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von Nacht,ügen zu bewältigen gesucht, bei den un günstigen SteigungSverhältniffen und der eingleisigen Bahnstrecke eine schwere Aufgabe. Die Strecke OelSnitz- Pirk soll auch überschwemmt und unfahrbar sein. — Der überall angerichtete Schaden ist ein ganz entsetz licher. — In Lauterbach sind an mehreren Orten kaum die Stellen zu erkennen, wo früher Gebäude gestanden haben. Die ganze Gegend ist verwüstet, ja man hegt oft Zweifel, ob man an einer Wiese, einem Saat feld oder an einem Teiche steht. Der Landmann sieht betrübten Auges das Vernichtungswerk. Besonders links der Straße von Mosel nach Zwickau hat die Fluth grausam gewüthet. Tiefe Gräben und Furchen haben sich in Wiesen und Aeckern gebildet, von der Straße weggeschwemmte Schuttsteine bedecken die Saaten, von mehreren Aeckern hat es den Boden vollständig weg geführt. In dem Bauerngut von Gümmler in Mosel hatte das Wasser einen Schuppen weggerissen. In Puschmanns und Degenkolbes Gut, woselbst das Wasser ebenfalls über 2 in hoch stand, sind zusammen 6 Rinder, I Kalbe, 1 Pferd, 2 Schweine, 1 Hund und Hühner in den Fluthen umgekommen. In einem anderen Gute kam das Wasser so schnell, daß ein da selbst eingeschirrtes Pferd ruhig seinem Schicksal über lassen werden mußte, damit der Geschirrführer nur sein Leben retten konnte, einige Schritte hiervon ent fernt sah man wieder 4 ertränkte Rinder im Hofe liegen. Ferner wurde die Brücke, über welche außer der Staatsbahn nach Zwickau auch die Schmalspur bahn nach Mühle-Crossen führten, weggeriffen. Weiter hat es in Oberrothenbach ein Haus, worin 4 Familien wohnten, weggeschwemmt, sowie Bäume und Sträucher entwurzelt und Telegraphenstangen umgerissen und meterweit weggeschwemmt. Das zu Hülfe geeilte Militär mußte hauptsächlich seine Thätigkeit auf die Regulirung des Baches beschränken, um anläßlich eines drohenden Gewitters weiteren Waffermassen freien Lauf zu bieten. — Der Streik der Bergarbeiter des Zwickauer Bezirks ist am 20. Mai verkündet worden. Die Ar beiter der vom Arminschen Werke sind unbetheiligt. Schwarzenberg. Die im Bau begriffenen erz- gebirgischen Eisenbahnen: Schwarzenberg—Anna- berg, Stollberg—Zwönitz, Grünstädtel—Oberritters- grün und Schlettau—Obercrottendorf scheinen sämmtlich noch während der Dauer des diesjährigen Sommer fahrplanes der Staatsbahnen in Betrieb zu kommen, da der Fahrplan die neuen Linien ausgenommen hat, vorläufig natürlich ohne nähere Bestimmungen. Nach dtt neuen Anordnung wird nach Eröffnung der Schwar zenberg—Annaberger Bahn deren Betrieb, wie in Aus sicht genommen, von Aue ab erfolgen. Die Bahnhofs erweiterungsbauten in Aue nehmen einen bedeutenden Umfang an und schreiten rüstig vorwärts. Bom Erzgebirge. Selten hat dem oberen Erz gebirge ein gleich schöner Mai gelächelt, welcher uns alle riesigen Schneemassen und sonstigen Unbilden des langen Winters vergessen läßt. Die warmen Tage haben die Feldarbeiten und den Pflanzenwuchs mächtig gefördert; schon zu Anfang voriger Woche blühten in Johanngeorgenstadt Kirschen- und Pflaumenbäume in Gärten, eine hochansehnliche Leistung in dieser Höhen lage. Im oberen und mittleren Gebirge, in der Gegend von Schneeberg sind die Frühjahrsarbeiten auf dem Felde ziemlich beendet, und auch die Baum- blüthe, die eine ziemlich reiche war, ist im Verschwin den begriffen. Der Graswuchs ist hier ein außerge wöhnlich üppiger, und hier und da beginnt man be reits Gras zum Füttern zu mähen. Die Wintersaaten stehen sehr schön und haben nur wenig durch Frost und Schnee gelitten. Auch die schweren Gewitter der letzten Wochen haben in hiesiger Gegend keinen erheb lichen Schaden angerichtet. Colbitz. Wie vorsichtig man jetzt sein muß beim Passiren von Wäldern, Kreuzwegen rc. erhellt wiede rum daraus, daß Sonntag Vormittag gegen 11 Uhr (!) ein Leisniger Schuhmachergeselle G., der seinen Bruder in Colditz besuchen wollte, im sogenannten Thiergarten von zwei Strolchen angefallen wurde. Einer dieser Frechlinge stellte sich mit gezücktem Messer vor den hilflosen Fußgänger, dessen Portemonnaie nebst Inhalt begehrend, mit der Drohung, ihn im Weigerungsfälle zu erstechen; währenddem hatte sich der zweite Räuber mit einem Strick hinter G. postirt, um ihn eventuell festzubinden. Der Uebersallene schrie, trotzdem er nur 2 Mark 50 Pfennig im Portemonnaie hatte, um Hilfe, was aber von Niemand gehört wurde. Die Strolche rissen nun dem G. das Portemonnaie aus der Tasche, nahmen das Geld heraus und gaben ihm das leere Portemonnaie wieder. G. machte sich frei und riß aus; die Kerle aber flüchteten sich in den Wald und find bis heute noch nicht ermittelt. Leipzig. Am 10. Mai sand im Saale des Schwur gerichts die Verhandlung gegen die drei verwegenen Einbrecher statt, die in der Nacht vom 2. zum 3. März d. I. den unerhörten Einbruchsdiebstahl in dem Bankhause von Hammer und Schmidt Hierselbst be gingen, durch die Wachsamkeit und die Geistesgegen wart der HauSmannSfrau aber ermittelt und durch die Schutzmannschaft des in der Nähe des Thatortes be findlichen Polizeiamtes verhaftet wurden. Nachdem die Sitzung eröffnet, der Dolmetscher vereidigt und die Formalien erledigt waren, sowie die Feststellung der Personalien der Angeklagten stattgefunden hatte, verlas der Oberstaatsanwalt die Anklage, nach welcher die Angeklagten heißen: Simon Moses Goldstein, im Jahre 1858 in Jassy geboren; Hersch Reisz, in Kohoczna 1852 geboren und Samuel Schinna, 1848 in Bukarest geboren. Alle drei sind vorbestraft, Hersch Reisz allein 12 Mal, und alle drei behaupten, noch niemals vor bestraft zu sein; Goldstein leugnet seinen Namen, er behauptet Mammitzsch zu heißen. Schon aus diesen Angaben geht hervor, welche ungeheure Frechheit die Angeklagten an den Tag legten. Aus der Vernehmung der drei Erzspitzbuben und Gauner ergab sich, daß Schinna in der Nacht vom 2. zum 3. März die Thür zu dem Hause, in dem sich das Bankhaus befindet, erbrochen hat, wobei eine Menge falscher Schlüssel und Brechwerkzeuge zur Anwendung gekommen sind. Alle drei sind dann in das Innere des Hauses ge gangen und haben hier zunächst die eiserne Thüre, die nach dem Komptoir führt, zu erbrechen versucht, gleich zeitig ist einer in den Keller eingedrungen, bei welcher Gelegenheit die Diebe überrascht worden sind. Einem derselben gelang es, zu entkommen, Hersch Reisz flüch tete mit unglaublicher, geradezu katzenartiger Geschwin digkeit über die benachbarten Dächer, dabei die kühnsten halsbrecherischen Sprünge ausführend. Goldstein hielt sich im Keller versteckt. Allein alle drei sind verhaftet und in sicheren Gewahrsam abgeführt worden. In der Verhandlung logen die drei Spießgesellen bei jedem Worte, welches sie sagten, der Vorsitzende mußte ihnen somit Schritt für Schritt, bis in die kleinsten Details, ihre frechen Angaben berichtigen und schon der Anfang der Verhandlung zeigte deutlich, welche großen inter nationalen Gauner hier auf der Anklagebank sitzen und selbstverständlich gehörig bewacht wurden. Den Verhandlungen folgte ein überaus zahlreiches Publikum mit dem gespanntesten Interesse. Sämmtliche drei Angeklagte wurden zu je neun Jahren Zuchthaus ver- urtheilt. Tagesgeschichte. Berlin. Im Reichstage wurde am 20. Mai die Generaldebatte der dritten Lesung der Alters- und Invaliden-Vorlage beendet und trat das Haus am Dienstag in die Spezialberathung ein. Neue Momente konnten von den einzelnen Rednern nicht vorgebracht »erden. — Die Regierung erwartet, daß die Vorlage mit etwa 40 Stimmen Mehrheit angenommen werde. — Die Session des Reichstags wird nunmehr be stimmt erst nächste Woche geschloffen. — Nach Ansicht aller zuständigen Personen kann die 3. Berathung der Invaliden- und Altersversorgungsvorlage erst Sonn abend beendet werden; dann sind für die nächste Woche noch 3 Entwürfe zu erledigen, nämlich die Abänderung des § 4 der Strafprozeßordnung, ein kleiner Nach tragsetat, welcher dem Vernehmen nach Marineange legenheiten betrifft, und die Deklaration zur inter nationalen Reblauskonvention von 1881, welche be reits am 1. Juli d. I. in Kraft treten soll. — Der König und der Kronprinz von Italien sind am Dienstag Vormittag '/, 11 Uhr in Berlin ein getroffen. Dieselben wurden vom Kaiser, von allen Prinzen, dem Reichskanzler, ferner von allen Ministern und der Generalität mit dem Generalfeldmarschall Graf Moltke an der Spitze am Anhalter Bahnhofe empfangen und auf das herzlichste begrüßt. Der Kaiser und der König Humbert umarmten und küßten sich wiederholt. Nach Abschreiten der Front der aufge stellten Ehrenkompagnie und Vorstellung des beider seitigen Gefolges fuhr der König von Italien an der Seite des Kaisers Wilhelm durch die prachtvoll ge schmückte Triumphflraße, auf welcher die Truppen Spalier bildeten, nach dem Schloß. Der Zug wurde durch je eine halbe Schwadron Gardekürassiere eröffnet und geschloffen. Die Feststraße war von einer dichten Menschenmenge besetzt, welche die Monarchen ununter brochen mit jubelnden Zurufen begrüßte. — Die Zimmer, welche der König von Italien mit seinem Sohne, dem Kronprinzen, während seines Aufenthalts in Berlin bewohnt, liegen in der ersten Etage des königl. Schlosses nach dem Lustgarten und reichen vom Garde du Korps-Saal über Portal V. an der Schloßapotheke bis um die Ecke nach der Schloß freiheit und dem großen Mittelportal des Schlosses. Vom Pfeilersaal über Portal IV. beginnen die eigent lichen Königskammern, die Wohnung für die im Königsrange befindlichen fremden Souveräne. Die ganze Flucht dieser Gemächer hatte einst König Fried rich Wilhelm I. mit seiner Familie bewohnt. Bei seinem Regierungs-Antritte, also gerade vor einem Jahrhundert, wählte Friedrich Wilhem II. diese Ge mächer zu seiner Wohnung und ließ ste aus dem Barockgeschmack heraus in den seiner Zeit, den sögen. Styl Ludwigs XVI., umwandeln. So waren sie ge blieben, bis sie Ende der sechziger Jahre thetls reno- virt, theilweise auch ungestaltet und neu möblirt wurden. Im Ganzen ist bei dieser Restaurirung der jetzt wieder modisch gewordene Styl Ludwigs XVI. festgehalten worden, namentlich in den graziösen Malereien jener Zeit und in deren Verbindung mit Spiegelglas, was von bezaubernder Wirkung ist. Marmor, Gold, Malereien, Spiegel, kostbare gewirkte und gestickte Stoffe an den Wänden und über den Möbeln sind in üppigster Fülle in diesem Appartement angebracht, das Abends von den prächtigsten Krystall- kronen erleuchtet wird. Ein Prachtraum aus jener Zeit ist das nach dem Schlosse hinaus gelegene Concert- zimmer Friedrich Wilhelms II. in Weiß, Gold und Spiegeln. In diesen Gemächern hat auch im Jahre 1806 Napoleon I. gewohnt. — Aus Berlin wird gemeldet: Der neu einge führte Jnfanterie-Offizierdegen in Stahlscheide hat mancherlei Beanstandungen hervorgerufen. Diese richten sich nicht so sehr gegen die Waffe selbst, als gegen die vorgeschriebene Tragweise derselben an zwei kurzen einander ziemlich nahestehenden Tragriemen. Wie berichtet wird, hat sich eine auf Allerhöchsten Be fehl in Potsdam gebildete Kommission von Offizieren bereits mit einer Aenderung der Tragweise beschäftigt und ein neues Koppel (ähnlich dem bei der Kavallerie üblichen) in Vorschlag gebracht, welches zur Zeit probe weise von Offizieren des 1. Garde-Regiments getragen wird. — In sozialdemokratischen Kreisen herrscht natürlich starker Grimm darüber, daß einerseits die westfälischen Kohlenarbeiter gar nichts von soziali stischer Beihilfe wissen wollten und daß andererseits der Kaiser so überaus scharf die Arbeiter vor Be rührung mit den Sozialdemokraten als vor dem sicher sten Mittel warnte, nm sich das königliche Wohlwollen und die königliche Unterstützung zu verscherzen. Das „Berliner Volksblatt", das Organ des Sozialisten führers Singer, schreibt heute: „Der scharf zugespitzte Satz des Kaisers gegen die Sozialdemokratie ist eine Art Kriegserklärung gegen dieselbe und wird als solche im sozialdemokratischen Lager aufgefaßt werden. Die römischen Kaiser haben vor achtzehnhundert Jahren dieselbe Anklage gegen die Christen erhoben, was wir wegen der Analogie anführen wollen." Schlesien. Die meisten Bergarbeiter sind, nachdem sie Lohnerhöhungen erhalten haben, zur Arbeit zurückgekehrt. Hamburg. Der neue Hamburger Schnelldampfer „Augusta Viktoria" erreichte die Einfahrt zum New- yorker Hafen am Sonnabend 6 Uhr Abends. Er war 7 Tage 2'/» Stunden unterwegs. Es ist dies die schnellste Fahrt, die bisher über den Atlantischen Ozean gemacht wurde. Jena. In der Untersuchungssache gegen den Drahtwaarenfabrikanten Otto in Jena sind bis jetzt nicht weniger als zehn Leichen wieder ausgegraben worden. Es ist nicht ausgeschlossen, daß Otto wegen zehnfachen Giftmordes angeklagt werden wird. Gera. Die von der hiesigen Polizeibehörde im vorigen Sommer beschlagnahmten Gelder der streiken den Maurer sind zurückerstattet worden. Das Geld wurde aber nicht dem Streikkomitee eingehändigt, son dern durch Schutzleute denjenigen Personen zurück gebracht, die in den ebenfalls beschlagnahmten Sammel listen als Geber verzeichnet waren. Bayern. Der Leichenbefund der Königin-Mutter ergab Krebs in der Unterleibshöhle und Magenwand mit verschiedenen Komplikationen und Wassersucht. Der Tod trat durch völlige Entkräftung ein. Oesterreich-Ungarn. Der Fürst Nikolaus von Montenegro und der Erbprinz Danilo weilten in den letzten Tagen in Wien und wird der sehr herz liche Verkehr, der zwischen dem Kaiser Franz Josef und den montenegrinischen Herrschaften hierbei statt fand, in Wiener politischen Kreisen recht bemerkbar. Der Beherrscher der „Schwarzen Berge" hat bislang noch nie so lange am Wiener Hofe verweilt, wie dies mal, und dies sowohl als auch die auffallende Auf merksamkeit, welche ihm und seinem Sohne vom Kaiser und den in Wien anwesenden Mitgliedern der kaiser lichen Familie erwiesen wurde, geben Anlaß zu mannich- fachen Auslegungen. Wenn man hierbei auf die Ver- muthung kommt, daß der diesmalige Besuch des Fürsten Nikolaus in Wien dazu bestimmt sei, bessere Bezieh ungen zwischen Oesterreich und Montenegro einzuletten, so dürste diese Kombination vielleicht nicht unrichtig sein. Bislang ließ das Verhältniß zwischen dem Kaiser staate und seinem kleinen aber nicht ungefährlichen montenegrinischen Nachbar Manches zu wünschen übrig, jetzt scheint man aber in Cettinje doch zu der Erkennt- niß gekommen zu sein, daß die Herstellung freund-