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WeWH-ZkitW. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. 54. Jahrgang. Sonnabend, den 16. Juni 1888 Nr. 70. tage leider in traurigster Weise demonstrirt. Möchte nun doch auch der entgegengesetzte Fall eintreten und das Befinden des Kaisers eine rasche, andauernde Besserung zeigen! Was die Kunst der Aerzte und die liebende Pflege gegenüber der Krankheit des Kaisers vermag, geschieht ja täglich und stündlich, aber der Verlauf der Krankheit liegt ja nicht in Menschen händen, sondern steht nur bei Gott! Mag Gottes Allmacht und Güte das theure Leben Kaiser Friedrichs noch länger erhalten! (Man sehe die Telegraphische Depesche am Kopfe dieser Nummer, die uns Uhr Nachmittags zuging.) Potsdam, 13. Juni. Kaiser Friedrich ist heute Mittag 11 Uhr 15 Minuten sanft entschlafen. direktor Engelmann sprach seinen Dank für das freund liche Entgegenkommen des Freiberger Brudervereins aus, der vom Vorsitzenden desselben erwidert wurde; und zuletzt wurde auch noch den Freiberger Damen ein mit Begeisterung aufgenommenes Hoch gebracht. 9,,e entführte das Dampfroß den Verein aus der freundlichen Bergstadt, und ohne Unfall, begünstigt vom herrlichsten Wetter, kehrte um Mitternacht die angenehm erregte Reisegesellschaft nach Dippoldiswalde zurück. Allgemein hieß es: „So hübsch ist eS noch gar nicht gewesen!" — Innerhalb der Amtshauptmannschaft Dippol diswalde ist von ansteckenden Thierkrankheiten im Monat Mai der Milzbrand und die Maul- und Klauen seuche aufgetreten. In je einem Gehöfte in Stadt Dippoldiswalde und in SeiferSdorf erkrankte je ein Rind, welche auch verenveten, am Milzbrand; in ersterem Orte waren S, in letzterem 27 Thiere- ge fährdet. — An der Maul- und Klauenseuche waröni in einem Gehöfte von Börnichen ein Rind und zwli Schweine gefährdet, dieselben erkrankten alle, ein Thier wurde vom Besitzer getödtet, während die beiden anderen genasen. - « — Die Freunde der Erdbeer-Bowlen dürsten in diesem Jahre eine Enttäuschung erleben, da die be treffenden Ernte-Aussichten uns von verschiedenen Seiten als recht mißliche geschildert werden. DSr Regen sei zu spät eingetreten, und dann hätten auch die nachfolgenden Nachtfröste viel Schaden gemacht. „Berühmt" steht es auch nicht mit dem Wein, wie zugleich die Gurkenernte stark zu wünschen übrig laffe. Bezüglich der Obstkulturen sind die Urtheile, welche man hier und dort zu hören bekommt, sehr auseinander gehend. Je nach den einzelnen Lagen und Strichen ergeben sich ganz verschiedenartige Aussichten für das zu erwartende Ernte-Resultat. — Es herrscht noch häufig die Ansicht, man schone dadurch seine Rosenstöcke, daß man die einzelnen Blumen verblühen laffe. Das ist eine irrige Mei nung, denn gerade zur Zeit des Abblühens entzieht die Blume ihrem Stocke die meiste Nahrung. Es ist daher zu rathen, die Rose so bald zu schneiden, als ! sie ihre schönste Form zeigt, und sollte man sie nur zur Zimmerzierde u. s. w. benützen können. Eine ak- geschnittene Rosenblume hält sich länger, wenn sie ordentlich gepflegt wird, als wenn sie am Stocke be lassen wäre. Der Nosenstock aber entwickelt, wenn fleißig die blühenden und verblühten Blumen abge schnitten werden, eine Menge neuer Knospen. Obercunnersdorf, 12. Juni. Heute wurde un serer Schule und Schulgemeinde eine große Auszeich nung theil. Wenige Minuten nach >/»1I Uhr Vor mittags besuchte Se. Exceltenz, der Herr Minister des Kultus und öffentlichen Unterrichts, welcher in Be gleitung des Herrn Geh. Schulrath Kockel vom Herrn Bezirksschulinspektor Mushacke aus Dippoldiswalde vom Bahnhof Klingenberg abgeholt worden war, unsere Schule. Se. Exc. besichtigte zunächst den freundlichen Schulraum unserer 1885 neuerbauten Schule, in »vel» chem Herr Lehrer Liske mit den Kindern der ersten Klaffe versammelt war. Sodann wohnte Se. Exc- einige Zeit dem «Unterricht in der Geographie bei, in welchem der Lehrer gemäß der Aufforderung des Herrn Geheimrath sorfzufahren hatte, und nahm Einsicht von den schriftlichen Leistungen der Kinder in den Heften, Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 15. Juni. Der Belehrungs und Vergnügungs-AuSflug des Gewerbevereins hat Mittwoch, den 13. d. M., zu allseitiger Befriedigung stattgesunden. Man hatte bekanntlich Muldenhütten und Freiberg in's Auge gefaßt. Um diese Ziele nicht nur erreichen, sondern auch gehörig genießen zu können, war ein früherer Abgang von hier als mit dem fahr planmäßigen ersten Zuge, bez. auch eine spätere Rück kehr, als Abends 9,i», Wünschenswerth. Mit dankens- werther Bereitwilligkeit gewährte denn auch die königl. Generaldirektion, freilich nur gegen Entnahme von 120 Tagesbillets, einen Extrazug, der früh 5,is von hier abging, so daß Muldenhütten bereits um Mr erreicht werden konnte. Das königl. Finanzministerium hatte auf Ansuchen des Vereins das Eintrittsgeld auf 20 Pf. für die Person ermäßigt, während es sonst 50 Pf. beträgt. Von bereitstehenden Führern geleitet, besichtigten nun die Theilnehmer den Hüttenbetrieb eingehend, und marschirten nach einer kleinen, in der Restauration eingenommenen Erfrischung um 11 Uhr über „Himmelfahrt", wo Maschine und Wäsche gezeigt und erklärt wurden, nach Freiberg ab. Es war ein gar stattlicher Zug von Männern und Frauen, der '/-I Uhr aus „Stadt Dresden" vom Freiberger Stadt musikkorps abgeholt, durch die schönen Promenaden der sich immer mehr entwickelnden freien Bergstadt seinen Weg nach dem Restaurant „Brauhof" nahm, wo gemeinschaftliches Mittagessen mar, dessen Herstellung dem rührigen, aufmerksamen Wirthe, Herrn Glocke meier, alle Ehre machte. Der geräumige, ganz neu hergestellte Gartensaal war ganz gefüllt, und bei dem Klange der Stadtmusik und gewürzt von manchem Trinkspruche mundete das einfache, aber gut bereitete und reichlich dargebotene Mahl und ein frischer Trunk doppelt gut. Hier war es auch, wo der Vorsitzende des Freiberger Gewerbevereins, Herr Schuldirektor Richter, den Bruderverein in herzlichster Weise be grüßte und zu einer in den Abendstunden im Brauhof garten stattfindenden geselligen Vereinigung mit deni Freiberger Gewerbeverein einlud. Uebrigens machten sich der genannte Vorsitzende, sowie Herr Hutfabrikant Wießner dadurch verdient, daß sie die Führung sowohl in die Sammlungen der königl. Bergakademie, als in den Dom, wo besonders die herrlich restaurirte Be- gräbnißkapelle die Aufmerksamkeit fesselte, übernahmen. Viele Mitglieder besuchten auch das im Kaufhause aufgestellte Alterthumsmuseum. So kam der Abend heran. Von .6! bis. 9 Uhr concertixte das Stadt musikkorps im Brauhofgarten, der von Dippoldis- zyqldqer und . Fxeibxrger Gewerbevereinsmitgliedern und zahlreichen Damen gefüllt war. Herr Schul Die Verschlimmerung in der Krankheit des Kaisers. Die hochersreuliche Hoffnung, welche man noch vor wenigen Tagen in Bezug auf die Krankheit und Le bensdauer Kaiser Friedrichs in Folge der mehrwöchent lichen Besserung in dem Befinden des Monarchen hegen zu können glaubte, hat seit Dienstag Nachmittag den schlimmsten Befürchtungen leider wieder weichen müssen. Die bereits seit mehreren Tagen beim Kaiser vorhandenen Schlingbeschwerden während der Zufüh rung der flüssigen Speisen vermehrten sich am Montag und Dienstag derartig, daß der hohe Dulder beim Schlucken krampfartige Hustenanfälle bekam und die Nahrungsmittel in nur ungenügender Weise zu sich Mhmen konnte. Gleichzeitig stellte sich wieder Fieber Hnn, welches in den Abendstunden am Dienstag und Mittwoch 39 Grad erreichte, auch nahmen die Kräfte des Kaisers bedenklich ab und das Allgemeinbefinden verschlechterte sich. Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, daß der erhabene, schwer geprüfte Dulder auf Deutschlands Kaiserthrone von einem neuen ver stärkten Anfall der heimtückischen Krankheit heimgesucht wurde, und es entsteht in den Herzen aller Patrioten, ja aller gebildeten Menschen die bange Frage: Wird Kaiser Friedrich die Verschlimmerung in seiner Krank heit abermals überstehen? Die Hoffnung läßt aller dings dix deutsche Nation nicht sinken, daß Kaiser Friedrich dem Throne und dem Vaterlande noch lange Zeit erhalten bleiben und seine durch reiche Erfahrung gewonnene Herrscherkunst dem Reiche und dem be sorgten Europa widmen möge, aber leider, leider sind die Aussichten auf die Erfüllung dieser Hoffnung doch wieder recht trübe geworden. Die Verschlimmerung in dem Befinden des Monarchen läßt sich leider nicht gut anders erklären, als daß die tückische Krankheit weitere Fortschritte vom Kehlkopfe aus nach innen und hinten gemacht hat und daß bereits die Speise röhre in Mitleidenschaft gezogen ist. Während nun früher, als der obere Theil der Luftröhre von der Krankheit ergriffen und der Luftröhrenschnitt noch nicht ausgeführt worven war, der Kaiser Gefahr lief, zu ersticken, so ist jetzt, wenn die Schlingbeschwerden nicht bald beseitigt werden, die Gefahr vorhanden, daß das theure Leben des Kaisers durch die Schwierigkeit oder Unmöglichkeit, ihm genügende Nahrung durch die kranke Speiseröhre zuzusühren, schwer bedroht wird. Der unermüdlichen Thätigkeit der Aerzte, welche die Nacht vom Dienstag auf Mittwoch unter Assistenz der Professoren Leyden und Krause am Krankenlager des Kaisers in Schloß Friedrichskron verblieben, scheint es nun allerdings gelungen zu sein, sowohl dem Kaiser zunächst genügende flüssige Nahrung, wie man an nimmt mit Hilfe der Schlundsonde, zuzuführen, als auch den Fieberzustand des hohen Patienten zu mil dern, denn am Mittwoch Vormittag konnte eine kleine Besserung im Befinden des Kaisers konstatirt werden. Die ärztliche Kunst kennt auch jetzt Mittel, welche be drohliche Fieberzustände sofort auf mehrere Stunden beseitigen und eine unmittelbare Gefahr scheint des halb für das Leben des Kaisers glücklicher Weise nicht gerade vorhanden zu sein. In Hinblick auf den un berechenbar gewordenen Charakter der Krankheit des Kaisers kann aber auch jeden Tag,> ja jede Stunde eine neue Verschlimmerung eintxeten. Diese Even tualität hat der Zustand des Kaisers am letzten Diens Dte „Wei-eritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei ¬ mal: Dienstag, Donners ¬ tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich I M. Ai Pfg-, zweimonatlich l 8t Pfg., einmonatlich 42 Pfa. Einzelne Nummern 1v Pfg. - Alle Postan ¬ stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen B«> , > Amtsblatt M di- Königliche Umtshanptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für di- Königlichen Amtsgerichte und di- StadtrWe , ' Dippoldiswalde nnd Irauenstem Inserate, welch« bei da bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr Mrt- same Verbreitung finden, »erden init IVPfg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und coniplicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Eiiw«« sandt, ini reoaktionellen Theile, di- Spaltenzeil« MPfg.