Liedern ertönten wuchtige Männerchöre und zarte Doppelquartetts und manches ernste und heitere Wort wurde zu Ehren des Herrn Bezirksschulinspektors gesprochen, der wiederholt dankte und die Versicherung aussprach, daß er, wenn auch räumlich bald getrennt, doch geistig dem Bezirke innig verbunden bleiben werde. Obschon bereits >/«I0 Uhr der Abendzug eine Anzahl der Kollegen ent führte (weshalb auch der Kommers zu ungewöhnlich früher Stunde begonnen worden war), so blieb doch die Versammlung immer noch ganz stattlich, gesang- und redelustig. Der von Herrn Schuldirektor Engel mann ausgesprochene Wunsch, es möge die mit so vorzüglichen Gesangskräften gesegnete Kollegenschaft des Bezirks bei nächster Gelegenheit (etwa zur voraus sichtlich im Herbst stattfindenden Hauptversammlung) zum Besten des Pestalozzivereins hier ein Concert ver anstalten, fand allgemeine Zustimmung, und so steht uns denn etwa im September ein selten zu ermög lichender, aber sicher höchst ansprechender musikalischer Genuß bevor. Wir wünschen besten Erfolg. — 22. Juli. Das Sommerfest des „Dresdener Nadsahrvereins" ist beim herrlichsten Kaiserwetter in befriedigendster Weise verlaufen. Nach dem fühl baren Rückgänge der Temperatur in den letzten Tagen mit fast stets bedecktem Himmel und ausgesprochener Neigung zu Gewitterbildung mit reichlichen Nieder schlägen steckte schon der Freitag ein anderes Gesicht auf, der Sonnabend hielt sich gut, aber am Sonntags morgen spannte sich ein wolkenloser, blauer Baldachin über die lachenden Fluren. So stand denn einer zahl reichen Betheiligung von Witterungsseiten nichts im Wege. Das rührige Ortskomitee unserer Radfahrer (die Herren Heinrich jun. und son., sowie Herr Kommis Hick) hatte keine Mühe gescheut, das Fest bei uns zweckmäßig vorzubereiten, und so sah man denn der Ankunft der fröhlichen Fahrer mit Spannung entgegen. Von den hiesigen Sportgenossen in Reinholdshain mit Musik eingeholt, erfolgte nach 9 Uhr der Einzug. Jedes Stahlroß war mit 2 bunten Laternen geschmückt, Petroleum- und Magnefiumfackeln leuchteten, und das transparente Wappen des Vereins wurde vorangetragen. 55. Jahrgang. Dresdner Straße, Oberthorplatz und Markt, auch mehrere Häuser auf der Herrengaffe waren iüuminirt und zahlreiche bengalische Flammen gaben wunderschöne Lichteffekte und warfen phantastische riesige Schatten auf die Häuser. Vom Rathhause leuchtete ein riesiges „All Heil!" den Ankommenden entgegen, die von dem zahlreichen Publikum mit lautem Zuruf begrüßt wurden. Auf dem Markte begrüßte an Stelle des durch Heiser keit behinderten Herrn 6. Hellriegel (dessen Zustand sich übrigens im Verlause des Abends wesentlich besserte, so daß auch hier der segensreiche, gesundheitfördernde Einfluß des Radfahrens, hier vielmehr der Radfahrer uä ooulo8 demonstrirt wurde) Herr Schneidermeister Heinrich 86n. die fröhlichen Gäste, auf welche Begrüßung der Vorstand des Vereins, Herr Hromada - Dresden, antwortete, indem er der Stadt Dippoldiswalde, sowie Allen, die sich um das Zustandekommen des Festes ver dient gemacht hatten, ein dreifaches „All Heil" dar brachte. Nunmehr bewegte sich unter den Klängen des Stadtmusikkorps der Zug, zu dem sich inzwischen die aus Bilin eingetroffenen lieben Gäste gesellt hatten, nach der Aue und dem Schießhause, dessen Garten ebenso wie das Schützenzelt glänzend beleuchtet waren. Bald darauf entfaltete sich im Saale ein Kommers mit „ungeheurer Heiterkeit", bei welcher die „Gäste" in liebenswürdigster Zuvorkommenheit die „Wirthe" mach ten und bei dem den Fässern mit vorzüglichem „Pil sener" kühn zu Leibe gegangen wurde. Selbstverständ lich fehlte es nicht an Rede, Gegenrede, Musik' und Gesang. Zunächst begrüßte Herr Hromada die Dip- poldiswaldaer, worauf schlagfertig Herr Stadtverord netenvorsteher Wendler sofort im Namen der städtischen Kollegien antwortete, dabei der Freude über den Be such des Vereins Ausdruck gebend. Bald darauf er griff Herr Schuldirektor Engelmann das Wort, um im Anschluß an das Eichendorf'sche Wanderlied: „Wem Gott will rechte Gunst erweisen" den Verein im Namen des „Stiestöchterchens der sächsischen Städte", wie unsere Stadt in den Dresdner Nachrichten bei Ge legenheit der ersten Kundgebung von der Absicht des Vereins, hier sein Sommerfest zu feiern, genannt wor den war, zu begrüßen. Herr Hromada brachte sodann Sr. Majestät dem König Albert die Huldigung des Vereins dar, worauf Herr Reichel-Dippoldiswalde zu einem All Heil auf Se. Majestät den Kaiser Franz Joseph von Oesterreich aufforderte. Begeisterte Zu rufe und der Gesang der betr. Nationalhymnen folgten den Worten der Redner. Herr Bürgermeister Voigt trank auf den Radsahrerverein, Herr 6. Hellriegel auf weitere Ausdehnung des Radfahrens, das Gesundheit, Lebensmuth und Lebensfreude fördere, Herr Lindner- Dresden auf die 2 anwesenden Biliner Damen, Herr vr. Prosliner-Bilin auf den Dresdener Nadfahrverein und die Dippoldiswaldaer Bürgerschaft. Inzwischen waren 2 Begrüßungstelegramme aus Bilin eingegangen, deren Verlesen allgemeinen Jubel hervorrief. Herr Kögel-Dippoldiswalde fand für Vertheilung von Korre spondenzkarten mit der Ansicht von Dippoldiswalde die Anerkennung des Vereins durch Herrn Hromada, ebenso auch das Dippoldiswaldaer Ortskomitee, für welches Herr Hick dankend erwiderte. Herr Schul direktor Engelmann weihte den Oesterreichern als deutschen Brüdern sein Glas, Herr Prof. Karwelka- Bilin ließ die Kadetten des Radfahrens (2 Herren, die noch keine Räder haben, hatten die Biliner zu Fuß begleitet) leben, Herr Teicher - Dresden pries in begeisterten Worten seine Vaterstadt Dippoldiswalde, was ihm verschiedene Huldigungen, besonders durch Herrn Wendler eintrug. Den rührigen Herrn Vor steher des Nadsahrvereins, Hromada, feierte Hekt Kramer-Dresden, in gleicher Weise brachte ihm als Förderer der vaterländischen Geflügelzucht Hr. Wendler ein Glas, Herr Hromada ließ Herrn Musikdirektor Hoppe, Herr Teicher den Gesangverein und Herrn 6. Hellriegel leben, Herr Heinrich 8«n. gab dem Wunsche, daß die Fahrräder billiger werden möchten, humoristischen