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98 Sommers zu erwarten sein, nachdem die AuSsteckungen und Aufnahmen der Bahnlinie, sowie die Vorberei tungen »ur Enteignung des nöthigen Grund und BodenS soweit vorgeschritten sind, daß die Eröffnung der den Bau unter Leitung der kgl. Hauptverwaltung für StaatSeisenbahnbau in Dresden führenden drei kgl. SrktionsbureauS zu Dohna, Glashütte und Lauen stein am 1. April d. I. erfolgen wird. Zu Vorständen dieser drei BouburcauS sind, wie wir vernehmen, die bisherigen Regierungsbaumeister LucaS, Rohrwerder und Fabian, unter gleichzeitiger Ernennung derselben zu Sektionsingenieuren, bestimnit worden, während die Vorstände der beiden Vorarbeiten-Abtheilungen, Sek tionsingenieur Klette in Dohna und Negierungsbau meister Krüger in Lauenstein, vom Bau der Müglitz- thalbahn abberufen und zur Vorbereitung anderer Etaatsbauten, welche das kgl. Finanzministerium unter eigener Oberleitung bearbeiten läßt, nach Dresden ver setzt sind. Königsbrück. Auf Anregung des Bürgermeisters Heintze hat der Stadtgemeinderath in seiner Sitzung vom 8. Februar beschlossen, an Stelle von Festlich keiten zur Wettinfeier eine Sammlung unter der Ein wohnerschaft zu veranstalten, deren Ertrag mit zu ver haftender allerhöchster Genehmigung unter dem Namen „Wetttnstiftung" dergestalt in städtische Verwaltung genommen werden soll, daß der Zinsertrag alljährlich am Geburtstage des Königs von Sachsen an Orts arme vertheilt werde. Bautzen. Die groben Hoffnungen, welche man auf den Hierselbst stationirten Schneepflug der Staatsbahn, der erst vor wenig Tagen zum ersten Mal in der bewährtesten Weise zur Verwendung kam, sind mit dem 10. Februar vollständig vernichtet wor den. Nachdem derselbe an diesem Tage zur Säuberung der Linie Bautzen-Wilthen in Thätigkeit gesetzt worden war, und die Wehen zwischen Bautzen und der Halte stelle Singwitz glücklich durchbrochen hatte, versuchte man mit demselben die Rückfahrt, die jedoch ungün stiger verlief. Unweit des Dorfes Boblitz entgleiste bei Gelegenheit der Durchbrechung einer bedeutenden Schneewehe der Pflug, umschlug sich, zertrümmerte die Zugsstange und einen Puffer der Lokomotive und flog, durch die gewaltige Kraft zweier Lokomotiven getrieben, neben den Bahnkörper. Der Führer der ersten Maschine wurde durch den Anprall sofort von derselben heruntergeschleudert, stürzte aber glücklicher weise in den Schnee und blieb unverletzt. Freiberg. Am 11. Februar Nachmittags fuhr auf hiesigem Bahnhofe eine aus dem Maschinenhause kommende Lokomotive einer mit mehreren Güterwagen vorrückenden Güterzugsmaschine derart in die Seite, daß die letztere etwa einen Fuß hoch gehoben wurde und vollständig entgleiste. Das Ereigniß soll durch das Krachen beim Anprall, die zischenden Dämpfe und das aus den schwer beschädigten Tendern stürzende Wasser einen unheimlichen Eindruck gemacht haben. Menschen sind dabei glücklicherweise nicht verletzt mor den, während die Maschinen und die betreffende Gleis stelle schwere Beschädigungen empfingen. Chemnitz. Der sozialistische Landtagsabgeordnete v. Vollmar, besten Mandat in diesem Sommer ab läuft, hat die ihm von seinen Parteigenosten ange tragene Erneuerung desselben abgelehnt, und wird wahrscheinlich Liebknecht an seiner Stelle kandidiren. Hohenstein. Am Sonnabend früh wurde auf der Straße nach Langenberg, unweit des Restaurants zur Windmühle der Weber Fritzsche aus Ernstthal er froren aufgefunden. Plauen. Der hiesige Stadtrath hat die Ein führung von Droschken beschlossen, und zwar soll zunächst ein Anfang mit 9 Droschken gemacht werden, wozu ein jeder der drei Fuhrwerksbesitzer, welche städ tische Fuhren besorgen, drei dergleichen zu stellen hat. Diese Nachricht ist geeignet, in der Bewohnerschaft Freude zu erregen und umsomehr angesichts des 12. Mitteldeutschen Bundesschiebens, welches im nächsten Sommer eine große Anzahl von Fremden in unsere Stadl führen und das Bedürsniß nach einer bequemen Beförderungsgelegenheit mehr denn je in größerem Maßstabe klar vor Augen legen wird. Waldenburg. Ein 10 Jahre alter Schulknabe wurde kürzlich auf offener Straße von einem unbe kannten Handwerksburschen angehalten und einer sil bernen Cylinderuhr, die der Knabe zum Uhrmacher tragen sollte, beraubt. Der Unbekannte, welcher von langer Statur und schlecht gekleidet war, konnte bis jetzt noch nicht ermittelt werden. Riesa. Am Sonntag Vormittag sollte auf der Eisenbahnbrücke eine Schneelowry entleert werden; beim Anrücken des Wagens ging unversehens eine Seitenthür desselben auf, wodurch der Wagen aus dem Geleis und an das Gitter geworfen wurde. Hierbei fiel ein Arbeiter aus dem Wagen und von der Brücke . herab in die Elbe, wo derselbe nach mehrmaligem I Hilferuf in den Wellen verschwand. Leipzig. Seitens der zu Leipzig einzubezirkenden Gemeinden find in neuerer Zeit wiederholt Versuche gemacht worden, Anleihen zur Pflasterung und Belegung der Fußwege aufzunehmen. Der Rath der Stadt Leipzig, welcher seitens der kgl. AmtShauptmann- schaft in solchen Angelegenheiten um seine Meinung befragt worden ist, hat jedoch der Aufnahme neuer Anleihen dieser Vororte widersprochen, da erstens die selben die Einverleibung erschweren und dann, da die Pflasterung und Belegung der Fußwege auch in den einzuverleibenden Vororten einheitlich geregelt wer den soll. Tagesgeschichte. Berlin. Die Kaiserin Friedrich wird, wie in Hofkreisen verlautet, »ach ihrer Rückkehr von England Berlin nur auf ganz kurze Zeit berühren und ihr hiesiges Palais auch weiterhin so gut wie gar nicht mehr bewohnen. Die hohe Frau scheint entschlossen zu sein, dem Hofe sich zu entziehen und den aller größten Theil des Jahres tbeils im Auslande, theils auf ihrer neuen Besitzung Friedrichdorf zu verleben. Die Protektion der vom Kaiser Friedrich und von ihr begründeten Vereine und Anstalten giebt sie nicht auf; sie wird mit den Leitern und Vorstandsmitgliedern der gemeinnützigen Institute meist in schriftlichem Ver kehr bleiben. Die Prinzessinnen Victoria und Mar garethe werden ununterbrochen bei der Mutter und damit ebenfalls dem Hofe dauernd fern sein. Zu allermeist werden sich die drei Damen bei der Königin Victoria von Großbritannien aufhalten. — Die Reise des Kaisers Wilhelm nach Eng land soll bestinimt im kommenden Sommer erfolgen. Die kaiserliche Jacht „Hohenzollern" wird am 1. März zur Verfügung des Kaisers in Dienst gestellt und voraussichtlich einen längeren Zeitraum besetzt gehalten. — Von den Abgeordneten Berling und Genosten (Freisinnigen) ist im Abgeordnetenhause nachstehender Gesetzentwurf eingebracht worden: § 1. Schwarz-, Roth- und Damwild darf nur in geschloffenen Wild gärten oder in solchen Revieren unterhalten (gehegt) werden, welche dergestalt eingefriedigt (vergattert) sind, daß das Wild weder ausbrechen, noch an fremden Grundstücken Schaden anrichten kann, ß 2. Jeder Grundbesitzer, Pächter oder Jagdberechtigte ist befugt, dasjenige Schwarz-, Roth- oder Damwild, welches sich außerhalb der Einfriedigungen (Z 1) auf seinem Grund oder Pachtbesitz oder Jagdgebiet befindet, jederzeit ohne Rücksicht auf Schonzeit zu erlegen und sich anzueignen. Z 3. Alle entgcgenstehenden Bestimmungen werden aufgehoben. — Wie verlautet, steht den Jägerbataillonen insofern eine Veränderung bevor, als dieselben analog der Feldartillerie, fortan unter direkten Befehl der Generalkommandos treten sollen. Die Inspekteure der Jäger würden danach gänzlich eingehen. Man hält diese Maßregel für um so gerechtfertigter, als die Jäger, nachdem auch bei ihnen das Jnfanleriereglement zur Einführung gelangt ist, bereits faktisch aufgehört haben, eine Spezialtruppe zu sein und eines eigenen Inspekteurs nicht mehr bedürfen. Kiel. Das hiesige Schloß wird in Stand gesetzt, um Kaiser Wilhelm nebst Familie während eines längeren Sommeraufenthaltes als Wohnung zu dienen. Halle. Noch furchtbarer in ihren Folgen als die hiesige Eisenbahnkatastrophe von 1881 hat sich die heurige gestaltet. Von den nach der Strecke Niem berg-Stumsdorf an der Linie nach Magdeburg mittelst Arbeitszuges zur Freilegung der vom Schnee ver wehten Gleise gesandten ca. 50 Arbeiter wurden auf der Stelle 5 getödtet, 10 andere schwer verletzt. Von Letzteren, die sofort nach der hiesigen Klinik gebracht worden waren, starben bald nach der Einlieferung noch weitere vier. Das Schicksal der Uebrigen ist noch unklar, doch schweben sie ebenfalls noch in hoher Lebensgefahr. Das Unheil war dadurch herbeigesührt, daß ei» Schachtmeister, Gutsche von hier, die Wagen ofort nach Ankunft an der verschneiten Stelle, der Weisung der Bahnbeamten entgegen, geöffnet hatte und die Leute nach der Seite des anderen Gleises hinüber hatte aussteigen lasten, während hinter dem Arbeitszuge bald der mit Verspätung von Leipzig ge kommene Personenzug nach Magdeburg auf eben diesem anderen Gleise zu erwarten war. Und kaum hatten die Insassen von zwei Koupees den Wagen verlassen, als jener Personenzug, wegen des Schneetreibens völlig unsichtbar, heranbrauste und in die Leuteschaar Hineinsuhr. Unter den Opfern des entsetzlichen Vor ganges befindet sich der betreffende Lchachtmeister. Die Verunglückten sind zum Theil hiesige, zum Theil wlnische Arbeiter. Bayern. Der Hauptausschuß -ur Vorbereitung )es siebenten deutschen Turnfestes in München hat in seiner kürzlich stattgehabten ersten Sitzung die ge mäß der Turnsestordnung für die deutsche Turnerschaft bestimmten drei Festtage auf Sonntag den 28., Mon tag den 29, und Dienstag den 30. Juli d. I. anae- setzt und wird nun ehestens die Aufrufe und Ein ladungen zum Feste erlassen. Auch die größere Zahl der 10 Fachausschüsse ist bereits in Thätigkeit getreten; insbesondere wird der Turnausschuß die auszuführen den Freiübungen baldigst in der „Deutschen Turn zeitung" veröffentlichen. Oesterreich. Der Bürgermeister von Karlsbad hat im Verein mit mehreren Gemeinden, Industriellen und Gewerbetreibenden des nordwestlichen Böhmen an die Regierung die Bitte gerichtet, ihren Einfluß dahin auszuüben, daß der Ausbau der Eisenbahnstrecke Karlsbad-Johann - Georgenstadt entweder auf Staatskosten erfolge, oder daß solche Anordnungen getroffen werden, welche es der Privatspekulation er möglichen, diese Bahnstrecke zur Ausführung zu bringen. Zur Begründung wurde in der bezüglichen Bittschrift hervorgehoben, daß der erwähnte Theil des nordwest lichen Böhmens, das mittlere Erzgebirge, welcher von der sächsischen Stadt Georgenstadt mit dem Endpunkte der Eisenbahn Schwarzenberg - Johann - Georgenstadt über das Erzgebirge bis nach Karlsbad sich erstreckt und eine Bevölkerung von 34,657 Seelen aufweist, bis heute noch nicht im Besitze einer Schienenverbin dung ist. Oesterreich-Ungarn. Im ungarischen Reichstage soll in den nächsten Tagen die Entscheidung über das Wehrgesetz fallen, dem die Ungarn in seiner jetzigen und vom österreichischen Neichsrathe bereits genehmigten Fassung eine so unerwartete und lebhafte Opposition machen. Hauptsächlich richten sich die Bedenken der Magyaren gegen § 14 des Wehrgesetzes, welcher be stimmt, daß das jährliche Rekrutenkontingent auf zehn Jahre 102,000 Mann betragen soll, dagegen es zweifel haft erscheinen läßt, was nachher zu geschehen hat; auck die Bestimmungen über die Einjährig-Freiwilligen und über die Ablegung der Reserveoffiziers - Prüfung in deutscher Sprache erregen den scharfen und vom Lande unterstützten Widerspruch der ungarischen Oppo sition. Da man in den leitenden Wiener Kreisen durchaus nichts von Abänderungen der Wehr-Vorlage im Sinne der Ungarn wissen wollte, so hatte der ungarische Ministerpräsident Tisza gegenüber den stürmischen Forderungen der Chauvinisten unter seinen Landsleuten einen schwierigen Stand. Mehr wie ein mal verlautete darum von einem Rücktritte Tiszas und solche Gerüchte sind auch jetzt wieder oufgetaucht, denen indessen der offiziöse „Nemzet" mit der Erklärung enlgegentritt, daß die Nachricht, der Ministerpräsident Tisza habe seine Demission eingereicht, oder werde demnächst deinissioniren, vollkommen unbegründet sei. Aber mit dieser Erklärung sind natürlich die Schwierig keiten in der Wehrgesetzsrage noch nicht beseitigt und es schweben darüber zwischen Wien und Pest Verhand lungen, die wahrscheinlich dazu führen werden, daß nian die verfassungsrechtlichen Bedenken der Ungarn durch einen entsprechenden Zusatz zum Wehrgesetz be schwichtigt und wohl auch die von den Einjährig-Frei willigen handelnden Bestimmungen hier und da mildert. In diesem Falle würde die Vorlage jedenfalls auch dem österreichischen Parlamente nochmals unterbreitet werden muffen. Frankreich. Zur Vorgeschichte des Bezirks wahlgesetzes verlautet, daß Floquet auf amtliche An frage bei den Präfekten die Antwort erhielt, mit der Listenwahl würden 67 Departements (von 87, welche überhaupt existiren), welche 430 Abgeordnete wählen, für Boulanger stimmen. — Die Deputirtenkammer ge nehmigte am 11. Februar die Vorlage über die Wieder einführung der Bezirkswahlen in namentlicher Ab stimmung mit 268 gegen 222 Stimmen. Schweiz. Aus Lugano meldet der Telegraph einen neuen Gewaltstreich der dortigen ultramon tanen Regierung, welcher übrigens auch schon früher versucht wurde. Die Regierung hat nämlich vollstän dig willkürlich mit einem Male mehrere Hunderte dort ansässiger liberaler Deutsch-Schweizer von den Stimm registern gestrichen, um sie an der Ausübung ihres Stimmrechtes zu verhindern. Darunter sind auch einige Deutsche, welche schon seit vielen Jahren sich dort niedergelassen hatten. So eine aus dem Badischen stammende Familie Beha, deren Stammhalter im Jahre 1849 als politischer Flüchtling nach der Schweiz kam, und die jetzt in Lugano eines der ersten Hotels besitzt. Am 6. Februar fand in dieser Stadt bereits eine groß artige Kundgebung der luganischen Bürgerschaft statt, welche gegen diese Regierungswillkür Protest erhob. Italien. Am mehreren Tagen der vorigen Woche durchzogen in Rom arbeitslose Maurer und Erdarbeiter die Straßen, überall mit Stöcken die Schaufenster ein schlagend und drohende Rufe ausstoßend. Es fanden viele Verhaftungen statt und mußte Militär die Ruhe wieder Herstellen. Rußlaitd. In einigen Tagen wird die Entschei dung des Zaren darüber erwartet, ob Tolftoi's Vor schlag einer Lokalverwaltungsreform rund zu