Volltext Seite (XML)
Wcheritz -MM 54. Jahrgang. Dienstag, den 4. September 1888. Nr. 104. „Weißerth-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, eininonatlich 42 Psa. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welche bei dell bedeutenden Auflage des Blattes eine fahr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder verea Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theil«, die Spaltenzeil« 2° Pf«. für die Königliche Mnishauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe ' zu Dippoldiswalde und Irauenstem Verantwortlicher Redacteur: Carl Ahne in Dippoldiswalde. -Fokakes und Sächsisches. Dippoldiswalde, 3. Septbr. Der National festtag hatte diesmal am Sonnabend bereits seine Borfeier. Zunächst mußte der Schulaktus schon am Sonnabend stattsinden. Herr Lehrer Kruger sprach über das Hermann-Denkmal im Teutoburger Walde, verband aber mit diesem Hauptthema die wichtigsten Momente des großen Siegesjahres 1870—71, das durch das Niedermalddenkmal lebendig erinnernd und mahnend vor uns steht, und bereitete dabei zugleich den sinnigen Schlußgesang, „die neue Loreley" von Siegmay, erklärend vor. Zu bedauern war der dies mal ausnahmsweise schwache Besuch seitens der Eltern und Schulfreunde, der ja freilich in dem geschäfts reichen Sonnabend-Vormittag seine Erklärung findet. — Abends 8 Uhr hatten unsre Müllerschüler einen recht stattlichen von Chargirten geleiteten Fackelzug veranstaltet, der von der Aue seinen Anfang nahm, sich durch fast alle Theile der Stadt bewegte und endlich auf dem Markte mit Verbrennung der Fackeln ab schloß, nachdem Herr Winter-Günther in kräftigen Worten der Bedeutung des Tages gedacht hatte. Unter Absingen des Liedes: „Stimmt an mit Hellem hohen Klang!" bewegte sich der Zug in den Nothhaussaal zu einer fidelen, patriotischen Kneiperei, wobei unter anderen Gesängen zum ersten Mal ein Quartett von Müllerschülern mit Klavierbegleitung des Herrn Präses, Lieder von Koschat, Schubert und Blättermann in überraschend schöner, gemüthooller Weise zum Vortrag brachte. Auch nahm der Vorstand Gelegenheit, Herrn Rathskellerwirth Starke, Herbergsvater des Vereins, für das Geschenk eines recht hübsch und stilvoll aus geführten Archivschrankes den Dank des Vereins in einem kräftigen Hoch darzubringen. — Am Sonntage, dem die Gunst eines Hellen Himmels leider nicht zu Theil wurde, wurde bei der vom Militärverein ge leiteten Reveille die Erinnerungstafel der im Jahre 1870—71 aus hiesiger Kirchfahrt Gebliebenen, wie alljährlich, bekränzt, und beim Bormittagsgottesdienste nahm Herr Diakonus Gruner Gelegenheit, der durch Gottes Fügung in Deutschlands Geschicken herbeige- führlen Wendung, die der Sedantag gebracht, zu ge denken. Um l l Uhr spielte in Vertretung des aus wärts beschäftigten Stadtmusikkorps das Signalisten- korps der freiwilligen Feuerwehr auf dem Markte einige pasfinde Stücke, Nachmittags fand Auszug der Schützenkompagnie und Reiterschießen statt, bei dem Herr Gasthofsbesitzer Stephan die Königs- und Herr Strohhulsabrikant Langer die Marschallwürde errang; Abends vereinigte sich der Militärverein in Gemein schaft mit zahlreich erschienenen Gästen zu einer von patriotischem Geiste getragenen Gedenkfeier im festlich mit Guirlanden und kriegerischen Emblemen, sowie mit den Kolossalbüsten der Kaiser Wilhelm I. und II. und Se. Majestät des Königs Albert geschmückten Schirßhaussaale, der nahezu überfüllt war. Nachdem der Männergesangver'in Adams „Wie könnt ich dein vergessen" und ein gemischtes Chor die „neue Loreley" vorgetragen und der Vorsteher des Militärvereins, Herr Lehrer Schröter, einen von ihm selbst verfaßten poetischen Prolog gesprochen hatte, hielt Herr Bezirks schulinspektor Mushacke mit hoher patriotischer Be geisterung die Festrede, in welcher er in warmen Wor ten die Opfer des großen Jahres insbesondere des Tages von Sedan würdigte, die Erfolge des gewaltigen Krieges pries, und die Gelübde, die jedes deutsche Herz in Erinnerung der großen Zeit erfüllen mußte, aussprach und zu ihrer Betätigung dringend mahnte. Der Schlußgesang: „Deutschland, Deutschland über Alles" beendete in erhebender Weise die würdige Ec- innerungsseier. — Hierauf wurden durch Mitglieder des Militärvereins noch einige Concertstücke für Piano, Oboe und Violine, ein von Herrn Schröter gesprochenes Melodrama „Auf dem Schlachtfelde" und zwei humo ristisch-dramatische Scherze dargeboten, die allseitigen dankbaren Beifall fanden. — Nascher als man boffen konnte, ist der Urheber des am 25. August Abends auf der Berreuther Höhe verübten Verbrechens dingfest gemacht worden. Von der Ansicht ausgehend, daß derselbe ein Arbeitsmann sein könne, der am Sonnabend Abend nach Hause gehe, hielt sich das Kind am vergangenen Sonnabend in der Nähe des Bahnhofes auf und erkannte auch glücklicher Weise den Verbrecher wieder, als er in der Wartehalle des Bahnhofes auf den >/,5 Uhr nach Hainsberg abgehenden Zug wartete, er versuchte zwar zu fliehen, wurde aber von den Herren Straßenwärter Baldauf, Gasthossbesitzer Gössel upü Schornsteinfeger meister Ebert eingeholt und festgeyalten, bis er von der rasch herbeigeholten Gendarmerie verhaftet wurde. Es ist der verheirathete Heizer und Maschinenwärter Klahre aus Niedergorbitz, der am 25. August in hie siger Müllerschule um Anstellung gebeten hatte und sich am vergangenen Sonnabend Antwort auf seine Bewerbung holen wollte; des hinterlassenen ungün stigen Eindrucks wegen, hatte sein Gesuch aber keine Berücksichtigung gefunden. In dem sofort abgehal tenen Verhör Hal er seine Thal bereits eingestanden. — Während in jetziger Zeit im ganzen Lande die betr. Vertrauensmänner mit der Aufstellung der Unter lagen zur Begründung der Unfallversicherung der landwirthschastlichen Arbeiter beschäftigt sind, stellt sich heraus, daß diese Arbeit besonders in den viel acker bautreibenden Städten des Landes sich zu einer recht umfangreichen und mühevollen gestaltet, indem in solchen Fällen, wie ja auch in Dippoldiswalde, der Grundbesitz ein sehr zersplitterter ist. Es ist deshalb doppelt wünschenswerth, daß der Aufforderung des hiesigen Stadtrathes, unseren Vertrauensmann Herrn Vorwerksbesitzer Jäckel mit den nöthigen Mittheilungen zu versehen, umgehend von allen Betheiligten nach gekommen wird. Da zuweilen Zweifel entstanden zu sein scheinen, welche Nummern den betr. Verzeichnissen beizusügen sind, so wollen wir hier nochmals erwähnen, daß es sich allein darum handelt, sestzustellen, wer zur Zeit das oder jenes Grundstück bewirthschastet. ES ist also nur nothwendig, die Nummern derjenigen Garten-, Wiesen-, Feld- oder Waldparzellen, auch der kleinsten, wenn sie nur durch eine besondere Nummer bezeichnet sind, welche Jeder in seinem Kaufe, Besitz standsverzeichnisse oder Pachtkontrakle findet, aufzu schreiben, wie ja auch in der stadträthlichen Bekannt machung im amtlichen Theile des Blattes bereits klar und deutlich auögedrückl ist. — Der Kantorenverein der Kreishauptmann- schast Dresden wird seine Versammlung am 3., 4. und 5. Oktober in unserer Stadt abhalten. Bei dem selben wird Herr Seminaroberlehrer Zocher „über die Pflege des Gehörs" sprechen, während Herr Super intendent Opitz einen Vortrag „über die Meisterwerke der Dresdner Gemäldegalerie" zu halten beabsichtigt. Dippoldiswalde. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat August d. I. 810 Einzahlungen im Betrage von 42,456 M. 39 Pf. gemacht, dagegen erfolgten 243 Rückzahlungen im Betrage von 34,224 Mark 64 Pfg. Sparmarken ä 5 Pf. sind 300 Stück verkauft worden. — Für rechtzeitiges Erscheinen am Brandplatz und erfolgreiche Löschthätigkeit gelegentlich des am 29. Juli dss. Js. bei dem Gartennahrungsbesitzer Händler in Lungkwitz stattgesundenen Brandes hat die kgl. Brand- versicherungSkammer der Spritze der freiwilligen Feuer wehr in Kreischa, sowie der Gemeindespritze von Wittgensdorf Prämien nach Höhe von 30 M. und beziehentl. 25 M. bewilligt. Schönfeld. Auch hiesiger Ort führt die Tri chinenschau obligatorisch ein und zwar wird für diesen Oct Frau verw. Nönisch aus Hermsdorf i. E. als geprüfte Trichinenbeschauerin verpflichtet werden. Possendorf. Der Feuerwehr-Bezirksoerband der Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde hielt am ver gangenen Sonntage seinen diesjährigen Bezirkstag in hiesigem Orte ab. Der Einladung folgend, hatten sich im Laufe des Mittags die Feuerwehren von Strehlen mit 9 und der Gußstahlfabrik Döhlen mit 12 Mann als Gäste eingefunden, während die Ber- bandSwehren Lauenstein mit 6, Glashütte mit 14, Altenberg mit 16, Naundorf mit 7, Geising mit 12, Dippoldiswalde mit 35 und Kreischa mit 20 Mann erschienen waren. Kurz nach 2 Uhr bewegte sich ein stattlicher Festzug vom Starke'schen Gasthofe durch den festlich geschmückten Ort nach dem Uebungsplatze, wo die freiwillige Feuerwehr Possendorf Fuß-, Spritzen- und Steiger-Uebungen in sehr gelungener Weise vor führte. Die Verhandlungen nahmen sodann um 4 Uhr im Starke'schen Saale ihren Anfang, und wurden dieselben vom Vorsitzenden im Verbands- Ausschusse, Fabrikant Teicher-Dippoldiswalde, der sie mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf den Protektor der Feuerwehren, König Albert, eröffnete, geleitet. Nachdem Herr Gemeindevorstand Sommer schuh-Poffendorf die Erschienenen begrüßt, gelangte der Jahres- und Kaffenbericht zur unveränderten An nahme, wie auch beschlossen wurde, die VerbandS- steuern in bisheriger Weise fort zu erheben. In den Verbands-Ausschuß wurden die ausscheidenden Jehne- Dippoldiswalde und Krause-Altenberg wieder- und an Stelle Teichers - Dippoldiswalde, der auf das Be stimmteste eine Wiederwahl ablehnte, Burkhardt-GlaS- hütte mit Stimmenmehrheit neu gewählt. Als Ort des nächsten Bezirkstages wählte man Reichstädt. Nach Erledigung eines Antrages von Dippoldiswalde, der die telephonische Verbindung von Gemeinden be trifft, und nach einem kurzen Vortrag von Brühl- Poffendorf über die Wafferversorgungsfrage, dankte Branddirektor Müller-Dippoldiswalde dem mit Ende des Jahres ausscheidenden Vorsitzenden herzlich für seine Amtsführung, worauf die Versammlung ge schloffen wurde. Dresden. Die Sedanseier ist hier auf die denk bar glänzendste Weise gefeiert worden. Ein Festzug, von sämmtlichen Schulanstalten und Korporationen gebildet und 16,000 Personen stark, bewegte sich nach dem Siegesdenkmal auf dem Altmarkte, wo Kränze niedergelegt wurden, und sodann nach dem Festplatze im Gehege. Hier brachte vr. Mehnert in längerer Rede ein Hoch auf Kaiser, König und Vaterland aus, worauf die „Wacht am Rhein" gesungen wurde. — Königin Carola ist am 1. September von Berlin nach Dresden zurückgekehrt, während König Albert erst am folgenden Tage nachfolgte. Derselbe begab sich also nicht, wie anfangs vermuthet wurde, zur Theilnahme an den Manövern nach Zittau. — Der bekannte sächsische Luftschiffer vr. Wöl- sert, welcher voriges Jahr mit seinem neuen cigarren förmigen Ballon vom Waldschlößchen in Dresden aus ungünstig ausfallende Probefahrten machte, ist jetzt in Cannstadt bei Stuttgart aufgefahren und hat dabet zur Bewegung der Schaufelräder nicht, wie in Dres den, menschliche Kraft, sondern einen neuen patentirten Petroleum-Motor benutzt. In den nächsten Tagen soll eine zweite Ausfahrt stattfinden, da sich einige Ver besserungen nach Angabe vr. Wölserts an der Maschine nothwendig machen. Wölfert glaubt damit das lenk bare Luftschiff erfunden zu haben; die Sache begegnet aber noch immer sehr starken Zweifeln. 71. Neuere Veröffentlichungen über die Ernte- statistik Sachsens haben ergeben, daß die sächsische Landwirthschast nur 38,, Prozent des Bedarfs an Körnerfrüchten deckt. Berechnet man die Bevölkerung Sachsens zu 3,, Millionen, so ergiebt sich bei einem durchschnittlichen Bedarf von 230 lcg pro Kopf der Bevölkerung ein Jahresbedarf von 7,630,000 Doppel- ceutnern^ während die Ernte an Körnerfrüchten nur 2,806,000 Doppelcentner betrug und Sachsen demnach der Hauptsache nach auf fremde Bodenerzeugniffe an-