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Beilage zu Nr. 76. Sonnabend, den 29. Juni 1889. Vermischtes. (Alphabetischer „Mustermann".) Als hinkendes Pendant zu dem alphabetischen Musterweib, von dem wir kürzlich an dieser Stelle sprachen, sendet uns eine etwas bos hafte Freundin unseres Blattes folgenden „Mustermann", wie er — Nichtsein soll: aufgeblasen, byciclefahrend, cigaretten- rauchend, doppelzüngig, ringcbildet, fad, geckenhaft, heftig, irredenlistisch (oh!), krummbeinig, launenhaft, monocletragend. Nervös, oberflächlich, pedantisch, quälerisch, rechthaberisch, sarkastisch, tyrannisch, unverschämt, verschwenderisch, Wankel- müthig, zaghaft. Im Briefkasten der Wiener Zeitschrift „An der schönen blauen Donau" finden wir folgende Zuschrift: „Zdenko L. in Przemysl: Sie senden uns die Geschichte vom Othello und der Desdemona zu einer Ballade verarbeitet. Wir heben die hauptsächlichsten Schönheiten hervor: Strophe 4: „Othellos Auge Blitze sprüht. Und er schreit mit schrecklichem Laute, Da er ihm missetraute." Strophe 6: „Und stürzt aus ihm und packt ihm an Und wirft ihm jäh zu Boden." Strophe 13: „. . . und wirft ihr in wilden Gedanken vor, Dereinst zu ihren Füßen Gelegen gehabt zu müssen." Strophe 16: Und endlich ruhig sie nun lag — Sie röchelt leise und erstak. Geehrter Herr: Dem Gedichte hätte ohne Zweiselm sehr schön gewesen. Aber den deutschen Sprachen ist doch keinem so leichtem Sachen, als sie gedenken gemocht zu haben müssen. Schon mancher hätte vielleicht sehr schön gebuchten; wenn nur nicht dem verflixtem Grammatik gewesen gehabt worden wäre. Er gabte sich großen Mühen; aber da er nicht Deutsch gekönnen hatte, gingte es nicht und cs misgelung ihm; wo rüber er zwar sehr vergestimmt war, aber da laßte ihm nichts machen, weil ja noch nie einem Meister von das Himmel sul, was wir Sie bitten, auch Ihnen gesagt worden gelassen ge habt zu haben." Blutregen. Ende voriger Woche ist im Flecken Su- lejen, Gouvernement Lublin, in Ruffisch-Polen blutiger Regen gefallen. Die durch den Wolkenschleier durchschimmernden Sonnenstrahlen beleuchteten roth vom Himmel herabkommende schwere Regentropfen; große rothe Lachen bildeten sich überall und in jedem Rinnstein rieselte ein kleiner hellrother Bach. Die weißen Hemdärmel der unter den Regen gerathenen Bauern waren mit „Blut" getränkt, und Furcht und Schrecken ergriffen die ganze Bevölkerung des Städtchens, welche der Versicherung des Lehrers, wie des Doktors, daß die rothe Farbe des Re- genwaffers von einer Menge in den höheren Luftregionen sich aufhaltenden und vom Regen niedergeriffener unsichtbarer In fusorien herrühre, keinen Mauken schenkend, fest und steif von dem bevorstehenden Weltuntergänge überzeugt war. Eine Flasche dieses roth gefärbten Regenwaffers ist behufs näherer chemischer und mikroskopischer Untersuchung nach Warschau geschickt worden. (In seratenhum or.) Nachfolgende Blüthenlese aus dem Jnseratentheile verschiedener Zeitungen stellt ein Wiener Blatt zusammen: „Erstes großes Brillant-Feuerwerk unter per sönlicher Abbrennung des Herrn Patzslt." — „Unterzeichneter empfiehlt zur Benützung einer Milchkur seine eigne Kuhmilch." — „Eine Amme für einen Gesandten am königlichen Hofe wird sofort verlangt." — „Bekanntmachung: Die Armen speisung durch den Frauenverein betreffend. Z 4. Jede Marke lautet auf einen bestimmten Tag und die Dame, welche das Kochen übernommen hat, trägt den gedruckten Titel Speise marke und ist auf der Rückseite mit dem Abdruck unseres Stem pels versehen." - - Sehr nett nimmt sich folgendes Inserat aus: „Der Graswuchs auf den Lothewiesen wird hiermit ge nehmigt. Bürgermeisteramt F." — Unglaublich klingt fol gender Anschlag: Professor Dr. Kranz kann nicht lesen." — Sehr verfänglich lautet folgender Dank: „Allen, die uns bei der Entstehung des Feuers zu Hilfe gekommen sind, unseren tiefgefühlten Dank." — Aber durchaus unglaublich klingt es, wenn es heißt: „Zu Ehren Sr. Majestät des Königs von Sachsen erscheint heute die hiesige Garnision nur im Helm auf der Straße." — Hochkomisch macht sich folgende Annonce: „Das Impfen der Kinder von Kälbern findet am 23. d. M. statt." — Aus eine gewisse Grausamkeit deutet nachstehendes Inserat: „Der Verkauf meiner seligen Frau auf dem Wochen markt hat seinen ungestörten Fortgang," — Ganz unmöglich erscheint diese Nachricht: „Der Kaiser gab das Zeichen zum Beginne der Feier durch Absingung eines Chorals." — „Ein dreijähriger Esel, wegen seiner Frömmigkeit auch für den Um gang mit Kindern paffend, ist zu verkaufen." — Sehr heiter wirken nachstehende Anzeigen: „Elf Kleiderschränke für Feld webel von Kiefernholz sucht die Garnisons-Verwaltung in Glo- gau." „Alle, welche noch Akten aus dem Nachlasse meines verstorbenen Mannes beanspruchen, werden ausgefordert, sich binnen vier Wochen zu melden, widrigenfalls sie eingestampft werden. Frau Advokat B." — Mit dieser gräßlichen Drohung sei diese kleine Blüthenlese „komischer Anzeigen", die bis in's Unendliche fortgesetzt werden könnte, für heute beendet. Tagrs-G-denkbMer fürs Wettiner Fubkljshr 1889. SS Juni. 1193. Kurfürst Friedrich der Weise wird Nachts 12 Uhr durch Heinrich von Schaumburg, den Einzigen seines Gefolges, der schon in Palästina gewesen war, im Tempel zum Ritter deS heiligen Grabes geschlagen. 1730. Ende des berühmten Lustlagcrs bei Zeithain. 1751. Die katholische Hofkirche in Dresden, erbaut von 1739 bis 1751, wird in aller Stille und bei verschlossenen, von Militär besetzten Thüren eingeweiht. 3V. Juni. 1195. Markgraf Albrecht der Stolze -j- auf dem Wege von Frei berg nach Meißen an Gift. 1503. Der nachmalige Kurfürst Johann Friedrich der Groß- mütbige zu Torgau *. 1830. Der hochverdiente sächsische General Le Coq -s zu Brieg im Kanton Wallis. 1. Juli. 1809. König Jerome von Westfalen, Napoleons I Bruder und bekannt als König „Lustik", zieht mit Westfalen und Hollän dern in Dresden ein; alle Glocken läuten. 1869. Vereinigung der östlichen und westlichen Eisenbahnen des Königsreichs Sachsen. 1879. Einweihung der neuen Landesschule St. Afra zu Meißen in Gegenwart des Königs Albert. 1884. bOjähriges Dieustjubiläum des Kriegsministers Generals v. Fabrice, anläßlich welchem der Jubilar in den Grasenstand erhoben, mit dem preuh schwarzen Adlerorden und dem österr. Stephansorden-Großkreuz dekorirt wurde. Die Offiziere des XII. Armeekorps verebrten ihm einen silbernen Ehrenschild und einen Ehrensäbel. Nachmittags fand ihm zu Ehren im kgl. Residenzschlosse Galatafel statt, bei welcher der König einen Toast auf den Jubilar ausbrachte. Mühlen-Werkauf. Eine an der „wilden Weißeritz" gelegene Mühle (Mahl-, Schneide- und Oelmühle) mit aushaltenver Wasserkraft und über 40 Scheffel Wiese und Feld ist mit vollständigem, in gutem Zustande befindlichen In ventar erbtheilungshalber sofort zu verkaufen. Nähere Auskunft ertheilt Herr Gemeindevorstand Walter in Schönfeld bei Schmiedeberg im Erzgeb. Bäckerei - Verkauf. Ein Haus mit Bäckerei, Feld und Obstgarten ist veränderungshalber zu verkaufen. 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