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Uchmtz-MiW Verantwortlicher Redacteur: Carl Ithnt in Dippoldiswalde. Nr. 101. 54. Jahrgang. Dienstag, den 28. August 1888. Inserate, welch« bei der bedeutenden Auflage del Blattes eine sehr wirk same Verbreitungfinden, «erden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder veren Raum berechnet. — Ta bellarische und eompkicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag.— Einge sandt, im redaktionelle« Theile, die Spaltenzril« A>Pfg. DU „Wrißeritz. Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. SS Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfa. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Bs- " Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Das Anße-lmvesen in Deutschland. Das Bestreben, in einem von Einwohnern reichlich astgefüllten Staatswesen wie Deutschland, noch Kolo nien zu gründen, mochte für den ersten Augenblick als eine Unmöglichkeit oder doch als eine gekünstelte und unpraktische Unternehmung erscheinen, doch haben die Erfolge, welche bereits mit dem Ansiedelungswesen in den nördlichen Theilen Preußens gemacht worden sind und mehr noch die überaus einfache und doch vor- theilhafte und systematische Art, wie die preußische Re gierung in Posen und Westpreußen deutsche Kolonien gründen hilft, uns längst eines Besseren belehrt. Jungfräulichen Ackerboden, der noch des Pfluges harrt, giebt es nun allerdings in Deutschland, resp. in Posen und Westgreußen so gut wie nicht mehr, wohl findet man aber in diesen preußischen Provinzen den Grund besitz hauptsächlich in Händen von verschuldeten pol nischen Großgrundbesitzern, die wirtschaftlich auf keinen grünen Zweig kommen können, und immer Neigung haben, ihre ausgedehnten Rittergüter zu ver kaufen, wenn für dieselben ein guter Preis zu erzielen ist. Auf diese Thatsache gründete auf Anregung des Fürsten Bismarck, der dabei gleichzeitig den Zweck ver folgt, diese ehemals polnischen Landestheile Preußens zu germanisiren, die preußische Negierung ihren Kolo nisationsplan, dessen Einfachheit und wirthschastliche Rentabilität kaum etwas zu wünschen übrig läßt. Fast jeden Monat kaust der preußische Staat mit Hilfe eines zu diesem Zwecke vom Landtage bewilligten Ko lonisationsfonds ein oder zwei Rittergüter in Posen oder Westpreußen auf dem Wege freiwilligen Verkaufs oder bei Subhastationen. Die Rittergüter haben ge wöhnlich einen Flächeninhalt von 500 bis 1000 Hek taren Aecker, Wiesen und Wald, enthalten also soviel Grund und Boden wie ein kleines Dorf besitzt. Die preußische Regierung parzellirt nun jedes der käuflich erworbenen Rittergüter je nach Bodenbeschaffenheit, Lage und Größe in einige Bauerngüter zu 25 bis 50 Hektar, in mehrere Vollspänner- und Halbspänner- wirthschaften zu 15 und 10 Hektar und dann auch noch in kleine Parzellen für Dorfhandwerker und Häusler. Aus diesen Parzellen eines Rittergutes wird systematisch ein Dorf gebildet, indem man durch Ver kauf oder auch Erbverpachtung der Parzellen unter günstigen Bedingungen die Dorfbewohner herbeizieht. Es werden somit immer ganze deutsche Gemeinwesen auf einmal gegründet und die Ansiedler werden auf koulanteste Weise von der Regierung unterstützt. Was wir hier über das deutsche Ansiedelungswesen in Posen und Westpreußen gesagt haben, ist nun allerdings schon meistens bekannt, aber es verdient diese Angelegenheit deshalb öfters von Neuem erörtert zu werden, um das Interesse dafür in allen deutschen Landestheilen zu wecken, und der ganzen Sache noch mehr Aus dehnung zu verschaffen. So braucht z. B. dieses An siedelungswesen nicht nur in Posen und Westpreußen und von Seiten der Regierung betrieben zu wer den, sondern Grundbesitzer und Aktiengesellschaften können solche Kolonisationen ebenfalls in die Hand nehmen und zwar immer dort, wo Großgrundbesitz zu verhältnißmäßig niedrigen Preisen verkauft werden kann, resp. veräußert werden muß. Schon die bloße Thatsache, daß aus einem größeren Rittergute ein Dorf von etwa 20 Bauern- und Handwerkerfamilien gegründet werden kann, beweist, daß noch genug Platz im Reiche für viele auswanderungslustige Landwirthe und Handwerker vorhanden ist und daß durch das An siedelungswesen wenigstens ein ansehnlicher Bruchtheil auswanderungslustiger Landleute vom Auswandern abgehalten werden kann. Auch kann es nicht dem ge ringsten Zweifel unterliegen, daß die Kolonisten in Deutschland eine viel sichere Zukunft vor sich haben, als in Amerika oder Australien. Denn in letzteren Erdtheilen ist der Boden nur in abgelegenen Länder strecken, wo die landwirthschastlichen Produkte nicht absatzfähig sind, billig und haben die Kolonisten in Amerika oder Australien in den ersten fünf Jahren mit enormen Schwierigkeiten zu kämpfen, was bei der Kolonisation in Deutschland fast gänzlich wegfällt. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Der gestrige prachtvolle Sonn tag, der durch seinen Sonnenschein, dessen Wärme durch einen leichten Wind gemildert wurde, hatte gar viele Erholungsbedürftige in unser Weißeritzthal gelockt und überall, hauptsächlich aber in seinem oberen Theile, konnte man denselben begegnen. Die Züge waren alle bis auf den letzten Platz besetzt. Leider stiegen von den Ausflüglern hier und an anderen Stationen nur wenig aus, dieselben fuhren meist bis Kipsdorf und unternahmen von da aus ihre Partien. — Von berufener Seite geht uns folgende „Mah nung an den verschuldeten ländlichen Grund besitz" zu: Der allgemein anerkannten mißlichen Lage des landwirthschastlichen Grundbesitzes kommt momentan ein günstiger Umstand zu Nutze und das ist der nie drige Stand des Hypothekenzinsfußes. Während vor einigen Jahren der Zinsfuß für Hypotheken aus Land grundstücke je nach deren Qualität über 4 Proz. be trug, dürfte derselbe wohl jetzt kaum noch mit 4 Proz. zu beziffern sein, wenigstens ist es nicht leicht, Gelder gegen gute Hypothek an den Mann zu bringen. Die täglichen Geldausgebote in den Zeitungen bestätigen diese Behauptung. Zu noch erheblich niedrigerem Zins fuß ist aber jetzt von den Kreditsuchenden Geld durch die Pfandbriefinstitute zu erlangen, und da dieselben, wohl theilweise aus Unkenntniß, noch nicht so benutzt werden, als sie es verdienen, so erlaubt sich Schreiber Dieses nicht nur, weil er einem Pfandbriefinstitute nahe steht, sondern hauptsächlich im Interesse des ländlichen Grundbesitzes auf die Vortheile, die diese Institute dem Kreditsuchenden bieten, in Nachstehendem auf merksam zu machen: 1. Wie bekannt, gewähren die Pfandbriefinstitute ihre Darlehen in Pfandbriefen und da jetzt die 3>/»proz. erbl. rittersch. Pfandbriefe einen Kours von 102 und diejenigen des landwirthschaft- lichen Kreditvereins einen Kours von 101'/, haben, so braucht der Schuldner seine Hypothek nicht blos mit nur 3 V, Proz. zu verzinsen, sondern er erhält auch noch ein Ueberpari baar herausbezahlt, während das '/> Proz., das er über 3'/» Pro;, zu gewähren hat, lediglich der Amortisation seiner Schuld zu Gute geht. Da die Hypotheken von Seiten der Pfandbrief- nstitute nicht gekündigt werden können und der Zins- uß bei pünktlicher Zinszahlung nie erhöht werden ann, so sichert sich damit der Besitzer eines landwirth- chaftlichen Grundstückes den niedrigen Zinsfuß von 3'/, Proz. für alle Zukunft und darauf ist der größte Werth zu legen, wenn man bedenkt, daß der Hypo- thekenzinssuß auch einmal schnell wieder steigen kann. 3. Die Stabilität der Hypothek von einem Pfandbrief institute gewährt ferner den großen Vorzug der weiteren Vermeidung von Agenten- und Gerichtskosten, die mit jedem Hypothekenwechsel, der bei Geldern aus Privat- hano zu vermeiden sein dürfte, verbunden sind. Da die Pfandbriefinstitute, die übrigens bei Gewährung von Darlehen alle Rechtsgeschäfte vermitteln, über die einschlagenden Bestimmungen bereitwilligst direkte Aus kunft ertheilen, so kann sich der Verfasser Dieses auf das kurz Gesagte beschränken, will aber mit wenigen Worten die Mahnung wiederholen: Der verschuldete ländliche Grundbesitz möge den jetzigen hohen Stand der Pfandbriefe benutzen, um sich für alle Zukunft einen 3'/»prozentigen Hypothekenzinsfuß zu sichern. — Wie altersahrene Landleute wissen wollen, wird der nächste Winter ungemein hart werden, da Heuer die Vogelbeerbäume so reich wie nur ganz seihen tragen. „Der liebe Gott versorgt die Vögel für einen langen Winter," so sagt dabei der Wetterkundige. Uebrigens gilt Bangemachen nicht, und wenn die „Wetterkundigen" auch noch so alt sind. * In Fürstenwalde ist am Nachmittag des 23. dies. Mts. das zweijährige Söhnchen des dasigen Guts besitzers Pellmann in die im Hofraum befindliche Jauchengrube gefallen und in letzterer ertrunken. Reinhardtsgrimma. Allüberall in deutschen Lan den rüstet man sich, den 2. September, den Tag un sterblichen Ruhmes deutscher Waffen und deutscher Tapferkeit, festlich zu begehen. So auch hier. Die sämmtlichen hiesigen Vereine, der Militärverein an der Spitze, veranstalten am genannten Tage einen Festzug, welchem sich ein vom Herrn Gasthossbesitzer Jungnickel geplantes großes Vogelschießes für Damen, Herren und Kinder anschließen soll. Ein gemüthliches Tänzchen im Erbgerichtssaale wird den Festtag beschließen. Hoffen wir, daß derselbe sich recht zahlreicher Bethei ligung erfreut. Dresden. Kaiser Wilhelm wird, wie nunmehr' endgültig bestimmt worden ist, heute Montag, Vor mittags 11 Uhr, auf dem Berliner Bahnhofe in Fried richstadt-Dresden ankommen, durch die Schäferstraße, Wettiner Straße, Wilsdruffer Straße, König Johann- Straße, Amalien- und Marschallstraße über die Albert- brücke nach Neustadt und dort durch Kurfürsten-, Bautzner und Forststraße nach der Kaserne seines Re gimentes, nach dessen Besichtigung aber über Loschwitz nach Pillnitz fahren. Die Rückreise des Kaisers, die nach Berlin erfolgt und nicht, wie zuerst bestimmt war, nach Wien, erfolgt Abends 7'/» Uhr von Niedersedlitz aus. Heute Montag sind es 75 Jahre, daß Dresden eben falls einen Kaiser in seinen Mauern sah, und es er tönte an diesem Tage laut der Donner der Geschütze von den Berghöhen in das Elbthal hernieder. Und doch, welch' anderes Bild in jenen Tagen im Vergleich zu jetzt! Damals war es der korsische Imperator von der Seine, der in trüber Stimmung als gefürchteter Eroberer in Dresden einritt und seine Batterien gegen die Verbündeten spielen ließ, um zu versuchen, seinem erbleichenden Ruhmes- und Glücksterne noch einmal den alten Glanz zurückzugebe». Heute da ist es der Urenkel desjenigen Königs, welcher gerade von Napo leon bekämpft wurde, der als der friedliche, lebens frische Kaiser des wiedererstandenen Deutschen Reiche- allgeliebt und allverehrt in Sachsens Hauptstadt ein zieht. Ja, die Weltgeschichte hat ihren Humor und ihre Ironie, oder, da wir in dem Gange der Welt begebenheiten eine höhere leitende Hand erkennen, so sagen wir lieber, weich' wunderbare Fügung der Vor sehung! — Auf seiner Durchreise nach Karlsbad zu seiner Familie hat am 24. August der italienische Minister präsident Crispi Dresden passirt. — Am 24. August, Abends in der 6. Stunde, erfolgte ein mörderischer Ueberfalt auf die 56- jährige Gattin des Rechtsanwalts Osten, Elisenstraße 19. Dieselbe hatte Zimmer zu vermiethen und kam zur ge nannten Zeit ein Mann, um eines derselben zu miethen. Während sie denselben in ein Zimmer führt, erhält sie von dem Thäter eine Anzahl Stiche mit einem groben Messer in Kopf, Hals und Brust. Die Ueber- fallene schrie, der in Folge dessen flüchtig gewordene Thäter wurde auf der Treppe von mehreren Personen ergriffen. Der Thäter heißt Kunze, ist 31 Jahre alt und erst am 6. August aus der Strafanstalt in Görlitz entlassen worden. Frau Osten lebt noch. Dieselbe wurde in das KarolahauS gebracht und ist eS möglich, daß sie gerettet wird. — Anderweit« spätere Nachrichten berichten über den Mordversuch in folgender Weise: In dem dritten Stockwerk des Hauses bewohnt Herr Rechtsanwalt Osten mit seiner Ehefrau ein Logis, von welchem derselbe ein Stübchen zu vermiethen gedachte und dies durch ein Plakat am Hause bekanntgegeben hatte. ^Freitag Nachmittag gegen '/«6 Uhr erschien nun bet 'der allein anwesenden Ehefrau ein fr-mder