Volltext Seite (XML)
„Wtkßeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: DienStag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfa. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- fialten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. für die Königliche Inserate, welche bei de» bedeutenden Auflage det Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finde«, «erden mit 10 Pfa. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und compltcirt« Inserat« mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, <m redaktionellen Theile, die Spaltenzeil« LOPsg. Wchnih -ZkitW Amtsblatt KmishauptmMnschast Dippoldiswalde, sowie für die Miglich-n Amtsgericht- und die KtadtrLihe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Nr. 102. Donnerstag den 30. August 1888. 54. Jahrgang. Deutschland in Ostafrika. Kürzlich brachte der Telegraph aus Ostafrika die Nachricht, daß die deutsch-ostafrikanische Gesellschaft in Folge eines mit dem vorigen Sultan von Zanzibar, Vargasch den Said, abgeschlossenen und von dessen Bruder und Nachfolger genehmigten Vertrages in 14 Häfen der Zanzibarküste die deutsche Flagge gehißt und die gesammte Verwaltung an dem betreffenden Küstenstriche übernommen habe. Der erwähnte Ver trag ist zwar noch nicht zur Veröffentlichung gelangt, aber es steht auch ohne dies die Wichtigkeit des Aktes, der sich an dem Küstengebiete Zanzibars vollzogen, fest, denn mit der Flaggenhissung ist die deutsch-ost- afrikanische Gesellschaft faktisch die Besitzerin des ihren ungeheuren Ländereien vorgelegenen Küstenstreifens geworden, der bislang unter der Oberhoheit des Sul tans von Zanzibar stand. Und erst durch diese fried liche und dabei in aller Form vollzogene Annexion ist eine bis jetzt noch nicht erfüllt gewesene Hauplbe- dingung für die gedeihliche Entwickelung des deutsch- ostasrikanischen Schutzgebietes gegeben. Denn was nutzen den Deutschen die fast unbegrenzt bis an die Grasebenen des oberen Nil erstreckenden ostafrikanischen Besitzungen, wenn dieselben ihrer natürlichen Verbin dungen mit dem Ozean entbehren, wenn eine fremde Flagge über den Küstenpunkten, welche durch ihre Lage bestimmt sind, den Außerverkehr jener Gebiete zu ver mitteln, weht? Nun, jetzt ist dieses der freien Ent wickelung des deutsch-ostafrikanischen Schutzgebietes «ntgegengestandene Hinderniß beseitigt, die ostafrcka- nischen Kolonien der Deutschen dehnen sich nunmehr ungehindert bis zu den Gestaden des Indischen Ozeans aus und für das Emporblühen jener von der Natur so reichgesegneten Ländereien ist endlich die hauptsäch lichste Grundlage errungen worden und aus derselben werden deutsche Thatkraft und deutscher Unternehmungs geist weiterbauen, wie dies schon die im Entstehen be griffene deutsche Emin Pascha-Expedition bekundet, denn deren eigentliche Bedeutung erstreckt sich noch weit über die mit Emin Pascha angestrebte Verbin dung hinaus. Bis zur Stunde besteht kein Handels weg von der Zanzibar-Küste nach dem von Emin Pascha noch verwalteten oberen Nilgebiete. Karawa nen, die bis zum Viktoria-See verkehren, werden von den schwarzen Händlern geführt und diese behüten mit aller Eifersucht ihr Handelsmonopol einwärts von der Küstenzone. Forschungsreisende wie Fischer, Thom son u. s. w., auch Stanley, haben nicht vermocht, oder hatten nicht die Absicht, Handelsstationen einzurichten, welche sich zu einem Netz hätten erweitern lassen, um hierdurch den Handel allmählich in die Hände der Europäer zu bringen. Inzwischen hat der deutsche Unternehmungsgeist gleichsam die Operatjonsbasis ge schaffen für eine, nach dem Innern vordringende, auch der Kultur dienliche Handelsthätigkeit. Bereits sind Plantagengesellschaften und Verwaltungsstationen an der Küste, und auch nach dem Innern vorgeschoben, eingerichtet. Eine deutsche Dampfergesellschaft dürste in nicht allzuweiter Sicht sein. Anderseits lauten die Berichte aller Reisenden, die das äquatoriale Seegebiet berühren, insofern aussichtsvoll, als sie eine große Er giebigkeit der Landschaft an Handelsprodukten und auch eine, mit der Zeit zu höherer Kultur befähigte Bevölkerung voraussetzen lassen. Könnte es der Unter nehmung gelingen, gleichzeitig den Handelsweg zwischen der Zansibar-Küste und dem oberen Nilgebiet zu er schließen, wie es wohl doch im Plane liegt, so würde darin ein ganz außerordentlicher Fortschritt der deut schen Unternehmungen über See zu begrüßen sein, der auch die Entwickelung unseres Kolonialbesitzes in Ost afrika namhaft fördern möchte. Lokaks und Sächsisches. Dippoldiswalde, 28. August. Gestern erfolgte in unserer Nachbargemeinde Reinholdshain die Ein weihung des vom Schulverein Oberhäslich, Reinberg und Reinholdshain neuerbauten Schulhauses unter zahlreicher Theilnahme aus den Verbandsorten, sowie von auswärts. Das Gebäude, nach dem Entwürfe des Herrn Brandversicherungsinspektor Treitschke, von Herrn Baumeister Klotz ausgeführt, liegt, etwas nörd lich von dem bisherigen, nunmehr käuflich in Privat hände übergegangenen Schulhause, an der Straße nach Oberhäslich und fällt schon durch seine Maßverhält- nisse und die saubere Ausführung angenehm ins Auge. Noch mehr erkennt man aber die Schönheit und Zweck mäßigkeit des Baues durch Besichtigung des Innern, der nicht nur bezüglich der Unterrichtsräume, sondern auch der Lehrerwohnung mustergiltig genannt werden kann. — Vormittags nach 10 Uhr, nachdem die Rein- holdshainer Schulkinder ihre Kameraden aus Ober häslich und Reinberg mit Musik eingeholt hatten, be gann im alten Schulhause der ernste Akt des Abschieds von den nunmehr 50 Jahre lang benützten Räumen. Unter den Anwesenden befanden sich die Herren Re gierungsassessor vr. von Einsiedel, Bezirksschulinspektor Mushacke, Superintendent Opitz, Lokalschulinspektor Pastor Hoffmann-Reinhardtsgrimma, Bezirksarzt vr. Erler, Brandversicherungsinspektor Treitschke, Land tagsabgeordneter Steyer, die Vorstände und viele Ein wohner der betheiligten Gemeinden, mehrere auswärtige Lehrer u. s. w. Uinrahmt von recht gut ausgesührten Gesängen hielt Herr Lehrer Lucas die Abschiedsrede von der alten Stätte, in welcher er zunächst die all mähliche Entwickelung des sächsischen, bez. des Schul wesens in Reinholdshain, dann die Erlebnisse seit 50 Jahren darstellte und schließlich den Empfindungen warmen Ausdruck gab, die ihn beim Umzuge in das neue Heim bewegten. — Nunmehr bildete sich der stattliche Zug, welchem eine schöne große, geschickt er neuerte Fahne vorangetragen wurde, nachdemdieselbevon den im Zuge befindlichen Jungfrauen mit einem weiß grünen Bande geschmückt worden war. — Vor dem neuen Hause angekommen, ertönte zunächst Choral gesang, dann sprach Herr Baumeister Klotz, vor der Uebergabe des Schlüssels an Herrn Regierungsassessor v. Einsiedel, einige Worte des Dankes und Wünsche für das Bestehen des neuen Heims aus, und endlich eröffnete Herr Pastor Hoffmann-Reinhardtsgrimma das Haus, in welches nunmehr der Zug eintrat, um die von Herrn Bezirksschulinspektor Mushacke zu haltende Weihrede zu vernehmen. Vorbereitet durch Choral gesang betonte dieselbe den Werth und die Nothwen- digkeit deutsch-nationaler Bildung, als deren Stätte auch dieses Haus geweiht sein solle. Den Schluß machte der Gesang des Liedes „Nun danket alle Gott" und ein von Herrn Pastor Hoffmann gesprochenes inniges Gebet, worauf die Anwesenden die übrigen Räume und die von Herrn Lehrer Lucas ausgestellten zahlreichen Lehrmittel zur Naturkunde besichtigten, dabei unverhohlen ihre Anerkennung über Entwurf und Ausführung des Baues aussprechend. Ein gegen 2 Uhr beginnendes, im Gasthose veranstaltetes Mahl vereinte hierauf eine Anzahl der Festlheilnehmer und gab Ge legenheit zu einer großen Anzahl zweckentsprechender Trinksprüche, die durch Herrn Bezirksschulinspektor Mushacke durch den auf Se. Majestät den König aus gebrachten eröffnet wurde. Ein vorzügliches, von Lehrern gebildete« Quartett trug wesentlich zur Er höhung der Feststimmung bei. Unterdessen vergnügten sich die Festjungsrauen und die Schuljugend bei reich lich gespenderem Kaffee und Kuchen und heiteren Spielen, denen sich für die Erwachsenen später ein Tänzchen anschloß. Wir gratuliren unserer Nachbar gemeinde zu ihrem nach den neuesten Forderungen der Schulhygiene hergestellten Schulhause und wünschen, daß sie sich recht lange desselben, sowie der aus ihm hervorgehenden Erfolge erfreuen möge. — Unserem heutigen Blatte, ausschließlich der Postexemplare, liegt die Brochüre „Der Säugling" bei, ein gediegenes Merkchen, das jeder Hausfrau genehm kommen dürfte. Sollte in diesem oder jenem Falle keine Verwendung dafür vorliegen, so wird im Inter esse der Allgemeinheit gebeten, das Buch da weiter zu geben, wo es Nutzen stiften kann. — Die Errichtung der Fachschule für Gerber ist nunmehr definitiv gesichert und die Eröffnung der selben in kurz absehbarer Zeit zu erwarten. Obschon die Zeichnungen zur Unterhaltung der Schule einen im Hinblick auf die Neuheit der Sache, die ja zu mancher Anzweiflung unverkennbar Anlaß bietet, recht guten Erfolg aufzuweisen hatten, so fehlte bis jetzt doch noch ein Betrag von 2500 M. zu der als Jahres etat ausgeworfenen Summe. Dieser Fehlbetrag ist jetzt von dem königlichen Ministerium des Innern in Sachsen der zu gründenden Schule bewilligt worden, und ist damit ihr Bestehen auf eine Reihe von Jahren gesichert. Das bisherige Schulkuratorium hielt, wie wir der „Deutschen Gerber-Zeitung" entnehmen, am Dienstag voriger Woche in Dresden eine Sitzung ab, in welcher über das Domizil der zu errichtenden Schule definitiv Beschluß gefaßt werden sollte. Weiter sollten die Gehälter der anzustellenden Lehrer, und zwar sowohl des technischen Leiters derselben, wie auch des zu engagirenden Chemikers, beralhen und die näheren Modalitäten der Ausschreibung dieser beiden Stellen festgesetzt werden. Wie wir hören, einigten sich bezüglich dieser beiden letzten Punkte die Herren des Kuratoriums sehr bald, so daß im Laufe des nächsten Monats die Ausschreibung der Stellen mit Sicherheit zu erwarten ist. Als Zeitpunkt der Eröffnung der Schule wurde der Monat April 1889 angesetzt. Zur Wahl des Domizils für die neue An stalt kam man in der erwähnten Sitzung noch nicht, vielmehr wurde dieser Gegenstand als noch nicht spruch reif mit Zustimmung sämmtlicher Erschienenen einst weilen von der Tagesordnung abgesetzt. Mehrere Städte Sachsens, darunter bekanntlich auch Dippol diswalde, bewerben sich darum, die Schule zu bekom men, und haben dieselben in höchst anerkennenswerther Weise weitgehende Anerbietungen gemacht, die in der unentgeltlichen Hergabe der nöthigen Lokalitäten, sowie des erforderlichen Gas- und Wasserbedarfs und außer dem noch einem nicht unbedeutenden jährlichen Baar zuschuß bestehen. Aus dem Schoße der Versammlung heraus wurde nun mit gleichzeitigem Angebot beträcht licher Baarmittel ein neuer Vorschlag gemacht, welcher, wenn er angenommen wird, eine andere Organisation des Instituts, als die bisher in Aussicht genommene, erheischen würde, und damit auch der Wahl des Ortes eine andere Richtung würde geben müssen. In einigen Wochen wird das Kuratorium neuerdings zu einer Sitzung zusammentreten, um über die inzwischen reif gewordene Sache entgiltig zu beschließen und dann auch die Wahl des Ortes vorzunehmen. Jedenfalls darf die deutsche Gerberwelt schon jetzt mit großer Bestimmtheit darauf rechnen, daß im nächsten Früh jahr das von Vielen so längst ersehnte Institut in's Leben tritt, welches der deutschen Lederindustrie sicher von den heilsamsten Folgen sein, hoffentlich aber an keinem anderen Ort, als in Dippoldiswalde, wo da für die günstigsten Vorbedingungen vorhanden sind, errichtet werden wird. H Poffendorf. Die früh 7 Uhr beginnenden Gottesdienste, welche während der Monate Mai, Juni, Juli und August abgehalten werden, haben am vergangenen Sonntag für dieses Jahr ihr Ende ge nommen. — Der hiesige Militärverein hielt veraangenen Sonntag im Garten des Starke'schen Gasthofes ein GesellschastSvogelschießen verbunden mit Tartenconcert ab, welches, begünstigt vom schönsten Wetter, in der fröhlichsten Stimmung verlief. — Die prächtigen Sommertage, welche sich nach vorausgegangener veränderlicher Witterung Ende voriger Woche einstellten und auch diese Woche anzu-