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Wchmtz -ZeitW Die „WriSeritz-Jeitun-" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2k> Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfa. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- ftalten, Postboten, sowie di« Agenten nehmen Be stellungen an. Amtsblatt für die Königliche Nmishaupimannschafi Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Umlsgerichle und die SladlrälH- zu Dippoldiswalde und Irauenstein Jnjerate, w«lch« bei d«l bedeutenden Auflage des Blatte« eine sehr wirk same Verbreitung finden, «erden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complieirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag.—Einae« sandt, im redaktionell« Theile, die Spaltenzeil« 20 Pfg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Donnerstag, den 20. September 1888. Nr. 111. 54. Jahrgang. ' Emin Pascha. Es dürfte wohl kaum einen Zeitungsleser geben, dem obiger Name in letzter Zeit nicht mehrfach vor Augen gekommen wäre. Dennoch dürsten immer hin noch gar Viele sich nicht erklären können, warum man in Deutschland von einem türkischen Pascha so viel Aufhebens macht, und zu Geldsamm lungen und Ausrüstung einer Expedition in den schwarzen Erdtheil ausfordert, um ihm Hilfe zu bringen. Eine Aufklärung über diesen vielgenannten Namen dürfte daher wohl willkommen sein. Südlich von Egypten und Nubien breitet sich in den oberen Nilgegenden der Sudan aus, ein Ländergebiet, das an Größe etwa Deutschland, Oesterreich-Ungarn und Frankreich gleichkommt. Am Zusammenflüße des weißen uno blauen Nils liegt die Hauptstadt desselben, Chartum, von welcher früher fast ausnahmslos die Afrikaforscher ausgingen, nachdem sie sich hier mit Last trägern, Proviant, Tauschmitteln und anderen Reise bedürfnissen versehen hatten. Die südlichste Provinz, die sich etwa bis an den Albert Nianza, westlich bis an den Gazellenfluß (Bahr el Ghasel) erstreckt, wurde vor etwa 10 Jahren von Kordon, dem General gouverneur des Sudan organisirt und zur Verwaltung einem damals 38 jährigen deutschen Arzte übergeben. Dieser 1840 in Oppeln in Schlesien geborene vr. Schnitzer, der in Breslau und Berlin studirt hatte, war von dem Drange, seine naturwissenschaftlichen Kenntnisse zu bereichern, in die Türkei geführt worden, wo er als Leibarzt des Muschir Jsmail-Hakki-Pascha bald eine ihm zusagende Stellung erhielt, in der es ihm in Begleitung des hohen türkischen Würdenträgers vergönnt war, mehrere Provinzen des osmanischen Reiches in Europa und Asien zu bereisen. Nach dem Tode seines Beschützers bewarb sich vr. Schnitzer um die Stelle eines Regierungsarztes und gelangte so 1876 in den Sudan nach Chartum. Hier nahm er den türkischen Namen vr. Emin Effendi an. Ueber diesen Namenswechsel schrieb er damals an seine Schwester: „Mein Glück hat mich nicht verlaßen, und ich habe mir als Arzt schnell einen Ruf erworben. Dazu kommt, daß ich des Türkischen und Arabischen mächtig geworben bin, wie selten ein Europäer, daß ich mir Sitten und Gebräuche so angeeignet habe, daß hinter dem türkischen Namen, der mich deckt (keine Furcht, es ist nur der Name und ich bin nicht Türke geworden!) kein Mensch einen ehrlichen Deutschen ver- muthet." Der Genecalgouverneur Gordon, dem vr. Emin Effendi beigegeben war, erkannte bald die vielseitige Begabung und ganz besonders die Energie des jungen Arztes, gebrauchte ihn zu Inspektionsreisen durch die neugewonnenen Gebiete und besonders auch zu Sen dungen nach Uganda zu dem Negerkönige Mtosa, bis er ihm endlich die Gouverneurstelle in der südlichsten Provinz selbständig anvertraute. Es war aber keine leichte Aufgabe, diese Verwaltung. Nach und nach hatte sich nämlich in der Aequatorprovinz des egyp- tischen Sudan eine schier unglaubliche Menge Sklaven händler eingenistet, welche trotz des Verbotes des Sklavenhandels unter den Augen bestechlicher Beamten ungescheut ihr schmähliches Treiben fortsetzten. Sie verfügten über eine bewaffnete Macht, die sie sich aus jüngeren Negern gebildet hatten. Dieses Korps, unter dem Namen „Basinger", war zu einer wahren Land plage geworden. Sie waren mit Feuerwaffen ausge rüstet, Jeder von ihnen hatte seinen eigenen Hausstand und selbst Sklaven und Sklavinnen. Ein gewißer Siber, deßen Niederlassung der Afrikareisende Schwein- furth in anschaulicher Weise geschildert hat, verfügte allein über ein Korps von 1000 Basinger». Gordon hatte diese Verhältnisse nicht wesentlich zu ändern ver mocht, er vertraute also den Oberbefehl dem energischen deutschen Arzte vr. Emin Effendi an, und von nun an hieß vr. Schnitzer Emin Bey oder Emin Pascha. Es war eine Riesenarbeit, dieses Organisationswerk. Sie läßt sich in wenig Worten unmöglich schildern. Und doch wurde Emin Pascha der in seiner Provinz seßhaft gewordenen Sklavenhändler Meister; er ersetzte die auS egyptischen Soldaten bestehende Besatzung durch Eingeborene, lieb sie im Waffendienste ausbilden und vergröberte sein Gebiet durch weitere Erwerbungen; er bemühete sich erfolgreich, Hausthiere einzuführen und Kulturpflanzen (Baumwolle, Indigo, Reis, Weizen rc.) anzubauen; er stellte regelmäßige Verbindungen zwischen den einzelnen Bezirken an; er regelte den Trägerdienst zur Herbeischaffung von Getreide und anderen Bedürf nissen; er ordnete die Erhebung von Naturalabgaben an und brachte zum Schluß des Jahres 1882 es sogar dahin, nach Abzug aller Verwaltungskosten noch einen Ueberschuß von 8000 Pfund Sterling zu erzielen. Dazu besuchte er täglich in Lado, seinem Regierungs sitze, die Hospitäler und behandelte die Kranken selbst. Dabei lag er noch wissenschaftlichen Studien mit un ermüdlichem Eifer ob. Dieses ganze Streben Emin Paschas geht, das ist nur eine Stimme bei Allen, die Zeugen seiner Thätigkeit gewesen sind, aus reiner Menschenliebe und aus der unerschütterlichen Ueber- zeugung hervor, daß eS möglich sein werde, den Sklavenhandel auszurotten und durch Handel und Ge werbe die Eingeborenen Centralasrikas auf eine höhere Stufe der Civilisation zu erheben. Aber diese angestrengte Kulturarbeit wurde durch den Mahdi-Aufstand, durch den der Sudan für Egyp ten verloren ging, unterbrochen. An Emin Pascha dachte man in Kairo nicht, man überließ ihn seinem Schicksale und glaubte ihn und die Aequatorprovinz ebenso verloren als die übrigen Theile des Sudan sammt der Hauptstadt Chartum. Um so glänzender aber strahlte Emin Paschas Ruhm, als im Jahre 1887 (im April) die Nachricht nach Europa gelangte, daß die südlichste Provinz des egyptischen Reiches unver sehrt erhalten geblieben war. Emin hatte allen An griffen der Mahdileute siegreich getrotzt, er hatte mit seiner Schaar Eingeborener Triumphe erfochten, um die er von Generalen Englands noch heute beneidet wird, und das Alles besonders durch seinen politischen Scharfsinn und seine unbeugsame Standhaftigkeit. Emin Pascha schrieb 1887: „Bei uns ist Alles beim Alten. Wir säen, ernten, spinnen und leben in den Tag hinein, als ob dies ewig so dauern könnte. Ich verlaße keineswegs meine Leute. Wir haben trübe und schwere Tage mit einander durchgemacht, und ich hielte es für schmachvoll, gerade jetzt von meinem Posten zu desertiren. Meine Leute sind trotz vieler Mängel brav und gut." Und das Weggehen war Emin Pascha von der egyptischen Regierung nahe genug gelegt worden. Im März 1886 hatte ihm die selbe Über Sansibar Nachricht zugehen laßen, daß sie den Sudan aufgebe und ihm einen Kredit beim eng lischen Generalkonsul in Sansibar eröffne, falls er sortgehen wolle. Ein Wort der Anerkennung für sein selbstloses Wirken, für seine unermüdliche Pflicht erfüllung, für die glänzenden Erfolge gab's freilich nicht. — Was soll nutt aus Emin Pascha und der von ihm mit hoffnungreichem Erfolge begonnenen Kulturarbeit werden? Soll man ihn und sein Werk dem Untergange preisgeben? Soll die von ihm aus gestreute Saat werdender Gesittung nutzlos für alle Zeiten vom Unkraut der Wildniß erstickt werden? Zum Mittelpunkte weiterer Kulturarbeit kann das Gebiet Emin Paschas nur werden, wenn man dasselbe durch Handelsstraßen mit dem Osten, mit dem Ozean in dauernde Verbindung bringt. Je mehr dafür gethan wird, desto besser. Und wenn jetzt in Deutschland mit Eifer daran gegangen wird, eine Expedition von Osten her nach dem von allen Seiten eingeschloffenen und bedrängten Emin Pascha zu Stande zu bringen, so ist dieses Unternehmen keineswegs von der Absicht eingegeben, unseren Kolonialbesitz zu vergrößern. Deutschland besitzt in Ostafrika bereits soviel, daß mindestens für ein Jahrhundert Arbeit vorhanden ist, um deutsche Kultur dahin zu verpflanzen, aber man hat in Zeiten für Zugänge zu Hinterländern zu sorgen, und in dieser Beziehung fördert die deutsche Expedition allerdings unsere Interessen mit; indem wir eine Kulturstätte vor dem Untergange bewahren helfen, und den Weg zu ihr freimachen, verschaffen wir unseren eigenen Bestrebungen Luft und Licht. «Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Die Frequenz auf der schmal spurigen Sekundärbahn Hainsberg-Kipsdorf im Monat August gestaltete sich in folgender Weise auf den ein zelnen Stationen und Haltestellen: Tourbillets. Tnacsbillet«. MilitSr- II. III. II. III. billrlS. Dresden . 149 914 473 2198 22 Hainsberg. 132 1257 117 1587 7 Dippoldisw. 62 1412 251 2030 27 beim Zugs. 416 3606 230 2740 82 Sa. 759 7289 1071 8555 138 17,sH Befördert wurden 3,154,879 Kilogramm Güter. Demnach wurden von Januar 1888 an 152,983 Per sonen und 21,794,164 Kilogramm Güter befördert. Im gleichen Monat des Vorjahres wurden 16)853 Billets verkauft und 2,771,701 Kilogr. Güter befördert. — Der am 1. Oktober in Kraft tretende Winter fahrplan der kgl. sächs. Staatseisenbahnen behält für unsere Strecke die vier Züge in jeder Richtung bei. Dieselben gehen von Kipsdorf ab 5.», 10.«, 12.«» und 5.»«, ab Schmiedeberg 5.,», I0.r», l.n und 5.»», ab Dippoldiswalde 5.»«, 10.»«, I.«7 und 6.,», in Hainsberg kommen dieselben an 7.», 12.», 2.»» und 7.»i. Die Rückfahrt erfolgt ab Hainsberg 7.»», 12.««, 3.r» und 8.l«, an Dippoldiswalde 8.««, 1.»», 4.»« und 9.,», an Schmiedeberg 9.,», 2.»«, 5.«, und 9.»«, an Kipsdorf 9.«», 2.«7, 5.,« und IO.17. — Den neuen Fahrplan legen wir in einer der nächsten Nummern bei. - Nur wenige Tage sind noch bis zu HerbsteS- Anfang und bereits beginnt die Natur recht herbstlich zu werden. Die Felder stehen kahl, ihr Segen ist mit wenigen Ausnahmen in die schützenden Scheuern ge borgen und die Abende und Nächte werden schon recht bedenklich kalt. In der Nacht zur Mittwoch war in unserer Stadt die niedrigste Temperatur nur 1 Grad Celsius Wärme und am Morgen deckte zum ersten Male starker Reif alle Fluren. Fürstenau. An Stelle des verstorbenen Gemein devorstandes Herrn Kadner wählte der Gemeinderath in seiner am Sonntag Abend, den 16. dieses Monats, abgehaltenen Sitzung mit 11 von 12 Stimmen den Gutsbesitzer, Gemeinderathsmitglied Herrn Heinrich Florian Dietrich, während eine Stimme auf den Ge meindeältesten Herrn Heinrich Adolf Dietrich fiel. Der Gewählte erklärte sich zur Annahme der Wahl bereit. Dresden. Die Manöver in der Lausitz sind nunmehr beendet und sind die Dresdner Regimenter mit Extrazügen wieder in ihre Garnison eingerückt. — Der Vorstand des Allgemeinen sächsischen Lehrervereins macht bekannt, daß auf die Bitte um Mittheilung von Berathungs - Gegenständen für eine Delegirten-Versammlung nur zwei Anträge, der eine von Leipzig-Land, ein zweiter von Döbeln, eingereicht worden sind, welche jedoch als nicht dringlich erscheinen. In Rücksicht hierauf hat der Gesammtoorstand be schloßen, von Abhaltung einer Delegirtenversammlung für dieses Jahr abzusehen. Zugleich empfiehlt der Vorstand den Bezirksvereinen eine Besprechung der Kindergottesdienste. — Von einem Kunstfreunde ist zur Hebung der Frescomalerei eine Stiftung gemacht worden, deren jährliche Zinsen 3000 Mark betragen. — Davon soll in jedem Jahre ein Bild in Frescomalerei aus-