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DK „Welßerltz-Zeitung'« erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich I M. 26 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Wchmtz -ZkitW. Amtsblatt Inserate, welche lei d«t bedeutenden Auflage des Blattes ein« schr wirk same Verbreitung finden, »erden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile »der deren Raum berechnet. — Ta bellarische und compkicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im reoaktionellim Theil«, die Spaltenzeile 20 Pf«. für die Mnalicke -Umtshmptmamsch-st Dippoldiswalde, sowie für die MigNchm Amtsgericht- und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauensiein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. Nr. 80. —— Dienstag, dm 10. Juli 1888. 54. Jahrgang. DeuWand, Okßttttich «nd Da sich allerlei Unkenrufe über die Beziehungen Deutschlands zu Oesterreich und zu Rußland, anläß lich der bevorstehenden Reise des deutschen Kaisers nach Rußland vernehmen lassen, so erscheint es uns sehr am Platze, die eigentliche Stellung des Deutschen Reiches zu den beiden benachbarten Kaiserreichen gerade in Hinblick auf das gegenwärtige wichtige politische Stadium zu beleuchten. Es ist eine weltbekannte That- sache, daß Deutschland und Oesterreich einen Bund schloffen, der in erster Linie gegen russische Uebergriffe in Europa gerichtet ist und alle Welt weiß auch, daß sich die Interessen Rußlands und Oesterreichs an der unteren Donau, resp. in der bulgarischen Frage kreuzen, und daß, wenn Rußland einmal zu dem Entschlüsse kommen sollte, seine Orientpolitik mit dem Schwerte in der Hand gegen Oesterreichs Interessen durchzu führen, zweifellos dann ein gewaltiges deutsches Heer den Oesterreichern zu Hülfe kommen würde. Kaiser Wilhelm hat vor wenigen Wochen in seiner ersten Thronrede auch feierlich das Vertragsverhältniß Deutsch lands zu Oesterreich bestätigt, dasselbe bleibt also voll und ganz bestehen. Uebcrblickt man die Thatsachen, so könnte es allerdings befremdend erscheinen, daß Kaiser Wilhelm zuerst in Petersburg am Czarenhofe einen Besuch macht und nicht zuvor in der Kaiserburg in Wien. Indessen darf man sich von diesen außer gewöhnlichen Vorgängen von der richtigen Beurthei- lung der Stellung Deutschlands zu Oesterreich und Rußland und der gegenwärtigen politischen Phase Europas nicht abbringen lassen. Der Kaiser von Rußland ist thalsächlich über die bulgarische Affaire sehr verstimmt und erblickt auch heute noch in Oester reich, welches an Deutschland eine starke Deckung hat, den Gegner der russischen Politik bezüglich Bulgariens. Es hat sogar eine Zeit lang am Czarenhofe der Arg wohn bestanden, als ob Deutschland im Geheimen hinter Oesterreich stehend gegen Rußland agitire. Zum großen Theil hat ja wohl schon die denkwürdige Kon ferenz, welche Fürst Bismarck letzten Winter mit dem Kaiser von Rußland in Berlin hatte, jenen Verdacht zerstreut, aber in Hinblick auf die fortwährenden Auf hetzereien der Panslavisten hat Deutschland auch heute noch hohes Interesse daran, daß durch einen Gedanken austausch der höchsten maßgebenden Personen Deutsch lands Beziehungen zu Oesterreich und Rußland gerade dem russischen Kaiser gegenüber wiederholt klargelegt werden. Deutschland ist kein Gegner Rußlands, es kann ein solcher nur werden, wenn Rußland den Be stand der österreichischen Monarchie bedroht. Deutsch land wünscht im Uebrigen freundschaftliche Beziehungen zu beiden Nachbarreichen, also ist es darauf angewiesen, die Gegensätze zwischen Rußland und Oesterreich zu mildern, ja wenn möglich, auszugleichen. Diese Stellung des Deutschen Reiches kann Rußland gegenüber durch eine freundschaftliche Begegnung der Kaiser Wilhelm und Alexander doch offenbar am deutlichsten und nach haltigsten klargelegt werden. Die Reise Kaiser Wil helms nach Petersburg ist also keineswegs eine Hinten ansetzung Oesterreichs, sondern sie geschieht aus wohl verstandenem FriedenSintereffe, für alle Kaiserreiche und nicht in letzter Linie für Oesterreich, denn man würde in Wien und Budapest sich jedenfalls freuen, wenn es dem deutschen Kaiser gelingen sollte, die be drohliche Spannung der Beziehungen zwischen Ruß land und Oesterreich zu mildern. Bei der Beurthei- lung der Reise Kaiser Wilhelms nach Petersburg muß man auch in Betracht ziehen, daß der Kaiser von Ruß land Selbstherrscher ist und deshalb persönliche Rück sichten durch den deutschen Kaiser auf seine Empfin dungen im gegenwärtigen Stadium ganz besonders schätzen wird. Keineswegs handelt es sich aber dabei darum, zu. Gunsten Rußlands und zum Nachtheile Deutschlands und Oesterreichs Konzessionen zu machen, sondern es wird lediglich eine Annäherung zwischen den Kaisermächten auf Grund gegenseitiger Verstän digung unternommen. Die weitere Verschlechterung der Beziehungen zwischen Oesterreich und Rußland müßte ja schließlich zu einem europäischen Kriege führen, wenn Deutschland nicht vermittelte. Deutschland und Oesterreich haben nun allerdings keine Ursache, den Krieg mit Rußland zu fürchten, aber eia jeder Krieg ist ja ein unermeßliches Unglück, und dasselbe zwischen sich zu vermeiden, wünschen die Herrscher Deutschlands, Oesterreichs und Rußlands. Ganz besonders eifrig verfolgt Kaiser Wilhelm die Friedenspolitik Deutsch lands, und mir alle wünschen unserem erlauchten Herrscher zum Segen der drei benachbarten Kaiserreiche und des ganzen Erdtheiles bei seiner Friedensmission den besten Erfolg. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 9. Juli. Gestern oder viel mehr bereits vorgestern begann mit großem Zapfen streich und den Koriphäen der Gesellschaft dargebrachten Ständchen, sowie mit obligater Vorkneipe, unser mildem innersten Volksleben der Stadt und Umgegend auf's In nigste verwebtes Haupt-Königsschießen. Schon am frühen Morgen des Sonntags weckten die Klänge der Musik, mit dem urdeutschen Ausdrucke „Reveille" genannt, die Schläfer. Vormittags 11 Uhr sollte das übliche Hauptfrühstück diesmal im Gasthof „zum Stern" be ginnen, konnte aber erst gegen 12 Uhr seinen Anfang nehmen, da wegen verschiedener bei den abzuholenden „Majestäten" stattfindender „Dejeuners", um uns deutsch auszudrücken, die Tafelrunde nicht früher zu Stande kommen konnte. Dieser verspätete Anfang konnte indeß die Festlaune nicht im Mindesten beeinträch tigen, und zwar um so weniger, als die dargebo- tenen Genüsse dem Wirth, Herrn Stephan, alle Ehre machten. Daß es an Trinksprüchen nicht fehlte, in welchen zunächst Se. Majestät der König durch Herrn Schützenvorsteher Heinrich, die Könige der Gesellschaft, die Marschälle, die königlichen und städtischen Be hörden, das Schützendirektorium, die Gäste und ein zelne Persönlichkeiten, so der Hauptmann, die Offi ziere, der Feldwebel u. A. zum Theil mehrfach gefeiert wurden, und daß darauf verschiedene Erwiderungen erfolgten, versteht sich von selbst. So antworteten im Namen der königlichen Behörden Herr Amts- hauptmann v. Keßinger, im Namen der Schützen könige und städtischen Behörden Herr Bürgermeister Voigt, im Namen des Schützendirektoriums Herr Schneidermeister Heinrich und Herr Kantor Hellriegel, für die Gäste die Herren Rechtsanwalt Weinert, Schuldirektor Engelmann und Lehrer Buckel. Wohl verdiente Anerkennung wurve auch nicht nur den Ehrenmitgliedern insgesammt, sondern besonders den nach langer ersprießlicher Thätigkeit in den Ruhestand übergegangenen Direktorialmitgliedern Benjamin Lotze und Walter zu Theil. Wenn der Umstand, daß man während des Frühstücks die angemeldeten Altenberger Schützenbrüder erwartete, eine Zeit lang die Tafeln etwas lichtete und die Musik entführte, so hob sich bei der gegen 1 Uhr erfolgenden Ankunft derselben die Feststimmung um so höher. Herr Kassirer Schütze- Altenberg, Hauptmann der dortigen Schützengilde, brachte der hiesigen Schützengesellschaft ein mit großem Beifall aufgenommenes Hoch aus, und ein die „Liebe und die Treue" verherrlichendes Tafellied gab den Gefühlen der Anhänglichkeit an Fürst, Vaterland, Heimath und Familie herzlichen Ausdruck. — Erst um 3 Uhr erfolgte der Auszug der Schützen, an welchem außer den Ehrengästen, die Altenberger statt lich uniformirte Gilde, der Gesang-, Militär- und Turnverein, sowie ein Theil der freiwilligen Feuer wehr und eine sehr ansehnliche Vertretung der Müller schule Theil nahm. An Flaggenschmuck fehlte es nicht. — Auf dem Festplatze, unserer unvergleichlich schönen, staubfreien Aue, entwickelte sich nun alsbald ein reges Leben, zumal der „Siebenschläfer" zu Gunsten unseres Festes heute eine mit bestem Dank angenommene Pause in seinen bisherigen Regen spenden gemacht, und das Wetter die zu behaglichem Aufenthalte im Freien gerade passende Temperatur hatte. — Wir empfehlen den Besuch des Festes an gelegentlich, da der Aufenthalt auf der Aue, an und für sich schon höchst angenehm, durch die gebotenen Abwechselungen, welche durch das Programm bekannt gegeben worden sind, einige Stunden gemüthlicher Unterhaltung ermöglicht. Heute, Montag, scheint freilich der Himmel nachholen zu wollen, was er uns gestern geschenkt hat; schon von früh an hat sich ein recht intensiver Sprühregen eingestellt, doch soll des halb die Hoffnung auf einen fröhlichen Verlauf des Festes nicht schwinden. Frauenstein. In voriger Woche sind hier mehrere Personen (einige 30) nach dem Genüsse roher Würst chen mehr oder weniger schwer erkrankt. Der Fleischer hatte wahrscheinlich verdorbenes Fleisch den Würstchen zugesetzt; trichinös war es nicht. Die Erkrankten sind auf dem Wege der Besserung; gerichtliche Untersuchung ist im Gange. Luchau. Der vorjährige Vogelkönig HerrKammer- musikuS Straub aus Dresden, der alljährliche Gast des Herrn Gutsbes. Quensell, veranstaltete am letzten Sonntag Abend in hiesigem Gasthof ein Concert zum Besten der hiesigen Schule. Herr Strauß wurde hier bei durch seine Herren Kollegen Ahlendorff, Reinert, Gabler und Meißner, sowie durch die Herren Lehrer König und Scheibe und Frl. Schuster unterstützt, so daß das Programm Gesangs- und Jnstrumentalvor- träge auf Klavier, Klarinette, Violine, Posaune, Fagott und Piston darbot. Es war ein herrlicher Genuß, dieses durchgängig künstlerisch ausgestattete und auSge- führte Concert anzuhören, und war auch von nah und fern eine so große Zahl Zuhörer herbeigekommen, daß der engbegrenzte Raum des Saales beklagt werden mußte. H Poffeudvrf. Bei hiesiger Tagesverpflegung für arme Reisende wurden in den Monaten April 108 Marken, 49 L 20, 59 ü 10 Pf.; Mai 76, 36 ä 20, 40 ü 10 Pf., und Juni 81, 36 ü 20, 45 L 10 Pf., ausgegeben. Die hierzu erforderliche Geldsumme be lief sich auf 38 M. 60 Pf. — Allen Naturfreunden und Touristen sei hier mit das bekannte Ulbrich'sche Restaurant in Wilms dorf mit seinen prächtig angelegten und wohlgepflegten Gärten angelegentlich empfohlen. Besonders ist es der Rosengarten, in welchem gegenwärtig die Königin der Blumen, die Rose, in ihrer Farbenpracht und gefälligen Formenfchönheit prangt und den Naturfreund einladet, hier Rast zu halten. Die freundlichen Wirthsleute sorgen auch für leibliche Genüsse auf das Beste und sind stets bemüht, ihren Gästen den Aufenthalt mög lichst angenehm zu machen. Dresden. Prinz Georg von Sachsen, komman- dirender General des 12. (kgl. sächs.) Armeekorps, ist vom Kaiser Wilhelm am 6. Juli zum Generalfeld marschall ernannt worden. Die Vorstellung beim Kaiser wird in den allernächsten Tagen erfolgen. Gleichzeitig erfolgte die Ernennung des Prinzen zum Inspekteur der 1. Armeeinspektion, welche nunmehr aus dem 5., 6. und 12. Armeekorps bestehen wird. — Von der chemischen Abtheilung des kgl. Poly technikums ist vom 6. bis 8. Juli unter Leitung des Prof. vr. Hempel in Gemeinschaft mit geh. Hofrath vr. Geinitz eine Exkursion nach Aussig, Teplitz, Eichwald und Altenberg unternommen worden. In letzterem Orte wurde der Zinnbergbau und die Wäschen besichtigt. — Vor der Strafkammer des königlichen Land gerichts Dresden erschien am 5. Juli der am 9. August 1858 zu Höckendorf geborene, in Seifersdorf wohnende und bisher noch unbestrafte Zimmerpolier Eduard Hermann Lentzsch, um sich wegen Urkunden-