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WeWH-Kitmz. Verantwortlicher Redakteur: Carl Ithne in Dippoldiswalde Nr. 68 Dienstag, den 12. Juni 1888 54. Jahrgang kt, Amtsblatt ür die Königliche Umtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Allarm durch unsere Stadt. In der Reinigungs maschine der Tennert-Mühle war ein Schadenfeuer entstanden, das sich mit fabelhafter Schnelligkeit über sämmtliche Gebäude ausbreitete, so daß sich die an rückenden Feuerwehren auf das Bergen von Vieh, Mobilien rc. beschränken mußten; von den letzteren ist trotzdem viel verbrannt. >/«5 Uhr konnte die Pflicht- und um 6 Uhr die freiwillige Feuerwehr ent lasten werden. Von fremden Spritzen kamen hilfs bereit die von Berreuth, Reinholdshain. Ulberndorf, Oberhäslich, Elend, Reichstädt (freiwillige Feuerwehr), Seifersdorf, Malter und die Fabrik-Feuerwehr von Naundorf an, doch traten mehrere derselben, da die Brandstelle völlig isolirt liegt und Alles zusammen brannte, nicht in Thätigkeit. Der Abgebrannte hat glücklicherweise versichert. — Es ist eine vielgepflogene Sitte, daß Grund- stückseigenthümer und Pächter theils durch Plakate auf den Grundstücken, theils durch Bekanntmachungen in den öffentlichen Blättern das unbefugte Begehen von Privatwegen oder Betreten der Felder, Wiesen rc. unter eigener Androhung von Strafe verboten haben. Derartige Strafandrohungen sind, wie jetzt auch die kgl. Amtshauptmannschast Leipzig bekannt giebt, wir kungslos; kein Privatmann hat das Recht, eine Strafe anzudrohen; ob eine Handlung strafbar sei, bestimmt sich nach dem allgemeinen Rechte; nur nach dem letzteren haben die Eigentümer und Pächter, welche das un befugte Betreten ihrer Grundstücke nicht dulden wollen, ihr Recht zu suchen. Aber auch der hin und wieder vorkommende Erlaß von Bekanntmachungen der vor gedachten Art durch Gutsvorsteher ist als unstatthaft zu bezeichnen, denn Strafandrohungen der Polizeibe hörden, zu denen die Gutsvorsteher gehören, dürfen sich nur auf Gegenstände beziehen, die nicht durch das allgemeine Recht bereits geregelt sind. Ueber die hier in Rede stehende Materie enthält jedoch das allge meine Recht ausgiebige und ausreichende Bestimmungen. Nach den letzteren würve auch ein durch irgend welche Polizeibehörde (Gutsvorsteher rc.) erlassenes Verbot des unbefugten Betretens solcher Grundstücke als nichtig anzusehen sein. Wohl aber steht dem nichts entgegen, wenn durch besondere öffentliche Bekanntmachung seitens der Besitzer bez. Pächter vor dem unbefugten Betreten der Feldgrundstücke gewarnt und hierbei auf die gesetzlichen Strafen hingewiesen wird. — Wie dringend erforderlich es ist, die Feuerwehr- geräthe rc. von Zeit zu Zeit der gründlichsten Revision in Bezug auf ihre Dauerhaftigkeit rc. zu unterwerfen, lehrt jetzt wieder ein aus Schluckenau in Böhmen be richtetes trauriges Vorkommniß. Am vorvergangenen Sonntag brach dortselbst während einer Uebung das Klettergerüst zusammen und begrub unter seinen Trümmern 12—15 Feuerwehrleute, von denen einige schwere Verletzungen davongetragen haben. — Nach einer jetzt vorliegenden oberlandesgericht lichen Entscheidung sind auch die den Gast- und Schankwirthen nicht gehörigen sogenannten Stamm seidel als Schänkgefäße im Sinne des Reichsgesetzes über die Aichung der Trinkgefäße aufzufassen und demgemäß mit einem Füllstriche zu versehen. Ein Wirth, bei welchem derartige, mit einem Füllstriche nicht versehene Stammseidel aufgefunden würden, ist daher in Gemäßheit jenes Gesetzes mit einer Geld strafe bis zu 100 M. oder entsprechender Haft zu be strafen. Die gleichzeitig vorgesehene Einziehung der vorschriftswidrig befundenen Gefäße ist jedoch nicht vorzunehmen, da eine solche Einziehung nur dann zu lässig erscheint, wenn die vorschriftswidrigen Gegen stände dem Verurtheilten gehören. Schlottwitz, 10. Juni. Sestern Abend, gegen 9 Uhr, passirten einige mit Steinen geladene Geschirre des Herrn Unger, Jonasmühle, die hohe Bergstraße, welche von Reinhardtsgrimma resp. Hausdors nach dem Müglitzthale führt, wobei das eine derselben oberhalb des Gasthofes Nieder - Schlottwitz durch Scheuwerden der Pferde nach rechts in den mit Strauchwerk versehenen Abhang derart stürzte, daß sich der Wagen überschlug und das eine Pferd auf der Stelle todt liegen blieb, während das andere und der Geschirrführer mit dem Leben davon kamen. Hoffentlich giebt dieser Unfall von Neuem den Anlaß zum Bau einer längst projektirten, noch unaus geführten Thalstraße. Dresden. Königin Karola wird sich in der nächsten Zeit auf einige Tage nach Schloß Morawetz in Mähren begeben und wird die Erzherzogin Maria Josepha eine Strecke weit auf der Rückreise begleiten. Bei einem Ausfluge stürzte am Sonnabend die letztere mit dem Pferde und zog sich dabei eine Verletzung am Bein zu. — Der Mörder des am 2. Pfingstfeiertag in seiner Wohnung auf der Lüttichaustraße ermordeten Gärtners Lippsch ist ermittelt und dem Gerichte am 9. Juni überliefert worden. Es ist ein 18 jähriger Gärtner aus Schlesien, der sich seit Anfang deS Jahres in Dresden aufhält und durch seinen Beruf mit dem Er mordeten bekannt geworden war. Bei seiner Verhaf tung ist die bei Lippsch geraubte goldene Uhr noch in seinem Besitz gefunden worden. — Bildhauer Noöl in Dresden hat im Auftrage des Prinzen Georg ein Denkmal für dessen verstor bene Gemahlin ausgeführt, welches auf dem Dresdner neuen katholischen Kirchhof aufgestellt ist und im Ma terial den Größenverhältniffen dem zur Erinnerung an die hochseligen Majestäten König Johann und Königin Amalie von demselben Künstler auf demselben Kirchhof errichteten Denkmal entspricht. Die in den Marmorsockel eingemeißelte Inschrift wurde von Sr. König!. Hoheit Prinz Georg selbst bestimmt, sie lautet schlicht und innig folgendermaßen: „Zum frommen Andenken an Marie, Herzogin zu Sachsen, geborene Infantin von Portugal, von ihrem trauernden Ge mahl und ihren dankbaren Kindern errichtet. Ihre Seele wird dem frommen Gebet der Vorübergehenden empfohlen." — Im Königreiche Sachsen sind in den ersten 5 Monaten des Jahres 1888 29 (12 zündende und 17 kalte) Blitzschläge auf Gebäude gefallen. Davon kommen auf die Monate März 4, April 12 und Mai 13 Schläge. Nach den amtshauptmannschaftlichen Be zirken vertheilten sich die Blitzschläge folgendermaßen: Bautzen 3, Löbau 4, Zittau 4, Dresden-Neustadt I, Freiberg 1, Pirna l, Borna 2, Grimma 1, Leipzig 1, Rochlitz 4, Chemnitz 1, Glauchau 1, Marienberg 2, Schwarzenberg 1 und Zittau 2. Während im Jahre 1887, zu Ende Mai, 91 Blitzschläge zu verzeichnen waren, ereigneten sich in derselben Zeit des Jahres 1886 120 dergleichen. — Seiten des Finanzministeriums ist gestattet worden, daß im Königreich Sachsen an allen über Höhen führenden Straßen, welche für Radfahrer abwärts unpassirbar sind, Warnungstafeln mit der Aufschrift: „Für Radfahrer unpassirbar", angebracht werden. — Ter Vorsitzende des sächsischen KreiSturnrathes, Kreisvertreter W. Bier in Dresden, veröffentlicht in der neuesten Nummer der „Deutschen Turnzeitung" das ausführliche Programm der fünften Alpen - turnfahrt der sächsischen Turnerschaft. Die früheren derartigen Unternehmungen, insbesondere diejenige vor zwei Jahren nach Graz, waren so sorgfältig und prak tisch vorbereitet, daß sämmtliche Theilnehmer sich hoch- befriedigt erklärten, und auch für die diesmalige Alpen turnfahrt sind nach dem vorliegenden Programm die Vorbereitungen in einer so geschickten Weise getroffen, daß ihr Wohlgelinaen schon jetzt verbürgt werden kann. Die Turnfahrt erstreckt sich, wie schon gemeldet, zu nächst nach Stuttgart, und von da über Ulm nach Friedrichshafen und dem Bodensee, wo dann jeder Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 11. Juni. Die am gestrigen Tage hier abgehaltene Wanderversammlung des Ver bandes sächsischer Lederproduzenten war von Mitglie dern desselben aus allen Theilen unseres Vaterlandes recht zahlreich besucht. Nachdem dieselben, die zumeist mit dem ersten Zuge ankamen, von den hiesigen Be rufsgenossen am Bahnhofe empfangen und nach dem Bahnhofshotel geleitet worden waren, wo sich die Gäste zunächst erquickten, begannen im festlich geschmückten Rathhaussaale um 11 Uhr die Verhandlungen. Nach Eröffnung der Versammlung und Begrüßung der Er schienenen feiten des Verbandsvorsitzenden, Fabrikant Bierling-Dresden, nahm zunächst Herr Bürgermeister Voigt Gelegenheit, um im Namen der Stadt, und so dann Herr Obermeister Straßberger, um im Namen der Innung begrüßende Worte an die Versammelten zu richten. Sodann gab Herr Assistent Manstetten eine Uebersicht über die zum Gerben angewendeten Pflanzen, resp. Pflanzentheile, indem er die ca. 400 Pflanzen, die überhaupt zum Gerben benutzt werden, sowohl nach den Pflanzenklassen als auch nach ihren Ursprungsländern zusammenstellte und beschrieb, wo rauf einige innere Vereins-Angelegenheiten erledigt wurden. Erwähnenswerth ist hier nur der ausge sprochene Wunsch, daß die nächste Wanderversammlung möglichst in einem Orte des Voigtlandes abgehalten werden möchte. Hierauf besprach Herr Professor I)r. von Schröder die in der Forstakademie Tharandt an gestellten Untersuchungen über Quebrachoholz und Quebrachoextrakte, indem er die Vorzüge und Nach theile dieser Holzart für den Gerber auf das Ein gehendste beleuchtete und auseinandersetzte. — Von den weiteren Berathungsgegenständen nahm der Punkt über die Gerberfachschule das meiste Interesse in Anspruch und entwickelte sich zu demselben auch eine rege Debatte. Endgültige Beschlüsse konnten aber, da noch mehrere Antwortschreiben, zumal auch vom Ministerium, aus standen, nicht gefaßt werden und wurde der Vorstand, der sich durch Zuwahl zu verstärken hat, ermächtigt, die Angelegenheit zu erledigen. — An die Verhand lungen reihte sich im Bahnhofshotel ein Festessen, bei dem es an ernsten und heiteren Toasten nicht sehlte. Der letzte Zug entführte, nachdem noch ein Spazier gang nach dem Steinbruch ausgeführt worden war, die meisten Besucher wieder in die Heimath. — Die freundlichst dargebotencn Produktionen des Gesangvereins „Harmonie" nebst Kapelle aus Dres den haben gestern sowohl in der Kirche, als im Con- certsaale zu größter Befriedigung der Zuhörer stattge funden. Die persönlichen Leistungen des Dirigenten, Herrn Fährmann, auf der Orgel können geradezu als außerordentlich bezeichnet werden, aber auch die übrigen mitwirkenden Kräfte verdienen uneingeschränktes Lob für alles Dargebotene. Frau Karcho-Lindner rechtfer tigte vollständig die ihr von der Dresdner Kritik ge spendete ehrenvolle Anerkennung, und die aus geschickten und geübten Bläsern bestehende Kapelle unter der Lei tung des Herrn Kammermusikus Seifert bot sowohl in der Begleitung einiger Kirchenstücke als in der von ihr voraetragenen eigenen Sätzen höchst Erfreuliches. Die Gesangsnummern des Chores wurden rein und mit vortrefflicher Tonschattirung vorgetragen, so daß Herr Fährmann auch als Dirigent sich trefflich bewährte. Die Mitglieder des Vereins „Harmonie" haben uns einen hohen Genuß bereitet und sich den aufrichtigsten Dank verdient für die selbstlose Fördemng eines edlen Zweckes. Wenn der Besuch der Concerte ungenügend erschienen ist, so möge man wohlwollend in Berück sichtigung ziehen, daß die Zeit für Concerte in ge schloffenen Räumen vorüber ist und Kirchenconcerte erfahrungsgemäß fast stets nur eine beschränkte Zu hörerschaft haben. — Heute Montag, früh kurz vor 1 Uhr, erscholl zum dritten Male im laufenden Jahre der Feuer- Wei-eritz-Zeitung erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljiihrlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. 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