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Monat in hiesiger Gegend mehrfach vorgekommenen Schadenfeuer wurde durch die erfolgreiche Thätigkeit der Gendarmerie in der Person des 17 Jahre alten Handarbeiters Brückner aus Hartmannsdorf ermittelt und festgenommen. Derselbe hatte sich in die Scheunen und Schuppen eingeschlichen und ist, nachdem er mittelst Streichhölzchens das darin aufgespeicherte Heu und Stroh vorsätzlich in Brand gesteckt hatte, entflohen. Auf diese Weise wurden durch den jugendlichen Ver brecher das der Emilie verw. Scheumann in Hart mannsdorf gehörige Gut und ein Wohnhaus mit an gebautem Schuppen ein Raub der Flammen. Brückner hatte sich schon seit 4 Wochen von der elterlichen Woh nung entfernt und trieb sich nun arbeitslos und vagirend in hiesiger Gegend umher. Zwickau. Die am 20. Mai während des Wolken bruchs bei der Eisenbahnüberbrückung in Oberrothen bach verunglückte Maschine wurde am 4. Juni Nach mittags mittelst einer zweiten Maschine auf schrägge legten Schienen aus der Vertiefung herauf- und nach Zwickau befördert. — Ein furchtbares, das Gewitter am 20. Mai noch übertreffendes Unwetter suchte, wie schon kurz gemeldet, am 4. Juni Nachmittags die hiesige Gegend heim. Der Himmel verfinsterte sich ganz unheimlich und so, daß in den Zimmern Licht angezündet werden mußte. Der Sturm erhob sich, entwurzelte Bäume und legte Zäune und Gartenmauern um. Der Regen fiel in Strömen und machte jeden Ausblick unthun- lich. Einzelne Schloßen mischten sich in den Regen. Die Straßen bildeten Teiche, da die Schleußen die Negenmassen nicht ausnehmen konnten. Dabei zuckten Blitze auf Blitze und kamen zahlreiche kalte Schläge vor, die aus der Stadt selbst gemeldet wurden. Viele Geschäfte wurden geschloffen, da nicht abzusehen war, was sich ereignen konnte. Thatsächlich trat auch Waffersgefahr ein. Der Mittelgrundbach und der Marienthaler Bach, welche sich beide im Garten des Kreiskrankenstiftes vereinigen, und den Bioritzbach — mit 2 ni hohen Ufermauern, bez. 3 in breitem Bette bilden, traten weit über ihre Ufer. Von Minute zu Minute stieg die Gefahr. Das Kreiskrankenstift stand bald völlig unter Wasser. Die etwa 15 in seitlich stehende Luftbude für Brustkranke war von der Mutter anstalt völlig abgeschlossen, das Wasser drang bis in diese Baracken, die Kranken wurden daraus entfernt und nach dem nahegelegenen Hotel „Deutscher Kaiser" gebracht. Bald standen die untere Bahnhofstraße, Reichenbacher, Werdauer, Crimmitschauer, äußere Plauensche Straße, der Poetengang, dieBosen-, Richard-, Römer-, Moritz-, Nord-, Annen-, Lessing-, Reichs-, Osterweih-, Moltkestraße unter Wasser, daselbst bis zur äußeren Leipziger Straße drang und dort bis zu r/t w Höhe stieg, während die Wasserhöhe in anderen Straßen noch bedeutender war. Die Verbindung dieser Straßen unter einander war völlig aufgehoben. Die Straßen wurden gesperrt, die Feuerwehr ward alarmirt, letztere rückte mit ihren Rettungsgeräthschaften nach der gefährdeten Nordstadt ab. Der größte Theil dieser Straßen, ebenso die Moritzkirche nebst Pfarrhaus und Kirchplatz, waren schon von 7 Uhr ab nicht mehr er reichbar. Erst nach 10 Uhr Abends trat ein Sinken des Wassers ein, nach Mitternacht wurden die meisten Straßen wieder passirbar. Die Nordstadt besitzt viele Villen mit prächtigen Gärten. Diese letzteren, wie die Straßen sind verschlemmt, die Keller stehen unter Wasser, viele Maaren-Vorräthe in Kellern, Schuppen rc. sind vernichtet, die Usermauern der gesammten Bäche, sammt Ueberwölbungen stark geschädigt, Brücken theils weg- geriffen, theils schwer mitgenommen. Der Eisenbahn damm rechts der Crimmitschauer Straße — Chemnitzer Linie —, der schon am 20. Mai so arg beschädigt wurde, ist wieder unterspült und es hängen die Schienen in der Luft. Der Zugsverkehr auf fast allen Linien wurde sistirt. Reichenbach i. V. Am 6. Juni Vormittags brach in dem am Dienstag vom Wolkenbruch am meisten betroffenen Stadttheile ein großes Feuer aus, welches 1 Fabrik und 8 Häuser zerstörte. — In Reichenbach sowie Mylau herrscht die an gestrengteste Thätigkeit, um die durch das letzte Un wetter herbeigeführten Schäden wenigstens einiger maßen wieder auszubeffern und den Schlamm und Schutt aus Stuben, Ställen und Gehöften zu bringen. Auf dem Markte zu Mylau stand das Wasser wieder 1 Meter hoch, so daß sich die Anwohner in die oberen Räume flüchten mußten. Glücklicherweise hatte man vor Beginn des Unwetters das Vieh in die Ställe der höher gelegenen Häuser gebracht. Auch in dem Cunsdorfer und Friesener Thale ist das Unwetter so arg aufgetroffen, daß das ganze Thal ebenfalls einem See glich. Kamenz. In der Nähe von Bernbruch wurde am 31. Mai früh gegen 4 Uhr ein Mann, schwer am Kopfe, im Gesicht und an Rücken und Armen ver letzt, aufgefunden. Er wurde als ber Arbeiter Stephan Chozibek aus Zawada, Kreis Ratibor, bis zum 29. Mai in Straßgräbchen in Dienst gewesen, erkannt und in das Barmherzigkeitsstift gebracht, wo er nach wieder erlangter Besinnung aussagte, er sei von zwei Männern geschlagen worden; vorläufig bleibt es noch unaufge klärt, ob ein Racheakt oder welche Umstände die Ver anlassung der That sind. Dem Vernehmßn nach ist die Verhaftung zweier Personen aus Verdachtsgründen erfolgt. Der Unglückliche ist noch am Abend gestorben. Ostritz. Im Dorfe Schönfeld saßen kürzlich in den Vormittagsstunden die Bewohner des dem Gärtner Scholze gehörigen Hauses beim Frühstück, als Scholze in der Oberstube Geräusch vernahm. Um die Ursache zu erforschen, ging die Frau in die Hausflur, und sah einen fremden Mann die Treppe herunterkommen. Auf ihr Rufen eilte ihr Ehemann herbei, der den Fremden festzuhalten suchte, von diesem aber nieder geworfen wurde. Der Dieb flüchtete durch die Hinter- thüre und verschwand mit einem gestohlenen Betrage von 1000 Mark in der Richtung nach Ostritz. Und dies Alles geschah am Hellen lichten Tage! Roßwein. Ein Haupt-Gewinn der Dresdner Pferdeausstellungslotterie ist einem hiesigen Fabrikanten zugesallen, welcher kurz vor der Ziehung sich in Dresden befand und gelegentlich der Ordnung einer geschäftlichen Angelegenheit von seinem Dresdner Geschäftsfreund 2 Loose der genannten Lotterie ange boten erhielt, die er mit guter Miene übernehmen mußte. Der auf das eine Loos gefallene Gewinn be steht aus 2 schönen Pferden, Geschirr und Wagen. Grimma. Das als Aufwartung thätige Schul mädchen M. von hier war beauftragt worden, in Ab wesenheit der Herrschaft, einer Wittwe, Feuer anzu brennen. Es benutzte dazu Petroleum, indeß die Flasche explodirte und das Mädchen wurde furchtbar verbrannt. Trotz aller sofort angewendeten Mittel im Stadtkrankenhause ist das Mädchen vorvergangene Nacht seinen schweren Leiden erlegen. Lindenau bei Leipzig. Das leichtsinnige Umgehen mit Petroleum hat wiederum einen schweren Unfall herbeigesührt. Frau verw. B., in der Albertstraße Hierselbst wohnhaft, kehrte am Sonntag Nachmittag mit ihrer Tochter von einem Spaziergang heim. Damit das Kaffeewasser schneller koche, goß die Frau Petro leum in das Herdfeuer, als plötzlich eine mächtige Flamme zurückschlug und die Kleider der Frau und ihrer daneben stehenden Tochter in Brand setzte. Auf das Geschrei Beider eilten Nachbarsleute herbei und erstickten die Flammen, auch das Feuer in der Küche, denn es brannten bereits Fensterrahmen und Dielen. Beide Frauen sind sehr schwer verletzt und für die Mutter ist leider wenig Hoffnung auf Wiederherstellung vorhanden. Altenburg. Der leichtfertige Umgang mit Schuß waffen hat in Pflichtendorf abermals großes Un glück über zwei Familien gebracht. Der 19jährige Bruder des Gutsbesitzers Pfau hatte in einem Gebäude ein Gewehr gefunden, aus dein er einen Schuß in die Luft abfeuern wollte; trotz mehrmaligen Versuchs entlud sich das Gewehr aber nicht. Da rief er der vorübergehenden Magd zu:, „Soll ich Dich erschießen?" Kaum hatte sie lachend „Ja!" gerufen, so krachte der Schuß und die Magd sank, ins Genick getroffen, schwer verletzt zusammen. Aerztliche Hilfe war sofort zur Stelle; aber der Ausgang der leichtfertigen Handlung läßt sich nicht bestimmen. Tagesgeschichte. Berlin. Der Bundesrath ertheilte in seiner Sitzung am 5. Juni dem Alters- und Jnvalidengesetze, wie es aus der dritten Lesung des Reichstages her vorgegangen, seine Zustimmung. — Der Bundesrath wird dem Vernehmen nach noch in dieser und der nächsten Woche Sitzungen abhalten, um die noch aus stehenden Arbeiten zu erledigen. Daß über die bean tragten Aenderungen des Strafgesetzbuches eine end- giltige Beschlußfassung erfolgen werde, gilt als un wahrscheinlich; jedoch dürfte immerhin der Bericht der Ausschüsse entgegengenommen und darauf die Ange> legenheit bis zum Wiederzusammentritt nach den Sommerserien vertagt werden. Eingegangen ist beim Bundesrath neuerdings eine Gegenüberstellung der Be schlüsse des Bundesraths und des Landesausschusses zu dem Gesetzentwurf, betreffend Grunveigenthum und Hypothekenwesen, sowie die Notariats-Gebühren für Elsaß-Lothringen. Mit mehrfachen Aenderungen hat der Entwurf die Zustimmung des LandesauSschuffes erhalten und der Bundesrath wird nun sich zu ent schließen haben, ob er die Abänderungen des Entwurfs annehmen will. — Soviel bis jetzt bekannt geworden, wird der Schah von Persien am ersten Pfingstfeierlag in Berlin eintreffen und im Schlosse Bellevue Wohnung nehmen. Der Aufenthalt in der Reichshauptstadt wird 3 Tage dauern. Am zweiten Feiertage findet das Stiftungsfest des Lehr-Jnfanteriebataillons in Pots dam statt, dem der Besuch beiwohnen wird. Das Fest wird in der herkömmlichen Weise durch Gottesdienst und Speisung der Mannschaften bei den Communs bei Schloß FriedrichSkron begangen. — Nach der „N. Pr. Ztg." hat die sozialdemo kratische Fraktion des Reichstages für Frankreich ein eigenes Preßbureau organisirt zu dem Zwecke, die öffentliche Meinung von Paris für unsere Arbeiter und kleinbürgerlichen Kreise, sowie für die Herren Bebel und Liebknecht zu gewinnen. Bekanntlich finden in diesem Jahre zwei internationale Arbeiterkongreffe in Paris statt, auf deren einem Bebel und Liebknecht eine führende Rolle spielen wollen. Die „N. Pr. Ztg." weist darauf hin, daß schon jetzt in Pariser Blättern eine Uebersetzung der hauptsächlichsten Stellen der Rede Bebels erschienen ist, welche die französische Revolution im Reichstage verherrlichte, und sagt, man wird gut thun, in Zukunft die sozialdemokratischen Reden von der Tribüne des Reichstages herab nicht nur als Agitationsreden an die deutschen Wählermassen, son dern auch an das deutschfeindliche Ausland zu be trachten. — Die „Köln. Ztg." bringt einen ausfälligen, vielleicht offiziösen Artikel über den englischen „Län derhunger", England plane ernstlich, ganz Afrika von der Nilmündung bis zum Kap der guten Hoff nung mit Ausnahme der bereits in festen Händen be findlichen Küstengebiete zu einer englischen Kolonie zu machen. Jetzt verlange die englische Gesellschaft HoheitS- rechte über die Länder zwischen Zambesi, Nyassasee, Tanganjikasee und dem oberen Kongo, also über das Hinterland der südlichen Sansibarküsten, dessen Stapel plätze die von Deutschland verwalteten Häfen Kilva, Lindi und Mikindani sind, ein Land, welches wir bis her als zum deutschen Jnteressenkreise gehörig anzu sehen pflegten. Böhmen. Die Hoffnung auf eine ergiebige Aepfelernte ist hier fast gänzlich geschwunden — trotz reichlichen Blüthenansatzes und vorzüglichen Wetters während des Verblühens — weil der Spanner durch die ungewöhnlich heiße Witterung im Mai sich un geheuer vermehrte und die Blätter mit sammt den Früchtenansätzen abfraß. Besser ist die Aussicht in Kirschen, obwohl auch hier die Schildlaus große Verheerungen anrichtete. Die Pflaumenbäume zeigen nur mäßigen Fruchtansatz und darunter viele kranke, gelbe und verschrobene Früchte, die ganz ge wiß noch abfallen werden, so daß ein schlechtes Ernte- ergebniß darin als gewiß angenommen werden kann. Birnen wird es dies Jahr sehr wenig geben, und diese selbst dürsten sich schlecht entwickeln. Italien. In Rom steht zum Pfingstsonntag die Einweihung des dem berühmten italienischen Philo sophen Giordano Bruno — der am 17. Febr. 1600 wegen seiner freisinnigen Lehren auf dem Forum zu Rom verbrannt wurde — errichteten Denkmals bevor. Die Angelegenheit hält schon seit längerer Zeit die politischen Kreise der italienischen Hauptstadt in leb hafter Erregung, denn die Liberalen wollen die Denk malseier zu einer großen antiklerikalen Demonstration gestalten, während in den klerikalen und vatikanischen Kreisen natürlich die größte Entrüstung ob dieses Vor habens herrscht. Aus lauter Besorgniß vor etwaigen Unruhen hatte der Präfekt von Rom die für den Abend des 9. Juni geplante festliche Beleuchtung des leoni- nischen Stadttheiles, welcher auch den Vatikan mit umschließt, untersagt, doch ist dieses Verbot von der Regierung wieder aufgehoben worden. Die Denkmals feier kam auch in der Sonnabendsitzung der italienischen Deputirtenkammer zur Sprache und beschloß die Kammer auf Antrag des Abg. Baccarini, die Abge ordneten von Rom als Vertreter des italienischen Par laments zur Enthüllungsseier des Giordano Bruno- Denkmales zu entsenden. Der Ministerpräsident Crispi gab die Erklärung ab, die Regierung werde sich von der Feier fern halten, weil es sich bei derselben um keine offizielle Ceremonie handle, womit die Regierung einen völlig angemessenen Standpunkt in dieser immer hin delikaten Frage einnimmt. England. Die während der Anwesenheit Kaiser Wilhelms II. in England in Aussicht genommene Flottenrevue auf der Rhede von Spithead dürste, so berichten englische Blätter, die Jubiläumsrevue von 1887 an Großartigkeit bei Weitem übertreffen. Zum mindestens drei gekrönte Häupter, darunter der deutsche Kaiser, werden dem Schauspiele beiwohnen. Ueber 100 britische Kriegsschiffe werden an diesem Tage in vier Reihen von Spithead bis zum Solent aufgestellt sein. Die zwei inneren Reihen werden aus Panzer schiffen, Schlachtschiffen und gedeckten Kreuzern zu sammengesetzt sein, die äußeren Reihen aus leichten Kreuzern und Torpedobooten. Nelsons „Victory" wird an der Spitze der Linie stehen; an Bord des histo rischen Schiffes werden sich alle die noch lebenden See veteranen, welche unter Nelson dienten, befinden. Wie verlautet, werden sich etwa zwölf deutsche Kriegsschiffe an der Flottenschau betheiligen.