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Achmh-MiW ier Verantwortlicher Redacteur: Carl IthNt in Dippoldiswalde 54. Jahrgang. Dienstag, den 11. Dezember 1888 Nr. 145. Gesichtspunkt in der Frage zu kümmern. Umsomehr sollten aber die kleineren deutschen Kapitalisten den Warnungen, die von obengenannter der Reichsregierung nahestehender Seite gegen die neueste Finanzoperation Rußlands ausgehsn. Gehör schenken. Nicht nur finanz politische Gründe, die fortdauernd schwankenden finan ziellen Verhältnisse des Czarenreiches sprechen gegen eine fernere Placirung deutschen Kapitals auf dem russischen Geldmärkte, sondern auch Erwägungen ethischer und politischer Natur und das letztere erhellt hinlänglich aus den rücksichtslosen Hindeutungen der „Berl. Pol. Nachr." auf die panslaoistisch-französischen Zettelungen mit ihrem vor Augen liegenden Endzwecke. Gewiß ist der europäische Horizont immer noch nicht sonderlich drohend umdunkelt, aber es kann eines Tages rascher dazu kommen, als vielleicht geglaubt werden mag und dann würden diejenigen deutschen Kapitalisten, die sich in russischen Werthen engagirt haben, sicherlich den Rückschlag der veränderten poli tischen Lage auf die Börsenverhältnisse bitter empfinden. olokases und Sächsisches. Dippoldiswalde, 10. Dezember. Die Versamm lung des Gewerbevereins am vergangenen Freitag brachte unter den Eingängen zunächst eine Zuschrift der Handels- und Gewerbekammer-Dresden, worin dieselbe mittheilt, daß sie die Wünsche des Vereins, Eisenbahnangelegenheiten betreffend, bei der königl. Generaldirektion der Staatseisenbahnen bevorwortet habe und seinerzeit Nachricht über den Erfolg anher gelangen lasten werde. Während für Januar 1889 ein Vortrag des ehemaligen Direktors der Leipziger Lebens versicherungsgesellschaft (Jäger) in Aussicht steht, will man für Februar de» Generalsekretär vr. Wislicenus gelegentlich seiner sächsischen Rundreise, zu gewinnen suchen. — Den Vortrag des Abends hatte Hr. Schul direktor Engelmann übernommen. Derselbe sprach über Ostafcika. Bald nach der Neugestaltung des deutschen Reiches sei der Wunsch nach Kolonialbesitz laut geworden, da durch denselben nicht nur ein Ab satzgebiet deutscher Erzeugnisse, sowie eine Bezugsquelle tropischer Produkte gewonnen, sondern auch die Nutz barmachung der Auswanderung für das Mutterland möglich werde. Zudem habe auch Deutschland theil- zunehmen an der Verbreitung christlicher Kultur. Die Ausführung des Gedankens habe freilich mit großen Schwierigkeiten und Hindernissen zu kämpfen gehabt (wobei auch der ersten Bemühungen des Großen Kur fürsten Friedrich Wilhelm an der Westküste von Afrika gedacht wurde), indeß sei es doch sowohl in West- und später in Ostafrika, hier besonders durch die Bemüh ungen des vr. Peters, Erwerbungen zu machen, den kaiserlichen Schutzbrief vom 27. März 1885 und im Lon doner Vertrag (Oktober 1886) gelungen, die internatio nale Anerkennung seines Besitzes zu erlangen und durch ernste und fleißige Arbeit bereits in mehreren Plantagen (Lewa, M'Busine, Kibuani u. A.) hoff nungsreiche Ernte vor sich zu sehen. Um so nieder schlagender seien die Ergebnisse der letzten Zeit, die alle Erfolge zerstört hätten. Es wurde nun auf die Gründe der Aufstände eingegangen unv als haupt sächlichster der Widerstand der arabischen Bevölkerung gegen die Beschränkung des Sklavenhandels und der Sklavenjagden bezeichnet. Schließlich gedachte der Vor trag der beabsichtigten Expedition zur Befreiung Emin Beys und bezeichnete die jetzt eingetretene Blokade der ostafrikanischen Küste als eine nothwendige und hoffent lich erfolgreiche Anstrengung Deutschlands, um der durch die Erwerbung von Kolonialbesitz übernommenen Kulturaufgabe gerecht zu werden. Der Vortragende versprach, zeitweilig aus der Kolonialzeitung interessante Mittheilungen über die jetzt zum Austrag kommende Angelegenheit in Ostafrika zu berichten. — Die Einziehung einer größeren Anzahl von Reservisten steht für das kommende Frühjahr in Aus- Pttisviertcljährlich'l M. Deutschland und die neue russische Anleihe. Nach wiederholten vergeblichen Versuchen ist es der russischen Regierung durch die Unterstützung auswär tiger Finanzkräste endlich gelungen, die so lange an gekündigte Anleihe zu Stande zu bringen. Am 10. Dezember wird dieselbe an den europäischen Börsen im Nominalbetrags von einer halben Milliarde Francs zur Zeichnung aufgelegt werden, und soll dieselbe be kanntlich nach den Versicherungen der russischen Offi ziösen im Wesentlichen zur Umwandlung der fünf prozentigen russischen Anleihe von 1877 dienen, für welche die Zinszahlung am 1. April des kommenden Jahres aushört. Es ist nun höchst bemerkenswerth, daß diese jüngste Finanzoperation Rußlands von der deutschen Regierung nahe stehenden oder von ihr doch zeitweise „inspirirten" Blättern mit sehr eindringlichen Warnungen an die deutsche Kapitalistenwelt begleitet wird, sich an dem erwähnten finanziellen Unternehmen unserer östlichen Nachbarn zu beiheiligen und zwar werden bei diesen Warnungen direkt politische Motive angeführt, welche zugleich ein eigenthümliches Licht auf die allgemeine Lage werfen. In erster Linie sind es die „Berl. Pol. Nachr.", die diesen Warnungs- und Alarmrus ausstoßen und es offen aussprechen, daß die Konvertirung der 77er Anleihe nur den Deckmantel für ganz andere weitreichende Ziele der russischen Po litik abgebe. Dieser finanzielle Prozeß — führt das genannte hochosfiziöse Organ aus — bezwecke nur, dem Panslaoismus die nöthigen Mittel zur Durch führung der großen europäischen Aktion zu verschaffen, die er im Vereine mit den französischen Nachepolitikern längst plane und diesen „Acker der panslavistisch-chau- vinistischen Freundschaft" soll nun die deutsche Kapi talistenwelt mit düngen helfen. Auf das Eindring lichste warnen daher die „Berl. Pol. Nachr." vor einer Betheiligung des deutschen Kapitals an einer finan ziellen Operation, die nur dazu bestimmt sei, den Zettelungen der russischen Panstavisten wie der fran zösischen Chauvinisten auf einen grünen Zweig zu ver helfen. Kaum weniger abfällig über die russische Finanzoperation äußert sich ein als „inspirirt" gelten- ' der Berliner Brief in der zu Wien erscheinenden halb amtlichen „Polit. Correspond." Es wird in demselben auf die ausfällige Art und Weise der Einführung der russischen Anleihe aufmerksam gemacht und dann weiter hervorgehöben, daß die Betheiligung Englands an der selben lediglich bezwecke, die noch in englischen Händen befindlichen russischen Werthe durch eine künstlich er zeugte Hausse in Deutschland los zu werden. Die Betheiligung Frankreichs an dem russischen Finanz unternehmen aber führt der Brief theilweise auf po litische Gründe zurück und namentlich auf das Be streben der französischen Finanzkreise, hierdurch ihre Sympathien für Rußland zu bethätigen, selbst wenn eine derartige Freundschaftsbezeugung mit nicht'uner heblichen Unkosten verbunden sein sollte. Dem gegen über wird dann am Schluß des Briefes betont, daß die deutschen Kontrahenten der Aussenanleihe die In teressen Deutschlands völlig verkannt haben müßten, oder es bliebe dann nur die Vermu'.hung übrig, daß diese deutschen Kontrahenten ihren Geldinteressen alle patriotischen Interessen rücksichtslos opferten. Dieser Wink ist ungemein deutlich und gilt denjenigen Ber liner Bankfirmen, welche sich zur Vermittelung des russischen Konverlirungsgeschäftes mit bereit erklärt haben. Es sind dieselben Firmen, welche vor Kurzem an Pester Bankhäuser die Aufforderung richteten, sich an der Konvertirung zu betheiligen, welches Ansinnen - aber von den betreffenden Pester Bankiers aus poli tischen und patriotischen Gründen entschieden zurück gewiesen wurde. In den Kreisen der Berliner hohen Finanzwelt scheint man aber derartige Skrupel nicht zu kennen und wird die russische Anleihe mit unter zubringen suchen, ohne sich viel um den vaterländischen sicht. Es handelt sich darum, die Eingezogenen mit dem neuen Exercirreglement bekannt zu machen. — Am 27. November entschlief in hohem Greisen alter der als wohlthätiger Menschenfreund weithin be kannte Georg Bodemer, früherer Baumwollspinnerei besitzer in Zschopau, Inhaber des Verdienstordens I.Kl., Ehrenbürger der Städte Zschopau, Chemnitz, Brand, Scheibenberg, Thum, Oberwiesenthal. Auch eine An zahl Schulen hiesigen Bezirks (Frauendorf, Hirschbäch, Reinhardtsgrimma, Kipsdorf u. A.) dankt dem außer ordentlich gemeinnützigen Manne oie Beschaffung werth voller Lehrmittel, Bücher u. v. m. — Diejenigen inaktiven Unteroffiziere (Feldwebel und Sergeanten) von mindestens achtjähriger aktiver Dienstzeit, welche sich zur Verwendung als Feld webellieutenants im Falle eines während der Zeit vom 1. April 1889 bis dahin 1890 ausbrechenden Krieges bereit erklären, müssen sich jetzt bei dem be treffenden Bezirkskommando oder Bezirksfeldwebel hier zu melden. Beamte von Staats- und Kommunalbe hörden haben das Einverständniß ihrer vorgesetzten Behörde hierzu nachzusuchen. Die Feldwebellieutenants werden verwendet zur Besetzung des Secondelieute- nantsstellen bei den Ersatztruppen, den Landwehrfuß- artilleriebataillonen, den Garnisonbataillionen, Depot« escadrons und Landsturmformationen. Dieselben ge hören zu den Landwehroffizieren, und zwar zur Haupt klasse der Subalternoffiziere im Range der Seconde- lieutenants, hinter denen sie rangiren. Auf die Feld- webellieutenants finden demgemäß auch alle die Offiziere betreffenden gesetzlichen und sonstigen Vorschriften An wendung. Ausgenommen sind hiervon nur die Be stimmungen über die Ehrengerichte und über die Wahl der Offiziere. Feldwebellieutenants sollen an den Ehrengerichten und der Osfizierswahl weder theilnehmen, noch ihnen unterworfen sein. An Stelle von Patenten erhalten sie Bestellungen nach Art solcher für die Feld webel der Garde- und Linientruppen. Die Feldwebel- lieutenans erhalten neben den bis dahin empfangenen Gebührniffen auch noch den Wohnungsgeldzuschub eines Lieutenants. Sie haben für ihre Bekleidung und Ausrüstung selbst Sorge zu tragen und empfangen daher auch das reglementsmäßige Equipirungsgeld. Die nach den Etats ihnen etwa zustehenden Reitpferde werden ihnen vom Truppentheile, vollständig ausge rüstet, gestellt. Die sich zum Feldwebellieutenantsdienst Meldenden haben von eintretenden Verzügen und Wohnungswechsel den Bezirksfeldwebel ihres Aufent haltsortes in Kenntniß zu setzen und werden zunächst im Bedarfsfälle als Feldwebellieutenantsaspiranten eingezogen. Ihre Ernennung zu wirklichen Feldwebel lieutenants erfolgt sofort, nachdem sie ihre Befähigung zu dieser Stelle nachgewiesen haben. Schmiedeberg. Bei der am 8. d. M. stattge fundenen Ecgänzungswahl des Gemeinderathes wurden die Herren Kaufmann Hermann Büttner und Wirth- schaftsbesitzer Ernst Walther als Angesessene und Maurer Emil Gärtner als Unangesessener gewählt. Die Wahlbetheiligung war bedauerlicherweise eine sehr schwache. Eiwas mehr Regsamkeit bei künftigen Wahlen dürfte der Gemeinde nur förderlich sein. )( Obsrfrauendorf. Als schönes Ergebniß der beiden Wohlthätigkeitsconcerte, welche der Landlehrer verein Dippoldiswalde zu Gunsten des Pestalozzi- Vereins veranstaltete und welche so zahlreiche Unter stützung von Seiten der Bewohnerschaft der beiden Concertorte und ihrer Umgebung fanden, konnten der hiesigen Pestalozzi-Vereins-Agentur (die Umgegend von Dippoldiswalde, 26 Mitglieder, umfassend) 144 Mark zur Weiterbeförderung überwiesen werden. All' den edelherzigen Gönnern sei noch hierdurch im Namen des Pestalozzi-Vereins recht herzlich gedankt und die Bitte um freundliches Wohlwollen für dieses LiedeS- werk allen mildthätigen Herzen fernerhin nahegelegt. K Glashütte, 7. Dezember. Es macht sich bereit- Inserate, welche bet d« bedeutenden Auflage det Blatte» «ine sehr «irk- wenden nut 1v Pig. Pt» > Spaltenuile oder oxr« Räum berechnet. — Ta bellarische und complicirt» Inserat« mit entspreche» dem Aufschlag. sandt, im redaktionell« »heile, di- vpalt«jch »Pfg. „Weißrritz. Zeitung" «Hetzt wLcheMch drei, mal: Dienstag, Donuks- tag und Sonnabend. SS Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzeln« Nummern 10 Pfg. — Alle Postan ¬ stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- i Amtsblatt . , . . . für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein