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sälschung zu verantworten. Die Vertheidigung führte Rechtsanwalt vr. Schedlich. Während der Zeit von 1882 bis voriges Jahr war der Angeklagte selbstständig als Zimmermann. Er mußte jedoch seine Zahlungen einftellen, ist in Folge dessen gegenwärtig vollständig vektnögenSloS und verdient sich seinen Lebensunterhalt nuNMehr als Zimmerpolier. Am dritten Pfingstfeier- tage vorigen Jahres erhielt Lentzsch von dem Maurer und Hausbesitzer Lindemann in Neucunnersdorf bei Bannewitz den Auftrag, an einem von demselben da selbst zu bauenden Hausgrundstücke die Zimmerarbeiten zu übernehmen, während Lindemann die Maurer arbeiten selbst aussühren wollte. Lindemann war hier durch dem Angeklagten einen größeren Geldbetrag schuldig geworden. Lentzsch schuldete dem Nutzholz händler Pfennig in Dresden noch Geld für Holz, welches er von diesem zum Anfertigen von Stühlen erhaüen. Am 20. Mai v. I. übergab der Angeklagte einen von ihm ausgestellten, auf Lindemann gezogenen und bei einem hiesigen Bankhause an« 25. Juli v. I. zahlbaren Wechsel, welcher auf einen Betrag von 198 M. 50 Pf. lautete. Auf diesem Schriftstücke war von Lentzsch der Name Lindemanns quergeschrieben worden. Als am Verfalltage Lindemann von dem betreffenden Bankhaus« aufgesordert wurde, den Wechsel einzulösen, stellte es sich heraus, daß das Accept ge fälscht war. Dem Angeklagten wird nun beigemessen, in der Absicht, sich einen rechtswidrigen VermögenS- vortheil zu verschaffen und zum Zwecke der Täuschung, das betreffende Schriftstück fälschlich angesertigt zu haben. Lentzsch bestreitet, daß er dies in rechtswidriger Absicht gethan und behauptet, er habe von Lindemann Erlaubniß gehabt, den Wechsel auf denselben zu ziehen und in dessen Namen zu acceptiren. Das Papier ist von Lentzsch bezahlt worden und dem Zeugen Linde mann demnach ein Schaden nicht erwachsen. Der An geklagte wurde wegen Wechselfälschung, unter Annahme mildernder Umstände, zu einer Gefängnißstrafe von 3 Monaten verurtheilt. — Das hiesige Materni-Hospital, welches seit rund 600 Jahren besteht und seine Stiftung dem Markgrafen Heinrich verdankt, begeht zum Johanni quartal 1888 das Jubelfest 50 jährigen Bestehens an seinem gegenwärtigen Platze. Diesem Spital, im Bolksmunde das „reiche Weiberspittel" genannt, ge hörten noch vor Ende des 17. Jahrhunderts die Dörfer Plauen, Loschwitz, Oberhermsdorf, 2 Bauern zu Obergohlis, 2 zu Niederhermsdors, 2 zu Gohlis, 2 zu Coschütz mit Erbgerichten, eine Wiese zu Losch witz, 1 Weinberg zu Kötzschenbroda, 3 dergl. zu Losch witz, I Stück Holz zu Oberhermsdorf und I Tännicht an der Elbe. Bis Mitte des Jahres 1838 befand sich das Hospital an der Kreuzkirche. 1837/1838 wurde das schöne Haus am Freiberger Schlage ge baut, am 1. Juli d. I. wurde es feierlich eingewecht und dem Gebrauch übergeben. Das Vermögen der Stiftung belief sich außer dem neuen Hausgrundstück, welches 84000 Thaler kostete, auf 128000 Thaler zinsbar angelegte Kapitalien, 180 Thaler jährliche Erbzinsen und 401 Scheffel sogenannte Zinsgetreide rc. Heute ist dasselbe noch bedeutend höher. Das neue Materni-Hospital wurde nach einem Plane des be rühmten Semper aufgeführt und enthält 69 Hospita litinnen - Wohnräume. Der neueren Zeit gehört die Erbauung eines zweiten Hauses auf demselben Grund stücke an. — Wie verlautet, wird die Stellung resp. Kom- mandirung von aktiven Militärpersonen zu Ernte arbeiten im Interest« der allgemeinen Landeskultur und Volkswirthschaft auch in diesem Jahre höheren Orts gewünscht, und es sind die Truppentheile des halb autorisirt, soweit es sich mit den dienstlichen Ver hältnissen vereinbaren läßt, nach Möglichkeit den Ge suchen um Abgaben von Erntearbeitern zu entsprechen. Die Gesuche dieser Art sind rechtzeitig, d. h. also schon jetzt, an die resp. Regimentskommandos mündlich oder schriftlich unter Angabe der Zahl der gewünschten Ar beiter und der Zeitdauer zu richten. Freiberg. Durch die am 3. Juli stattgefundenen Verhandlungen des hiesigen Gesammtkirchenvoistandes ist die Angelegenheit der Freiberger Domkreuzgänge in ein neues Stadium getreten. Die Finanzdeputalion des Gesammtkirchenvorstandes erklärte es für ganz un- thunlich, die nur als „Beihilfe" von den Ständen gewährte, für die Renovirung der Kreuzgänge bei Weitem unzureichende Summe von 12,000 M. anzu nehmen und eine Arbeit zu beginnen, zu deren Voll endung das hiesige geistliche Einkommen keine Mittel besitzt und der Stadtrath zu Freiberg mit Rücksicht auf die Verkehrsbedürsniffe der Unterstadt jeden Zu schuß verweigert. Die von dem Landeskonsistorium verlangte baldige Entschließung ist durch einen neuen Zwischenfall unmöglich gemacht worden. Der Vorstand der etwa 14,000 Seelen zählenden hiesigen Petri- gemeinde hat eine Trennung der Finanzverwaltung der drei Kirchengemeinden beantragt, was um so wich- liger erscheint, als die Domgemeinde und Nikolai- gemrinde nur je 5000 Seelen zählen. Die Finanz deputation hielt es für sehr bedenklich, jetzt einen Be schluß zu fasten, durch den der kleinen Domgemeinde allein die durch die 12,000 M. nicht gedeckten Kosten für die Erneuerung und die Erhaltung der Kreuzgänge aufgebürdet würden. Die Deputation beantragte des halb, das hohe Konsistorium zu ersuchen, die vom Lande bewilligten 12,000 M. so lange zu reserviren, bis der Domkirchenvorstand in der Lage ist, einen selbststän digen Beschluß zu fasten. Nach einer sehr ausgedehnten Debatte fand dieser Antrag gegen 2 Stimmen An nahme. Das von dem Referenten vorgetragene Gut achten des Bauraths vr. Mothes, in dem derselbe die Zerstörung mittelalterlicher Bauwerke als „Vandalis mus" bezeichnete und auch sonst starke Ausdrücke ge brauchte, die zu renovirenden Kreuzgänge zur Verwen dung für das Alterthumsmuseum und als Konfirman denstube empfahl, erzielte einen jedenfalls nicht beab sichtigten Eindruck. Einzelnen anwesenden Freunden dec Erhaltung der Kreuzgänge wurde im Laufe der Verhandlung-n vorgehalten, daß sie als Mitglieder der städtischen Kollegien erst vor Kurzem dem Ankauf zweier Privatgrunbstücke am Dom zugestimmt haben, welche die Stadt nur zu dem Zwecke erwarb, dieselben gleichzeitig mit dem ganz baufällig gewordenen alten Gymnasium niederzureißen und den Dom freizulegen. Dann aber werden die Kreuzgänge wohl erst recht unhaltbar werden. Die von den Freunden derselben aufgestellte Behauptung, daß auf späteren Landtagen weitere Mittel für die Erhaltung des alten Bauwerkes bewilligt werden dürften, wurde um so mehr ange zweifelt, als bei den betreffenden Landtagsverhand lungen kein einziger Negierungsvertreter das Wort dafür ergriffen hat. Darüber, daß die Stadt Freiberg für diesen Zweck keine Mittel flüssig machen kann, schien man allgemein einig zu sein. Zschopau. Ein vor wenigen Tagen hier stattge- sundenes Schadenfeuer hätte sehr leicht, namentlich für die rettenden und beim Löschen beschäftigten Feuer wehrleute verhängnißvoll werden können. Ein im Hause wohnender Mann hatte unter der Holztreppe im Hause eine Büchse Schießpulver aufbewahrt. Zum Glück blieb die Treppe bei dem schnellen Eingreifen der Feuerwehr unversehrt. Erst nach dem Brand machte der Mann Anzeige von dem Vorhandensein des Sprengstoffes, der auch durch die Feuerwehr unver sehrt ausgefunden wurde. Annaberg. Der Rohrführer Gotth. Arnold wurde gelegentlich der Niederlegung seines Amtes, daß er mit seltener Ausdauer und Pflichttreue 46 Jahre hindurch bekleidet hat, durch Ueberreichung eines pracht voll ausgeschmückten, von der Mannschaft der Spritze Nr. 4 gestifteten Ehrendiploms geehrt. Der Spritzen meister überreichte das Diplom unter entsprechenden Worten, wobei er erwähnte, daß Arnold der älteste Feuerwehrmann Sachsens und als solcher einer ehrenden Anerkennung seiner Verdienste gewiß würdig sei. Arnold war sichtlich gerührt über die ihm be reitete Ueberraschung und dankte mit bewegten Worten. Annaberg lieber die kürzlich sertiggestellte Eisen bahnbrücke der Annaberg-Schwarzenberger Bahn linie bei Dorf Mittweida wird gemeldet: Ein kühnes Bauwerk, nach dem ursprünglich in Amerika heimischen System der Holzgerüstbrücken, überspannt es das Thal bei Mittweida. Nur sind bei diesem Bauwerk Eisen und Stein das alleinige Baumaterial in der Art, daß auf 32 auf Felsen fundamentirten pyramidenartigen Mauerpfeilern (härteste Ziegel mit Cementmörtel) 32 eiserne Pfeilersäulen hochausstreben; je 4 derartige Pfeilersäulen sind untereinader fest verbunden und versteift, und bilden also 8 Gesammtpfeiler, welche dann aus ihrer Höhe die Fahrbahn tragen. Die Länge der Brücke von einem Widerlager zum andern ist 237 Meter, die größte Höhe ist 37 Meter über dem tiefsten Thalpunktc. Die Brücke, unter Leitung von Staats technikern gebaut, ist von einer absoluten Sicherheit, welche jener der massiven Steinbrücken in keiner Weise nachsteht. Bei Belastung der ganzen Brücke mit denk bar schwerstem Eisenbahnmaterial wird dennoch erst ein Fünftel jener Tragfähigkeit in Anspruch genommen, welche das Bauwerk infolge seiner eigenartigen Kon struktion zuläßt. Sie soll im Verhältniß zu ihrer Länge und Höhe und dem überspannten Thal das billigste Bauwerk ihrer Art sein, das bis jetzt iu ganz Deutschland beim Eisenbahnbau in Anwendung kam. 500,000 Kilo Schmiedeeisen wurden zu diesem Brücken bau verwendet. Allein 100 Centner Oelfarbe sind zu dem dreimaligen Oelsarbenanstrich des Eisens (welcher jetzt im Gange ist) erforderlich. Aus dem Erzgebirge. In Seiffen und den übrigen Orten unseres oberen Erzgebirges besteht noch ein Brauch, der an weit hinter uns liegende Zeiten erinnert. Zu Festtagen werden daselbst vor geeigneten Gastwirthschaften Karroussels oder die bekannten groben Kinderschaukeln aufgestellt. Die Benutzung derselben wird nicht mit Geld, sondern mit selbstge fertigtem Kinderspielzen g bezahlt. Also noch der reine Tauschhandel. Die bezeichneten Gegenstände ge langen alsdann durch die betreffenden Besitzer der Schaukeln u. s. w. in die Hände der Händler. Riesa. Die mit der Planirung des Albertplatzes beschäftigten Arbeiter stießen am 6. Juli in geringer Tiefe auf die Ueberreste eines sehr starken Roth- hirsches. Außer dem Knochengerüst fand man das noch gut erhaltene große Geweih und die Kiefern mit den Zähnen. Wie das Thier an diesen Platz ge kommen, ist unerklärlich, da die Ueberreste nicht in Urboden, sondern über den Grundmauern und dem Brandschutte des alten Schlaffes lagen und nur leicht mit Boden überdeckt waren. Leipzig. Der Lehrkörper der Universität setzt sich in diesem Sommer-Halbjahr wie folgt zusammen. Die theologische Fakultät zählt nach dem durch Tod erfolgten Abgang des Professors Kahms 12 Lehrer, von denen 7 ordentliche, 4 außerordentliche Professoren und 1 Privat-Dozent sind. Unter den 19 Lehrern der juristischen Fakultät sind 9 ordentliche Professoren, 1 ordentlicher Honorar - Professor, 3 außerordentliche Professoren und 6 Privat-Dozenten. Die medizinische Fakultät weist 45 Lehrer auf, nämlich 12 ordentliche Professoren, 2 ordentliche Honorar-Professoren, 8 außerordentliche Professoren und 23 Privat-Dozenten. Am stärksten ist naturgemäß die philosophische Fakultät. Sie besitzt 36 ordentliche Professoren, 10 ordentliche Honorar-Professoren, 22 außerordentliche Professoren und 31 Privat-Dozenten. Somit beträgt die Zahl der Lehrer an unserer Universität, den lootor pudlieus und die drei Exerzitienmeister nicht mit gerechnet, 175. — Für die Einverleibung der Vororte in den Stadtbezirk Leipzig ist vom Nathe der I. Januar 1890 als Termin in Aussicht genommen. — Die vom Schwurgericht Leipzig wegen Mordes am Ehepaare Messinger zum Tode verurtheilte Dienst magd Beyer wurde vom König zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigt und wird in den nächsten Tagen im Zuchthause Waldheim eingeliefert werden. Tagesgeschichte. Berlin. Kaiser Wilhelm beabsichtigt, im Laufe des Monat September nach Wien zum Besuche Kaiser Franz Josefs zu reisen. Kaiser Wilhelm würde viel leicht einen früheren Termin gewählt haben, wenn es nicht naturgemäß der Wunsch des österreichischen Hofes wäre, den deutschen Kaiser mit der ganzen Solennität zu empfangen, welche einem ersten Besuche ziemt. Man lege deshalb Werth darauf, daß Kaiser Wilhelm zu einer Zeit nach Wien komme, wo Kaiser Franz Josef Gelegenheit hat, seine Gastlichkeit mit vollem Glanze zu entfalten. — Aus Nom liegt die Meldung vor, daß die Zusammenkunft Kaiser Wilhelms mit König Humbert Ende August in Monza stattfinden werde. — Kaiser Wilhelm wird am 13. Juli Abends nach Kiel reisen, daselbst einen Tag verweilen und sodann die Seereise nach St. Petersburg antreten, wo er am 18. Juli Abends ankommen wird. Auf der Seereise wird nur ein kleines Gefolge den Kaiser begleiten: Graf Herbert Bismarck, Generaladjutant v. Wittich und die Flügeladjutanten. Das übrige Ge folge begiebt sich am 17. Juli mittelst Hofzuges über Eydtkuhnen nach St. Petersburg. — Die Antwort des Kaisers Wilhelm an die De putation der städtischen Behörden von Potsdam lautet nach der Veröffentlichung des Oberbürgermeisters in Bezug auf das Verhältniß Kaiser Friedrichs zu Pots dam wörtlich wie folgt: „Mein Vater hat, wie Sie ja wissen, Potsdam ganz besonders lieb gehabt, und aus vielen Anzeichen und Andeutungen habe ich die Ueberzeugung gewonnen, daß der Kaiser den Wunsch hatte, in Potsdam auch zu sterben. Mein Vater wußte sich selbst wohl viel kränker, als er es irgend Jemand merken lassen mochte, dennoch drang er damals auf die Abreise nach Potsdam, obwohl das Wetter ungünstig war und die Aerzte eigentlich dagegen waren, wohl nur, um alle die Plätze noch einmal wieder zu sehen, welche ihm so lieb waren und dann in seiner Vater stadt zu sterben." — Nach 14 Abs. 2 des Gesetzes vom 23. Mar 1873, betreffend die Gründung und Verwaltung des Neichsinvalidenfonds, ist dem Reichstage in der nächsten Session wiederum die Bilanz vorzulegen, aus welcher sich der zeitige Kapitalwerth der dem Reichs invalidenfonds obliegenden Verbindlichkeiten ergiebt. Die zu Grunde zu legenden Berechnungen haben von dem Stanve Ende Juni 1888 auszugehen. Demnach ist, wie die „B. B. Z." meldet, die Aufstellung von Ueberstchten seitens der königlichen Regierungen an geordnet, aus welchen die Anzahl der Pensionäre, die Höhe der Pension, die Namen und das Lebensalter der Empfänger ersichtlich ist. In demselben sind ge trennt diese Angaben nachzuweisen für die Kriege von 1870/71, von 1866, von 1864, von 1848/49 und von 1806 bis 1815. In der Uebersicht über die Wittwen