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Mr „Wet-erlh. Zeitung» erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners- .tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfa. Einzelne Nummern V Pfg. - Alle Postan- «alten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Wchklitz-Miliig. Amtsblatt Inserate, welch« bei der bedeutenden Auflage del Blattes eine sehr wirk- same Verbreitung^ finden, «erden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und compkicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, nn redaktionellen Lheile, die Spaltenzeil« 20 Pfg- für die Königliche Umlshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Nr. 100. Verantwortlicher Redacteur: Carl Ithne in Dippoldiswalde. Sonnabend, den 25. August 1888. 54. Jahrgang. Der Kchch Crispis in Mrichsruh. Zum zweiten Male binnen noch nichl Jahresfrist ist der leitende italienische Staatsmann in diesen Tagen der Gast des deutschen Reichskanzlers auf dessen lauen- burgischen Landsitze gewesen, nachdem Fürst Bismarck schon im vorigen Herbste Herrn Crispi im stattlichen Herrenhause von Friedrichsruh begrüßen konnte. Da mals erfolgte der Besuch Crispis in einer politisch Hochschwülen Zeit und war es die Spannung zwischen Deutschland und Rußland, unter deren Drucke die europäische Situation vollkommen stand; um so schärfer zeichnete sich die deutsche Reise des italienischen Mi nisterpräsidenten am politischen Horizonte ab. Nun ist Herr Crispi wiederum in Friedrichsruh erschienen und man wird gestehen müssen, daß sich auch sein heuriges Zusammentreffen mit dem Schloßherrn von Friedrichs ruh unter dem Eindrücke europäischer Dissonanzen voll zogen hat. Allerdings, die Scenerie giebt sich diesmal einigermaßen verändert; die deutsch - russischen Ver stimmungen haben ihren bedrohlichen Charakter infolge der Zusammenkunft zwischen Kaiser Wilhelm II. und vem Czaren einstweilen verloren, ohne freilich gänzlich verschwunden zu sein; dafür aber bildet der sich immer schärfer zuspitzende französisch-italienische Gegensatz das Charakteristikum der europäischen Tagessituation und dieses Merkmal ist gewiß nichts weniger als erfreu licher Natur. Die Differenzen zwischen Italien und Frankreich bestehen nicht erst seit heute und gestern und in denselben repräsentirt die leidige Angelegenheit der Kapitulationen in Maffauah auch nur einen unter geordneten Punkt, aber diese Aeußerlichkeit ist eben eine Handhabe, an welche sich die streitenden Parteien anklammern und wie die Dinge heute stehen, läßt sich der Ausgang der Maffauah-Frage noch nicht absehen. Erst in den jüngsten Tagen ist ja seitens des römischen Kabinets in Paris wegen der ostafrikanischen Affairen eine Note übergeben worden, welche sich wie eine förm liche Anklageschrift Italiens gegen Frankreich aus nimmt, und welchen Eindruck ein so energisches Vor gehen des italienischen Kabinets in den leitenden Krei sen gemacht haben wird, läßt sich bei der französischen Empfindlichkeit leicht denken. Offenbar wirkt aber die Maffauah-Frage mit all' ihren An- und Auswüchsen mehr und mehr auf die ganze europäische Lage ein und das seltsame, zweideutige Verhalten, welches man in Rußland gegenüber Italien in dieser verwickelten internationalen Angelegenheit beobachtet, ist hierfür sehr bezeichnend. Unter solchen Verhältnissen ist nun der abermalige Besuch Crispis in Friedrichsruh erfolgt und man wird in demselben angesichts der Weltlage einen vollgültigen neuen Beweis von der unerschütter lichen Festigkeit des mitteleuropäischen Friedensbundes erblicken dürfen. Graf Aalnoky hat sich zwar nicht, wie es ursprünglich hieß, zu den Konferenzen zwischen dem Fürsten Bismarck und Herrn Crispi mit einge funden, indessen wird der Besuch des österreichischen Ministers des Auswärtigen in Friedrichsruh zweifellos noch in den nächsten Wochen vor sich gehen und somit eine werthvolle Ergänzung des Crispi'schen Besuches bilden. Kein Zweifel daher: Die deutsch-österreichisch italienische Allianz ist durch die Zwiesprache zwischen den leitenden Staatsmännern Deutschlands und Ita liens zum erneuten kräftigen Ausdruck gekommen und die bevorstehende Herbstreise Kaiser Wilhelms II. nach Wien und Nom hat durch jenes Ereigniß somit ihre bedeutungsvolle Einleitung erhalten. Vielleicht, daß die Kenntniß von der Waffenmächtigkeit des von der Eider bis zum Golf von Tarent reichenden Völker bundes die den Frieden des WelttheileS bedrohenden Elemente im Westen wie im Osten Europas, die sich gerade jetzt wieder rühren, noch einmal im Zaume hält! Lokales und Sächstsches. Dippoldiswalde. 22. August. Durch ein Ver sehen ist in dem Berichte über die Fahnenweihe deS „Glück zu!" unter den den Zug bildenden Vereinen die Schützengesellschaft weggelassen worden, was wir zu entschuldigen bitten. — Am Dienstag hat sich der Verein „Glück zu!" nach Dresden begeben, um daselbst in dem durch vor zügliche Herstellung großer Gruppenbilder bekannten Atelier von Hahn (Nachfolger) sich nebst Lehrerkolle gium und Fahne photographiren zu lasten. — Die Brauhofstraße ist nunmehr neu chaussirt, mit Trottoirs vor den Häusern und gleichbreitem Kies wege vor den Gärten hergestellt und dem Verkehr übergeben. Die Herstellung ist als völlig gelungen zu bezeichnen, und können wir uns dieser im Interests nicht nur der Anwohner, sondern der gesummten Ein wohnerschaft unternommenen Verschönerung nur freuen. Ueberhaupt tritt bei uns das Bestreben, Wege und öffentliche Anlagen fortwährend in gutem Zustande zu erhalten, sichtbar hervor, was gewiß der allge meinen Anerkennung versichert sein kann. — Wie wir hören, soll diesmal die Feier des National festes, der Sedantag, auch bei uns mehr, als in den letzten Jahren, ausgezeichnet werden. Außer den sonst üblichen Veranstaltungen (Weckruf, Bekränzung der Gedenktafel der Gebliebenen, Fest musik) soll auch am Abend in einer allgemeinen Feier durch Gesänge, Rede, lebende Bilder rc. dem natio nalen Erinnerungstage sein Recht werden. — Der Schulaktus soll bereits am Sonnabend, den I. Sep tember, stattfinden. — Infolge des wenig günstigen Erntewetters wird das Erntefest in diesem Jahre sehr spät und voraus sichtlich erst am 30. September gefeiert werden können. — Das Kirchweihfest fällt ebenfalls sehr spät, erst auf den 22. Oktober. — Herr Ober-Steuer-Kontroleur Dürlich wird am I. September nach Bautzen versetzt, und rückt an seine Stelle Herr Ober-Grenz-Kontroleur Erbe, bis her in Bärenstein bei Annaberg. — Während der Fahnenweihe am vergangenen Sonntag sind von Herrn Photograph Kögel vier ver schiedene Bilder mittelst Augenblicksphotographie aus genommen worden, die sämmtlich sehr gut gelungen sind. Sicher werden die Bilder fleißig getauft werden. — Schon zeitig wird es jetzt dunkel und die bis her nur selten benützten Lampen müssen wieder her vorgeholt werden; deshalb ist ein kurzer Hinweis über Behandlung der Brenner und Ballons wohl angezeigt. Während der langen Außerdienststellung der Lampe hat sich im Innern des Brenners, in den Brand rohren Staub angesetzt, der das Drehen der Brenner schraube, durch welche der Docht nach oben gedrückt wird, erschwert. In den kleinen Zahnrädern, welche, gleichwie in einem Uhrwerke, zusammengreifen, ist ebenfalls durch Absatz der fettigen Bestandtheile des Petroleums eine schmierige Kruste entstanden, die das Drehen hindert. Dasselbe ist der Fall zwischen den beiden in der Mitte des Brenners stehenden Brand rohren, hauptsächlich da, wo die Zahnräder in dem Ausschnitt den Docht berühren. Auch haben sich im Ballon und zwar im oberen Theile, sowie im Brenner selbst Gase gebildet, welche beim Anzünden der Lampen sehr leicht explodiren können. Vor Gebrauch der Lampen schraube man daher den Brenner vom Ballon herunter und reinige zunächst den letzteren auf das Sauberste mit Soda und warmem Wasser, prüfe dabei gleichzeitig, ob der eingegypste Zapfen, der die Ver bindung des Ballons mit dem Lampenfuße herstellt, noch fest hält und senkrecht steht, dann putze man den Messingring auf dem Ballon oder der Vase und reinige die in demselben befindliche Schraube. Nun schraube man den Brenner vollständig auseinander und ent ferne zugleich den Docht. Dieser gebrauchte Docht darf dann nicht wieder verwendet werden, denn er ist nicht nur vollgesogen, sondern klebrig und kleistrig und verschmiert bei dem Gebrauche die Zahnräder der Schraube sofort wieder. — Nach einem Urtheil des Oberlandesgerichts zu Naumburg ist allen den Handwerksmeistern, welche nicht der Innung angehören, das Recht auf die Füh rung des Meistertitels versagt, nur die Mitglieder der Innung sollen berechtigt sein, diesen Titel zu führen, die übrigen Meister seien nach den Worten der Gewerbeordnung nur „Gewerbeunternehmer, Ar beitgeber, Arbeitsherren". Die Begründung dieses ein schneidenden richterlichen Entscheidens stützt sich auf die Gewerbeordnung vom l. Juli 1883 und wird rechtlich nicht wohl anfechtbar sein. — Die Rebhuhnjagd, welcher man in Oester reich bereits seit 3 vollen Wochen obliegt, in Sachsen aber erst am I. September aufgeht, hat in mehreren Regierungsbezirken Preußens, als z. B. Schlesien, Sachsen, Brandenburg, mit dem 20. August begonnen, wird aber nirgends besonders nennenswerthe Ausbeute ergeben, da ungezählte Gelege durch die naßkalte Witterung des diesmaligen Vorfrühlings zerstört wor den sind. In Böhmen z. B., wo noch vor 2 Jahren weit über 700,000 Feldhühner erlegt wurden, rechnet man Heuer besten Falles auf eine halbe Million. Reinholdshain. Die Einweihung unserer neuen Schule wird nächsten Montag in feierlicher Weise stattfinden. Klingenberg. Bei der am 21. August abgehal tenen königlichen Jagd erlegte König Albert 3 Hirsche, und zwar einen Sechsender und zwei Zehnender. Ammelsdorf. Vorigen Sonntag veranstaltete Herr Lehrer Mäser mit den Schulkindern des hiesigen Ortes ein sehr hübsches Schulfest. Nachdem man sich nach 1 Uhr vor der Schule versammelt hatte, ging es unter Musikbegleitung und unter Voranritt dreier Reiter durch das Dorf nach dem Festplatz in der Nähe des Erbgerichts. Vogelschießen, Stangenklettern, so wie viele andere Spiele, bei denen auch werthvolle Ge schenke ausgetheilt wurden, erhielten die Kinder in stets heiterer Stimmung, bis endlich der Abend dem Festtag ein Ende machte. Ein solennes Tänzchen der Erwachsenen im hiesigen Erbgerichtsgasthof hielt die selben noch recht lange vergnügt beisammen. Pretzschendorf. Am 22. August, Vormittags gegen 10 Uhr, ist der als tüchtiger Oekonom auch in weiteren Kreisen bekannte Herr Gutsbesitzer Gottlieb Sohr in Pretzschendorf beim Mähen von Hafer in folge Scheuwerdens und Durchgehens der Pferde unter die Mähmaschine gekommen und ist der Unglückliche an den Folgen der hierdurch erlittenen zahlreichen Verletzungen noch am Nachmittag desselben Tages in seiner Behausung verschieden. Hr. Sohr bekleidete die Funktion des Gutsvorstehers für das dem Konsortium gehörige Rittergut Pretzschendorf und war als Ver trauensmann für die land- und forstwirthschaftliche Berufsgenossenschaft gewählt; auch hatte derselbe das Amt des Sparkaffendirektors für die Pretzschendorfer Sparkaffe inne. Durch die erst vor 2 Jahren erfolgte Verleihung des Albrechtskreuzes hatten seine Verdienste auf dem Gebiete der Landwirthschaft selbst Allerhöchste Anerkennung gefunden. Glashütte. Die vom Centraloerband der deutschen Uhrmacher unterstützte Deutsche Uhrmacherschule vereinnahmte im Jahre 1887 25,706 Mark, darunter 5000 Mark als Beitrag der sächsischen Staatsbehörde, 1006 Mark Beitrag des Verbandes, 8419 Mark an Schulgeld und 10,406 Mark als Erlös für Fournl- turen und dergl. Die Ausgaben betrugen 24,698 Mark, darunter 9560 Mark für Gehalte, 9560 Mark für Material, 1645 Mark für Werkzeuge, Lehrmittel rc. Dresden. Kaiser Wilhelm wird nächsten Mon tag dem königlichen Hofe in Dresden einen Besuch abstatten und wird bei seiner Fahrt vom böhmischen Bahnhofe durch die Stadt nach Pillnitz mehrere Stra ßen, insbesondere die König-Johann-Straße durch-