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«77 ' -Li Hagesgeschichte. Berlin. Die am 3Y. Oktober vorgenommenen Wahlmännerwahlen zu den Landtagswahlen haben, soviel von denselben bisher bekannt geworden ist, keine wesentlichen Verschiebungen der Parteiverhältnisse er geben. — In Berlin selbst wurden die Kandidaten der Freisinnigen gewählt. — Die Nachrichten über den beabsichtigten Be such des Kaisers von Rußland am Berliner Hofe in Erwiderung des Besuches des Kaisers Wilhelm in Petersburg, lauten durchaus widerspruchsvoll. Einst weilen steht so viel fest, daß dem Berliner Hofe eine Anzeige über das Eintreffen des Kaisers von Rußland noch nicht zugegangen ist. Es scheint indessen, daß der Besuch im Laufe des Novembers zu erwarten steht. Der Gegenbesuch des Königs von Italien dürste in der zweiten Hälfte des April kommenden Jahres er folgen. Ueber einen Besuch des Kaisers von Oester reich in Berlin sind Bestimmungen noch nicht getroffen. — Eine Verfügung der Regierung untersagt den Lehrern des Bezirks Bromberg die Ertheilung von Privatunterricht in der polnischen Sprache. — Bekanntlich erfolgt die Zusammensetzung des Bundesraths-Ausschnsses für Landheer und Festungen, sowie für das Seewesen durch kaiserliche Ernennung. In dem Ausschuß für Landheer und Festungen sind verfassungsmäßig Preußen und Bayern vertreten; außerdem sind ernannt Königreich Sachsen und Württemberg, Gcoßherzogthum Mecklenburg- Schwerin und Herzogthum Sachsen-Koburg-Gotha. Zu Mitgliedern des Marine-Ausschusses, in welchem verfassungsmäßig Preußen vertreten ist, sind ernannt: Königreiche Bayern und Sachsen, Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin, sowie freie und Hansastadt Hamburg. Hamburg. Die Anwesenheit Kaiser Wilhelms in hiesiger Stadt zur Theilnahme an den Festlichkeiten des Zollanschlusses war eine fortgesetzte Reihe der herzlichsten Kundgebungen gegen den Schirmherr» des Reiches. Die Schlußsteinlegung der Anschlußbauten vollzog der Kaiser, nach Verlesung der in den Stein zu vermauernden Schriftstücke, eigenhändig, er fügte den Mörtel ein und that die üblichen drei Hammer schläge mit den weithin vernehmlichen Worten: „Zur Ehre Gottes, zum Wohle des Vaterlandes, zum Segen Hamburgs." Darauf erfolgten die Hammerschläge von den übrigen Theilnehmern. — Nach einer Luft fahrt im festlich geschmückten Hasen fand ein Festmahl von 60 Gedecken im Makartsaal der KunsthaUe statt, während weitere 260 Personen im Galileisaale speisten. Der Kaiser saß zwischen den beiden Bürgermeistern gegenüber Makarts berühmten Bilde: „Einzug Karls V. in Antwerpen". Gegen 6^ Uhr Abends verabschie dete sich der Kaiser und bald darauf rollte der Zug aus dem Bahnhof, um nach kurzer Fahrt Friedrichs- ruh zu erreichen, wo dec Kaiser dem Fürsten Bismarck einen Besuch abstattete. FriedrichSruh. Kaiser Wilhelm langte am 29. Oktober, Abends 7 Uhr SO Min., hier an und wurde auf dem Bahnhofe vom Reichskanzler empfangen. Der Bahnhof war festlich geschmückt und erleuchtet; die Feuerwehr mit Fackeln bildete Spalier. Der Kaiser begrüßte den Reichskanzler auf das Herzlichste mit wiederholtem Händeschütteln und begab sich mit dem selben nach dem Schlöffe. Am Nachmittag des folgen den Tages setzte sodann der Kaiser die Rückreise nach Potsdam fort. Essen. Die nahe bei Fulda liegende Stadt Hün feld, die schon vor 2 Jahren, am 28. September 1886, von einem großen Brandunglück betroffen wurde, ist am 29. Oktober wieder von einer verhee renden Feuersbrunst heimgesucht worden. Das Feuer ist bereits am Montag Morgen im Gasthaus zum Lamm ausgebrochen und hat in kurzer Zeit, begünstigt durch die alte zusammenhängende und mit feuergefähr lichen Oekonomiegebäuden versehene Bauart der meisten dortigen Häuser, eine Ausdehnung angenommen, daß Abends 6 Uhr, zu welcher Zeit man des verheerenden Elements Herr wurde, nicht weniger als ISO Wohn häuser, ohne Scheunen und Nebengebäude, in Aschs lagen. Das Rathhaus, die Post, die Apotheke und beide Steuerämter sind ein Raub der Flammen ge worden. Etwa lOOO Menschen sind obdachlos. Die meisten Abgebrannten sind versichert, viele aber auch nicht. Die Letzteren liegen in den Gärten bei ihren welligen Habseligkeiten. Für die obdachlosen Menschen konnte der vom Feuer verschonte Rest des Ortes nicht Unterkunft bieten, es sind daher viele nach Fulda, Hersfeld und anderen Orten gegangen, um dort die Nacht zuzubringen. Die Feuerwehren von allen Orten der Umgebung waren anwesend, von Hersfeld trafen 80 Mann Militär ein, welche größtentheils zur Wache, theils auch zur Hilfe beordert wurden. Die Wirth- schaften, es sind deren noch 4 geblieben, sind über füllt, die Aufregung ist unbeschreiblich. Fast sämmt- liche Bäckereien sind abgebrannt, so daß von Fulda Brod nach Hünfeld gesandt werden mußte. Verluste an Menschenleben sind nicht zu beklagen, nur ein Feuerwehrmann aus Fulda stürzte von einer bren nenden Scheune herunter und wurde schwer verletzt. Die Entstehungsursache des Feuers ist unbekannt. Die Stadt liegt an einem Hügel; was auf demselben lag, ist niedergebrannt. Es ist lediglich der günstigen Windrichtung zu danken, daß der Ort nicht gänzlich ein Raub der Flammen wurde. Die Kirche ist vom Feuer verschont geblieben. Bochum. Am 27. Oktober Abends ist, wie be reits kurz gemeldet, das Pulverhaus der Zeche „Prinz-Regent" in die Luft geflogen. Die Unglücks stätte, b/i Stunden von Bochum entfernt, bietet ein grauenvolles Bild der Verwüstung. Ueber ein Dutzend Häuser wurden ihrer Dächer beraubt oder wurden doch sonst so arg zerstört, daß der Aufenthalt darin zur Zeit unmöglich ist. Keine Fensterscheibe blieb ganz, starke Bäume liegen entwurzelt und wie Rohr geknickt am Boden. Ueber die Entstehung der Explo sion ist bis jetzt so viel bekannt, daß die das Pulver magazin umgebende Umzäunung von theergetränkten Eisenbahnschwellen bereits seit 4 Uhr des Mittags ge brannt habe, daß aber zum Löschen wegen der großen Gefährlichkeit Niemand habe gewonnen werden können. Um >/i6 trat dann die Katastrophe ein, der leider auch ein Menschenleben zum Opfer fiel. Vier Per sonen wurden mehr oder minder schwer verwundet, darunter der anwesende Gendarm. 'Man vermuthet allgemein, daß das Ereigniß aus einen Akt der Rache eines Arbeiters zurückzusühren ist. Württemberg. In süddeutschen Blättern tauchten bereits seit einiger Zeit allerlei Klatschgeschichten vom Stuttgarter Hofe auf. Der König von Württem berg soll darnach einige junge Amerikaner in auffal lender Weise bevorzugen, dem einen ven erblichen Adel, einem andern den Titel eines Geheimen Hosrathes verliehen haben. Wie ferner berichtet wird, ist im Stuttgarter Hofbericht vom 24. d. M. bei Aufzählung des Gefolges des Königs zum ersten Mal von einem „Freiherrn von Savage" die Rede; man nimmt als sicher an, daß dies der Name sei, unter welchem der Amerikaner Woodcock, einer der Günstlinge des Kö nigs, in den Adelsstand erhoben wurde. Die könig liche Kaffe soll unter diesen Verhältnissen empfindlich leiden. Die württembergische Presse hat bis jetzt keine Kenntniß von der Darstellung genommen, wohl aber ist, wie bekannt, in einem Ministerrath beschlossen worden, die Verbreiter jener Miltheilungen gerichtlich zu verfolgen. Elsaß-Lothringen. Für den Kanton St. Avold ist bei der Wahl zum lothringischen Bezirkstag der altdeutsche Kandidat, Notar Wolff von St. Avold, mit 1100 Stimmen gewählt worden. Der einheimische Kandidat und bisherige Bezirkstagsdeputirte, Holz händler Riß von St. Avold, erhielt 850 Stimmen. — Man findet auf den Kirchhöfen unseres Be zirks, so schreibt man aus Lothringen, daß bis 1870 die Grabschriften in der Regel deutsch, von da ab aber ausschließlich französisch abgesaßt sind. Dabei ist meist im ganzen Dorfe, vielleicht Pfarrer und Lehrer abgerechnet, keine einzig« Person, die einen franzLstschen Satz lesen oder schreiben könnte. Zur Befestigung diese- Unfuges ist nun unlängst angeordnet worden, daß von jetzt ab innerhalb des deutschen Sprachge bietes französische Grabschriften nicht mehr angebracht werden dürfen. — Die Revancheschreier haben aus den Kreisen der Armee wieder Unterstützung erhalten. General Miribel sagte beim Empfange der Behörden in Nancy: „Möge Jedermann den Nancyer Wappenspruch be herzigen: lilon iuultu8 prowor; denn ich werde mein Möglichstes thun, damit das von Ihnen bewohnte De partement nicht mehr ein Grenzdepartement sei; wo unsere Väter durchkamen, da werden auch die Söhne durchkommen können." Im Pariser Elysee hat dieser Erguß sehr unangenehm berührt. Frankreich. Bei einer am 28. Oktober in Tour abgehaltenen Monarchistenversammlung, an welcher gegen 2000 Personen Theil nahmen, hielt Lambert Sainte-Croix eine Rede, worin er auf die Vereinigung aller Royalisten hinwies, und betonte, wie befremdlich es sei, daß die Republikaner selbst erklärten, ihre Ver fassung tauge nichts. — Nach der Versammlung sand ein Bankett statt, bei welchem General Charette in einem Trinkspruch ausführte, die Monarchie sei die letzte Zuflucht Frankreichs, sie werde das Glück des Landes sichern. Schweiz. Die Frage, ob die Simplonbahn noch zu Stande kommt, ist nunmehr, nachdem daS Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Italien seine Studien über die Pläne beendet und die Zustimmung zu den vom Bundesrathe der Schweiz aufgestellten Bedingungen empfohlen hat, als gelöst zu betrachten. Italien wird jedenfalls die 15 Millionen Franks zu dem großen Unternehmen beitragen, und es wird ein zweiter grober Handelsweg zwischen der Schweiz und Italien geschaffen. Ob die Franzosen davon einen so großen Nutzen Haden werden, wie sie glauben, ist jetzt, wo die Zolldifferenzen den Verkehr zwischen Frankreich und Italien bedeutend erschwert haben, sehr unwahr scheinlich; aber die Bahn wird dem großen Welthank-l ebenso dienen wie die Gotthardlinie. Dänemark. Das Projekt, durch den Bau eines Kanals durch Jütland von der Nordsee nach dem Kattegat die für Dänemark nachtheiligen Wirkungen des künstigen Nordostseekanals nach Kräften zu besei tigen, wird jetzt wieder in der Kopenhagener „National- tidende" warm empfohlen. Es wird mitgetheilt, daß dem Civilingenieur Gläsner die Ertheilung einer Kon zession zur Ausführung der Anlage zugesagt worden sei, sofern die erforderlichen Mittel dazu herbeigeschafft werden können. Italien. In dem Saale unter den von Kaiser Wilhelm bewohnten Zimmern entstand am 31. Ok tober ein Brand, oer einen Schaden von etwa 20000 Lire verursachte. Neben der Brandstätte war das Silberzeug des Hofes, im Werthe von über einer Million, ausbewahrt. Die 'gerichtliche Untersuchung über die Entstehung des Feuers hat begonnen. Rußland. Ein am 29. Oktober, Nachmittags 2 Uhr, von der Station Taranowka auf der Kursk- Charkow-Azowschen Eisenbahn aufgegebenes Telegramm des Ministers des kaiserlichen Hauses meldet, daß auf der Station Borki derselben Eisenbahnlinie die zweite Lokomotive und die auf dieselbe folgenden vier Waggons des kaiserlichen Hofzugs entgleisten. Der Kaiser und die anderen Mitglieder der kaiserlichen Familie, sowie das Gefolge blieben vollständig unversehrt. — Der Unfall ereignete sich bei einer Kurve mit starker Steigung und einer Erhöhung der fahrplanmäßigen Schnelligkeit von 17 auf 60 Kilometer in der Stunde. Andererseits wird vermuthet, daß die Ursache der Entgleisung in einer gesprungenen Schiene zu suchen sei. 19 Personen sind getödtet, 18 verwundet. Kirchen-Nachrichten von Dippoldiswalde. Sonntag, 4. September, 23. n. Trin. Früh '/»6 Uhr Beichte und heil Abendmahl. Früh 9 Uhr Predigtgottesdienst. Herr Snp. Opitz. Amtlicher Theil. Konkursverfahren. Ueber das Vermögen der Handelsfrau Christiane Wilhelmine Mende, geb. Schlegel, in Rechenberg wird heute am LS. Oktober 1888, Nachmittags 1 Uhr, das Konkursverfahren eröffnet. Herr Ortsrichter Earl August Erler in Rechenberg wird zum Konkurs verwalter ernannt. Konkursforderungen sind bis zum 1. Dezember 1888 bei dem Gerichte anzumelden. , Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und eintretenden Falles über die in 8 120 der Konkursordnung bezeichneten Gegenstände - auf -en 28. November 1888, Vormittags S Uhr, — und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf -en 1L. Dezember 1888, Vormittags S Uhr, — vor dem unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Gemeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflicht»«« auserlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 1. Dezember 1888 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zu Frauenstein. Colbitz. Veröffentlicht: Friedlein, Gerichtsschreiber.