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Wchmtz -MW Drr „Wei-erttz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. SS Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — All- Postan italten, Postboten, sowie di« Agenten nehmen Be- «... °» Amtsblatt für die LöniaWe "lmtshaiwlamimschast Dippoldiswalde, sowie für di- Miglich-n Hlmtsgerichte und di- Stadtrüche zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserate, welch« d«t d« bedeutend«, Rufla-r det Blattes eine sehr wirk same Verbreitung stnP-N, werden mit 10 Pfg- di« Spaltenzeile oder veror Raum berechnet. — Ta- . bellarische und compkicirt« M Inserate mit entsprechen« dem Ausschlag. — Eüiae- sandt, »m redattionellen Theilr, die Spaltenzeile SV Pfg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichnc in Dippoldiswalde. Nr. 95 Dienstag, den 14. August 1888. 54. Jahrgang. Die Straßen Unruhen in Paris. Der Geist des „rothen Quartals", wie Johannes Scherr den Pariser Kommune-Aufstand vom Frühling 1871 genannt hat, spukt wieder einmal bedenklich in der französischen Hauptstadt und wer weiß, ob sich nicht aus der gegenwärtigen Streikbewegung in Paris eine neue Auslage der kurzen, aber blutigen Kommune herrschast von anno 1871 entwickelt. Zum Mindesten hat die Arbeitseinstellung der Erdarbeiter, die nach und nach auch andere Berufsklassen der erwerbenden Bevölkerung von Paris, namentlich aber die — Fri seure und Kellner, in ihre Kreise zog, den Charakter einer bloßen Lohnbewegung zur Zeit entschieden ab gestreift und die täglichen Straßenkrawalle, die Plün derung von Läden und Kaffeehäusern durch die Strei kenden und deren sich immer ernster gestaltenden Zu sammenstöße mit der Polizei charakterisiren hinlänglich, die revolutionäre Tonart, die jetzt in dem „Ausstand" vorherrschend geworden ist. Es erhellt denn auch aus einer Reihe von Einzelmomenten, daß sozialistische, kommunistische und anarchistische Agitatoren und Wort führer die Leitung der Sache im Interesse ihrer eigenen staats- und gesellschaftsfeindlichen Pläne an sich ge rissen haben und was das in einer Weltstadt, wie Paris, wo es von allerhand revolutionären Elementen geradezu wimmelt, bedeutet, braucht wohl kaum erst näher dargelegt zu werden. Wenn indessen etwas dazu beigetragen hat, der Streikbewegung eine so gefährliche Spitze zu geben, so war es die schwächliche Haltung der Regierung gegenüber dem Streik, denn die Maßregeln, welche von ihr bislang zur Eindämmung der Ausschrei tung der Streikenden ergriffen worden sind, tragen theils den Stempel der Energielosigkeit, theils der Lächerlich keit an sich und haben sie dadurch nur beigetragen, die Streikenden zu ermuthigen, anstatt denselben zu imponiren. Offenbar ist die Regierung von der ganzen Bewegung überrascht worden, sie ahnte nicht, was im Schoße des revolutionären Centralkomitees vorging, sie wußte nicht, welche Kräfte thätig waren und es noch sind, um den Gedanken der allgemeinen Arbeits einstellung unter den Streikenden zu verbreiten und der Unzufriedenheit von allen Seiten her neue Nahrung zuzuführen. So konnte es kommen, daß die Streiken den mit jedem Tag kecker das Haupt erhoben, daß sie die Sicherheitsorgane förmlich provocirten und schon begannen, sich als die Herren der Straße zu fühlen. Wie weit die Dinge bereits gediehen sind, das haben aber zumal die blutigen Vorgänge bei der am Mitt woch stattgefundenen Beerdigung des ehemaligen Kom mune-Generals Eudes bewiesen. Von den Streiken den war offen erklärt worden, daß sie am Begräbnisse theil nehmen würden und da hierbei ernste Demon strationen zu befürchten waren, so erschien die Regie rung im Voraus gewarnt. Aber die von ihr er griffenen Vorsichtsmaßregeln haben sich auch am Mitt woch als unzulänglich erwiesen, denn die Polizeimann- schasten, welche von den im Zuge befindlichen radikalen Elementen der Streikenden gleich bei Beginn der Feier mit Revoloerschüffen, Knitteln und Steinwürsen an gegriffen wurden — ja, es wurde sogar eine Bombe geschleudert — waren zur Aufrechterhaltung der Ord nung viel zu schwach. Es mußten daher noch Gens- darmerie, Stadtgardisten und schließlich Militär-Ab- theilungen mit blanker Waffe einschreiten und hieraus entwickelten sich eine ganze Reihe von Handgemengen; erst nachdem der Leichenzug den Friedhof erreicht hatte, konnte die Ruhe einigermaßen wieder hergestellt wer den. Gegen SO Personen sollen verwundet worden sein und zahlreiche Verhaftungen wurden vorgenommen. Diese Ecenen, die einem vollständigen Etraßenauf- stande gleichen, zeigen genugsam, wie gefährlich sich die Arbeiterunruhen in Paris bereits zugespitzt Haden und es ist die höchste Zeit, daß das Ministerium Floauet endlich rücksichtslose Energie gegen die auS schreitenden Arbeitermasien entfaltet, denn sonst ist eine Wiederholung des blutigen Pariser Arbeiterauf standes aus den Junitagen von 1848 nur zu wahr scheinlich. Auch die sich in den Arbeiterkreisen der Provinz allmählich kundgebende Gährung müßte die französische Regierung zu kräftigem und entschlossenem Auftreten bestimmen, denn die Streikbewegung in der Hauptstadt hat schon im Norden des Landes — in Amiens — wie im Süden — in Lyon — ansteckend gewirkt und je länger die bedrohliche Situation in der Hauptstadt anhält, um so bedenklicher muß sie auch auf die unruhigen Köpfe in der Provinz einwirken. Jedenfalls wird in diesen Tagen die Thatkrast und Standhaftigkeit des Kabinets Floquet - Freycinet auf eine entscheidende Probe gestellt. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 13. August. Die jetzt endlich zum Durchbruch gekommene warme Witterung bringt auch die bisher selbstverständlich zurückgesetzten Fluß bäder wieder mehr zur Geltung. Wir können und wollen froh sein, daß uns Gelegenheit zu solchen in unserer Bade- und Schwimmanstalt geboten ist, dabei aber nicht vergessen, daß auch das Warmbad eine der Reinlichkeit und damit der Gesundheit gleich nützliche Einrichtung ist, die sogar Viele, ihrer Beschaffenheit nach, dem kühlen Flußbade vorziehen und vorziehen müssen, und die wir Alle benutzen müssen, wenn wir in kalter Jahreszeit baden wollen. Durch die Ein richtung eines Warmbades durch Herrn Stadtmusik- direktoc Hoppe ist seinerzeit einem längst und tiefge fühlten Bedürfnisse abgeholfen worden. Denn die früher einzig gebotene Gelegenheit, außer dem Hause warm zu baden, in dem in der Apotheke angelegten Bassin, besteht unseres Wissens nicht mehr, und so war das Unternehmen des Herrn Hoppe gewiß zeit gemäß und der Beachtung und Benutzung werth. Wie wir aber glaubhaft vernehmen, ist der Besuch des „Florabades" ein so geringer, daß Herr Musikdirektor Hoppe beabsichtigt, dasselbe ganz zu schließen, da die Kosten des Betriebes nicht gedeckt werden. Es wäre das im hohen Grade zu bedauern, da die Herstellung warmer Bäder in Privathäusern vielfach nur mit größter Schwierigkeit zu ermöglichen ist, und nur Wenige im Stande sind, selbständige Badeeinrichtungen sich Her stellen lassen zu können. Gleichwohl ist auch ein im Winter bisweilen genommenes Warmbad nicht nur der Rein lichkeit, auch der Gesunoheit halber dringend zu empfehlen, und deshalb sind öffentliche Badeanstalten schon im Alterthum und Mittelalter von Obrigkeits wegen eingerichtet, beaufsichtigt und unterstützt worden. Unsere Badergasse hat von dem ehemaligen Stadt- warnsbade ihren Namen, und der Glöckner bezog sogar früher eine Einnahme für das Läuten des „Bade- glöckleins". — Es ist allerdings nicht zu leugnen, daß die derzeitige Einrichtung des „Florabades" noch mancher Verbesserung fähig und bedürftig ist, und Herr Hoppe erkennt die in dieser Hinsicht schon mehr fach geäußerten Wünsche auch vollständig an, aber wenn die Benutzung des Bades eine so schwache bleibt, daß kaum die Betriebskosten gedeckt werden, so ist noch viel weniger an die Vornahme von Verbesserungen zu denken und, wie gesagt, das Fortbestehen der für das Allgemeinwohl so erwünschten Einrichtung ist in Frage gestellt. Es würde im Interesse der Sache sehr er wünscht sein, wenn von sachverständiger, d. h. zunächst ärztlicher Seite Vorschläge gemacht werden könnten, die darauf hinzielten, das größere Publikum über die Wichtigkeit des Warmbades zu belehren und dadurch zu einer lebhafteren Benutzung desselben anzuregen. Wnc möchten durch diese Bemerkungen Anregung dazu gegeben haben. — Am Sonnabend kamen mit dem NachmittagS- zuge >/»5 Uhr die Ferienkolonien Schönfeld (Kna ben) und Hennersdorf (Mädchen) hier durch, und konnte man sich durch den Augenschein übeWUsien, daß den Kindern die ihnen gebotene Sommerfrische gut bekommen war. Die Kinder waren frisch und munter, wenn auch bei manchen das Bedauern über das Ende der schönen Zeit die Freude über die Rück kehr überwiegen mochte. — Die der heutigen Nummer beiliegende „Mo nats-Beilage" enthält einen sehr ausführlichen und illustrirtcn Artikel über die Kreuzotter, die in diesem Jahre häufiger denn sonst angetroffen wird. Auf den höchst lehrreichen Artikel wollen wir auch an dieser Stelle aufmerksam machen, wollen aber nicht verfehlen, ein Wort für die ganz ungefährliche, ja sogar nütz liche Ringelnatter einzulegen und zu bitten, dieselben zu schonen. Vielfach werden diese Thiere von Un kundigen mit Kreuzottern verwechselt und rücksichtslos getödlet. Die Ringelnatter (Lornolla lasvis) ist von der giftigen, zur Familie der Vipern gehörigen Kreuz otter sehr leicht dadurch zu unterscheiden, daß sie grau« blau und mit zwei Reihen schwarzer Flecken auf dem Rücken gezeichnet ist und hinter den Schläfen zwei weiße oder gelbe halbmondförmige Flecken besitzt. Die Ringelnatter kommt fast überall bei uns, meist in Buschwerk am Wasser, in feuchten Wäldern, in der Nähe von menschlichen Wohnungen, in Dünger- und Mullhaufen, auch in Kellern und Ställen vor und lebt hauptsächlich von Fröschen, frißt jedoch auch Kröten, Molche, Eidechsen. Sie ist sehr beweglich und munter, sonnt sich gern, streift aber auch viel umher, kriecht ziemlich schnell, klettert gut und kann stundenlang unter Wasser verweilen. Sie besitzt, wie alle zur Fa milie der giftlosen Schlangen (Nattern 6olndrickuo) gehörigen Arten, keine Giftzähne und ist durchaus harmlos und gutmüthiger Natur. — Im abgelaufenen Monat ist innerhalb der AmtS- hauptmannschaft Dippoldiswalde von ansteckenden Thierkrankheiten nur der Milzbrand in einem Ge höfte von Oberfrauendorf aufgetreten, in demselben waren 10 Rinder gefährdet, von denen 2 erkrankten, eins verendete, während das andere genas. — Für rechtzeitiges Erscheinen am Brandplatz und erfolgreiche Löschthätigkeit gelegentlich des am 5. Juli bei dem Gutsbesitzer Müller in Reichenau infolge Blitzschlages entstandenen Brandes hat die König!. Brandversicherungskammer der freiwilligen Feuerwehr von Frauen st ein die Löschungsvrämie nach Höhe von 30 M. bewilligt. Außerdem erhielten die Mann schaften der Gemeindespritze von Kleinbobritzsch für deren ausgezeichnete Dienstleistungen beim Löschen des fraglichen Brandes eine außerordentliche Belohnung von 25 M. G Hennersdorf. Vorigen Sonnabend verließ die hier 3 Wochen in Pflege gewesene Mädchen- kolonie unter Leitung der Frau Wild das ihr lieb gewordene Heim, den hiesigen Erbgerichtsgasthof, wieder. Eine bedeutende Zunahme des Gewichts, pro Kind 4 Pfd., bei 2 Kindern 6 Pfd., war infolge der aner kannt vorzüglichen Verpflegung seitens des Herrn Gast- wirths Walther zu konstatiren. — Nachdem Herr Mühlenbesitzer Th. Zeile- hier den 8 tägigen Kursus für Trichinenschau in der Thier arzneischule zu Dresden absolvirt und die Prüfung bestanden hat, wird derselbe als Trichinenbeschauer für hiesigen Ort, sowie für Ammeisdorf und bez. Sadis dorf fungiren. — Bei hiesiger Tagesverpflegstation für arme Reisende wurden in dem Monat Juni verausgabt 38 Marken zu 20 Pf. und 24 Marken zu 10 Pf., und im Juli 29 Marken zu 20 Pf. und 21 zu 10 Pf. Kreischa. In dem Fleische eines von dem Gast- wirth Preusche in Gombsen am 10. dss. Monats ge schlachteten Schweines sind von dem Trichinenschauer Böthig in Kreischa massenhafte Trichinen «orgesunden und ist hierdurch einem größeren Unglstck vorgebeugj worden.