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728 Tagesgeschichte !tpzig-Land (l) und Pirna Einer der Lxa- — Es hat noch nichts darüber verlautet, ob der Reichstag bereits in der bevorstehenden Session wieder mit der Sozialistenfrage beschäftigt werden wird. — Den Hausfrauen können wir leider nicht die unangenehme Mittheilung ersparen, daß eine erheb liche Erhöhung der Butterpreise in Aussicht steht. Der verhältnißmäßig geringe Futterertrag wird in diesem Jahre noch durch den frühzeitig eingetretenen Frost geschmälert. Die Mehrzahl der Landwirthe hatte nämlich, wie üblich, einen großen Theil der Krautstrünke noch nicht eingeheimst, welche sonst, an der Wurzel abgehauen, im Hausgarten mit Laub be deckt und nach und nach verfüttert zu werden pflegen. Nachdem das Kraut gefroren ist, erlangt es nach dem Aufthauen eine weiche, schwammige Beschaffenheit und wird von dem Vieh nur ungern gefressen, fault auch bald, falls es nicht schnell aufgebraucht wird. Da auch der Kartoffelertrag in diesem Jahre ein ver- hältnißmäßig geringer ist, ebenfalls Mangel an Heu und Grummet sich einstellt, liegt es außer Zweifel, daß der Preis der Butter in die Höhe gehen wird. — In der anschließenden Sitzung des Reichstages gelangten zunächst die eingegangenen Vorlagen zum Vortrag, und wurde, da 268 Mitglieder anwesend waren, die Beschlußfähigkeit des Hauses ermittelt. — Die Präsidentenwahl wird Freitag (23.) stattfinden, als Präsident wird von Levetzow und als Vizepräsi denten die bisherigen gewählt werden, doch wird bei der Wahl des ersten Vizepräsidenten das Cenlrum weiße Zettel abgeben. Berlin. Kaiser Wilhelm ist am 20. Npvbr. mit seiner Familie vom Marmorpalais in Potsdam nach Berlin übergesiedelt und hüt für die Winter monate im königlichen Schlöffe Wohnung genommen. Rochlitz. Vor einiger Zeit entspann sich in dem nahen Dorfe W. gelegentlich einer Erbschaftsregu- lirung zwischen den Erben ein Streit. Der eine Theil behauptete bestimmt, es seien Werthpapiere zu einem ganz bedeutenden Betrage vorhanden gewesen, während der andere Theil dies bestritt und sogar be schwor, keine gefunden, ja nicht einmal Kenntniß da von zu haben. Die Papiere blieben verschwunden und die Angelegenheit schien erledigt. Auf Betrieb der übervortheilten Erben aber wurden im Geheimen die Nachforschungen fortgesetzt, unv das führte jetzt zu dem überraschenden Ergebniß, daß jene Papiere that- sächlich vorhanden gewesen und in Rochlitz selbst von einem Derjenigen, die ihre Unkenntniß davon eidlich erhärtet hatten, umgesetzt worden seien. Infolge dessen ist der Betreffende, ein sehr begüterter Besitzer aus W., am Freitag aus Veranlassung der Staatsanwaltschaft verhaftet und an das Landgericht Chemnitz abgeliefert worden. Aue. Dem Vernehmen nach hat der Stadtge meinderath Hierselbst die Einführung der revidirten Städteordnung für hiesige Stadt beschlossen. — Etat und Anleihegesetz liegen nun vor. Der Bundesrath hat beide angenommen. Ueber den Inhalt beider Vorlagen werden die folgenden Mit theilungen gemacht. Das Anleihegesetz ist nicht eine Forderung außerordentlicher bedeutender Mittel für neue Rüstungszwecke, wie vielfach fälschlich angedeutet worden ist, sondern ein Anleihegesetz, wie es bis jetzt jährlich den Reichsetat begleitet hat, d. h. die For derung der Mittel für außerordentliche Ausgaben zu militärischen, Marine-, Eisenbahn- und anderen Zwecken. Die Anleihe beträgt rund 80 Mill. M. Davon sollen 50 Mill, für militärische Zwecke dienen, und zwar 30 Mill, für Festungs- und Kasernenbauten, 20 Mill, hauptsächlich für artilleristische und andere Ausgaben. Die Marine ist bei der Anleihe nur mit 5 Mill, betheiligt. Diese so über Erwarten geringe Summe erklärt sich daraus, daß man über die Frage des Baues von Schlachtschiffen bez. die Konstruktion derselben noch nicht zu festen Beschlüssen gelangt ist. Für die Fortsetzung des begonnenen Äeichseisenbahn- baues im Südwesten werden 12 Mill, verlangt und für Zwecke der schon vbrhandenen elsaß-lothringischen Eisenbahnen 3'/, Mill. Endlich kommen 9'/, Mill, der Anleihe auf die Bauten am Nordostseekanal und 7 Mill, als Nestrate auf die Kosten des Hamburger Zollanschluffes. Man ersieht daraus, daß alle An gaben über neue, außerordentlich bedeutsame und große Etatsforderungen zu Zwecken der Verstärkung der Wehrkraft einfach aus der Luft gegriffen waren. Es wird noch hinzugesügt, daß der nunmehr abge schlossene Etat in seiner Gesammtzahl mit 949 Mill. M. in Einnahmen und Ausgaben abschließt. Davon sind 806'/» Mill, fortdauernde Ausgaben. Böhlen bei Rötha. Der Bau einer Dampf molkerei zu Böhlen in großem Maßstabe ist nun mehr gesichert, da alle Vorbedingungen hierzu erfüllt sind. Die Konstituirung der Genoffenschaft, sowie die behördliche Genehmigung der Statuten sind erfolgt. Der Entwurf und die Bauzeichnungen zu den Mol kereigebäuden sind ebenfalls genehmigt. Das Grund stück zum Betriebe der Molkerei ist käuflich erworben. Das Ausschreiben zur Submission des Baues der Molkereianlagen ist im Laufe dieser Woche erfolgt und es soll, sobald der Bau an einen Unternehmer ver geben ist, mit den nöthigen Arbeiten begonnen werden, damit, wenn die Witterung einigermaßen günstig ist, im nächsten Frühjahr der Bau vollendet und die Molkerei in Betrieb gesetzt werden kann. Zittau. Am Montag Abend wurde an der nach Zittau führenden Straße zwischen dem Gasthaus zur „Krone" und dem Bahnwärterhause in Drausendorf ein fast lebloser Mann mit sieben Stich- resp. Schnitt wunden und mit eingeschlagenem Schädel aufgefunden. Im Krankenhause ist derselbe alsbald verstorben; auch wurde ein der That dringend verdächtiger Arbeitskollege des Verletzten bereits verhaftet. Annaberg. Bisweilen merkt man au unserer Bürgerschaft, daß Annaberg eine freie Bergstadt ge wesen. So jüngst, als der Stadtrath beantragt hatte, das Morgens 4 Uhr stattsindende Läuten der Häuer - glocke abzuschaffen. Die Stadtverordneten gaben die Bedeutungslosigkeit des Läutens zu, beschlossen aber, aus Pietät gegen die Einrichtungen unserer Altvordern, mit 18 gegen 7 Stimmen, daß das Bergglöcklein auch fernerhin allmorgens erschallen möge. Dresden. Zur Vorbereitung der im Frühling (wahrscheinlich gegen Ende Mai) des kommenden Jahres bevorstehenden Jubelfeier der 800jährigen Herrschaft des Sächsischen Königshauses wird am 2. De zember eine Versammlung Hierselbst stattfinden, zu welcher von den Präsidenten und einigen anderen Mit gliedern beider Kammern des Landtags zahlreiche Ein ladungen ergangen sind. Unerwartet der von dieser Versammlung über die Theilnahme des Landes an der Feier zu fassenden Beschlüsse haben bezüglich der aus diesem Anlaß in Dresden zu treffenden festlichen Ver anstaltungen Vorberathungen bereits stattgesunden. Hierbei ist als nothwendig erkannt worden, den ersten Tag des Jubiläum« den Beglückwünschungen und Fest- — Die Eröffnung des Reichstages fand am 22. November Mittags, nachdem der Kaiser in der Schloßkapelle dem Gottesdienst beigewohnt hatte, statt. In der Hosloge befand sich die Kaiserin, der Herzog von Aosta, der Erzherzog Este und die Prinzessin Albrecht, im Saale selbst waren zahlreiche Abgeord nete, die Generalität, die Geistlichkeit, die Spitzen der Reichsämter und die preußischen Staatsminister an wesend. Als der Kaiser benachrichtigt worden war, erschien zunächst die Krongarde, darauf paarweise Leib pagen und sodann der große Dienst. Bei Eintritt des Kaisers brachte der erste Vizepräsident, 0r. Buhl, ein Hoch auf denselben aus. Hierauf bestieg der Kaiser den Thron, bedeckte sich mit dem Helm und verlas mit weithin vernehmbarer Stimme die Thron rede. Sodann erklärte Staatsminister v. Bötticher den Reichstag für eröffnet, der bayrische Gesandte v. Lerchenfeld brachte wiederum ein Hoch auf den Kaiser aus und der Letztere verließ den Saal. Die Thronrede gedenkt der Kaiserreisen und der Vorgänge im Reich, welche Allen die Ueberzeugung gewährten, daß die Reichseinheit tiefe Wurzeln im ge jammten Volke geschlagen. Dieselbe erwähnt dis Ham burgischen und Bremischen Zollanschlüffe, die deutsch schweizerische Handelsübereinkunft, betont die befrie- digenve Finanzlage und begrüßt freudig den wirth- schaftlichen Aufschwung. Sei auch der auf der Land- wirthschaft lastende Druck noch nicht gehoben, so lasse doch die Möglichkeit höherer Verwerthung der land- wirthschaftlichen Erzeugnisse eine Besserung erhoffen. Die Rede kündigt Gesetzentwürfe über die Genossen schaften, eine Aenderung der Krankenversicherung sowie die Vorlage über die Alters- und Invalidenversiche rung an. An das Abkommen mit England wegen Ostafrika würden sich weitere Verhandlungen mit an deren Regierungen und Vorlagen für den Reichstag knüpfen. Die Beziehungen zu allen Regierungen seien friedlich. Der Kaiser sei unausgesetzt für die Be festigung des Friedens bestrebt; es wäre auch mit den christlichen Glaubenspflichten des Kaisers nicht verträg lich, die Leiden des Krieges, selbst des siegreichen, ohne Noch über Deutschland zu verhängen. Die Besuche bei den befreundeten Monarchen bezweckten Verstän digungen, um den Frieden zu sichern. Das allseitig bezeugte Vertrauen berechtige zur Hoffnung, daß es gelingen werde, den Frieden zu erhalten. poldiswalde (6), Dübeln (2), DreSdrn-Land (ü), Frei berg (1), Grimma (1), Lei..'. (3) unterzogen sich dieses Examens. Einer der Exa minanden erhielt den 2. Censurgrad, 14 erwarben sich den 3. und 6 den 4. In den Sitten konnte, mit Ausnahme eines Einzigen, Allen die I ertheilt werden. Auf hiesigen Bezirk fallen 5 Hl (gut) und 1 IV (ziemlich gut) in den Wissenschaften und 6 I in den Sitten. Im Durchschnitt ist also das Resultat als ein gutes zu bezeichnen. Höckendorf. Vergangenen Dienstag gab der Land lehrerverein Dippoldiswalde im hiesigen Gasthofe ein Concert zum Besten der Zwecke des Pestalozzi-Ver eins. Der Besuch war in Anbetracht des ungünstigen Wetters immer noch ein recht guter. Was die Auf führung betrifft, so muß dieselbe als eine sehr lobens- werthe bezeichnet werden, sodaß eS an stürmischen Bei- fallszeichen nicht fehlte. Hoffentlich wird es dem ehren- werthen Verein ein Sporn sein, den Gesang noch mehr zu pflegen, umsomehr, als er viele musikalisch begabte Kräfte hat. — n. lichkeiten am königlichen Hofe yorzubehalten. Am Weiten Tage soll die Enthüllung des König Johann- Denkmals stattfinden, dieser unter Zugrundelegung der Geschichte SachsenS und seines Fürstenhauses ein Festzug in historischen Trachten vorangehen, zu dessen Planung und Leitung die Dresdner Kunstgenossenschaft sich erboten hat. Hiernächst ist für denselben Tag ein Abendfest mit Beleuchtung und Feuerwerk an der Elbe unterhalb und beziehentlich gegenüber der Brühlschen Terrasse in Aussicht genommen. Freiberg. In der Nacht zur Mittwoch zog ein heftiges Gewitter, das sich bei starkem Schneesturm unter grellen Blitzen und rollendem Donner entlud, über hiesige Gegend. Hier schlug der Blitz in die Be triebstelegraphenleitung der Staatsbahnen und ver ursachte wesentliche Störungen. — Vom kgl. Landgericht wurde am 22. Novbr. der Ziegeldeckermeister Johann Schmidt in Dippoldis walde wegen fahrlässigen Meineides zu 1 Woche Ge- fängniß verurtheilt. Kreischa, 20. Nov. WaS guter Wille vermag, sah man einmal recht klar in der heutigen, von Mit- gliedern ja noch recht leidlich besuchten Versammlung unseres landw. Vereins. Durfte nämlich der in Aussicht stehende Vortrag bestimmt einen recht zahl reichen Besuch unserer Frauen erwarten, so hatten sich doch beinahe alle näher Wohnenden durch das aller dings sehr schlechte Wetter, vielleicht auch etwas durch die eben bewältigten Kirmesgenüsse, vom Besuche ab halten lassen, während einige wackere Berufsgenossinnen in anerkennenswerther Weise den weiteren Weg nicht gescheut hatten, unserer heutigen Versammlung als Gäste beizuwohnen. Und gewiß werden dieselben, wie jeder andere Besucher, hochbesriedigt den interessanten Vortrag des Herrn Professor Kirchner-Halle über „Molkerei" gehört haben. Erläuterte doch derselbe in fast zweistündigem Vortrag in ganz außerordentlich faßlicher und eingehender Weise die verschiedenen Be handlungsarten der Milch, besonders zum Zwecke der Butlerbereitung, sowohl im Bezug auf den gewöhnlichen bäuerlichen Betrieb, als auch den der Großwirthschast, wobei besonders auch die eingehende Beschreibung der verschiedenen Centrisugensysteme im Bezug auf ihre Geschichte, Einrichtung und Betriebsweise berechtigtes Interesse erregte. Leider gestattet uns der Raum nicht, weiter auf diesen Vortrag, sowie die übrigen Verhand lungen einzugehen, nur sei noch erwähnt, daß die von Herrn Leipner aus Höckendorf ausgestellten Geräthe: Schaukelbuttermaschine, Mäusevertilger, sowie geschmie deter Jauchenvertheiler sich gleichfalls vielfacher Be achtung und Anerkennung der Anwesenden zu erfreuen hatten. Glashütte. Ein junger Handwerksbursche, gut gekleidet und mit einem Handkoffer versehen, hat am 20. November Mittags in verschiedenen Häusern hier um eine Gabe angesprochen. Er kam auch in die Wohnung des Herrn Buchdruckereibesitzers Öttersdorf. Da er in dem Zimmer Niemand antraf, öffnete er als bald einen Schrank und entwendete daraus 330 M. in Gold und Papier. Seines leeren Koffers hat der freche Dieb auf dem Wege nach Dittersdorf sich ent ledigt und seinen Weg gewiß nach dem nahen Böhmen eingeschlagen. Zwickau. Ein schwerer Frevel wurde am Sonn tag hier beim Fischen eines Privatteiches verübt. Unter den am Ufer niedergelegten Mundvorräthen der beim Fischen beschäftigten Arbeiter sand sich auch eine ge füllte Flasche vor. Im Begriffe, davon zu trinken, erklärte der Teichbesitzer den Arbeitern, daß die Flasche, in denen die Arbeiter Branntwein vermutheten, von ihm nicht mit zur Stelle gebracht worden sei und es ergab die Untersuchung, daß die Flasche Salpeter säure enthielt. Schneeberg. Die hiesigen städtischen Kollegien haben ein Regulativ beschlossen, nach welchem die Gast- wirthe, Restaurateure rc. verpflichtet sind, durch An schläge in ihren Schanklokalen die Benennung der zum Verkaufe gelangenden Biersorten, die Brauerei, in welcher diese Biere erzeugt werden, und die Preise derselben für je '/>,-Liter bekannt zu geben. Den ge nannten Personen wird ferner die Verpflichtung auf erlegt, dem Stadtrath oder dessen Beauftragten auf Verlangen von Zeit zu Zeit durch Vorlegen der be züglichen Frachtbriefe oder Rechnungen die Wahrheit der Angaben auf den Anschlägen nachzuweisen.