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r.' 604 — Im Jahre 1887 hat sich im Königreich Sachsen die Zahl der verliehenen Gruben bet dem Erzbergbau von 235 auf 306, die Zahl der Steinkohlen- und An- thracitckerke von 45 auf 41 und die der Braunkohlen werke von 114 auf 117 abgeändert. Der Flächen inhalt der verschiedenen Grubenfelder betrug 39,531 du. Das Bergrevier Altenberg, bestehend aus den Revier- abtheilungen Altenberg, Bergießhübel, umfaßte 2246 Maßeinheiten zu 4000 Quadratmeter, gegen 2309 im Vorjahre. - Die Gesammtproduktion des Bergwerk betriebes im Königreich Sachsen betrug rund 5,000,064 Tonnen im Werthe von 42,491,732 M. 9 Pf., davon entfallen auf den Erzbergbau rund 39,915 Tonnen im Werthe von 5,038,905 M. 67 Pf., aus den Stein- . kohlenbergbau 4,293,416 Tonnen im Werthe von 35,215,939 M. 20 Pf. und auf den Braunkohlen bergbau 766,732 Tonnen im Werthe von 2,236,887 Mark 22 Pf. Zu den fiskalischen Hüttenwerken bei Freiberg wurden an Erzen geliefert im Ganzen 25,660 Tonnen im Werthe von 4,104,592 M. 81 Pf., aus dem Bergrevier Altenberg 14 Tonnen im Werthe von 8664 M. 54 Pf. Unter Anderen belief sich in letzterem Bergrevier der Silberertrag auf 73 M. 30 Pf., der Ertrag an Wismuth-, Kobalt- und Nickelerzen auf 8415 M. 39 Pf., an Zinn auf 163,357 M. 81 Pf., an Wolfram auf 19,140 M. 65 Pf., an Eisenstein auf 83,403 M. 72 Pf., an Quarz auf 1285 M. 52 Pf. und an Halden- und Schottersteinen auf 63 M. 74 Pf. — Daß die Wuthkrankheit unter Hunden viel öfter vorkommt, als man im Allgemeinen annimmt, erhellt aus folgender amtlichen Zusammenstellung, welche das verflossene Berichtsjahr betrifft. In 35 Ortschaften Sachsens sind tollwüthige Hunde beobachtet worden. Bei 32 Thieren war die Seuche festgestellt, während 2 Thiere derselben dringend verdächtig waren. 14 Thiere sind verendet, 20 wurden getödtet, 97 Hunde waren gebissen worden, welche sämmtlich auf polizeiliche Anordnung getödtet werden mußten. Leider find auch drei Menschenleben der entsetzlichen Krank heit zum Opfer gefallen, und zwar je ein Knabe im amtshauptmannschaftlichen Bezirk Pirna und Auerbach, ein Erwachsener im Bezirke Marienberg. In den Be zirken Annaberg und Schwarzenberg waren je eine Katze und im Bezirke Annaberg ein Pferd gebissen und erlagen der Seuche. Pirna. In gemeinschaftlicher Sitzung, bei der nur ein einziger Stadtverordneter fehlte, haben am 28. September Rath und Stadtverordnete die Wieder wahl des Bürgermeister Oehlschlägel, die alsdann auf Lebenszeit gegolten hätte, mit 14 gegen 13 Stimmen abgelehnt. Olbernhau. In der letzten Gemrinderathssitzung fand die Wahl des Vorstandes für die hiesige Ge meinde statt. Von den 55 Personen, welche sich um dieses Amt beworben hatten, wurde der Referendar Gessing aus Leipzig gewählt. — Während in dem nahen Böhmen Mehl und Brod noch die zeitherigen niedrigen Preise haben, hat bei uns ein für arme Leute nicht willkommener Auf schlag dieser Lebensmittel stattgesunden. Das Drei- pfundbrod ist von 28 auf 34 Pfennige gestiegen. Ein Arbeiter mit starker Familie klagte, daß er monatlich 50 solcher Brode haben müsse. Der Aufschlag betrüge somit in dieser Zeit 3 M. mehr Ausgabe, sein Ver dienst erhöhe sich aber nicht. Die Kartoffel — neben Brod die Hauptnahrung der Unbemittelten — sind zum großen Theile angesault. Da 6 Pfund Mehl zollfrei sind, so holen sich viele Grenzbewohner das selbe aus Böhmen, wo das Pfund von der feinsten Sorte nur 17 Pfennige kostet. Meißen. Ein sogenannter Taubstummer wurde dieser Tage zu Bowtzsch bei Meißen „enthüllt", wie man in diesem Falle zu sagen pflegt. Der Betreffende spielte zunächst seine Rolle ganz gut und schrieb seinen Namen auf einen ihm überreichten Zettel. Ganz sicher war er aber in seiner Nolle doch nicht, denn als ihn der listige Gendarm ganz harmlos nach seinem Ge burtsort fragte, schrieb der Taube eifrigst den Namen seiner Heimath auf den Zettel. Der Gendarm wußte nun, mit was für einen Komödianten er es zu thun hatte, und da er ihm jetzt energisch in's Gewissen redete, wurde der Stumme beredt und sagte ganz ge- müthlich: „Nu freilich kann ich reden." Döbeln. Wie aus einem eingetroffenen Tele gramm hervorgeht, haben es die Angehörigen (Bruder und Schwager) des vr. Schieck erreicht, daß die Leiche des unglücklichen jungen Arztes in Sent am nördlichen Ausgange des Uinathales (auf schweizerischer Seite) zur Ucbersührung nach der Heimathsstadt Frankenberg an die Verkehrsstraße gebracht worden ist. Nach einer längeren Landstraßensahrt erfolgt die Beförderung mit der Bahn, und dürfte die Leiche bal digst in Frankenberg eintreffen, wohin die Wittwe des unglücklichen Arztes mit ihren Kindern ziehen will. Ueber die Todesart vr. Schiecks liegt noch keine Ge wißheit vor. Leipzig. Nach der Rechnung über das Gras fi sche Vermögen für die Stadt Leipzig auf das Jahr 1887 verblieb nach Kürzung der Ausgaben ein Kassen bestand von 6389 M. 5 Pf. und der Vermögensbe stand belief sich am Schluffe des Rechnungsjahre» auf 1,669,864 M. 97 Pf. (die Effekten zum KourSwerthe angenommen). Tagesgeschichle. Berlin. Wegen Verdachtes, das Tagebuch des Kronprinzen an die „Deutsche Rundschau", die das selbe zuerst abgedruckt hatte, eingesendet zu haben, ist Geheimrath Prof. Geffcken, früher hanseatischer Be vollmächtigter beim Bundesrathe, am 29. September Abends, als er aus Helgoland zurückkehrte, in Unter suchungshaft genommen worden. — Kaiser Wilhelm hat auf seiner Weiterreise von Detmold nach dem Süden am Spätabend des Donnerstag seinen Einzug in die Hauptstadt Württem bergs gehalten, nachdem der erlauchte Reisende auf dem Bahnhofe von König Karl und sämmtlichen Prin zen des württembergischen Königshauses, den Ministern, Hofchargen, der preußischen Gesandtschaft und den obersten Civil- und Militärbehörden empfangen wor den war. Die Fahrt der beiden Monarchen nach dem Residenzschloffe ecfolte inmitten einer feenhaften Illumi nation der Straßen Stuttgarts und dem unbeschreib lichen Jubel der Bevölkerung; im Schlöffe begrüßten die Königin Olga und sämmtliche Prinzessinnen den kaiserlichen Gast, dem alsbald der Stuttgarter Lieder kranz eine Serenade darbrachte. Die Freude des ganzen württembergischen Landes über den Kaiserbe such spiegelte sich auch in den warmen Begrüßungs artikeln der Presse wider und in denen überall das Vertrauen des württembergischen Volkes zu Kaiser Wilhelm II. und seiner Negierung zum kräftigen Aus druck gelangte. — Spätere Meldungen aus Stuttgart besagen, daß noch am Abend des Donnerstags Diner zu Ehren des Kaisers im Schlöffe stattfand. Am nächsten Vormittag unternahm der Kaiser mit dem König eine Rundfahrt durch die festlich geschmückte Stadt, überall von der Bevölkerung begeistert begrüßt. Am Freitag Nachmittag setzte der Kaiser die Weiter reise nach der Insel Mainau fort, woselbst er bis Montag früh verweilen wird. — Ueber Ulm und Sigmaringen, wo Kaiser Wil helm mit der fürstlich hohenzollernschen Fürstenfamilie zusammentraf, setzte derselbe am 28. September die Weiterreise nach der Insel Mainau fort und traf mit halbstündiger Verspätigung Abends '/'N Uhr in Kon stanz ein, vom Großherzog und Erbgroßherzog von Baden am Bahnhofe empfangen. Nach herzlichster Begrüßung fuhren die Herrschaften im offenen Wagen nach dem Hafen durch die von den Militärvereinen gebildeten Spaliere, umjubelt von unendlichen Hoch rufen. Um 11 Uhr erfolgte die Abfahrt mittelst Dampfers nach der Insel Mainau, wo bei der An kunft Feuerwerk erglänzte. — Der Geburtstag der Kaiserin Augusta wurde auf der Insel Mainau in aller Stille begangen; die selbe befindet sich verhältnißmäßig wohl. — Herzog Adolf von Nassau hat sich nach der Insel Mainau begeben, wo er mit Kaiser Wilhelm zusammentreffen wird. Er ist der einzige noch le bende von den deutschen Fürsten, welche im Jahre 1866 ihre Gegnerschaft gegen Preußen mit ihrem Lande bezahlen mußten. ES ist bekannt, wie legal und ehrenhaft der deutsche Fürst aus dem altberühmten Hause der Oranier sowohl während des Krieges wie nachher gehandelt. Er hatte dem österreichischen Kaiser sein Wort verpfändet, und er hat es gehalten, auch als der Sieg Preußens schon entschieden war, trotz der günstigen Anerbietungen, die ihm die Sieger machten. Und er hat, als er schweren Herzens sein Land aufgeben mußte, nie auch nur mit einem Worte oder durch die That den Versuch gemacht, die Neu ordnung der Dinge, die er einmal anerkannt hatte, zu bekämpfen. Er hat stets mit seinen vollsten Sym pathien auf deutscher Seite gestanden, wenn er auch in begreiflicher Verbitterung das Land gemieden hat, das einst das seine war, und die Hand nicht drücken wollte, die ihm so wehe gethan. Aber die Zeit, die alle Wunden heilt, hat auch hier mildernd und ver söhnend gewirkt. Schon die Vermählung der jüngsten Tochter des Herzogs mit dem Enkel Kaiser Wilhelms, dem Erbgroßherzog von Baden, hat die Möglichkeit einer vollständigen Versöhnung des Herzogs von Nassau mit dem Hause der Hohenzollern nahe gerückt. Und jetzt ist es dem Großherzoge von Baden gelungen, eine Zusammenkunft des Herzogs mit dem jungen Oberhaupte der Hohenzollern, dem deutschen Kaiser, zu bewirken. Der wohlthätige Einfluß des badischen Fürsten, den man mit Fug und Recht den guten Ge nius Deutschlands nennen kann, hat damit ein Er- eigniß vorbereitet, das in den weitesten Kreisen des deutschen Reiches mit herzlicher Freude begrüßt wird. Daß auch, wie die „Köln. Ztg." annimmt, politische Motive mitbestimmend waren für die zu erwartende Aussöhnung, ist sehr wohl möglich. Man kennt ja die Ansprüche, welche die Naffau-Oranier an die Erb folge in Luxemburg haben, und man weiß, wie ent schieden die deutsche Reichsregierung sich dieser An sprüche bisher angenommen hat. Möge die Begegnung der Fürsten in Mainau dazu beitragen, den letzten Rest von Verstimmung, der hier und da in deutschen Landen noch über die Ereignisse von 1866 herrschen mag, zu beseitigen, das deutsche Volk fester und herz licher aneinander zu schließen. — Vor Kurzem wurde bereits gemeldet, daß zur Aufstellung einer Vorlage wegen Errichtung eines Denkmals für Kaiser Wilhelm I. dem Beschlüsse des Reichstags gemäß die vorbereitenden Schritte ge schehen sind. Auf Grund eines von hoher Seite be stimmt ausgesprochenen Wunsches soll die als „Schloß freiheit" bestehende Häuserreihe in Berlin angekauft und auf dem so gewonnenen Platze das Denkmal er richtet werden. Der bezügliche Plan ist dem Ver nehmen nach weit über das Stadium der Vorberei tungen vorgerückt. So sind u. A. seitens der be rufenen Behörden schon Abmachungen mit den Be sitzern der Häuser an der Schloßfreiheit getroffen wor den, worin man sich über den Preis der einzelnen Häuser geeinigt und einen bestimmten Zeitpunkt ab gemacht hat, bis zu welchem die Hausbesitzer an diese Abmachung gebunden sind. Wie verlautet, beträgt der Preis für sämmtliche Häuser rund 6 Millionen Mark. Es kann darnach nicht bezweifelt werden, daß der Entwurf mit dem erwähnten Vorschläge dem Reichstage bald nach Eröffnung seiner nächsten Session zugehen wird. — Nach den neuesten Meldungen über den Auf- stand an der ostafrikanischen Küste sind die Be amten der deutsch-afrikanischen Gesellschaft in dm Häsen von Lindi und Mikindani zur Räumung der Stationen gezwungen worden, haben sich aber unver sehrt nach Zanzibar gerettet. In Dares-Salaam und Bagamoyo herrscht augenblicklich Ruhe. Pangani und Kilwanah sind in den Händen der Aufständischen, . welche die Machtbefugniß des Sultans nicht anerkennen und den nach dort gesandten arabischen Gouverneuren den Gehorsam verweigern. Den Empörern soll jedoch Geld mangeln und die Munition bereits ausgehen, so daß ein baldiges Ende der Unruhen erwartet wird. Oesterreich. Wie mit Bestimmtheit verlautet, soll der österreichische Reichsrath am 24. Oktober zu sammentreten. Die Stellung des Unterrichtsministers von Gautsch, welche im Sommer erschüttert schien, ist durch die Nachgiebigkeit der Regierung gegen die klerikale Auffassung der Schulsrage neu gefestigt wor den. Gautsch machte noch im Juli Niemanden gegen über ein Hehl daraus, daß die Freudigkeit des Schaffens in ihm vorbei sei. Wer ihn nach solchen Ergüssen verlieb, mußte den Meldungen der Zeitungen Glauben schenken, daß er wünsche sich auf einen ruhigen Ge- sandtschastsposten, etwa nach München, zurückzuziehen. Aber nun hat sich das Blatt gewendet. Man erfährt mit voller Bestimmtheit, daß er gleich zu Beginn der Verhandlungen des Reichsrathes eine Gesetzesvorlage einbringen werde, bestimmt, das bestehende Schulgesetz abzuändern, weil es ja doch nothwendig sei, der Be gehrlichkeit der Klerikalen Rechnung zu tragen. Solch ein ernstes Unternehmen ist gewiß nicht das Werk eines scheidenden Ministers; wer die Spannkraft be sitzt, sich mitten hineinzuwagen in den Streit der Par teien, muß sich von seiner Müdigkeit erholt haben, und wenn auch nicht als Erbe des Grafen Taaffe, so wird Herr von Gautsch doch als dessen Mitarbeiter noch fernerhin sein wichtiges Amt auszufüllen trachten. — Die czechischen Blätter melden entrüstet, daß bei der theoretischen Prüfung der Reserveoffiziere in Prag der vorsitzende General erklärte, wer nicht gründlich deutsch könne, solle zurücktreten, da die Offiziere deutsch können müssen. Es traten von 38 Kandidaten 21 zurück. — Das Wiener „Fremdenblatt" berichtet über Ge rüchte, nach welchen Kaiser Franz Joseph bei Artillerie übungen am 28. September sich in schwerer Lebens gefahr befunden habe, folgendermaßen: Gegen 2 Uhr Nachmittags ließ der Kaiser das Signal zum Abblasen geben, welches jedoch von dem widrigen Winde ver tragen wurde, so daß eine ca. 1000 Meter rückwärts aufgestellte Batterie dasselbe überhörte und noch einen Schuß abgab, obgleich der Kaiser mit seinem Gefolge, allerdings in einer Mulde gedeckt, zu der Besichtigung des Angriffsobjekts vorritt. Der Schuß traf die Schanze, hätte aber keinesfalls den Kaiser und sein Gefolge erreichen können, da sich dieselben nicht in der Schußlinie befanden. Der weitere Verlauf der Uebung wurde nicht gestört, nachdem die betreffende Batterie durch das wiederholte Signal und durch eine Ordonnanz benachrichtigt, alsbald außer Thätigkeit trat. » Rußland. Der „Damen-Kongreß" von Gmunden,.