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288 Tagesgeschichte „Adler" geretteten Mannschaften erreichen voraussichtlich in der zweiten Hälfte des Mai die Heimath. Kiel. Die vom „Eber — Der König von Italien wird während seines Besuches am kaiserlichen Hofe in Berlin wohnen, da der Umbau des Schlosses Friedrichskron in Potsdam bis dahin noch nicht fertig ist. Am 24. Mai wird zu Ehren des Gastes aus dem Tempelhofer Felde eine grobe Parade abgehalten werden. Leipzig. Ein hiesiger Gewerbtreibender nahm vor einiger Zeit eine Wirthschafterin zu sich. Dieselbe suchte ihn zu einer Heiralb mit ihr zu überreden, wo rauf der Betreffende, um sich nach den Verhältnissen der Frauensperson zu erkundigen, nach dem angeb lichen Geburtsort der Letzteren abreiste; dort aber er fuhr er, daß die gemachten Angaben falsche seien. Unterdessen hatte sich die geriebene Gaunerin mit einem Geldbeträge von über 15,000 Mark, den sie dem Schreibschranke ihres Dienstherrn entnommen, von Leipzig entfernt. Es. wird nunmehr eifrigst nach der Schwindlerin gefahndet. — Der Schluß des preußischen Landtages ist dies mal unter etwas eigenthümlichen Umständen erfolgt, wie aus dem merkwürdigen Schicksal des Steuer reformgesetzes erhellt. Dasselbe ist dem Landtag: in seiner Schlußsitzung zwar vorgelegt worden, aber selbstverständlich nur pro Forma und ob der Entwurf in der nächsten Session seine Wiederauferstehung feiern wird, bleibt mindestens abzuwarten. Die Erklärung für diesen räthselhasten Vorgang wird darin gesucht, daß Finanzminister von Scholz, welcher noch vor der Vertagung des Abgeordnetenhauses die Einbringung seiner Steuerreform-Vorlage mit solcher Bestimmtheit ankündigte, schwer kompromittirt worden wäre, hätte sich seine Ankündigung nicht erfüllt und so sollte ihm wenigstens durch die formelle Vorlegung des Entwurfes eine Genugthuung gewährt werden. Vermuthlich haben jedoch in der Angelegenheit des Scholzeschen Ein kommensteuergesetzes noch andere Vorgänge hinter den Koulissen abgespielt, über welche man wohl auch noch etwas erfahren wirv. Zwickau. Der diesjährige Verbandstag der säch sischen Fleischerinnungen soll am 30. Mai hier stattfinden. Planitz bei Zwickau. Zur Erinnerung an die am 21. März 1689 durch Lieutenant Johann Georg von Arnim erfolgte Inbesitznahme der Herrschaft Planitz und Voigtsgrün hat von Arnim auf Planitz jetzt für die Arnien von Planitz 3000 Mk. und für die Armen von Cainsdorf 1000 Mk. gespendet, ferner erhält jeder Bergmann der von Arnim'schen Kohlenwerke bei einem Alter bis zu 21 Jahren 15 Mk.; von über 21 Jahren 20 Mk. Geschenk. Die Belegschaft zählt 700 Mann. Die Herrschaft Planitz und Voigtsgrün kam im Jahre 1629 an Johann Georg von Arnim für 51,000 fl., nachdem Kurfürst Johann Georg III. diese Herrschaft an die Familie von Arnim gegen die Herrschaft Pretzsch bei Wittenberg ausgetauscht hatte. Das Adelsgeschlecht derer von Arnim reicht direkt bis 1286, wo Vochard Henckinus de Arnim, der Stammvater aller in der Kurmark, Magdeburg, Sachsen und Franken ansässig gewesenen, bez. noch lebenden Herren von Arnim „floriret" hat und deren Vorahnen schon 988 (Eridagus de Arnim) erwähnt werden. Bremen. Auf dem Lloyddampfer „Berlin", der aus Brasilien heimkehrend in Bremen eingetroffen ist, brach unterwegs das gelbe Fieber aus. Fast alle Offiziere und 28 Mann erkrankten; 3 Mann sind ge storben. Bayern. Der in Nürnberg seit Wochen dauernde Streik in sämmtlichen Pinselfabriken ist durch die Annahme des von den Fabrikanten vor Beginn des Streikes ausgearbeiteten Normaltarifs seitens der Ar beiter zum Abschluß gekommen. Holland. Die Krankheit des Königs Wil helm von Holland weist die überraschendsten Stadien auf. Nachdem der greise Monarch schon viele Wochen sich in einem lethargischen Zustande befunden hat und man zu Zeiten jeden Tag sein Ableben befürchten mußte, erwachen plötzlich seine Lebensgeister aufs neue und ist in dem Befinden des Königs eine derartige Besserung eingetreten, daß er auf ärztliches Anrathen schon in den nächsten Tagen eine Brunnen- und Bade kur in einem ausländischen Badeorte beginnen wird; als solcher soll Karlsbad ausersehen sein. Wenn der holländische Herrscher eine so verhältnißmäßig weste Reise antreten kann, so muß sich sein Zustand aller dings bedeutend gebessert haben und in de» leitenden Haager Kreisen erwägt man daher allen Ernste» den Gedanken einer Wiederübernahme her Regierungs geschäfte durch den König. Falls, wie verlautet, auch die geistigen Kräfte desselben wieder merklich zunehmen. rend die wüthend heranrauschenden Tagewässer ein unsägliches Zerstörungswerk an den Wegen, Gärten und Fluren vollzogen. Chemnitz. Das rasche Anwachsen der Bevölkerung und das Entstehen von immer neuen Straßen und Plätzen stellt auch an die städtischen Finanzen erhöhte Ansprüche. Da die Aufwendung zur Deckung derselben «»möglich aus l aufenden Mitteln gemacht werden können, so soll die Absicht bestehen, demnächst eine neue (Zehnmillionen-) Anleihe zu machen. Crimmitschau. Der hiesigen Polizei ist es ge lungen, am vergangenen Sonnabend eines Schwind lers habhaft zu werden, der sein Handwerk schon in ziemlich ausgedehntem Maße betrieben zu haben scheint. In einer hiesigen Eisenhandlung erschien gegen Mittag des genannten Tages ein Mann und begehrte auf Rechnung eines auswärtigen Gutsbesitzers 2 Spaten und 6 Schaufeln, die von dem anwesenden Kommis auch ausgehändigt wurden. Der alsbald heimkehrende Geschäftsinhaber hatte inzwischen davon gehört, daß bei einem Getreidehändler hier Tags vorher ein Mann einen Sack Hafer gleichfalls angeblich im Auftrag des selben Gutsbesitzers entnommen und s ofort wieder ver kauft halte, und dies veranlaßte ihn, dem Menschen nachzugehen. Der Erfolg lehrte, daß der Mann, ein 28 Jahre alter Handarbeiter namens Bräutigam aus Nitzko bei Schmölln, sich in beiden Fällen eines Be trugs schuldig gemacht hatte und es erfolgte daher seine Festnahme. Die Angelegenheit führte am 29. April den in Nonneburg stalionirten Obergendarm und den Gendarm von Mannichswalde nach hier und diese Beiden ermittelten in dem Verhafteten einen schon seit einiger Zeit gesuchten Gauner, der im Altenbur- gischen gleichfalls Betrügereien, Fälschungen und Zech prellereien verübt hat, wegen Betrugs auch bereits vorbestraft ist. Derselbe sieht somit einer Reihe von Strafen entgegen. Schneeberg. Die 14 Jahre alte Tochter des hiesigen Brigadiers Günther, die hre Verwandten in Thum besuchen wollte, wurde am 30. April bei Jahnsbach das Opfer eines Raubmordes. — Bei der dritten Lesung des Alters- und Jn- validilätsgesetzes wird das Zentrum, wie verlautet, seinen Antrag wieder einbringen, die landmirthschaftlichen Arbeiter von der Versicherung auszuschließen. Von anderer Seite wird ein Antrag geplant, die Alters versicherung aus dem Entwürfe auszuscheiden und zu verschieben und zunächst nur die Jnvaliditätsversicherung durchzuführen. — Die Bundesrathsausschüsse nehmen erst in der nächsten Woche ihre Thätigkeit wieder auf. Es liegen für diese, abgesehen von den Novellen zum Strafgesetzbuch und zum Preßgesetz, wichtigere Arbeiten nicht vor. Man wird sich, wie verlautet, mit der früher eingebrachten Vorlage, deren Berathung ver tagt worden ist, nicht beeilen. Alle Interessen der Regierung wenden sich der Altersoersorgungsoorlage zu. Allem Anschein nach wird man nicht eher Vor lagen au den Reichstag bringen, bis das Schicksal des Altersversorgungsgesetzes abzusehen ist. Es wird nicht für unmöglich gehalten, daß der Bundesrath zunächst an den neuesten Vorschlag zur Abänderung des Straf gesetzbuches (Abänderung des Z 4) heranlreten wird. Jedenfalls hat der Entwurf wegen Abänderung des Preßgesetzes rc. in der Zwischenzeit gänzlich geruht. Limbach. Der Erzgebirgsverein hielt am ver gangenen Sonnabend hier eine Delegirtenversammlung, die von den einzelnen Zweigvereinen nur sehr schwach besucht war. Den Hauptgegenstand der Verhandlungen bildeten die vom Gesammtvorstande vorgelegten Satz ungen über Bewirthschaftung des FichtelberghauseS, das in diesem Sommer dem Verkehr übergeben werden soll. Das Haus ist Besitz des Gesammtvereins, die laufende Verwaltung desselben führt der Zweigverein Wiesenthal unter Aufsicht des Gesammtvorstandes und unter Koutrole der Delegirtenversammlung. Bei Aus gaben von über 50 Mark ist, abgesehen von ganz dringenden Fällen, die Genehmigung des Gesammt vorstandes einzuholen. Die Delegirtenversammlung, der alljährlich Bericht über das Fichtelberghaus zu er statten ist, beschließt u. A. über die Ausloosung von Anteilscheinen, die Zuweisungen zu einem Reserve fond rc. Alljährlich findet durch Vertreter des Ge sammtvorstandes und des Wiesenthaler Zweigvereins eine Revision des gesammten Bailes statt. Da sich eine sehr geeignete Person in Oberwiesenthal zurUeber- nahme der Bewirthschaftung des Fichtelberghauses und zur Beschaffung der inneren Ausstattung auf eigene Kosten bereit erklärt hat, soll eine Pachtausschreibung nicht erfolgen. Der Gesammtvorstand wurde beauf tragt, der nächsten Hauptversammlung eine Vorlage wegen Erwerbung der juristischen Person von feiten deS Erzgebirgsvereins zu unterbreiten. Für Beschaffung von eisernen Schutzläden für das Fichtelberghaus wurden 500 Mark verwilligt. In dem Hause soll sich ein Album befinden, in welches alle freiwilligen Beiträge von 5 Mark an eingezeichnet werden sollen. Um die zur vollständigen Bausumme noch benöthigten 2300 Mark zu beschaffen, wurde genehmigt, daß für dieses und das nächste Jahr noch von jedem Mitgliede I Mark (anstatt 75 Pfg.) zur Hauptkasse entrichtet werdeü. Der Zweigverein Limbach erklärte sich auch bereit, die Kosten für einen eisernen Laden zu tragen. Seine lebhafte Antheilnahme an dem Wettiner Jubi läum will der Erzgebirgsverein durch Anbringung einer Gedenktafel in dem Fichtelberghause, der höchsten Wohn stätte unseres Landes, bekunden. Mylau. Betreffs der am 26. April von einem II Jahre alten Schulknaben an einem 15 Jahre alten Fleischerlehrling verübten tödtlichen Körperver letzung ist festgestellt worden, daß dieser schrecklichen That nur em Streit, geschäftliche Angelegenheiten be treffend, zwischen den beiden Genannten vorausging. In Uebereilung hat der Lehrbursche hierauf den Sohn seines Lehrherrn mit Wurstbrühe übergossen, worauf der 11 Jahre alte Knabe ein Fleischermesser ergriff und dasselbe dem Lehrburschen in die linke Rückenseite stieb, in welcher es auch sofort stecken blieb. Durch Hinzukommen einer im Hause wohnenden Frau wurde dem Unglücklichen das Messer herausgezogen und eine halbe Stunde darauf gab derselbe schon seinen Geist auf. Bernstadt. Noch ist kein volles Jahr seit jenem verhängnißvollen 29. Mai verflossen, an denen unsere Stadt und ihre nächste Umgebung von einem furcht baren Hagelschlage, verbunden mit einer durch die in der Nähe der Stadt niederrauschenden wolkenbruch artigen Regengüssen verursachten Ueberschwemmung betroffen wurde, und schon wieder ward sie in den Nachmittagsstunden des 26. April von einem ähnlichen Unwetter heimgesucht. Die Morgenstunden brachten einen mäßigen, ruhig niedergehenden Landregen, die Mittagszeit freundliches Wetter mit einzelnen Sonnen blicken, von 4 Uhr Nachmittags an aber zogen sich am Horizont mehrere Gewitter zusammen, die, von einem kühlen Luststrome getrieben, in südöstlicher Richtung unter mäßigen Niederschlägen und fernem Donner vor übergehen zu wollen schienen. Gegen 6 Uhr thürmten sich gegen Norden hin neue Wolkenmassen auf und die bereits am südlichen Horizont stehenden dunklen Gewölke gingen, von einer plötzlich eintretenden süd lichen Luftströmung erfaßt, rückwärts und ergossen unter heftigsten elektrischen Entladungen seitwärts fluchende, »ebelartig verdichtete Waffermengen, unter mischt von rehpostengroßen Eiskörnern, auf unsere Fluren. Ungefähr 20 Minuten dauerte das Schloßen wetter, welches wieder hauptsächlich den Bernstadter Thalkeffel betraf, .während die wolkenbruchartigen Nie derschläge fast eine Stunde anhielten und insbesondere auch die Gegend von Kemnitz heimsuchten. Mit un glaublicher Schnelligkeit trat die Weßnitz über ihre Ufer, überschwemmte die tiefer gelegenen Theile Bern stadts und eine Anzahl Häuser in Altbernsdorf, wäh- Berlin. Die Samoakonferenz ist am 29. April Nachmittags im Berliner auswärtigen Amte zu sammengetreten. Staatssekretär Graf Bismark be grüßte die Delegirten im Namen des Kaisers mit einer Ansprache in französischer Sprache und übernahm den Vorsitz, sodann erfolgte die Vorlegung der Beglaubig ungsschreiben. Die Sitzungen der Konferenz werden voraussichtlich stets in den Nachmittagsstunden statt finden. — Die deutsche allgemeine Ausstellung für Unfallverhütung indem Landesausstellungspalast ist am 30. April, Vormittags 10 Uhr, durch den Kaiser in Gegenwart der Kaiserin, der Minister, der BundeS- rathSbeoollmächtigten, der höchsten Staats- und Hof beamten, der Generale (darunter die Grafen Moltke und Waldersee), der Präsidenten deS deutschen Reichs tages und preußischen Landtages eröffnet worden. Der Kaiser verlas eine Rede, worin er die Ausstellung War die Verwendung der Ueberschüffe alljährlich be reits zu gemeinnützigen Zwecken von jeher bestimmt worden, so hat der Verein durch die Ueberweisung von 60,000 M. zur Gründung eines Bürgerhospitales durch diese Thatsache bewiesen, daß ihm Gemeinsinn und Opserwilligkeit höher stehen als andere materielle Interessen. Durch diese That ist die Angelegenheit deS Bürgerhospitales erst in Fluß gekommen und bereits der Fonds auf 68,171 M. angewachsen. freudigst begrüßt« und seines Kaiserlichen Großvaters gedachte, dessen Verdienst um die Fürsorge für das Wohl der Arbeiter ewig unvergessen bleiben werde. Er selbst werde die Bemühungen um die Lösung der sozialen Aufgaben fortfetzen; er danke Allen, die dazu mitgewirkt, zu zeigen, was zum Schutze der Arbeiter und Förderungen ihrer Interessen gereiche. Hierauf erklärte der Kaiser die Ausstellung für eröffnet. Der Ehrenpräsident brachte ein dreimaliges Hoch auf den Kaiser aus, worauf die Versammelten die National- Hymne anstimmten. Darnach erfolgte ein Rundgang durch die Ausstellung. — Nach längerer Pause ist am 30. April der preußische Landtag wieder zusammengetreten, um sofort entgültig geschlossen zu werden.