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Wchmtz -Kitmz. Verantwortlicher Redakteur: Carl Ikhne in Dippoldiswalde. Nr. 94. Sonnabend, den 11. August 1888. 54. Jahrgang. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserate, welche sei der bedeutenden Auflage del Blattes eine sehr wirk same Verbreitung, stad en, »erden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder Seren Raum berechnet, v- Ta bellarische und compkeirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im reoaktionmen Theil«, die Spattenzeil« A) Pf«. „«eißeritz-Zeitung" erscheint wöcl ntlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan tialten, Postboten, sowie di« Agenten nehmen Be stellungen an. Das „Streiken". Seit Langem sind in Deutschland nicht so viel Ar beits-Einstellungen zu verzeichnen gewesen, als im heurigen Frühjahre und Sommer, und kaum giebt es rin einigermaßen hervorragendes Gewerbe, welches dieses Jahr nicht schon einen Streik der in ihm be schäftigten Arbeiter aufzuweisen gehabt hätte. An und für sich betrachtet, könnte man nun allerdings diese Erscheinung als einen erfreulichen Beweis für die sich nach einer längeren Zeit bedenklichen Rückganges wiederum steigernde gedeihliche Entwickelung unseres geschäftlichen und gewerblichen Lebens, wenigstens im Allgemeinen, bezeichnen. Denn wie in Zeiten geschäft lichen Stillstandes dos Angebot von Kräften auf dem Arbeitsmarkte die Nachfrage nach solchen weit zu über steigen pflegt, so findet dafür in Zeilen flotten Ge schäftsganges mehr oder weniger das umgekehrte Ver- hältniß statt und begreiflicher Weise begünstigt der Mangel an hinreichenden Arbeitskräften alsdann den Versuch der Arbeitnehmer, für sich durch Arbeitsein stellungen möglichst günstige Bedingungen zu erlangen. Man kann darum den Streik ganz gut als einen Barometer für die jeweilige wirthschastliche Gesammt- lage betrachten und wenn sie Heuer bei uns besonders zahlreich auftreten, so ist hieraus der Schluß zu ziehen, daß sich unsere wirthschastliche» Verhältnisse zur Zeit keinesfalls in einem Rückgänge befinden. Aber dieser günstigen Vorderseite des Bildes fehlt es auch nicht an einer höchst bedenklichen Rückseite und letztere wird durch die schwere Schädigung repräsentirt, welche um fangreiche Arbeitseinstellungen für die Interessen beider Theile, der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer, im Ge folge haben und schließlich äußern die Arbeitsein stellungen ihre nachtheiligen Rückwirkungen noch auf viel weitere Kreise. Millionen und Abermillionen von Mark gehen bei einem solchen Streik, wenn er in einem größeren Gewerbe und vielleicht dazu in einer Großstadt ausbricht, verloren und jeder Tag, welchen er länger dauert, bedeutet da für die Arbeitnehmer oft den Verlust von Hunderttausenden an Arbeitslohn, für die Arbeitgeber einen im Verhältniß eben so schweren Aapitalsverlust und erwägt man ferner die Schädigung und Verwirrung tausendfältiger Interessen, welche sich an einen solchen Streik knüpft, so ergiebt sich hieraus schließlich eine empfindliche Schwächung des Wohl standes weiter Kreise. Am schlechtesten kommen hier bei direkt immer die Arbeiter selbst weg, denn von hundert Streikes gehen nach der betreffenden Statistik der letzten zehn Jahre mehr als die Hälfte für deren Unternehmer gänzlich verloren, ein Theil erreicht einen partiellen Erfolg und nur etwa vier bis fünf von hundert Arbeitseinstellungen haben die von den be- theiligten Arbeitern erhofften Resultate. Aber selbst ein vollständig glücklich durchgeführter Streik bedeutet den Arbeitern keinen dauernden Gewinn, denn nur zu bäufig gehen die Früchte desselben in Zeiten ge schäftlicher Stille wieder verloren, wenn die Arbeitgeber mit Lohnkürzungen vorgehen, gegen welche der Arbeiter bei der ihm gewöhnlich ungünstigen Konstellation der Verhältnisse meist machtlos ist. Gewiß wird man den Streiks ihre wirthschastliche Berechtigung nicht ver sagen können und bilden sie an sich ein durchaus ge setzliches Mittel für die Arbeiter zur Erreichung deS erstrebten Zweckes; aber leider ist die Erscheinung nur zu häufig, daß sie sehr leichtsinnig und ohne triftigen Grund unternommen werden und dann gestalten sie sich zu einem wirthschastlich - sozialen Auswüchse, zu einem wahrhaften Krebsschaden unserer Zeit, der zu letzt vom wirthschafts-politischen und ökonomischen Ge biete auf daS rein politische überzugehen droht. Die gegenwärtige Streikbewegung in Paris mit ihrem revolutionären Hintergründe zeigt, wohin Arbeitsein stellungen führen können, wenn die Hetzapostel der modernen Umsturzparteien es verstehen, die Sache der Streikenden in ihre Hände zu bekommen und es bleibt noch abzuwarten, ob sich aus dem Streik verschiedener Arbeitsklaffen in der französischen Hauptstadt nicht eine förmliche Straßenrevolte entwickelt. Bei uns in Deutsch land, wo geordnetere Zustände herrschen, entbehren die verschiedenen Artbeitseinstellungen bislang allerdings noch dieses bedenklichen Hintergrundes, dies sollte aber unsere Gesetzgeber wie Volkswirthe nicht abhalten, bei Zeiten nach geeigneten Mitteln zur wirksamen Be kämpfung eines Zeitübels zu suchen, das in wirth - schädlicher wie in sozialer und politischer Beziehung mehr und mehr seine bedenklichen Kreise zu ziehen droht. Gewiß ist dies ein schwieriges Unternehmen, da man mit Polizei und Strafgesetzen allein der Streik bewegung nicht beikommen kann, aber jedenfalls wer den sich da bei reiflicher Ueberlegung noch paffende Mittel finden lassen und vor allen Dingen dürfte es an den Regierungen sein, der wichtigen Frage, wie am wirksamsten die Arbeitseinstellungen zu bekämpfen oder zu beschränken seien, ernstlicher näher zu treten, als dies bis jetzt der Fall gewesen ist. Lokales rmd Sächsisches. Dippoldiswalde. Nach wochenlangen Regen schauern und fortwährend niederer Temperatur scheint endlich der Sommer zur Macht gekommen zu sein und lachender Sonnenschein liegt auf den Fluren, die in den letzten Tagen endlich ihres Segens an Feldfrüchten beraubt worden sind. Auf allen Feldern stehen be reits die Getreidepuppen und harren nur noch weniger Tage schönen Wetters, um in den schützenden Scheunen geborgen zu werden. Langandauerndes gutes Ernte wetter ist aber allen Interessenten dringend zu wün schen, wenn auch dadurch, was allerdings auf der an deren Seite für die Marktfieranten zu bedauern wäre, der Besuch des Jahrmarktes am nächsten Montag sehr stark beeinträchtigt werden dürfte. — Nach dem künftigen bürgerlichen Gesetzbuch ge hört das Eigenthum eines Baumes dem, auf dessen Grund und Boden der Stamm aus der Erde kommt. Auf das Grundstück des Nachbars über hängende Früchte gehören dem Eigenthümer des Stammes, wel cher jedoch zum Behuf« ihrer Abbringung das Grund stück des Nachbars nicht wider dessen Willen betreten darf. Uebergefallene Früchte sind Eigenthum dessen, welchem der Grund und Boden gehört, auf den sie ge fallen sind. — Die Jagdkarten für das am 1. September d. I. beginnende Jagdjahr 1888/89 sind aus Carton papier von hellgelber Farbe hergestellt und ist vom Gendarmerie-Wirthschastsdepot zu Dresden mit Aus gabe derselben an die Amtshauptmannschaften und Stadträthe bereits begonnen worden. — Nach der deutschen Wehrordnung haben sich die von den Truppentheilen als untauglich abgewiesenen Einjährig-Freiwilligen unter Vorlegung des Berechtigungsscheines, auf welchem die Gründe der Abweisung vermerkt sind, innerhalb 4 Wochen bei dem Cioilvorsitzenden der Ersatzkommission ihres Aufent haltsortes zu melden. Da diese Meldung mehrfach unterblieben ist und hierdurch für die Ersatzbehörden Kontrole - Schwierigkeiten und Weiterungen entstanden sind, so sollen jetzt in allen Fällen die Berechtigungs scheine seitens der Truppentheile nicht mehr den In habern selbst, sonder» den betreffenden Cioilvorsitzen- >en der Ersatzkommissionen behufs Aushändigung an die Inhaber übermittelt werden. Die Letzteren haben bei Abnahme der Berechtigungsscheine ihren dauernden Aufenthaltsort anzugeben, beziehungsweise anzuzeigen, wo sie innerhalb der nächsten 4 Wochen solchen zu nehmen gedenken. * Luchau. Als Trichinenschauer für hiesigen Ort wählte der Gemeinderath einstimmig den Kaufmann Herrn Hermann Henke in Glashütte, welcher sich bereits im Besitze eines Befähigungsnachweises der kgl. Thierarznetschule zu Dresden befindet. K Glashütte, 9. August. Heute früh in der neun ten Stunde wurde kurz vor dem Hammergut Gleis berg der Führer eines Langholzwagens von seinem Geschirr überfahren. Derselbe, Namens Rietzschel, wollte anschleifen, stürzte vom Wagen und kam unter das Vorderrad zu liegen, wobei ihm die eine Ferse stark gequetscht wurde, ebenso erlitt er starke Ver renkungen in der einen Schulter und der Brust, auch klagte derselbe über große Schmerzen im Unterleibe. Von seinen BegleiterU hierher gefahren, wurde ihm die erste Hilfe durch den Gauturnwart Rich. Gläser. Nach der ärztlichen Behandlung führte man ihn in die Wohnung seiner hier lebenden Eltern. Aas Ge schirr soll dem Besitzer der Ladenmühle in Hirschsprung, Hrn. Böttrich, gehören. KipSdorf. Am 3. August fand im Gasthof zur „Tellkoppe" ein Unterhaltungsabend zum Besten der Schulbibliothek daselbst statt. Die Darbietungen aus einem Lustspiel „Duft" von Hugo Müller, Klavier vorträgen, Liedern für Sopran, ernsten und heiteren Deklamationen, waren durchweg gelungen. Insbe sondere erregte das mit großer Gewandtheit ausge führte Lustspiel viel Heiterkeit. Desgleichen zeigten die Gesänge und Deklamationen von einem feinen Ver- ständniß der Vortragenden. Sämmtliche Betheiligte ernteten reichen Beifall und die zahlreichen Zuhörer gingen befriedigt nach Hause. Den Schlust bildete ein animirtes Tänzchen. Die Leitung der Vorträge lag in den bewährten Händen des Hrn. Lehrer Maune, von welchem man nur wünschen kann, daß er öfters solche Unterhaltungsabende veranstalten möge. Schließ lich sei noch hervorgehoben, daß die Darbietungen zu meist von Sommergästen, welche sich in liebenswür digster Weise hierzu bereit gefunden hatten, ausgeführt worden sind. Dresden. Die vom Landeskulturrath aufgestellte allgemeine Uebersicht über den Saat en stand deS Königreichs Sachsen im Monat Juli faßt sich in Kürze in die allgemeine Klage über Regen und immer wieder Regen zusammen. 24—25 Regentage in einem Monat verzeichnen mehrere Bezirke, zu denen zeitweilig recht herbstliche Kühle sich gesellte; und doch wird wieder von anderwärts berichtet, daß die fast täglichen Regen schauer nicht durchdringender Natur gewesen seien. Die zum Theil bereits im Juni begonnene Heuernte wurde dadurch wesentlich verzögert und ist, besonders im Vogtlande und Erzgebirge, noch nicht beendet, wo das Heu stellenweise schon über 14 Tage auf den Wiesen dem Verderben ausgesetzt ist, während der ein gebrachte Theil bedeutend an Güte verloren hat. Der Kleenachwuchs und Grummetansatz entsprachen nicht den durch die große Feuchtigkeit gehegten Erwartungen, da die Wärme fehlte; daher Klagen über Grünfutter- manael aus mehreren Bezirken. Die Rapsernte ist beendet und der Ertrag den früheren Berichten ent sprechend schlecht. Roggenernte theils im Gange, theils beendet, aber überall verzögert und das Einbringen erschwert durch die ungünstige Witterung. Die Güte des Kornes wird fast allenthalben gelobt, doch bleibt die Schockzahl meist unter mittel. Die Sommerhalm früchte stehen wie der Winterweizen fast überall schön, doch geht die Reife sehr langsam von statten und ist baldige Wärme sehr erwünscht. Erbsen sind infolge von Sonnenregenschauer mehrfach von Mehlthau be fallen. Ueber Kartoffeln, Rüben, auch Kraut und Kohl lauten die Berichte mit wenig Ausnahmen sehr günstig; doch dürfte besonders für die ersteren deS Regens bald zu viel werden, wenn dieselben nicht schwarz und wässerig werden sollen. Allgemein ist daher die Sehnsucht nach baldiger beständiger Witterung mit Wärme. — Der König von Portugal wird am 12. August zum Besuche in DreSven erwartet. — Der Bezirks-Ausschuß der Amtshauptmannschaft DreSden-Altstadt hat beschlossen, die'Verwendung von