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Meldungen schon jetzt sehr zahlreich einlaufen. Von Ostern 1882 bis Michaelis 1887 betrug die Zahl der eingetretenen Schüler in Meißen 286, in Bautzen 262 (ohne die Obst- und Gartenbauschulen), in Chemnitz 211, in Wurzen 193, in Freiberg 154, in Rochlitz 111, in Auerbach 101 und in Annaberg 74. Zwenkau. Einen seltenen Fang machte am 23. Januar Vormittags ein von hier nach Rötha Gehen der. Als derselbe sich zwischen Böhlen und Rötha be fand, bemerkte er einen in der Lust kreisenden großen Vogel, welcher beim Niederschweben sich in die Drähte der Telegraphenleitung verwickelte, wodurch er sich et was verletzte und niederfiel, worauf er von dem Manne eingefangen wurde. Es war ein 25 Pfund schwerer Schwan. Reichenbach. Die Sozialdemokratie ist im Vogt lands im Hinblick auf die neuen Reichstagswahlen ungemein thätig. Für den hiesigen Kreis, den früher Kayser vertrat, ist der Webermeister Robert Müller hier als Kandidat aufgestellt worden. Schöneck. Daß in den Forsten um unsere Stadt vielfach weißeTrüffeln vorkommen, war den Pilz sammlern längst bekannt, in wie großer Menge sie aber wachsen, haben jetzt erst die Eichhörnchen gezeigt, welche fast alle Arten Pilze angehen, sogar die als giftig verrufenen. Wie der „Zoologische Garten" mit- theilt, befinden sich in den obenbezeichneten Forsten Unmassen von kleinen Aushöhlungen in der Erde, aus welchen die Eichkatzen weiße Trüffeln gescharrt und verzehrt hatten. Zwickau. Eine Bergarbeitersfrau hatte dieser Tage eine thönerne Wärmflasche in die Ofenröhre gestellt, ohne daß sie dieselbe vorher geöffnet und ent korkt hatte. In dem Augenblicke nun, wo die Frau die Flasche aus dem Ofen nehmen wollte, explodirte diese und die Frau wurde im ganzen Gesicht verbrüht, doch sind glücklicherweise die Augen verschont geblieben. AuS dem Erzgebirge. Ueber einen erzgebirgischen Vogel, welcher im Winter brütet, wird in der „Nord böhmischen Touristen-Zeitung" berichtet. Es heißt dort: So ausgestorben auch die erzgebirgischen Wälder im Winter äußerlich erscheinen, so bergen sie doch manches Geheimniß, das zu entschleiern nur dem sehr aufmerk samen Beobachter gelingt. Zu Weihnachten und im eisigkalten Januar Nester mit warmen Eiern, von denen soeben der Vogel entflog, oder mit halb aus dem Ei geschlüpften Jungen im Walde zu finden, wird Mancher für ein Märchen halten. Uno doch ist dem so. Der Fichtenkreuzschnabel, ein ständiger Bewohner der erzgebirgischen Wälder, brütet, wenn er in den Fichtenzapfen reichliche Nahrung findet, selbst im De zember und Januar, unbekümmert um Sturm, Schnee und Frost. In dem gewöhnlich dnrch einen über hängenden Ast geschützten Neste finden sich fast immer vier bis fünf Eier, die auf blaugrünlichem Grunde mit verschieden gefärbten Punkten gezeichnet sind. Der Fichtenkreuzschnabel ist vorwiegend karmoisinroth ge färbt, mit Ausnahme der Flügel, der Schulterfedern und des Schwanzes, welche braungrau sind und dunkel- rothe Kanten besitzen. Das Gefieder des Weibchens besitzt einen hellgrünen Anflug. Junge Vögel tragen mehr ein gelbliches Gewand. Der Kreuzschnabel ist der Papagei der erzgebirgischen Forste; er klettert sehr geschickt, indem er den kreuzförmig gebogenen Schnabel mit zu Hilfe nimmt. Mit einer Schnelligkeit, die staunenswerth ist, entleert er die Zapfen des Samens. Mit den Füßen hält er dieselben fest, und mit dem zangenartig gebogenen Schnabel bricht er die Schuppen auf. In wenigen Minuten ist er damit fertig. Lommatzsch. Der kürzlich in Eulitz verstorbene Gutsbesitzer Louis Steiger hat vier von seinen Dienst boten mit je 600 Mark und einen fünften mit einem noch höheren Betrage letztwillig bedacht. Waldheim. Unsere neue Wasserleitung ist im Vorjahre kontraktgemäß fertiggestellt, in allen Theilen in Betrieb und nach jeder Richtung hin zur Zufrieden heit ausgefallen. Das Trinkwasser ist gut. Die Lei tung besteht aus der Strecken- und der Stadtleitung. Die Streckenleitung liegt auf der Aschershainer, Rich- zenhainer, Reinsdorfer und WaldHeimer Flur. Sämmt- liche Quellen fließen durch 68 Seitenstränge nach drei in gleicher Höhe liegenden Sammelbassins. Von hier aus führen 3445,58 w eiserne Röhren das Quell wasser durch einen Sieberschrot nach dem 350 obm fassenden Hauptreservoir hinter der Stuhlfabrik von Otto L Silbermann. Von hier an beginnt die Stadt leitung, welche aus eisernen, auf 20 Atmosphären Druck geprüften Rohren hergestellt ist. In dieser Leitung sind 20 Hydranten für Feuerlöschzwecke und Straßensprengung eingebaut. Neun davon sind Hy drantenbrunnen zur öffentlichen Wasserentnahme. An das Stadtrohrnetz sind bis jetzt 102 Grundstücke an geschloffen, von denen 52 ihr Wasser durch Meineckesche Waffermeffer entnehmen. Nach den im Reservoir vor genommenen Wassermessungen betrug nach der Angabe deS städtischen Bauverwalters im Monat November der gelammte Zufluß in 24 Stunden 400 edw und der Verbrauch in 24 Stunden nur 57 «bw. Im Monat Dezember betrug der Zufluß in 24 Stunden 355 edrn und der Verbrauch in derselben Zeit 73 obm. Den größten Verbrauch hat der Bahnhof. In der Stadt sind am Markt 6'/, Atmosphären und am höchsten Ausfluß in der Oberstadt 3'/, Atmosphären Druck vorhanden. Tagesgeschichte. Berlin. Der Reichstag erledigte am 26. Januar die ostafrikanische Vorlage, indem er dieselbe an eine Kommission von 21 Mitgliedern verwies. Staats sekretär Graf Bismarck leitete die Debatte ein, indem er, gleich dem Bundeskommissar Hauptmann Wiß- mann, betonte, die deutsche Marine habe ihre volle Schuldigkeit gethan, allein aber könne die Marine dort nicht ausreichen und sei eine Polizeitruppe dort nicht zu entbehren. Abg. Bamberger sprach gegen die Vor lage, während Abg. Windthorst für Verweisung an eine Kommission sich erklärte. Sodann ergriff der Reichskanzler das Wort und sprach folgendes: Der Vorredner bürdet freilich dem Reichskanzler die schwere Verantwortlichkeit auf, die derselbe für Alles, was in Ostafrika geschieht, sicher nicht übernehmen kann. Diese muß den Organen überlasten bleiben, welche wir dort eingesetzt haben, um die Verhältnisse zu regeln. Ich sage dem Reichstage ehrlich, wie weit ich vorhabe, zu gehen, und ich gehe kein Haar breit weiter, und was ich vorschlage, entspricht nur dem augenblicklichen dringendsten Bedürfniß. Einen Widerspruch von Eng land besorge ich in dieser Beziehung nicht. Wir sind in Zanzibar wie in Samoa mit England in vollstän digem Einvernehmen. (Beifall.) Wir sind fest ent schlossen, dieses Einvernehmen zu erhalten (Beifall), Unannehmlichkeiten sind uns nur von untergeordneten Organen entstanden, für welche die Negierung nicht verantwortlich sein kann und will. Ich kann die Noth- wendigkeit einer Kommissions - Berathung nicht an erkennen; schließlich ist nicht zu verhindern, daß der Kommission eine Corona von 200 Mitgliedern an wohnt, und waS ich dieser zu sagen hätte, könnte ich eben so gut dem Plenum sagen. Zeit in dieser Frage gewonnen, ist nicht nur Geld, sondern-auch Blut ge wonnen. Ueberdies könnte ja auch in der Kommission über Details des Planes, über Mannschaft, Waffen und Munition kein Aufschluß gegeben werden, um die Gegner nicht davon in Kenntniß zu setzen.. Die bis herigen Maßnahmen haben sich durchaus bewährt; die selben rechtfertigen, daß man darauf weiter bauen kann. Die Blockade hätte weniger militärische als politische Bedeutung gehabt; sie hätte den Eingeborenen die Einigkeit zwischen Deutschland, England und den übrigen europäischen Mächten vergegenwärtige» sollen. Dies wäre erreicht worden. Bismarck kommt zurück auf seine frühere Stellung in der Kolonialfrage. Er verliest Citats aus seinen Reden von 1885, und betont, daß seine Stellung sich nicht geändert habe. Sein jetziges Vorgehen sei nur durch die augenblicklichen Verhältnisse bedingt. Um zwei Millionen Mark oder um Zansibar kann ich mich nicht dem großen Zuge der Nation entgegenwerfen und Opposition mache», wenn das ganze Land das Gegentheil will. Ich bin auch heute noch kein Kolonialmensch, ich habe die aller schwersten Bedenken dagegen gehabt, aber ich mußte mich doch entschließen, der allgemeinen Forderung der Nation nachzugeben. Ich möchte Herrn Bamberger empfehlen, sich in dieser Beziehung mir anzuschließen. Für mein Vorgehen verlange ich die Zustimmung der berechtigten Körperschaft des Reiches, verwirft diese mein Vorgehen, so habe ich mich eben geirrt, dann gebe ich alle weiteren Pläne auf. Der Küstenbesitz ist von der deutschen Gesellschaft erworben, das ist jedenfalls sehr wichtig und muß erhalten werden. Ich kann nicht den Vorwurf späterer Zeiten auf mich laden, daß ich Deutsche und deutschen Besitz nicht geschützt hätte. In 3 Wochen, in 3 Monaten, selbst in 3 Jahren kann man noch keine Erfolge verlangen, aber in 30 Jahren vielleicht bitter bereuen, was man heute dort versäumt hat. Wenn die Reichslokomotive sich einen Bahnstrang ge wählt hat, kann und will ich ihr nicht Steine in den Weg werfen. Redner kommt zu der Auseinander setzung mit dem Abg. Bamberger, der mit seinen neulichen Behauptungen über die westasrikanischen Kolonien erheblichen finanziellen Schaden bereits an gerichtet hat. Im vorliegenden Falle handle es sich nicht um die Ostafrikanische Gesellschaft, sondern um die Eivilisation. Man müsse das Augenmerk auf die Niederhaltung des Sklavenhandels richten und den Sklavenhandel deshalb kontroliren. Eine weitere Auf gabe sei, den fruchtbaren Strich der ostafrikanischen Küste für den Plantagenbau auszunutzen, dies biete thatsächlich versprechende Aussichten; nicht als eine Lotterie sei dies zu betrachten, welche im nächsten halben Jahre einen großen Gewinn bringen muß, sondern- als wohlangelegter Plan, besten Ausführung Zeit er fordert. Wenn es an Ruhe und nöthigcm Abwarten fehlt, dann darf man solche Dinge nicht unternehmen, und doch ist man Hier zu Unternehmungen genöthigt. Die Küste ist im Pachtbesttz der Gesellschaft, unser dortiges einziges Organ, wir müssen daher die Gesell schaft schützen, wenn wir den Besitz halten wollen. Ich halte die Zustimmung des Reichstags nach der Rede des Abg. Windthorst für gesichert, aber ich möchte eine beschleunigte Behandlung wünschen, da ich eine Ver zögerung auch nur um vier oder fünf Tage bedauern würde. — Nachdem noch von verschiedenen Seiten der Standpunkt der einzelnen Fraktionen dargelegt worden, ward der bereits mitgetheilte Beschluß, die Vorlage einer Komission zu überweisen, gefaßt. — Der Reichstag wird in der laufenden Woche die zweite Lesung des Etats erledigen; alsdann tritt eine auf etwa 3 Wochen anberaumte Vertagung ein, nm dem preußischen Landtage freieren Raum zu ge währen. — Dem Bundesrathe ist eine Nachweisung über die den einzelnen Bundesstaaten bis Ende Dezbr. 1888 überwiesenen Beträge an Reichs-Silber-, Nickel- und Kupfermünzen zugegangen. Nach derselben sind bis zu dem genannten Termine von diesen Münzen überwiesen: an Preußen für 2877 Millionen, an Bayern 66,i, Sachsen 38,«, Elsaß-Lothringen 25,7, Württemberg 23,r, Baden 22,i, Hamburg 9,o, Braun schweig 7,«, Hessen 2,«, Bremen 2,, Millionen, Mecklen burg-Schwerin, Sachsen-Weimar, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Coburg-Gotha, Anhalt, Schwarzburg-Sonders hausen und Reuß j. L. für je etwas über 1 Million, an dir übrigen Bundesstaaten für je unter 1 Million. — In der bereits vRl besprochenen Angelegenheit einer Erhöhung der Civilliste des Kaisers als König von Preußen scheint eine Einigung nahe bevor zu stehen, da eine von der konservativen, nationalliberalen und freisinnigen Fraktion des preußischen Abgeord netenhauses gepflogene Besprechung im Allgemeinen zu einem zustimmenden Resultate führte, so daß also für die betreffende Vorlage bei der für die nächste Zeit zu erwartenden weiteren parlamentarischen Be handlung eine glatte Erledigung erwartet werden kann. Die zur Motivirung der Erhöhung angebrachten mannigfaltigen Gründe sind, wie man aus Berlin schreibt, so überzeugender Natur, daß eine größere Opposition gegen das Resultat unmöglich Platz greifen kann. Der Etat des königlichen Haushaltes ist in einer Weise vermehrt, welche eine umfassenve finanzielle Leistung aus Staatsmitteln ebenso absolut nothwendig macht. — Dem Reichstag ging die Fortsetzung des Weiß buches über den Aufstand in Ostafrika betreffs des Angriffs Buschiri's auf Bagamoyo, der Bericht des deutschen Botschafters in London, Grasen Hatzfeldt, über die Vertreibung der christlichen Missionare in Uganda, sowie ein Bericht Micbahelles über die Lage in Bagamoyo und Dar-es-Salam mit der Anlage des Bezirkschefs Leue über die Verhältnisse in Dar-es- Salam zu. — Die neuen Garnison-Vorschriften, welche der Kaiser erlassen hat, ordnen an, daß während der üblichen gottesdienstlichen Zeit an Sonntagen außer den dringendsten Verrichtungen jede andere Heran ziehung der Mannschaften zu Arbeiten unterbleiben soll, damit jedem Soldaten die Möglichkeit geboten wird, dem Gottesdienste beizuwohnen, auch wenn er nicht zur Kommandirung in die Kirche an die Reihe gekommen ist. Die Vorschriften werden streng ge handhabt. — Die Kaisermanöver finden Heuer bei dem 10. Armeekorps (Hannover) und dem 9. Armeekorps (Schleswig-Holstein) statt. — Nachdem Minister von Friedberg von seinem Amte zurückgetreten ist, lebe» in Preußen 18 ehe malige Staatsminister. Einer derselben, Ludolf Camphausen, wurde 1848 Minister; aus der Reaktions zeit der fünfziger Jahre ist kein Minister mehr übrig, aus der „neuen Aera" von Bernuth und Freiherr v. Platow, aus der Konfliktszeit nur noch Graf zur Lippe. Nach 1866 sind Minister geworden v. Achen bach, Otto Camphausen, Delbrück, Graf zu Eulenburg, Falk, v. Friedberg, Friedenthal, Graf Hatzfeldt. Ho- brecht, v. Hofmann, v. Kameke, Graf v. Königsmarck, v. Puttkamer und Graf zu Stolberg - Wernigerode. Bis auf L. Camphausen, Hobrecht und Graf Königs- marck, welche Wirkliche Geheime Räthe, und v. Kameke und Graf Stolberg, welche Generale sind, führen die Genannten noch den Titel Staatsminist-r, L. Camp- hausen war Ministerpräsident, O. Camphausen, Graf Stolberg und v. Puttkamer waren Vizepräsidenten des Staatsministeriums, v. Bernuth, Graf zur Lippe und v. Friedberg Justizminister, Frhr. v. Platow, O. Camp hausen und Hobrecht Finanzminister, v. Achenbach und v. Hofmann Handelsminister, Graf zu Eulenburg und v. Puttkamer Minister deS Innern, Falk und v. Putt- kamer Kultusminister, Graf KönigSmarck und Frieden thal Minister für Landwtrthschaft, v. Kameke, Krieg»-