Volltext Seite (XML)
— 782 — glück herausbeschworen' hat. Infolge GtqyffeS von Fleisch und Wurst von einem trichinösen Schweine find dort in der Zeit vom 27. Oktober 1887 bi- 1. Februar 1888 27 Personen gestorben und gegen 100 erkrankt. Malz selbst lag 26 Wochen krank und sagt au», daß er heute noch nicht gesund sej, Da» Urtheik de- Ge richtshofes lautete auf 1 Jahr 3 Monate Gesängniß. Zwickau. Für da« im Mai 1889 hier aufzu führende Herrig'sche Lutherfestspiel haben bereit« die Leseproben begonnen. 108 Personen sind zur Mit wirkung vorgesehen. Der etwaige Reinertrag wird seiner Zeit gemeinnützigen Anstalten der Stadt über wiesen. — Am 9. Dezember explodirte unter großem Ge töse ein in der Sakristei der hiesigen Riarienkirche auf gestellt gewesener Gasofen. Derselbe wurde dabei völlig zertrümmert, sonstiger größerer Schaden aber nicht herbeigesührt. Markneukirchen. Zu einem hiesigen Zithermacher kamen dieser Tage zwei Zigeunerinnen, von denen eine für ihr 14 Tage altes Kind Kleidungsstücke er bettelte. Bei dieser Gelegenheit versprachen die Zigeu nerinnen der kranken Ehefrau des Instrumenten arbeiters, durch Sympathie und unter Anwendung ver schiedener Geldstücke Hülfe. Nach dem Entfernen der beiden Frauen wurden jedoch auch 7 Thaler vermißt und es stellte sich heraus, daß die Zigeunerinnen das Geld bei der Anwendung ihres Heilverfahrens sich an geeignet hatten. Nach der baldigen Verhaftung der Diebinnen wurden noch 12 M. vorgesunden. Meißen. Die Mannschaften des hiesigen Bezirks kommandos sind seit Kurzem mit aptirten Helmen ausgerüstet worden. Die Spitze des jetzigen Helmes ist kleiner, die Schuppenketten und die Schiene an der vorderen Blende sind weggefallen. An Stelle der Schuppenkette befindet sich ein einfacher Sturmriemen zum Einhängen, die Schiene ersetzt eine Ledereinfassung. 'Der ganze Helm ist kleiner, leichter und sieht gefälliger qus als der alte. Das hiesige Bezirkskommando dürste wohl eines der ersten mit dieser neuen Ausrüstung sein. Leipzig. Am Vormittag des 9. Dezember fand im Sitzungssaals des hiesigen Rathhauses eine Kon ferenz der Vertreter derjenigen Städte statt, welche dem Aufrufe zur Errichtung eines Nationaldenk mals zur Erinnerung an die Leipziger Völkerschlacht Folge geleistet haben. Vertreten waren Dresden, Augsburg, Wien, Weimar, Oldenburg. Nachmittags >/,2 Uhr unternahmen die Theilnehmer an der Kon ferenz eine Ausfahrt nach dem Platze, wo das Denk mal Aufstellung finden soll. Tagesgeschichte. Berlin. Der „Staatsanzeiger" veröffentlicht fol gendes Telegramm des Kaisers Wilhelm an den Kaiser Franz Josef anläßlich dessen Regierungsjubiläums: „Es ist mir ein aufrichtiges Herzensbedürfniß, Dir nochmals die wärmsten, innigsten Glückwünsche aus- zufprechen. Mit herzlichster Dankbarkeit gedenke ich der treuen Freundschaft, die Du mir bewiesen, Gott erhalte Dich unfern beiden Völkern und dem euro päischen Frieden zum Nutzen noch recht lange. Tausend Grüße von der Kaiserin." — Kaiser Franz Josef ant wortete: „Die erste Zeit nach der Rückkehr aus Mira mar gehört der Erfüllung der Herzenspflicht, Dir für die erneuten Glückwünsche mit gleicher Innigkeit zu danken und Dich zu bitten, meiner treuen Freundschaft ebenso versichert zu sein, wie ich der Deinen unter allen Verhältnissen fest vertraue, überzeugt, daß unser unerschütterlicher Sreundschastsbund den Frieden sichern und reichen Segen bringen werde. Die Kaiserin er widert Deine Grüße herzlichst." — Am vergangenen Montag hat der Reichstag die Vorlage der Alters- und Invalidenversicherung an eine Kommission von 28 Mitgliedern überwiesen. — Zu den Vorlagen, welche in der gegenwär tigen Session des Bundesrathes und Reichstages noch zum Abschluß gelangen werden, gehört auch ein Ge setzentwurf, betreffend die Ausführung des internatio nalen Vertrages vom 16. November 1887 zur Unter drückung des Branntweinhandels unter den Nordsee fischern auf hoher See. Die Angelegenheit beschäftigt jetzt die Ausschüsse des Bundesrathes. In immer weiterem Umfang beantragen die Bundesstaaten das Inkrafttreten der Unfall- und Krankenversicherung der in land- und forstwirthschastlichen Betrieben beschäftig ten Personen mit dem 1. Januar 1889. Eine dahin gehende Verordnung ist vom Bundesrathe soeben für Oldenburg, Sachsen-Altenburg, Schwarzburg-Rudol stadt, Neuß j. L. und Lippe beschlossen worden. — Zur Aushebung der Militärgerichtsbarkeit über verabschiedete Offiziere ist nunmehr, entsprechend der Ankündigung feiten der freisinnigen Partei, ein Gesetzentwurf im Reichstage eingebracht worden. — Ein neuester Befehl des Kaisers geht dahin, daß zum Andenken an den hochseligen Kaiser Wil helm l. die Prinzen de» königlichen Hause», die unter seiner Regierung in die Armee eingetreten find, die General- und Flügeladjutanten, die bei ihm in Dienst gestanden, künftig an der linken Brust auf Uniform wie Eivilkleidung eine Art OrdenSzetchen al» Er innerung tragen, welche» ip medaillenartiger Form in Mitte eines Lorbeerkranzes den Namen deS hochseligen Kaisers trägt, und an der linken Brust, der Herzseite, angelegt wird. Der Kaiser, die Prinzen und General adjutanten erhalten es in Gold, die Generäle ä la 8uit« und Flügeladjutanten in Silber. — Im BundeSrathe ist nun auch die Berechnung der nach dem ReichShaushaltSetal für 1889/90 zur Deckung der GesammtauSgabe äufzubringenden Matri- kular-Beiträge aufgestellt worden. Danach sind baar zu zahlende Matrikular-Beiträge für 1889/90 221,140,567 M.; im laufenden Etat waren angesetzt 219,375,459 M.; das Mehr für das nächste Etats jahr beträgt 1,765,108 M. — ES haben zu zahlen für 1889/90 Preußen 130,071,807 M., Bayern 28,447,235 M., Sachsen 14,609,979 M., Württem berg 10,396,845 M., Baden 7,480,103 M., Hessen 4,394,884 M., Mecklenburg-Schwerin 2,641,795 M., Sachsen-Weimar 1,442,016 M., Mecklenburg - Strelitz 451,840 M., Oldenburg 1,568,691 M., Braunschweig 1,710,730 M., Sachsen-Meiningen 987,000 M., Sach sen-Altenburg 741,614 M., Sachsen-Koburg und Gotha 913,259 M., Anhalt 1,139,867 M., Schwarzburg- Eondershausen 338,085 M., Schwarzburg-Rudolstadt 385,075 Mark, Waldeck 259,861 Mark, Neuß ä. L. 256,775 M., Reuß j. L. 507,990 M., Schaumburg- Lippe 170,885 M„ Lippe 565,936 M., Lübeck 310,763 Mark, Bremen 760,757 M., Hamburg 2,382,080 M., Elsaß-Lothringen 8,204,695 M. — Wie bekannt, wird die Negierung dem Reichs tage eine Vorlage zur Stärkung und Vermehrung unserer Artillerie zugehen lassen, und der Kriegs- Minister hat, anknüpfend an eine Anfrage des Abge ordneten Richter, die Unterlage, auf der diese unsere Mittheilung fußte, sachgemäß dargelegt. Bei dem Stunde des Militärwesens unserer Zeit haben alle Bewilligungen auf diesem Gebiete ein grobes Maß von Vertrauen in eine fachmännisch geschulte Leitung, die es versteht, die Leistungsfähigkeit des Volkes mit den politisch und militärisch bedingten Erfordernissen in Uebereinstimmung zu bringen, zur Voraussetzung, ein Vertrauen, das die deutsche Volksvertretung ihrer in den schwierigsten Lagen bewährten Heeresleitung gegen über zuweilen vermissen läßt. Anderseits sind die großartigen Erfolge, welche die deutschen Waffen er rungen haben, dazu angcthan, in weiten Schichten der Bevölkerung eine Sorglosigkeit und Siegeszuversicht zu nähren, die — wie die preußische Geschichte schon einmal gezeigt hat — verhängnißvoll werden kann, wenn sie von der Heeresleitung selbst getheilt wird, und die bei dem selbstbewußten Schoppenstecher gar leicht die Anschauung zeitigt, daß alle Mehrforderungen auf militärischem Gebiete einseitigen militärischen Ge sichtspunkten entsprangen oder gar zum Besten einer bevorrechtigten Soloatenkaste verlangt würden. Dieses Gefühl findet nach den Erfahrungen des letzten Krieges in Frankreich nicht so leicht Boden, um so bemerkens- werther aber ist das Vertrauen, daß die französische Volksvertretung trotz dieser Erfahrungen auch heute noch in ihre Heeresleitung setzt. Ein Vorgang der neuesten Zeit, der in der Presse spurlos vorüberge gangen ist, weil er keinen Anlaß zur Polemik gab und eine Sache betraf, in der sich alle Parteien ein- müthig begegneten, legt dafür Zeugniß ab. In der Sitzung der Deputirtenkammer vom 30. November verlangte die französische Regierung die endgiltige Genehmigung zu einer beträchtlichen Verstärkung des Heeres und dieselbe erfolgte seitens der Kammer ohne jede Erörterung und ohne, daß sich in der Presse auch nur eine Stimme gegen die willfährige Volksvertretung erhob. Es handelte sich um eine Erhöhung der Bataillonsstärke der Jäger zu Fuß von vier auf sechs Kompagnien, und nach dem Beschluß der Deputirten kammer soll diese Verstärkung bei zwölf Bataillonen sofort, bei den übrigen allmählich erfolgen. In der selben Sitzung beschloß die Kammer eine Vermehrung der Artillerie um 16 Batterien, nämlich um zwölf Batterien Bergartillerie und vier Batterien für den Dienst in Algier. Nachdem die einzelnen Artikel an standslos genehmigt waren, wollte der Abgeordnete Fouquet einigen technischen Bedenken Ausdruck geben, weil ursprünglich der Entwurf über die Neugestaltung der Genietruppen mit dem der Verstärkung der Artil lerie gemeinsam vorgelegt werden sollte; er begegnete jedoch allgemeinen Mißfallen, und schließlich schnitt der Berichterstatter des Ausschusses der Erörterung den Faden ab, indem er erklärte: „Augenblicklich handelt es sich darnm, dem Heere 16 Batterien zu geben, die für die Mobilmachung fehlen, und wir haben geglaubt, eine patriotische That zu thun, indem wir für den Augenblick die Neugestaltung deS Ganzen beiseite ließen,' um Ihnen sofort einen Entwurf zur Errichtung hiesrr 16 Batterien vorzulegen. Die An nahme diese» letzteren Entwurf» ist dringlich, in Ueber einstimmung mit dem Kriegsminister bitten wir Sie, denselben zu genehmigen." Der durch diese Beschlüsse der Kammer in Frankreich geschaffene Thathestand muß nothweudigerweise bei der Erwägung einer Verstärkung unserer Artillerie Berücksichtigung finden, und eS wäre Wünschenswerth, wenn unsere Volksvertretung, der wir im Allgemeinen die französische Deputirtenkammer sicherlich nicht als Vorbild empfehlen möchten, bei der Gelegenheit sich erinnern wollte, mit welcher Ruhe und mit welch vorbildlichem Patriotismus derartig« Gegen stände in Frankreich behandelt werden. — Der schon vielfach öffentlich ausgesprochene Wunsch für Einführung eines allgemeinen Bußtages der evangelischen Kirche in ganzen Deutschen Reiche wurde letzten Freitag, wo in den Herzogthümern Sach sen-Altenburg und Sachsen-Koburg-Gotha der Bußtag begangen wurde, wieder in Erinnerung gebracht. Die in das preußische Dorf Hohenkirch eingepfarrten alten- burgischen Dorfgemeinden konnten den Bußtag nur durch innere Beschauung und Feststimmung feiern, da kein Gottesdienst in ihrer Kirche stattfand. Einen Bußtagsgottesdienst giebt es für sie erst, wenn der preußische Bußtag eintritt. — Die Londoner „Financial News" schreibt, es werde in Berlin ein Plan ausgearbeitet, dahin gehend, das Türkische Reich unter Kuratel zu stellen. England, Deutschland, Frankreich, Oesterreich und Italien sollten die gemeinschaftlichen Kuratoren sein und hie Bedenken des Sultans dadurch überwunden werden, daß ihm eine reichliche Jahresapanage be willigt werde. Das erwähnte Finanzorgan behauptet ferner, die erste Anregung zu einem solchen Plan sei von Fürst Bismarck ausgegangen und derselbe werde von ihm aus politischen, wie finanziellen Gründen in hohem Grade begünstigt! „Die obigen Auslassungen sind, wie die „Nordd. Allg. Ztg." bemerkt, selbstver ständlich vollständig aus der Luft gegriffen. In amt lichen Kreisen ist von einem so unsinnigen Plane, wie ihn die „Financial News" mittheilt, absolut nichts be kannt, und wenn das englische Blatt nun gar noch hinzufügt, daß der Plan von dem Fürsten Bismarck „ausgegangen" sei und von ihm „begünstigt würde", so ist das nichts als eine dreiste tendenziöse Erfindung, welche zu dem Zweck in die Welt gesetzt ist, um in Konstantinopel durch lügenhafte Unterstellungen wo möglich Verstimmungen gegen Deutschland zu erregen. Ob der Berliner Korrespondent der „Financial News" oder seine Hintermänner den konfusen Finanzplan aus gearbeitet haben, lassen wir dahingestellt. Zur Charak teristik des genannten Londoner Börsenblattes sei übrigens noch bemerkt, daß dasselbe den wohlver dienten Ruf hat, in ungeschickten Sensationsnachrichten zu arbeiten." — Eine nicht uninteressante Frage ist durch den Umstand ausgetaucht, daß ein deutsches Kriegsschiff ein Sklavenschiff ausgebracht hat, die Frage nämlich, was nun mit den „befreiten" Sklaven zu geschehen habe. An die Küste kann man sie natürlich nicht zurückbringen, in Zanzibar kann man sie aber auch nicht unlerbringen, wenn man sie nicht der Freiheit des langsamen Verhungerns überliefern will, und auf den deutschen Kriegsschiffen würden sie für die Dauer doch sehr unbequeme Gäste sein. Von besonderen Ver pflichtungen der Befreier gegenüber den Befreiten spricht das Völkerrecht überhaupt nicht. Man könnte die „Be freiten" höchstens in einer anderen deutschen Kolonie als Arbeiter, d. h. Sklaven unterbringen. Ob sie es also jetzt wesentlich besser haben werden, wie im Falle der „Nlchtbesreiung", mag dahingestellt bleiben. Jeden falls beweist das Vorkommniß auf's Neue, wie un gemein nebelhaft und verschwommen noch die ganze Frage der „Sklavenbefreiung" zur Zeit ist, und daß sie nicht gelöst werden kann, wenn nicht sehr praktische und nüchterne Maßregeln, daß heißt eine greifbare und erfolgreiche Kolonialpolitik den festen Untergrund für die Antlsklavereibewegung abgiebt. Frankreich. Bei der Deputirtenwahl im Departe ment Var wurde General Clus er et, ehemaliges Mitglied der Kommune, mit 14,776 Stimmen gewählt; 83,962 Wähler waren eingeschrieben. Frankreich. Boulanger soll wegen des Ver laufes seines EhescheidungSprozesies in großer Ver legenheit sein. Er hatte nämlich die Scheidung unter dem Vorwande beantragt, daß seine Frau sich weigere, zu ihm in seine Wohnung zurückzukehren. Frau Bou langer hat nun zum Schrecken ihre- Gatten erklärt, daß sie bereit sei, das gemeinschaftliche Leben Mieder aufzunehmen, und nun behauptet der General, seine Stellung und seine vielen Geschäfte gestatteten ihm nicht, weiter mit seiner Fryu zu leben. Frau Boulanger, die sehr religiös ist, weigert sich aber, auf die Ehe scheidung einzugehen, so daß dieselbe wohl kaum eine vor Gericht genügende Unterlage haben wird. Die ganze Sache ist Boulanger um so unangenehmer, als sie ihm bei den Clericalen sehr schadet.