Volltext Seite (XML)
324 stock zum Orgelbau, der, will'S Gott, in zwei Jahren wohl erfolgen wird, gelegt werden. Schon beträgt dieser Grundstock 180 Mark, die in den Sparkasse zu Dippoldiswalde angelegt sind. Um nun der Orgel baukasse eine größere Unterstützung zuzukühren, soll am Abende des Trinitatisfestes unter Leitung des Herrn Kirchschullehrer Brückner im niederen hiesigen Gasthof eine Abendunterhaltung stattfinden, bei welcher außer dem hiesigen Gesangverein und den oberen Schulklassen auch mehrere Herren Lehrer gütigst Mit wirken werden. Da leider der Raum nicht viel Men schen saßt, werden, um größere Einnahme zu erzielen, zwei Arten Eintrittskarten ausgegeben werden, näm lich nummerirte (40 Pf.) Sitzplätze und Stehplätze (25 Pf.). Möge besonders die Einwohnerschaft Reich städts durch recht zahlreichen Besuch dazu beitragen, daß der Orgelbaukaffe ein namhafter Betrag zugeführt werden kann. —r. Holzhau. In voriger Woche fand man beim Weg reißen eines Ofens einer im Abbruch befindlichen Wohnung unter den Dielen einen Beutel mit Silber münzen österreichischen Gepräges. Dieselben, Gulden- und Viertelguldenstücke, stammen aus dem vorigen Jahrhundert und sollen einen Werth von mehreren hundert Mark haben. Dresden. Die Lutherfestspiele finden eine solch' große Theilnahme, daß den ursprünglich beab sichtigten 10 Aufführungen noch weitere 5 zugefügt werden müssen, welche während der Pfingstwoche bis Sonntag, den 27. Mai, stattfinden werden. — Der Stand der Naturalverpflegung in Sachsen ist jetzt folgender: Anfang 1887 bestanden in sehr ungleichmäßiger Vertheilung 74 Stationen, näm lich im Bezirke Bautzen 23, im Dresdner 27, im Zwickauer 15 und im Leipziger Bezirk 3. Nur in der Kreishauptmannschaft Bautzen war das Netz der Ver pflegungsstationen durch das Zusammengehen der Be zirksvertretungen lückenlos durchgeführt, in den übrigen Landestheilen bestand neben den Stationen theilweise noch das veraltete System der Ortsgeschenke, theilweise ist überhaupt nichts für die mittellosen Reisenden ge schehen. 53 dieser Stationen wurden au» Bezirks mitteln unterhalten, I I von Stadtgemeinden und 10 von einzelnen Vereinen. Die Zahl sämmtlicher Ver pflegten war 1886 255494, an durchschnittlichen Ver pflegungskosten kommen auf den Mann 28,4 Pf., die Gesammtkosten betrugen 72472 M. Von diesen 74 Stationen befanden sich 21 in Herbergen zur Heimath, die übrigen in Wirthschaften, welche nicht nach den Grundsätzen der inneren Mission verwaltet werden. Die Forderung einer Arbeitsleistung war nur in 8 Orten ganz oder theilweise durchgeführt. Noch un gleichmäßiger ist die Forderung einheitlichen Legiti mationspapiers, des „Wanderscheins des deutschen Her bergsvereins," durchgeführt worden. Wenn der Kampf gegen das arbeitsscheue Vagabondenthum zu einem befriedigenden Ziele führen soll, so müssen die Satio- nen ein gleichmäßig über ganz Sachsen verbreitetes Netz bilden, müssen überall in Herbergen zur Heimath oder in ähnlichen Herbergen untergebracht werden, darf die freie Verpflegung nur gegen entsprechende Arbeitsleistung gewährt werden und muß endlich überall die gleiche Legitimation eingeführt werden. Um diese Ziele zu erreichen, halte der Vorstand des sächsischen Herbergsvereins sämmtliche Amtshauptleute Sachsens kürzlich zu einer Besprechung eingeladen, zu welcher sich 20 Herren eingefunden hatten. Als Ergebniß dieser Besprechung ist zu bezeichnen, daß keiner der Anwesenden mehr gegen die oben aufgestellten Forde- rungen war. Vielerlei Bedenken und irrthümliche Auf fassungen wurden beseitigt, und mehrere der anwesen den Herren erklärten, nun auch ihrerseits einen Ver such machen zu wollen. Sonach ist zu hoffen, daß es mit der Förderung der Frage der Naturalverpflegung in Sachsen jetzt vorwärts gehen wird. Radeberg. Der kürzlich abgehaltene Versteige rungstermin des Zeis'schen Anwesens, welches aus dem Vorwerk Heinrichsthal mit Molkerei, einer Ringosenziegelei und der Badeanstalt Wiesenthal be steht, hatte zu einem befriedigenden Ergebniß nicht ge führt, weshalb auf den 31. d. M. ein neuer Termin anberaumt wurde. Derselbe ist jedoch nunmehr gegen standslos geworden. Es haben dieser Tage Bau meister Richter und Schmutzler von ihrem Rechte als Hypothekarier Gebrauch gemacht und das Besitz- thum um den Preis von 182,000 M. käuflich erworben. Die bisherigen Pächter bleiben; ebenso ist auch der Weiterbetrieb der rühmlichst bekannten Molkerei be schlossen worden. Meißen. Die von den Wein- und Obstgärtnern so sehr gefürchteten Weinmörder Pankratius und Servatius, welche eine ganz bedeutende Temperatur erniedrigung mit sich führen, sind vorübergegangen, ohne Schaden in den Obstanlagen und Weinbergen zu verursachen; denn auch in den exponirtesten Punkten unserer Gegend ist die Temperatur nicht bis auf den Eispunkt zurückgegangen. Leider hat aber der vor etwa 14 Tagen aufgetretene Frost der zeitigen Obst- blüthe, namentlich der Kirschblüthe hier und da recht empfindlich geschadet. Leipzig. Nachdem in zwei der größten Werk stellen sich die Gesellen mit den Meistern geeinigt haben, eine Lohnaufbesserung von 10 bis 20 Prozent eintreten zu lassen, scheint der Schuhmacherstreik seinem Ende entgegenzugehen. In einer Versammlung wurde zwar der Antrag, den allgemeinen Streik auf zuheben und einen theilweise« Streik fortzuführen, ab gelehnt, doch wird es sich schon in den nächsten Tagen zeigen, daß derselbe völlig aussichtslos ist. Tagesgeschichte. Berlin. Die Besserung im Befinden des Kaisers macht Fortschritte, das Fieber ist nicht beachtenswerth. Seit einigen Tagen zeigten sich geringe Schlingbe schwerden, die sich aber schon fast verloren haben. Der Kaiser nimmt reichlich Speise zu sich, seine Bewegungen im Zimmer sind kräftig und bedarf er nicht der Unter stützung. — Ein am 15. Mai Vormittags ausgegebe nes Bulletin lautet: Das Befinden des Kaisers ist in den letzten Tagen gut geblieben; der Appetit und die Kräfte haben zugenommen. Infolge einer leichten Rachenentzündung bestehen seit einigen Tagen geringe Schlingbeschwerden, welche sich bereits wieder bessern. Das abendliche Fieber bleibt ganz gering. — Die Gesammteinnahmen des Komitees für die Ueberschwemmten betrugen bis zum 12. Mai 2,760,426 M., zur Vertheilung gelangten neuerdings 60,000 M. an das Hülfskomitee Wittenberge, 300,000 Mark an das Hülfskomitee zu Lüneburg, 180,000 M. an das Hülfskomitee in der Provinz Westpreußen, 13,000 M. für die Ueberschwemmten in der Elb- niederung von Schwerin und 10,000 M. an den Magistrat in Schneidemühl. — In einem Leitartikel berechnet die „Nordd. Allg. Ztg.", daß 44,r Millionen Deutsche, 239,000 Aus länder und etwa 3'/« Millionen nichtdeutsche Reichs angehörige innerhalb der Reichsgrenzen leben. Die Deutschen im Auslande betragen etwa 3'/» Millionen, Oesterreich-Ungarn zählt 10 Millionen Deutsche, die deutsche Schweiz 2 Millionen, Luxemburg 200,000, die baltischen Deutschrusien 156,000. Das gesammte Ergebniß ist hiernach also, daß zum deutschen Stamme 60'/« Millionen Menschen gehören, von denen etwa 73 Prozent, oder nicht ganz drei Viertel innerhalb der deutschen Neichsgrenzen wohnen. (Das Blatt könnte auch die Vlaamen dazu rechnen.) Die „Nordd. Allg. Ztg." schließt mit folgenden Worten: „Die verhältniß- mäßig geringe Menge fremder Bevölkerungselemente innerhalb unserer Grenzen bietet die Gewähr, daß unsere nationale Entwickelung von innen heraus nicht gestört werden kann; die Stärke und weite Verzwei gung der Ausläufer unseres Stammes nach auswärts dürfen wir als Grundlagen ansehen, welche die fried lichen und gedeihlichen Wechselbeziehungen mit dem Auslande stützen." — Die neueste Vorlage der preußischen Regierung, betreffend die Verbesserung der Flußläufe der Spree und Oder ist für die arbeitende Bevölkerung unter einem doppelten Gesichtspunkte von Interesse. Sie bezweckt, den oberschlesischen Berg- und Jnvustrie- distrikt durch Gewährung einer leistungsfähigen Wasser - Verbindung nach den wichtigsten Absatzmärkten des In landes konkurrenz- und lebensfähig zu erhalten und damit den zahlreichen dort ihr Brod verdienenden Ar beitern die Arbeitsgelegenheit und den Arbeitsverdienst zu sichern. Zugleich aber eröffnet die Vorlage, indem sie einschließlich den von der Stadt Berlin und den Anwohnern der unteren Oder vorzunehmenden Arbei ten Bauausführungen im ungefähren Betrag von 40 Millionen Mark in Aussicht nimmt, in umfassendem Maße neue Arbeitsgelegenheit. Sie wirkt nach dieser Richtung zusammen mit der Nothstands- und Sekun därbahnvorlage. Nach der ersteren werden etwa 14 Millionen für Deich-, Eisenbahn- und Wasserbauten, nach der letzteren beinahe 120 Millionen Mark für Bahnbauten, Beschaffung von Betriebsmitteln u. dergl. zur Verfügung gestellt. Auch von diesen Summen wird ein guter Theil in der Form von Arbeitslohn de» arbeitenden Klassen der Bevölkerung zufließen. Gelingt es endlich, wie zu hoffen ist, noch im Laufe der jetzigen Session die Hindernisse zu beseitige», welche der Inangriffnahme des Ems-Rhein-Kanals bisher ent gegenstanden, so treten jenen Unternehmungen noch Bauten mit einem auf etwa 60 Millionen veranschlagten Kostenbedarf hinzu. Es werden somit, ganz abgesehen von den im Bau begriffenen Ausführungen, in erster Linie also dem Nord Ostsee-Kanal und den Summen, welche durch den preußischen Staatshaushaltsetat für Bauausführungen aller Art vorgesehen werden, über 230 Millionen Mark aus Anleihen für Zwecke bereit» gestellt werden, welche der Hebung des nationalen Wohlstandes und damit der Lage der arbeitenden Klassen dienen, zugleich aber diesen Gelegenheit zu lohnender Arbeit in größerem Umfange direkt neu er- -öffnen. — Mit der im Kloster Oliva bei Danzig im Alter von nahezu 80 Jahren verstorbenen Prinzessin Maria (Anna Karoline Wilhelmine Ernestine) von Hohen - zollern-Hechingen ist das Haus Hohenzollern- Hechingen, soweit es sich ebenbürtig erhalten hatte, auch im Frauenstamme ausgestorben. Die verstorbene Prinzessin war die Tochter des Prinzen Hermann und dessen im Jahre 1860 verstorbener Gemahlin Karoline geborenen Freiin von Weiher. Der ebenbürtige Mannesstamm des Hauses Hechingen ist schon seit 1869 ausgestorben und seit dieser Zeit führen die Fürsten von Hohenzollern - Sigmaringen den Titel Fürsten von Hohenzollern ohne Zusatz. Bremen. Nach einem aus Fachkreisen herrühren den Bericht erfreuen sich die Dampfer des Nord deutschen Lloyd, welche nun auf ihrer Fahrt nach In dien, Ostasien und Australien regelmäßig in Genua anlegen, eines großen Zuspruchs. Dieselben scheinen der italienischen Linie eine so empfindliche Konkurrenz zu bereiten, daß die „Navigazione Generale Jtaliaua" ernstlich mit der Absicht sich tragen soll, ihre asiatische Linie aufzulassen oder wenigstens ihre Fahrten dahin zu vermindern. Um die durch das Anlegen in Genu» verursachte Zeitversäumniß wieder einzubringen, be fahren die Dampfer des Norddeutschen Lloyd die von denselben im Atlantischen Ocean und Mittelmeer zu durchlaufende Strecke mit voller Fahrgeschwindigkeit und haben dieselben zugleich infolge eines Ueberein- kommens mit der Suezkanalgesellschaft das Recht er wirkt, den Kanal auch des Nachts passiren zu können, dessen Durchfahrt diese Schiffe in der Regel in 17 Stunden bewerkstelligen. Oesterreich. Am Sonntag Nachmittag 1 Uhr fand in Wien bet prachtvollstem Wetter die Enthüllung des Maria-Theresia-Denkmals in Anwesenheit des Kaisers, der Kaiserin, des kronprinzlichen Paares, der Mit glieder des kaiserlichen Hauses, sowie der hier weilen den Fürstlichkeiten statt. Besonderes Interesse erregten unter den Anwesenden die Nachkommen der auf dem Denkmal verewigten Persönlichkeiten, darunter 12 Mit glieder der fürstlich Liechtenstein'schen Famile, ferner Nachkommen von Daun, Kaunitz, Nadasdy, Kheven- hüller, Haugwitz, Traun-Abensberg und Laudon. Um 12»/« Uhr trafen die Mitglieder des kaiserlichen Hauses, um 1 Uhr das Kaiserpaar ein, welches mit der Volks hymne begrüßt wurde. Alsbald nach Ankunft des Kaisers fiel unter Kanonendonner, Glockengeläute und dem Salutiren der ausgerückten Truppen die Hülle des Denkmals, wobei der Kaiser, welcher in Marschalls uniform erschienen war, sowie sämmtliche Anwesende das Haupt entblößten. Es folgte darauf der vom Kardinal Ganglbauer celebrirte Festgottesdienst, sowie der Vortrag einer Hymne von Seiten des Wiener Männer-Gesangvereins. Am Nachmittag sand eine große Tafel bei den Majestäten statt, an der sämmt liche Mitglieder des kaiserlichen Hauses Theil nahmen. Frankreich. Es ließ sich erwarten, daß Bou langer auf seiner Reise durch das französische Nord departement gewaltig gegen Negierung und Parlament losdonnern würde, aber die Reden, welche der Exgeneral u. A. in Douai und in Lille gehalten hat, sind doch fast „zu starker Tabak". In ersterer Stadt sprach Boulanger unverhohlen sein Bedauern aus, daß die gegenwärtige Verfassung Frankreichs kein Mittel an die Hand gebe, den Präsidenten der Republik von seinem Platze zu entfernen, wenn er nicht freiwillig gehen wolle. Weiter erklärte Boulanger die gegen wärtige Verfassung als ein lächerliches Kompromiß zwischen der Pseudomonarchie und der falschen Re publik, diese Verfassung müsse daher revidirt werden, um zur Gründung einer demokratischen und dauerhaften Republik zu gelangen. — Also eine dauernde Re publik aus demokratischer Grunvlage erstrebt der gute Boulanger — was werden da wohl dessen monarchistische Hintermänner zu einer solch' ketzerischen Ansicht ihres Schützlings sagen?! — In Lille kanzelte Boulanger wieder einmal die Deputirtenkammer ab, für ihn sind die heutigen parlamentarischen Vertreter der franzö sischen Nation nur NichtSthuer und spöttisch wies Bou- langer darauf hin, wie diese ,1»inög.llt8" vor ihm, der doch ein entwaffneter Mann sei, erzitterten. Seine Wahl im Norddepartement habe die französische Nation aus ihrer politischen Lethargie ausgerüttelt und werde er das Werk der Reform mit Ruhe und Stetigkeit weiter verfolgen. Schließlich verhieß Boulanger sein Möglichstes, dem gegenwärtigen Zustande der Dinge in Frankreich ein Ende zu machen. — Man muß Bou langer zugestehen, daß er ziemlich offen von der Leber weg gesprochen hat, ja, manche seiner Aeußerungen, wie die gegen den Präsidenten Earnot gerichteten, weisen sogar einen hochverrätherischen Zug auf, ohne daß die französische Regierung eS wagen wird, Bou langer deswegen am Kragen zu nehmen, sie ist sich