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— «62 — — Au Stiftungen für Schulzwecke hat das „Sächs. Kirchen- und SchulblaÜ", in det Zeit vünt Juli 1887 bis Juli 1888 einen GesaMnUbettäg voii 587,958 M. verzeichnet, von welcher Stimme Mer- VtnaS 328,000 M. erst binnen 10 bi- 160 Jährest nutzbar werden. Letztere Bettäge find vis SttstüNgest de- HammerwerkSbes. Porst, von denen je 25,000 M. sttlch lOJahren der Schulgemeinde Pöhla b. Schwarzen berg, nach 20 Jahren der Schulgemeinde Adorf i. V., nach 30 Jahren dem Lehrerseminar zu Plauen, nach 40 Jahren dem Seminar zu Annaberg, nach 50 Jahren der Fllrstenschüle Grimma, nach 60 Jahren der Fürsten schule Meißen, nach 100 Jahren wiederum der Schul ¬ gemeinde Adorf, nach 110 Jahren der Schulgemeinde Pöhla, endlich nach 160 Jahren nochmals der Schul gemeinde Pöhla 50,000 M. und der Universität zu Leipzig 100,000 M. zur Begründung von Convict- stellen zusallen werden. Die Mehrzahl der übrigen Stiftungen dient zu Stipendien und sonstigen Unter stützungen für Lehrzwecke. Für den Gustav Adolf- Verein wurden 7800 M., für Bibelverbreitung 300 M., für Heidenmission 6700 M. gestiftet. Die Gesammt- summe aller Stiftungen für Kirche, Schule, Armen zwecke und christliche Liebeswerke betrug 1,745,180 M. Sayda. Am vergangenen Sonntag und Montag weilte der Quellenfinder Josef Beraz aus München in hiesiger Stadt, Um, einer Einladung der städtischen Kollegien folgend- über die hiesigen Wasserverhält nisse eist Gutachten abzugeben. Unter Begleitung einer Deputation der Eladtvertretung besichtigte ge nannter Herr zunächst am Sonntage dre Dorfchemnitzer Höhe, woselbst er jedoch nur das Vorhandensein einiger ganz schwacher Quellen bezeichnen konnte. Am Mon tage bezeichnete er ganz in der Nähe der Stadt eine Stelle, wo ein starker Quell von 7 Centimeter Stärke liege, allerdings in einer Tiefe von 46 Metern. Die Etädtvertretung hat sich ihre Entschließung, ob sie der bezeichneten Quelle nachgrabe» will, Vorbehalten. Mülsen St. NitlaS. Am 21. Oktober, Abends gegen 8 Uhr, wurden zwei Schulmädchen, die zwölf jährige Tochter des Bahnhossrestauraleurs Grummt von hier nebst einer im gleichen Alter stehenden Freun din, in der Nähe des Bahnhofs-Gebäudes in Ort mannsdorf durch 2 Schüsse verwundet. Während die GruMmt einige Schrote in den Hinterkopf erhielt, wurde deren Freundin in die Seite getroffen, und haben die Schrote von dem hinzugezogenen Arzte ent feint werden müssen. Die Thäter sind in Schulknaben im Alter von 11—12 Jahren aus Ortmannsdorf er mittelt worden. Werdau. Von dem kürzlich hier verstorbenen Fabrikant Hermann Schmelzer sind der Stadtgemeinde Werdau 2000 M. überwiesen worden, mit der Be stimmung, daß die Zinsen alljährlich zu Weihnachten an arme brave Bürger hiesiger Stadt zur Lertheilung gelangen. Desgleichen hat derselbe der hies. Schützen- Gesellschaft ein Legat von 2000 M. mit der Be stimmung ausgesetzt, daß die Zinsen hiervon einem be- befähigten, dürftigen Schüler, dessen Bater Mitglied der Schützen-Gesellschaft ist, zum Besuche eines tech nischen Instituts, als Gewerbe-, Web-, Bauschule rc., überwiesen werden. Zwickau. Am Montag Nachmittag ereignete sich bei vorschriftsmäßiger Vernichtung (durch Verbrennen) von drei Kisten Mit je 2'/» Kilo Wetterdynamit, welches sich bei den Sprengversuchen als unbrauchbar erwies, ein schwerer Unglückssall. Beim Nbbrennen der letzten Kiste, die auf einer Holz- und Papierunter lage stand, entzündete sich vorzeitig aus noch unbekannte Weise deren Inhalt, und unter furchtbarer, weithin hallender Detonation, welche Fenster erklirren machte, explodirte das Dynamit. Der Bergarbeiter Graf, ein Vater von 5 kleinen Kindern, welcher mehrere Bieter weit fortgeschleudert und arg verstümmelt wurde, hat dabei den Tod gefunden. Zwickau. Kürzlich wurde hier ein Sechspfund- brod beschlagnahmt, das ein Mindergewicht von 480 Gramm nachwies. Meißen. Fast in allen Weinschänken fanden am vorigen Sonntage Most feste statt; der Fremdenzuzug an diesem herrlichen Herbsttage war ein ganz be deutender. Der süße Most und noch mehr der „firne" Wein machten denn auch ihre Rechte geltend, der graue Zug war stark mit grauen Passagieren besetzt. Fast in allen Weinschänken hat man jetzt die Einrichtung getroffen, den Most durch Tücher zu gießen, er genießt sich in Folge dessen angenehmer und ist appetitlicher. Meißen. In der Nacht zum letzten Sonntage ist es auf dem sogenannten „Horn", bei den Holz stämmen an der Elbe gegenüber der Fährmannsstraße, zu einer blutigen Schlägerei gekommen. Der am schwersten Verwundete kam Morgens in der 6. Stunde zu einem hiesigen Herbergswirth und bat um Wasch wasser, da er aus acht tiefen Wunden am Kopse und Halse stark blutete. Er gab an, daß er nicht wisse, wie er zu den Wunden gekommen sei; durch den starken Blutverlust Wat er schließlich st erschöpft, daß er im Mlifchtn Kraükenhause üükeegebkächt «erden mußte. In gleicher Herberge erschauen Nach dem Eintreffen d«S gestaunten Schwerverwutidetest noch zwei ändere Personen, die gleichfalls aüs vielen Stichwuiiden am ganzen Körper bluteten, sich abet eiligst wieder ent fernten, als sie hörten, daß die Polizei von dem Vor fälle benachrichtigt sei; doch sind die Namen Beider bekannt. Am Thatorte fand man neben drei großen Blutlachen ein scharsgeschliffenes Beil, ein Messer und eine blutige Visitenkarte. Coldih. Der Windmühlenbesitzer Karl Richter im benachbarten Schönbach hat am Freitag Nach mittag einen entsetzlichen Tod gefunden. Er be absichtigte, am Triebrade seiner steinernen Windmühle eine Reparatur vvtzunchmen und betrat zu diesem Zwecke das in der Höhe des Rades angebrachte Lauf brett. Unglücklicherweise setzte sich, während Richter noch mit der Nachforschung nach dem Fehler begriffen war, das Rad in Gang. Richter wurde ergriffen und ihm der rechte Oberschenkel zweimal gebrochen; außer dem erlitt er einen Bruch des Fußgelenkes, sowie eine Zerreißung der Flechsen und stürzte über 2 Stockwerke hoch herab auf die Erde. Erst am Sonnabend Nach mittag wurde der Unglückliche, der am Ausgange der fünfziger Jahre stand, durch den Tod von seinen Leiden erlöst. Leipzig. Die Erbauung des Reichsgerichts gebäudes, zu welchem am 31. d. M. der Grund stein gelegt werden soll, dürfte einen Zeitraum von 6 Jahren in Anspruch nehmen. In 2 Jahren hofft man mit dem Rohbau fertig zu sein, während auf den inneren Ausbau jedenfalls 4 Jahre verwendet werden müssen. Die Bauleitung ist dem Regierungsbau meister Hoffmann aus Darmstadt, sowie dem Archi tekten Dybwad aus Berlin übertragen worden, deren Entwurf bekanntlich im Februar 1885 mit dem ersten Preis gekrönt wurde. Der Garnisons-Bauinspektor Echarenberg fungitt als geschäftlich-technischer Leiter; außerdem aber stehen den genannten drei Herren noch fünf andere Regierungsbauführer und Architekten zur Seite. Die Baukosten sind auf 5,902,750 M. ver anschlagt. Tagesgeschichle. Berlin. Auf der Rückreise von Hamburg nach der Theilnahme an den Zollanschluß-Feierlichkeiten wird Kaiser Wilhelm den Fürsten Bismarck besuchen und in Friedrichsruh übernachten. — Dem Reichstage wird in Betreff der Forde rungen für die kaiserliche Marine neuesten Be stimmungen zufolge ein Nachtragsetat nicht vorgelegt werden. Die Gesammtforderung in Höhe von 100 Millionen Mark wird im Hauvtetat zur Vorlage kommen, dem die betreffende Denkschrift beigesügt sein wird. — Das Landgericht zu Duisburg hat die Be schlagnahme der Broschüre Mackenzies aufgehoben. — Der Reichshaushaltsetat ist dem Verneh men nach festgestellt und wird, wie gewöhnlich, in einzelnen Gruppen alsbald an den Bundesrath ge langen. Die Hauptarbeit wird hier bekanntlich in den Ausschüssen vorgenommen, deren Anträge im Ple num nur eine formelle Behandlung erfahren und selten abgeändert werden. Die Etats der Marineverwaltung, des Auswärtigen Amtes und auch die der Militär verwaltung und der Postetat dürften immerhin an sehnliche Abänderungen erfahren, dagegen die übrigen Etats im Wesentlichen dem laufenden Reichshaushalt entsprechen. Wie das Gesetz über die Arbeiteralters versorgung, so ist auch das Genossenschaftsgesetz in den Ausschüssen des Bundesrathes für das Plenum vor bereitet; hier sind indessen noch einige allerdings unter geordnete Punkte, welche noch der Erledigung in den Ausschüssen bedürfen. — Das Gesetz über den Verkehr mit Wein ist bekanntlich in der letzten Session des Reichstages unerledigt geblieben. Man hatte gegenüber den viel fach auseinandergehenden Ansichten der Interessenten von vornherein keine allzu hohen Erwartungen von dem Zustandekommen des Gesetzes in der vorigen Session, dagegen ist man entschlossen, den Gegenstand wieder aufzunehmen, wozu man ohnehin durch Peti tionen, welche von verschiedenen Seiten eingegangen sind, erneute Anregung erhalten hat. Es sind neue Erhebungen über die bisher hervorgetretenen Schwierig keiten angestellt worden und es darf angenommen werden, daß die Ergebnisse derselben, sowie das aus den Kommissionsverhandlungen gewonnene sehr reich haltige Material als Unterlage für einen neuen Ent wurf verwendet werden. — Es darf als feststehend angesehen werden, daß die Frage wegen Vorbedingungen für den Einjäh rig- Freiwilligen-Dienst einer anderweiten Regelung entgegengeführt werden soll. Indessen werden die Mittheilungen, welche bis jetzr darüber gemacht worden sind, nur alt Kühler angesehen. Bestimmtes ist noch nicht festgesetzt. Einstweilen find über verschitdene Vorschläge Gütachten eingefordert worden. — Dii „Nvrddttttsche" kommt auf die Affatre in Havre zurück und bemerkt dabet, daß dadurch -in weiteret Beweis für die Verwilderung und Rohheit des französischen Volkes geliefert werde. Dasselbe sei nach und nach von der hohen Stufe der Civilisation, auf welcher es zur Zeit eines geordneten GtüätSwesenS zweifellos stand, immer tiefer herabgefunken, so daß es heute, insbesondere was die Rechtssicherheit anbe trifft, sich mit den anderen civilistrten Völkern Europas nicht mehr vergleichen kann. „Ein Land — so heißt es dann weiter —, in dem die Mörder deutscher Sol ¬ daten unter den jubelnden Zurufen des Publikums freigesprochen werden konnten, ein Land, in dem un- schuloig und wehrlos Gemißhandelte, wie deutsche Studenten in Belfort, keinen Advokaten finden können, der ihre gerechte Sache vor Gericht vertreten will, — ein Land, in dem der Präsident einer Handelskammer, wie dies in Nancy der Fall gewesen ist, einem ganz gewöhnlichen, in Konkurssachen gebräuchlichen Anträge die Rechtshilfe verweigert, einfach weil dieser Antrag von einem Deutschen ausgegangen ist — ein Lanv, in dem Solches nnd Aehnlrches vorgefallen ist und täglich wieder vorkommen kann, schließt sich dadurch selbst aus dem Kreise der gesitteten Nationen aus. Aber Deutschland unterhält Beziehungen zu civilistrten sowohl wie zu wilden Nationen und es hat gelernt, sich in beide einzuleben. — Mehr als 300 Depeschen hat, wie die „Na- zione" berichtet, Graf Herbert Bismarck mit seinem Vater und dem Auswärtigen Amte von Rom aus ge wechselt. Alle Telegramme ergingen in Chiffern und manche Direktiven sollen noch in zwölfter Stunde auS Friedrichsruh eingelaufen sein. Der Kanzler bestimmte Alles, was in den Rahmen der auswärtigen Politik gehörte. Er hatte auch ausdrücklich gewünscht, daß bei der Ausfahrt nach dem Vatikan italienische Truppen bis zum Platze San Petro Spalier bildeten, woran ursprünglich Niemand gedacht hatte. Mehrfach wurden Vorkehrungen, die am Morgen beschlossen waren, für den folgenden Tag plötzlich abgesagt oder geändert, weil am Mittag ein Telegramm aus Friedrichsruh es anders bestimmt hatte. Vom italienischen Minister präsidenten wurden alle Wünsche des Kanzlers sofort ausgeführt. — Der greise Feldmarschall Graf Moltke feierte am vergangenen Donnerstag seinen 88. Geburtstag. Er tritt nunmehr in sein 89. Lebensjahr in voller geistiger Kraft und Frische, die ihn befähigt, auch noch fernerhin der Stärkung der deutschen Vertheidi- gungskraft in seiner Stellung als Präses der Landes- vertheidigungskommission seine Sorge zu widmen; noch steht er seinem Kaiser, dessen vollsten Vertrauens er sich erfreut, als treuer Berather zur Seite. Deutsch land aber, Volk und Heer, werden seiner an diesem Tage mit tiefer Dankbarkeit und unbegrenzter Ver ehrung gedenken. Und diesem dankbaren Gedanken schließt sich der warme Wunsch an, daß Gottes Gnade noch lange dem großen Mann seine Kräfte und seine Gesundheit erhalten, und daß sein Kennerauge noch lange freudig auf die weitere Entwickeluüg des deut schen Heerwesens blicken möge, das, in den gewal tigsten Kämpfen erprobt, unter seiner Leitung für ganz Europa ein unerreichtes Vorbild geworden ist. Aus den Reichslanden. Wie aus Nancy ge meldet wird, wird die französische Ostbahngesellschaft vom kommenden Monat ab, wegen des „infolge der von Deutschland ergriffenen Paßzwangsmaßregeln" ungemein verringerten Personenverkehrs zwei Züge auf der Strecke Nancy-Avricourt, der deutschen Grenz station, ganz ausfallen lassen und zwei Schnellzüge zu gewöhnlichen Zügen herabsetzen. Oesterreich-Ungarn. Seitdem im österreichischen Ministerium Taaffe mit dem neuen Justizminister Grafen Friedr. Schönborn ein ausgesprochener Czechen- freund sitzt, wagen sich die Czechen mit ihren natio nalen Wünschen immer offener hervor. Nichts mehr und nichts weniger fordern sie jetzt, als die Wiederherstellung eines eigenen böhmischen StaatS- rechtes und gleichsam als die Besiegelung desselben die Krönung des Kaisers Franz Josef zum König von Böhmen, also ungefähr eine ähnliche Stellung Böh mens zum Gesammtstaate Oesterreich, wie sie bereits Ungarn einnimmt. Wie man sich in den Wiener Regierungskreisen diesen ungeheuerlichen Wünschen der Czechen gegenüber verhält, ist noch nicht bekannt, aber unter dem Taaffe'schen Regime ist ja in Oesterreich nichts mehr unmöglich, vielleicht bringt man da nun auch den staatsrechtlichen TrialismuS glücklich zu Stande! Da übrigens am Mittwoch die Wintersession des österreichischen Reichsrathes eröffnet worden ist, so dürften in dessen Verhandlungen die an die Er nennung Schönboru's zum Minister antnüpfenden Fragen vermuthlich ein lebhaftes Echo finden.