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Mkihmtz-AitMS Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. DU „Welßerltz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend/ — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postsn- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welch« bei de» bedeutenden Auflage bei Blattes eine sehr Wirk same Verbreitung finden, «erden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder der«! Raum berechnet. — La«, bellarische und compkicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag.— Einge sandt, im redaktionellen Theil«, die Spaltenzeil« 20 Pfg. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Nr. 78. Die Aufhellung -es europäische« Horizontes. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, so bildet die Thronrede, mit welcher Kaiser Wilhelm II. den ersten deutschen Reichstag unter seiner Regierung eröffnete, den Wendepunkt der schwankenden politischen Lage, die unfern Welttheil so lange beherrschte. Das bün dige Friedensprogramm, welches der neue Herrscher Deutschlands und Preußens in seiner Kundgebung niederlegte, hat über seine Gesinnungen nicht den ge ringsten Zweifel gelassen und die Thatsache, daß der jugendliche Monarch sich nicht von kriegerischem Ruhmes- durst und Thatendrang erfüllt zeigt, sondern — um seine eigenen Worte zu gebrauchen — in Frieden mit Jedermann leben will, trägt ungemein zur Klärung der Lage bei. Denn die Welt weiß nun, wie sie mit Wilhelm II. daran ist, sie hat vernommen, daß er zwar einem Angriff nicht ausweichen will, daß er aber auch das Schwert nicht zuerst ziehen, sondern im Ver eine mit den Bundesgenoffen Deutschlands sich be mühen wird, den Völkern Europas das kostbare Gut des Friedens zu erhalten, und dankbar ist diese Ge sinnung von der öffentlichen Meinung fast aller Län der anerkannt worden. Was aber den Hoffnungen und Erwartungen auf den nunmehrigen Eintritt einer Periode bestimmteren Friedenscharakters, welche die erste Thronrede Kaiser Wilhelms II. allenthalben er weckt hat, einen festen Untergrund verleiht, ist der auf Rußland bezügliche, so verbindliche Passus in der kaiserlichen Rede. Das freundliche Echo, welches die Aeußerungen des Kaisers über die langjährigen histo rischen Beziehungen zwischen Deutschland und Ruß land an der Newa gesunden haben, kann nur die An nahme verstärken, daß sich in dem deutsch-russischen Verhältniß eine immer entschiedenere Wendung zum Besseren vollzieht und die bestimmt angekündigte Be gegnung zwischen Kaiser Wilhelm und dem Czaren würde die Wiederannäherung zwischen den beiden Nach barreichen besiegeln. Wie werthvoll aber ein nur einigermaßen freundliches Verhältniß Deutschlands zu dem Czarenreiche für die Ruhe des Welttheiles ist, braucht wohl nicht des Näheren erörtert zu werden; die charakteristische Thatsache, daß eine jedesmalige Verschärfung in den deutsch-russischen Beziehungen auch die bekannten Hoffnungen der französischen Revanche partei wieder stärker hervortreten ließ, spricht da für sich selber! Dabei ist es zugleich von hoher Bedeu tung, daß durch die Wiederherstellung eines besseren Einvernehmens zwischen Deutschland und Rußland das Verhältniß Deutschlands zu den ihm verbündeten Mächten, namentlich aber zu Oesterreich-Ungarn, durch aus keine Abschwächung erfahren würde, wie dies schon in der Thronrede Kaiser Wilhelms selbst betont wurde. Das mitteleuropäische Bündniß beruht eben auf so festen und natürlichen Grundlagen, daß es unter einer Erneuerung der alten deutsch-russischen Beziehungen nicht im Geringsten leiden würde, ja diese Erneuerung wünscht man sogar in Oesterreich, wie dies auch aus der sympathischen Besprechung erhellt, welche die öster reichische Presse der signalisirten Zusammenkunft der Kaiser Wilhelm und Alexander zu Theil werden läßt. Jedenfalls kann ein erfolgreiches Bestreben, wieder ein besseres Verhältniß Deutschlands zu Rußland herzu- stellen, die unerschütterliche Basis des europäischen Gleichgewichtes nur verbreitern und befestigen und alle Anzeichen liegen so, daß dieses Bestreben erfreulicher Weise baldigen Erfolg verheißt. Wenn schließlich Fürst Bismarck nach der gemeinsamen Schlußsitzung des preußischen Landtages im vertraulichen Kreise er klärte, er hoffe auf ruhige friedliche Zeiten, so kann durch diesen Ausspruch des leitenden deutschen Staats mannes die allgemeine Erwartung, es werde nunmehr für Europa eine Epoche konsequenter friedlicher Ent wickelung anheben, nur eine Verstärkung erfahren und hoffentlich entspricht der Gang der Ereignisse dem sich stärker als je kundgebenden Friedenssehnen der Völker. Donnerstag, den 5. Juli 1888. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 4. Juli. Wir sind in der Lage, bereits jetzt schon mittheilen zu können, daß der Vor stand des hiesigen Zweigvereins der evangelischen Gustav-Adolf-Stiftung beschlossen hat, die diesmalige Jahresversammlung den 29. d. M. in Reichstädt ab zuhalten. Herr Superintendent I)r. Richter von Frei berg hat sich freundlichst bereit erklärt, die Festpredigt zu halten. Die Versammlung gewinnt dadurch eine erhöhete Bedeutung, daß es ihre Aufgabe sein wird, nicht nur wie stets 2 Abgeordnete zu der am 28. und 29. Au gust diesmal in Zittau stattfindenden Jahresversamm lung des Dresdner Hauptvereins, sondern auch einen solchen zur Hauptversammlung des Centralvereins, die dieses Jahr in Halle a. S. stattfinden soll, zu wählen. Auf einen vom Zweigverein „am Kottmar" gestellten Antrag werden nämlich nicht mehr alle sechs vom Dres dener Hauptverein zu entsendenden Abgeordneten vom Vorstande desselben gewählt, sondern nur drei, wäh rend die drei übrigen von je drei Zweigvereinen zu wählen sind. Als solche sind für das Jahr 1888 die Zweig-Vereine Dippoldiswalde, Kötzschenbroda und Wilsdruff bestimmt worden, und es wird also auch ein mal den kleineren Vereinen Gelegenheit geboten, sich per sönlich an der Beschlußfassung über die Verwendung der der Centralstelle aus dem Gesawmtoerbande zu strömenden Beiträge zu betheiligen. — Die Vorbereitungen zu unserem Haupt-, Vogel- und Scheibenschießen sind im vollen Gange, und wie alljährlich fehlt es nicht all Kräften, durch deren Zu sammenwirken sicher auch in diesem Jahre ein aller seits befriedigendes Fest zu Stande kommen wird. Wenn nur das Wetter günstig ist, so wird es auch nicht an Besuch fehlen, der den stets ein gewisses Rlfiko auf sich ladenden Unternehmern zu wünschen ist. Wenn auch durch den Bau des Müllerschulgebäudes ein Theil des Festplatzes nicht völlig in der bisherigen Ausdehnung benutzt werden kann, es ist noch Platz genug vorhanden, um allerlei Sehenswürdigkeiten auf stellen und unbeengt betrachten zu können. Also, immer heran, meine Damen und Herren! Dippoldiswalde. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat Juni dss. Js. 592 Einzahlungen im Betrage von 44,548 M. 1 Pf. gemacht, dagegen erfolgten 360 Rückzahlungen im Betrage von 56,015 Mark 40 Pf. Sparmarken ä 5 Pf. sind 200 Stück verkauft worden. Schmiedeberg. Bei hiesiger Sparkasse wurden im Monat Juni in 69 Posten 4191 M. 55 Pf. eingelegt, dagegen in 19 Posten 5690 M. 99 Pf. zurückgezahlt, überhaupt 4705 Mark 82 Pf. einge nommen und 6490 M. 99 Pf. ausgegeben. Altenberg. Laut Beschluß des vorigen Sänger tages in Liebenau wird der diesjährige Sängertag der Gesangvereine des oberen Müglitzthales im Sep tember in Altenberg abgehalten werden. * Oberfrauendorf. Bei dem Gutsbesitzer Oswald Böhme ist am 2. d. M. eine Kuh umgestanden, welche nach dem Gutachten des königlichen Bezirksthierarztes mit Milzbrand behaftet gewesen ist. Der Kadaver wurde vorschriftsmäßig vergraben und sind gegen Weiterverbreitung der Seuche alle sonstigen Vorsichts maßregeln getroffen worden. Pretzschendorf. Bei hiesiger Sparkasse wurden im Monat Juni 69 Einzahlungen im Betrage von 9219 M. 79 Pf. gemacht, dagegen erfolgten 19 Rück zahlungen im Betrage von 4859 M. 58 Pf. Die Ge- sammt-Einnahme in diesem Monat betrug 11,850 M. 93 Pf. in 125 Kaffenposten, die Ausgabe 7573 M. 66 Pf. in 27 Posten. Kreischa, 2. Juli. In früher Morgenstunde des gestrigen Tages verkündeten zwei in unserem Orte dargebrachte Ständchen, daß der angebrochene Tag für zwei Familien von Wichtigkeit sei. Unter allgemeiner 54. Jahrgang. Theilnahme feierte die Frau verw. Bür kn er hier ihr 50jähriges Jubiläum im aufopferungsvollen und men schenfreundlichen Berufsdienste einer Hebamme. Als Zeichen der Anerkennung ihrer trotz mancher Schicksals schläge treugeführten Thätigkeit wurde ihr ein von Ihrer Maj. der Königin gespendetes Geldgeschenk, so wie ein von der Gemeinde und den Kindern der Ju bilarin ausgestelltes Sparkassenbuch überreicht. — Der Wirthschaftsbesitzer Franke feierte mit seiner Gemahlin das Fest der goldenen Hochzeit. Eine kirchliche Ein segnung hatte das bescheidene Paar nicht gewünscht. Um so erhebender war die Feier im kleinen häuslichen Kreise unter Kindern und Enkeln. Beide Familien wurden durch warme Worte des Herrn Pastor Woost und einige Gesänge des Kreischaer Männergesangver eins begrüßt. Mögen die Segenswünsche, die den ehrenwerthen Gliedern unserer Gemeinde dargebracht wurden, in schönste Erfüllung gehen. Hainsberg. Kürzlich wurde ein hiesiger Ein wohner von einer Katze am Arme anscheinend leicht verletzt; in kurzer Zen schwoll aber der Arm bedenklich an, so daß der Arzt zu Rathe gezogen werden mußte, welcher eine Blutvergiftung feststellte. Potschappel. Am vergangenen Sonntage feierte der Turngau der sächs. Mittelelbe in hiesigem Orte sein diesjähriges Turnfest, LaS uon der Witterung nicht begünstigt war, zu dem sich aber doch zahlreiche Theilnehmer aus den verschiedenen Vereinen einae- funden hatten. Nach dem Empfange der Vereine be gann um 10 Uhr das Wettturnen, an welchem sich 39 Turner betheiligten. Die Uebungen zeugten durch weg von dem Fleiß, welcher auf dieselben verwendet worden war. Um 1 Uhr, nach einer 1V» stündigen Mittagspause, versammelten sich die Vereine gemein sam auf dem Turnplätze, um Aufstellung zu dem '/s 2 Uhr stattfindenden Festzuge zu nehmen. Nach erfolgtem Antritt der Vereine hielt der Obmann des Potschappeler Turnvereins, Herr Alicke, die Begrü ßungsrede, welche mit einem dreifachen „Gut Heil" auf Ihre Majestäten den deutschen Kaiser und König Albert von Sachsen schloß. Hierauf bewegte sich der stattliche Festzug unter Vorantritt der Musik vom Turnplätze aus die festlich geschmückte Dresdner Straße entlang nach der Festwiese hinter dem Gasthofe zum Steiger. Hatte es schon während des Festzuges etwas geregnet, so wurde der Regen bei dem vortrefflich ge lungenen Aufmarsch geradezu unerträglich und konnten daher die vollständig durchnäßten Turner die Frei übungen nicht aufführen, sondern mußten sich in das auf dem Festplatze errichtete Zelt flüchten. Allein auch durch diesen nur von einer Segeltuchdecke überdachten Raum drang das Wasser in Strömen und so zogen sich denn die Turner in den Saal des Gasthofs zum Steiger zurück, wo sie in geselligem Beisammensein die eben erlittene Witterungsunbill vergaßen. In zwischen hatte sich der Himmel wieder etwas aufgeklärt und konnte daher das Wettturnen, an welchem sich die nämlichen Turner wie am Vormittage betheiligten, fortgesetzt werden. Nach einigen Spielen und Kür turnen erfolgte um V»8 Uhr die Verkündung der Sieger, bei welcher 7 Preise (in Gestalt von Eichen kränzen) und 6 öffentliche Belobigungen ausgetheilt werde,» konnten. Gegen Abend zogen die übrigen Vereine wieder der Heimath zu, während schon am Nachmittage mehrere derselben das Fest verlassen hatten. Dresden. Kaiser Wilhelm wird dem Vernehmen nach den im bevorstehenden Herbste stattfindenden Manövern bei Chemnitz beiwohnen und wird während der Zeit seines Aufenthaltes in Sachsen Wohnung im königlichen Schlosse zu Dresden nehmen. — König Albert hat in Veranlassung der von den sämmtlichen sächsischen Reichstags-Abgeordneten jüngst eiugereichten Adresse für den 2. Juli den Reichs tagsabgeordneten geh. Hofrath Ackermann zu einer Audienz befohlen und dabei in huldvollen Worten