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Dle „Weißeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2b Pfg-, zweimonatlich 84 Psg., einmonatlich 42 Pf«. Einzelne Nummern W Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Wchmh-ZkltMS. Amtsblatt Inserate, welch« bei de» bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr nur», same Verbreitung finden, »erden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile »der oeren Raum berechnet. — Ta bellarische und compkicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag.— Einge sandt, nn redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. «il die Lönialiche Amtshauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für di- Miglich-n -Amtsgericht- und di- Mdlräthe ' zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhnc in Dippoldiswalde. Nr. 61. Sonnabend, den 26. Mai 1888. 54. Jahrgang. Ein Mit m Lager -er PanflaMen. Es ist bekannt, daß die Unzufriedenheit in Ruß land hauptsächlich dadurch hinsichtlich der Orientpolitlk geschürt wurde, daß die Panslavisten die Ansicht ver breiteten, Deutschland habe 1878 Rußland im Stiche gelassen und Rußland habe sich dann im Berliner Beiträge willenlos den Forderungen Oesterreichs und Englands in Bezug auf den russisch-türkischen Friedens schluß und die Gestaltung Bulgariens fügen müssen. Die deutsche Diplomatie hat nun allerdings diese Dar stellung der Sachlage im Orient für falsch erklärt und Fürst Bismarck hat sogar in seiner letzten großen Reichstagsrede laut vor Europa erklärt, daß Deutsch land 1878 im Berliner Kongresse gar keinen anderen Zweck verfolgt hätte, als Rußland gefällig zu sein, und daß sich Bismarck geradezu als eine Art vierter russischer Gesandter im Berliner Kongresse vorge kommen sei, die Verdächtigungen der deutschen Politik durch russische Preßorgane sind deshalb aber noch nicht verstummt. Bekanntlich haben nun aber offiziöse deutsche Blätter öfters die Ansicht vertreten, daß die Fehlschläge der russischen Orientpolitik lediglich auf Kosten der russischen Diplomatie zu setzen seien, denn Niemand hat Rußland hindern können, zeitweise von Konstantinopel Besitz zu ergreifen und sich günstigere Friedensbedingungen von der Türkei zu erzwingen. Auch hätte Rußland gar nicht nöthig gehabt, den Friedens-Vertrag von San Stefano in seinen wich tigsten Punkten fallen zu lasten. Weder offiziös, noch offiziell ist Rußland auf diese Fehler seiner Diplomatie eingegangen, man schwieg darüber in Petersburg wie in Moskau, aber man scheint diesen Vorwürfen in hochstehenden russischen Kreisen doch auf den Grund gegangen zu sein, denn der „Grashdanin", das russische Hof- und Panslavistenblatl, sieht sich in Folge der Lobeserhebungen, welche die „Nowoje Wremja", eben falls ein Panslavistenblatl, der diplomatischen Kunst des Generals Jgnatieff, des früheren russischen Bot schafters in Konstantinopel, spendet, dazu veranlaßt, klar zu legen, daß gerade Jgnatieff an den Miß erfolgen der russischen Orientpolitik die Hauptschuld trage. Anstatt einen russisch-türkischen Friedensver trag abzuschließen, habe Jgnatieff 1878 vielmehr einen bulgarisch-türkischen abgeschlossen. Anstatt Rußland in den Vordergrund bei den Verhandlungen zu stellen, habe Jgnatieff Bulgarien in den Vordergrund gestellt und für letzteres alle möglichen Errungenschaften durch - gesetzt. Dadurch sei der Traum von einem Groß bulgarien und die ganze Rußland feindliche Strömung in Bulgarien grobgezogen worden. Nicht einmal eine Sicherstellung für die Kriegskosten hätte Jgnatieff der Türkei gegenüber durchgesetzt, als diese einzig richtige Sicherstellung hätte aber die Hälfte der türkischen Kriegsflotte verlangt und durchgesetzt werden müssen. Dadurch wäre auch die Türkei wohl oder übel in Rußlands Hände getrieben worden. Auch die Do- brudscha, also das untere Donauufergebiet, hätte Ruß land behalten müssen und nicht an Rumänien abtreten dürfen, überhaupt hätten auch Serbien und Monte negro, welche der russischen Sache treuer gedient hätten als Bulgarien, mehr Ländergebiet erhalten müssen als Bulgarien u. s. w. Die Auslastungen der russischen Hoskreise über Jgnatieffs verkehrte Politik kommen nun allerdings ziemlich post tostum, aber sie sind doch immerhin ein schlagender Beweis für das Anwachsen der russischen Selbsterkenntniß in Bezug auf die ver fehlte Orientpolitik der früheren russischen Diplomaten, und ein solches Erkennen der eigenen Fehler dürfte die Panslavisten hinsichtlich ihrer sinnlosen Hetz- und Kriegspolitik wohl etwas vorsichtiger stimmen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Der Regen, der am ersten Feiertage unsere Fluren erquickte, hat nur eine zeit weilige Bewässerung derselben herbeigeführt. Die letzten Tage haben wieder solch' heißes Wetter ge bracht, daß den Feldfrüchten wiederum bald ein tüch tiger Regen noththut. Im klebrigen stehen die Felder recht schön und berechtigen zu den besten Hoffnungen. — Nach dem Erscheinen der amtlichen Quittung — in Nr. 59 dss. Bl. — über die Unterstützungs beiträge für die Ueberschwemmten in den Elb-, Oder und Weichsel-Gegenden sind dergleichen Beiträge der kgl. Amtshauptmannschaft zur Weiterbeförderung ferner noch zugegangen: 121 M. als Restbetrag der von der Re daktion dieses Blattes veranstalteten Sammlung (welche im Ganzen 271 M. betragen hat), 53 M. 50 Pf. von der Gemeinde Reichstädt, 22 M. 50 Pf. von der Ge meinde Cunnersdorf bei Glashütte, 20 M. von der Gemeinde Hartmannsdorf und 27 M. 10 Pf. vom Gesangverein „Concordia" in Pretzschendorf. Die Ge- sammtsumme der bei der kgl. Amtshauptmannschaft eingegangenen Beiträge beziffert sich sonach auf 1371 Mark 35 Pf. und ist die gedachte Sammlung nun mehr geschlossen worden. — Im Interesse der Landwirthe und insbesondere der Pferdezüchter sei an dieser Stelle noch besonders darauf aufmerksam gemacht, daß das kgl. Landstallamt Moritzburg beschlossen hat, die hiesige Beschälstation in diesem Jahre erst mit Ende Juli d. I. auszuheben. — Wenn man Abbildungen des Steppenhuhnes, z. B. die von dem bekannten Thiermaler Beckmann herrührende in Nr. 32 der „Jllustrirten Jagdzeilung" zu sehen Gelegenheit hat, wird man die ourch zahl reiche Zeitungskorresondenzen entstandene Anschauung, als ob unser neuer Einwanderer dem Rebhuhn ähn lich sähe, aufgeben müssen. Das Steppenhuhn ist zwar möglicherweise im Sitzen mit einem Rebhuhn zu verwechseln, im Laufen jedoch schon nicht mehr, weil das Steppenhuhn dicht befiederte Tritte hat, während die des Rebhuhnes bekanntlich nackt und nebenbei weit länger sind — auch erscheint die Gestalt des Steppen huhnes gedrungener als die des Rebhuhnes. Ganz unmöglich ist aber eine Verwechselung im Fluge, denn das Steppenhuhn hat ganz spitze, in ihrer vorderen Hälfte fast schwalbenartig gebildete Flügel. Vom systematischen Standpunkte aus gehören die Steppen hühner auch durchaus nicht zu den Hühnervögeln, sie sind vielmehr nahe Verwandte der Regenpfeifer, und da sie auch im Flug und Stimme jenen ähneln, so sind sie vielfach in den Gegenden unseres deutschen Vaterlandes, welche der Regenpfeifer bewohnt, mit solchen verwechselt worden. Nach Mittheilungen aus zuverlässigster Quelle ist die diesmalige Einwanderung des Steppenhuhnes in Deutschland eine viel bedeuten dere, als jene im Jahre 1863 und von allen Seiten kommen Berichte, daß die Paare bereits das Brutge schäft beginnen. Allseitig ist man einig, den neuen Einwanderer zu schonen. Dippoldiswalde. Die Frequenz auf der schmal spurigen Sekundärbahn Hainsberg-Kipsdorf im Monat April gestaltete sich in folgender Weise auf den ein zelnen Stationen und Haltestellen: Tombillets. Tagcsbillets. MilitSr- billels. II. III. II. III. Dresden . 29 394 195 1169 25 Hainsberg. 142 908 76 843 13 Dippoldisw. 49 776 186 1427 67 beim Zugs. 91 1529 118 2372 88 Sa. 311 3607 575 5811 193 Befördert wurden 3,196,007 Kilogramm Güter. Demnach wurden von Januar 1888 an 54,266 Per sonen und 11,566,509 Kilogramm Güter befördert. Im gleichen Monat des Vorjahres wurden 9285 Billets verkauft und 2,954,774 Kilogr. Güter befördert. Der Versandt von den Haltestellen mit Güter agenturen ist hierin nicht mit inbegriffen. SeikerSdorf. Am 2. Pfingstfeiertag, den 21. d. Mts., ist bei dem hiesigen Gutsbesitzer Herrn Herm. Bormann wegen Seuchenverdachts ein junger Bulle getödtet worden, welcher nach dem Befunde der vom kgl. Bezirksthierarzt, Herrn Lehnert aus Dippoldis walde, vorgenommenen Untersuchung mit Milzbrand behaftet gewesen ist. Der Kadaver ist vorschriftsmäßig vergraben und sind gegen Weiterverbreitung der Seuche alle sonstigen Vorsichtsmaßregeln getroffen worden, Bormann besitzt noch weitere 27 Rinder, welche bei der thierärztlichen Untersuchung gesund erschienen. Lungkwitz, 24. Mai. Der in unserem Ortt be stehende Turnverein hat in diesem Frühjahr recht gute Fortschritte gemacht. Erfreulich ist es, daß die ländliche Jugend sich sehr gern am Turnen betheiligt, wenn ihr nur hierzu die Gelegenheit geboten wird. Der Verein ist der deutschen Turnerschaft beigetreten und die Mitgliederzahl ist auf 60 angewachsen. Daß dieses Resultat erreicht werden konnte, ist der Ge meinde Lungkwitz zu verdanken, indem dieselbe im vorigen Jahre dem Verein in zuvorkommendster Weise einen Platz zum Turnen ohne jede Vergütung Über ließ. Diesen Platz haben sich die Turner selbst mit Hacke und Spaten zum Turnplatz vorgerichtet und durch Aufführung einer 40 Meter langen Ufermauer noch vergrößert. Neue, praktische Geräthe sind ge nügend vorhanden. Das Inventar repräsentirte am letzten Jahresschlüsse einen Werth von 475 M., gewiß ein gutes Zeugniß für einen Verein, welcher erst drei Jahre besteht. Der Verein gedenkt den 10. Juni ein Schauturnen, bestehend in Freiübungen, Riegenturnen und Spielen mit darauffolgendem Ball im Erbgericht zu Kreischa abzuhalten. —. — Dresden. Entgegen den bisherigen Bestimmungen hat sich König Albert nicht zu den Vermählungs- feierlichkeiten nach Berlin begeben, sondern ist in Si- byllenort geblieben. Am 31. Mai werden die Maje stäten nach Dresden zurückkehren. — Die Zahl der Abiturienten an den 16 sächsischen Lehrerseminaren hat Ostern dieses Jahres 328 betragen, gegen 308 im Vorjahre. Hiervon ent fallen auf Grimma 37, Annaberg 25, Plauen und Schneeberg je 24, Borna und Oschatz je 23, Walden burg 20, Dresden (Fletcher) 19, Bautzen (evangelisches), Dresden-Friedrichstadt, Löbau und Zschopau je 18, Auerbach 17, Pirna 16, Bautzen (katholisches) 10. Wiewohl die Zahl der Seminar-Abiturienten um etwas größer, als im Vorjahre ist, so haben sie doch gerade nur ausgereicht, um den augenblicklichen Bedarf zu decken. Die wiederholt ausgesprochene Befürchtung, daß viele der jetzt abgegangenen Schulamtskandidaten nur schwer im Schuldienste ein Unterkommen finden würden, hat sich mithin nicht bestätigt. Wahrscheinlich wird sich im Laufe des Schuljahres wieder ein ge wisser Mangel an Lehrern Herausstellen. Bon der Bastei. Welch' enormer Menschenstrom sich während der Pfingstfeiertage in der sächsischen Schweiz Erholung und Erquickung von den Strapazen des Alltagslebens holte, kann man auch aus der That- sache ersehen, daß bei der Postagentur auf der Bastei am 1. Feiertage 3300 und am 2. Feiertage über 1800 Postkarten zur Beförderung aufgegebcn worden sind. Aehnliche Zahlen weisen die Punkte Brand, großer Winterberg und Prebischthor ebenfalls aus. Meißen. Der Sorge'sche Restaurationsgarten in Niederjahna wurde am ersten Feiertag der Schau platz eines bedauerlichen Vorganges. Ein junger Mann, welcher sich eine Cigarre angebrannt hatte, warf das noch brennende Streichholz auf das Kleid seiner neben ihm sitzenden Schwester, eines Mädchens von etwa 17 Jahren. Der leichte Stoff des Kleides ge- rieth sofort in Brand und im Nu war das Mädchen von Flammen umgeben. Nur dem schnellen Ein greifen einiger Gäste, welche die Brennende sofort zu Boden warfen und das Feuer ausdrückten, ist es zu danken, daß ein größeres Unglück verhütet wurde. Ernstthal. Das Jahr 1888 bringt unserem Stadt-