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r-in Verantwortlicher Redacteur: Carl Irhne in Dippoldiswalde Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 2. Juli. Das von unfern Kin dern sehnlichst erwartete und vom Schulausschuß, so wie von Lehrern und Helfern sorglich vorbereitete Schulkinderfest hat am Freitag unter großer Theil- nahme von Eltern und Schulfreunden, die zum Theil auch von auswärts herbeigekommen waren, stattge sunden. Wenn auch in der am Vorabende abgehal tenen Versammlung der Lehrer und Helfer, Damen und Herren, die Möglichkeit übler Witterung nicht unerwogen bleiben konnte und für solchen Fall Vor kehrung getroffen werden mußte, so blieb uns doch glücklicherweise der Gebrauch dieses traurigen Aus kunstsmittels, die Kinder in Sälen unterbringen zu müssen, erspart. Schon vom frühen Morgen an war die Aue von den Lehrern, Helfern und Arbeitsleuten in Beschlag genommen, und es wurde rüstig geschafft. Hier wurden die Spielplätze durch Waschleinen abge grenzt und durch Klaffennummern bezeichnet, da wurden Vogelstangen hergerichtet, Spielgerälhschaflen aufge stellt, Tische, Stühle und Bänke herbeigeschafft, Prämien zierlich auf Tafeln geordnet und was dergleichen vor bereitende Arbeiten mehr waren. Nicht rühmend genug kann man der bei diesen unerläßlichen Vorbereitungen schon längst bewährten und der neu sich entwickelnden Kräfte gedenken, die unermüdlich zugriffen, bis am Mittag Alles fix und fertig war. Das ein wenig zwischen Sonnenschein und bewölktem Himmel schwankende Wetter, dem man wegen beständig fallender Wetter gläser ein günstiges Prognostikon kaum zu stellen wagte, gestaltete sich indessen so hoffnungsreich, daß man unter Hinzunahme der alten Tradition von unserem „Wetter glück", als um >/»2Uhr die festlich mit Blumen, Schärpen, Fähnchen, Marschallsstäben und Klassenfahnen heraus geputzte Kinderschaar sich versammelte, nicht mehr am Gelingen des Festes zu zweifeln wagte, und daß selbst eine vorübergehende Regenfloge die festliche Stimmung nicht im mindesten zu beeinträchtigen vermochte. Punkt s/i2 Uhr bewegte sich der von Herrn Lehrer Eidner aufgestellte überaus stattliche, von Lehrern und Helfern begleitete Zug mit dem Stadtmusikkorps und dem Signalistenkorps der freiwilligen Feuerwehr, Vertreter der Obrigkeiten in seiner Mitte, durch die Altenberger Straße, Herrengasse, Schuhgasse, über den Kirchplatz und den Markt, durch die Mühlstraße nach der Aue. Hier wurde ein Kreis geschloffen und ein an die Kin der vertheiltes allgemeines Lied angestimmt, worauf sich die Kinder nach einer kurzen Ansprache des Herrn Schuldirektor Engelmann an die ihnen angewiesenen und bestens ausgestatteten Spielplätze begaben. Hier entwickelte sich nun ein farbenreiches, den Ainderfreund lebhaft anmuthendeS Bild. Dort wurde von den drei ersten Knabenklaffen nach 6 Vögeln oder nach der Scheibe geschossen, hier versuchten die Mädchen ihr Glück mit dem Stechvogel; dort wurden im Topf schlagen, Reifenwerfen, Ringstechcn u. s. w. Preise ge wonnen, kleinere Kinder liefen mit verbundenen Augen nach Christbäumchen, an die allerlei kleine Gewinne gebunden waren, während größere wieder in einer „Lotterie ohne Nieten" das Glück herausforderten und nützliche und angenehme Gegenstände gewannen. Da zwischen allerlei Bewegungsspiele — kurzum, der Be schauer wurde überall von heiteren, beweglichen Kin dern mit munter lachenden Gesichtern begrüßt. Da zwischen ertönten Concertmusik oder fröhliche Lieder der Kinder. Daß es an leiblicher Stärkung nicht fehlte, versteht sich von selbst. Die sich meldende Abendkühle nöthigte gegen 7 Uhr zum Einzug. Nach dem ein allgemeines Abendlied gesungen worden, ging der Zug die Schloßmauer entlang durch die niedere Vorstadt wieder zurück. Leider fing es schließlich an zu regnen, so daß schon der Zug auf dem Schulspiel platze aufgelöst werden sollte: da hellte sich's aber mals auf, so daß der Zug doch noch nach dem Markte gehen konnte, wo Herr Schuldirektor Engelmann nach einigen Schlußworten, in denen er allen Kinderfreun- auch heitere Lieder in gleich vorzüglicher Weise ge sungen wurden, fuhren die Zöglinge um V»5 Uhr wieder nach Dresden, wohin sie, auch die Mädchen, bei günstigerem Wetter gern zu Fuß gegangen wären. Es ist Hoffnung vorhanden, daß der Wunsch, den Blindenchor einmal bei uns zu hören, erfüllt wich. Obgleich der Anblick dieser des Augenlichtes entbeh renden Mitmenschen rührend ist, kann man sich leicht überzeugen, daß es ihnen an Frohsinn durchaus nicht fehlt, und sie in ihrem Vorstellungskreise ost froher und zufriedener sind, als die Sehenden, weshalb es auch durchaus nicht angebracht erscheint, ihnen gegen über ihren Zustand zu beklagen. Sie sind für freund liche Theilnahme und heitere Unterhaltung im höchsten Grade dankbar, und empfinden ihren Mangel, dessen Größe sie nicht ermessen, durchaus nicht schmerzlich. — Im Jahre 1887 haben nach Absolvirung eines Kursus im Hufbeschlage bei der Lehrschmiede der Thier arzneischule die Schmiede E. H. Bellmann aus Nassau, E. H. Borsdorf aus Dorfhain, K. M. Schulze au» Welschhufe und W. O. Zönnchen aus Reichstädt; ohne vorherigen Lehrkursus vor der Prüfungskommission der Thierarzneischule die Schmiede A. H. Berger auS, Altenberg, O. B. Burkhardt aus Ruppendorf, R. E. Schubert aus Klingenberg und A. E. Seifert aus Altenberg, sowie vor der landständischen Prüfungs kommission in der Oberlausitz die Schmiede C. A. Eß- linger aus Mtenberg und E. O. Strauß aus Cunners dorf bei Glashütte die Prüfung im Hufbeschlag abgelegt und bestanden. Von denselben hat der letztere das Diplom als „geprüfter Hufbeschlagmeister", Schulze- Welschhufe das Diplom als „geprüfter Hufschmied mit Auszeichnung", mit der Berechtigung zum späteren Umtausch desselben gegen ein Diplom als geprüfter Hufbeschlagmeister, die übrigen ober das Diplom als „geprüfter Hufschmied" erhalten. — Heute Montag '/»12 Uhr wurde die Land- spritzen-Abtheilung der hiesigen freiwilligen Feuerwehr allarmirt. Es sollte im Mitteldorfe von Reichstädt ein Schadenfeuer ausgebrochen sein. Rauch war vom Kirchthurme nicht zu bemerken und konnte man Ge naueres nur nach telephonischer Anfrage in Reichstädt erfahren. — Um 1 Uhr kam die Spritze zurück, ohne in Thätigkeit gekommen zu sein. Von Kindern auf dem Boden verwahrlost, war beim Schuhmacher Schaf bereits um 10 Uhr Vormittags Feuer ausgebrochen, wodurch das Haus bis auf die Umfassungsmauern eingeäschert worden war. — Von fremden Spritzen waren u. A. die von Sadisdorf, Obercarsdorf und Berreuth erschienen. Lockwih. Herr vr. weck. Th ei le, der in den Jahren 1862 und 1863 in Dippoldiswalde als Privat lehrer thätig war, feierte am 29. Juni den Tag, an welchem er vor 50 Jahren in Leipzig die akademische Würde als Doktor erhalten hatte. Zahlreiche Beweise der Anerkennung und Freundschaft wurden dabei dem Jubilar zu Theil. Dresden. Im Hinblick auf die hohen Verdienste, welche König Albert sich neuerdings wieder um Kaiser und Reich erworben, haben auch die sächsischen Reichs tagsabgeordneten das lebhafte Bedürfnis empfunden, ihreni König und Herrn aus dieser Veranlassung ihre Ehrfurcht, Anhänglichkeit und Dankbarkeit auszu sprechen; doch mußten sie mit Rücksicht auf die kurze Zeit des Aufenthaltes Sr. Majestät in Berlin darauf verzichten, um eine Audienz zu bitten. Sie haben daher ihre Gefühle in einer schriftlichen Adresse ausgesprochen, welche mit den Unterschriften sämmt- licher 23 sächsischer Reichstagsabgeordneten schon am Dienstag an das königl. Hausministerium zu Dres den abgegangen ist. — Den jetzt vorliegenden amtlichen Mittheilungen über das Auftreten des Milzbrandes im Königreich Sachsen für das Jahr 1886 entnehmen wir, daß in 120 Ortschaften 145 Gehöfte betroffen wurden, die Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Mr „Weißeritz-Settun," «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — «reiS vierteljährlich 1 M. LK Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 4S Pfa. Einzelne Nummer« K Pfg. - »lle Postan- statten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, «eiche Sei der bedeutenden Auflage Blattes eine sehr wirk« same Verbreitung, finden, «erden mit 1Y Pfg- di« Spalterueile »der bereu Raum berechnet. — Ta bellarische und «nnpktetrt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redakti»n«en Lheile, die Spaltaqeik so Pfa ¬ den, insonderheit den Helfern und Helferinnen, sowie den städtischen Behörden Dank aussprach, die Kinder aufforderte, vor Allem Gott für den schönen Tag zu danken, worauf die fröhliche Kinderschaar den ersten Vers des Liedes: „Nun danket alle Gott" anstimmte. Nach einem dreimaligen Hoch auf Alle, die zur Aus führung beigetragen, löste sich der Zug auf. — Möchte der Wunsch, daß die Kinder ihren Dank durch die Thal: durch Fleiß, Gehorsam und ein allzeit gesittetes freundliches Betragen darbringen möchten, in Erfüllung gehen. — 2. Juli. Gestern fand beim Vormittagsgottes dienste die feierliche Einweisung des Herrn Diakonus Gruner, bisher Vikar in Daasdorf bei Weimar, statt. Die Herren des Kirchenvorstandes, vollzählig erschienen, geleiteten den neuen Seelsorger auf den Altarplatz, wo nach einer kurzen Liturgie Herr Superindendent Opitz dem neuen Amtsbruder vorerst die Mahnungen ans Herz legte: 1. Bewahre das Geheimniß des Glau bens in einem guten Gewissen; 2. halte Dich herunter zu den Niedrigen; 3. predige das Wort Gottes so, daß unser Glaube unsere Freude werde, und nach dem durch Wort und Handschlag abgelegten Gelöbniß des Designaten die Einweisung vollzog. Ein besonders geeigneter Chorgesang, nach dem 121. Psalm von Herrn Kantor Hellriegel komponirt, gab der bedeu tungsvollen Feier ihren Abschluß. — Nachdem hierauf Lied 324, 1—8 gesungen worden war, hielt Herr Diak. Gruner die von innerer Ergriffenheit und wohl- thuender Gefühlswärme zeugende Antrittspredigt über 1. Kor. 4, 1. 2. „Dafür halte uns Jedermann, näm lich für Christi Diener und Haushalter, über Gottes Geheimnisse. Nun sucht man nicht mehr an den Haus haltern, denn daß sie treu erfunden werden." In diesen Worten stelle der Apostel das Vorbild eines evangelischen Predigers hin; 1. er zeige ihm seine wahre Stellung, 2. seine hohe Bedeutung und 3. seine beste Eigenschaft. Das Gelöbniß im Sinne solchen Vorbilds zu wirken, kam vom Herzen und ging zu Herzen. — Den Glück- und Segenswünschen, welche dem Herrn Diakonus nach Schluß des Gottesdienstes von. den Mitgliedern des Kirchenvorstandes in der Sakristei ausgesprochen wurden, schließen auch wir uns von ganzem Herzen an. Möge sein Wirken für ihn befriedigend nnd für unsere Ge meinde segensreich sein. — „Eine edle Himmelsgabe ist das Licht des Auges!" — An dieses Wort Schillers wurde man lebhaft erinnert durch den Anblick der Zöglinge der königlichen Blindenanstalt Dresden, welche gestern, Sonntag Nachmittag, unter Führung ihres Direktors, des Herrn Hofrath Büttner, nebst Gemahlin und mehreren Lehrerinnen unserer Basilika, der Nikolai- kirche, einen Besuch abstatteten. Während die 12 männlichen Zöglinge den Weg zu Fuß zurückgelegt hatten, kamen die Mädchen, gleichfalls 12 an der Zahl, mit dem Nachmittagszuge hier an, und begaben sich sofort in die Nikolaikirche, wo Herr Superintendent Opitz ihnen eine faßliche Erklärung des Baues und seiner Bedeutung gab, während sie später durch ihre Führer angeleitet wurden, sich durch Befühlen der Umwandung, der Kanzel und des Altars einen Be griff von einem Kirchenbaue zu bilden. Nächst dieser Belehrung, die ihnen sichtbare Freud«» machte, ver suchten sie die Akustik des Baues durch Orgelspiel, ausgeführt von einem musikalisch veranlagten Zög linge, sowie durch den Gesang einiger geradezu muster haft ausgeführter Choräle von Bach, einer Motette von Rink und eines Chores aus Athalia von Mendels- öhn. Die Reinheit, Milde und Kraft des Vortrags war bewundernswürdig und rührend, und legte den Wunsch nahe, einmal einem größeren Zuhörerkreise Gelegenheit zu bieten, sich an einer gesanglichen Aus- ührung de» schon längst als vorzüglich bekannten Blindenchors erfreuen zu können. Nach einer im Bahnhofsrestaurant eingenommenen Erfrischung, bei welcher abwechselnd von Männer- und Frauenstimmen