Volltext Seite (XML)
Wchttitz -ZeitiM Inserate, welche dei de» bedeutenden Auflage det Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, »erden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile »der vere« Raum berechnet. — Ta bellarische und complieirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, nn reoaktionellen Theile, die Spalten»eil« SOPfg. Die „Weißerih. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dimstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- sialten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Amtsblatt für die Mnaliche «mishmptmaimschast Dippoldiswalde, sowie für die Miglichm Amtsgericht- und du Stadiräthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Nr. 56. Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhnc in Dippoldiswalde. Sonnabend, den 12. Mai 1888. 54. Jahrgang. Kommunistische Experimente. Der ultraradikale Pariser Gemeinderath tritt immer wieder mit seinen kommunistischen Gelüsten hervor und erst neuerdings hat er von dieser seiner Gesinnung ein bezeichnendes Pröbchen abgelegt. Zwischen der Ge meindeverwaltung der französischen Hauptstadt und der Seinepräfektur schwebten bislang Meinungsverschieden beiten über die Festsetzung der Arbeitsbedingungen im Dienste der Stadt, welche Differenz jetzt durch einen „Ausgleich" beseitigt worden sind, der auf folgenden Grundbestimmungen basirt: Aufhebung der Akkordar beit, Bewilligung eines wöchentlichen Ruhetages, Be messung der täglichen Arbeitszeit auf 9 Stunden, Fest setzung eines Minimallohnes für jeden Arbeitszweig. Die Pariser Stadtväter hätten sich mit diesen Zuge ständnissen, die jedem kommunistischen Programm Ehre gemacht haben würden, gewiß ganz gut begnügen können, aber diese sind für die Herren nur die Brücke zu weiteren Forderungen gewesen, welche in dem Be schlüsse der ehrenwerthen Körperschaft gipfeln, daß das Budget der öffentlichen Arbeiten in einer Großstadt wie Paris seinem ganzen Wesen nach nichts als ein Anhängsel — buäßst aimox — des Budgets der öffentlichen Unterstützungen sein dürfte. Es ist noch nicht bekannt, ob die Seinepräsektur — und hiermit die Negierung — auch zu diesem gemeinderäthlichen Beschlüsse, welches den intelligenten und unabhängigen Arbeiter einfach auf die Stufe eines Almosenempfängers herabdrücken würde, noch Ja und Amen gesagt hat; jedenfalls bekundet derselbe aber in Verbindung mit den erwähnten Arbeitsbedingungen, auf welcher be denklichen Bahn sich der Pariser Gemeinderath mit seinen kommunistischen Experimenten bewegt. Schließ lich werden die Verkürzungen des Arbeitstages und die Festsetzung eines Minimallohnes den Effekt haben, daß ein gewaltiger Zufluß von Arbeitskräften nach der Hauptstadt stattfindet und daß hierdurch die Löhne allgemein auf das festgesetzte Minimum herabgedrückt werden. Dann aber wird sich von selbst ein bedenk liches Anwachsen der beschäftigungslosen Arbeiter er geben und da die Arbeitersreunde im Pariser Gemeinde rache es als Pflicht der Stadt bezeichnet haben, be schäftigungslosen Arbeitern aus öffentlichen Mitteln Arbeit zu verschaffen, so werden sie für Eröffnung neuer Arbeitsplätze sorgen müssen, kraft der Definition des Budgets der öffentlichen Arbeiten als Anhängsel des Armenbudgets. Die nächstliegende Konsequenz eines solchen Schrittes ist aber die Wiedereinführung der Nationalwerkstätten und die französische Geschichte lehrt aus den Vorgängen bei der ersten Revolution und dann bei der 48er Bewegung, daß die Errichtung dieser kommunistischen Institute in Frankreich und speziell in Paris großen politisch-sozialen Katastrophen voraus ging. Man braucht nur an die kommunistische Verwaltungskampagne zu denken, welche Paris 1848 in Anschluß an die Februar-Revolution durchmachte, auch damals drängten sich die rothen Republikaner mit ihren kommunistischen Plänen bis zur Errichtung von Nationalwerkstätten vor und das „Recht auf Ar beit" war in Verbindung mit Schlagwörtern wie „Ab solute Freiheit" und „Souveränität des Individuums" die höchste Staatsmaxime geworden. Die ganze repu blikanisch-kommunistische Aera des „tollen Jahres" in Paris endete bekanntlich mit dem Zusammenbruche der Nationalwerkstätten und in den blutigen Straßen kämpfen des 22. bis 26. Juni schlug Cavaignac die offene Empörung der Kommunisten nieder, um nach halbjähriger Diktatur die Zügel der Herrschaft an — Louis Napoleon zu übergeben! Nun, soweit sind ja die Dinge heutzutage in der französischen Hauptstadt noch nicht gediehen, aber die Entwickelungskeime zu einer neuen kommunistischen VerwaltungS-Aera existiren doch und es wird von der Haltung der französischen Regierung abhängen, ob sich diese Keime weiter ent wickeln oder nicht. Bis jetzt hat nun weder das Mi nisterium Floquet noch eines seiner Vorgänger den ge schilderten Bestrebungen des Pariser Gemeinderathes gegenüber die nöthige Energie gezeigt und dies kann den Gemeinderath nur zu neuen kommunistischen Ex perimenten ermuntern — wohin dieselben führen wer den, scheint nur der französischen Negierung noch nicht klar zu sein! Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 9. Mai. Wie seit Errichtung der hiesigen Beschälstation alljährlich, so fand auch Heuer am 7. Mai wieder von Seiten des kgl. Landstallmeisters Grafen zu Münster und in Gegenwart des Vorsitzen den des Landeskulturraths, Herrn v. Oehlschlägel, des Herrn Kreissekretär Münzer und anderer hervorragen der Vertreter der sächsischen Pferdezucht eine sehr zahl reich beschickte Stutenmusterung und Fohlenschau statt, wobei sich auf unserer Aue wieder auf einige Stunden ein höchst charakteristisches, kehenswerthes, buntbewegtes Bild entfaltete. Die in diesem Jahre mit der Fohlenschau verbundene Prämirung ergab folgende Resultate: Es bekamen Anerkennungsdiplome für 2jährige Fohlen und dazu je einen Freideckschein Straßberger in Burkersdorf, Weiß in Obercarsdorf und Borrmann in Ruppendorf. Freideckscheine erhiel ten Süß in Niederfrauendorf, Traug. Höhne in Höcken dorf, Kühne in Reinhardtsgrimma, Marx in Sohra, Benndorf in Dippoldiswalde. Für einjährige Fohlen erhielten Freideckscheine Fischer in Beerwalde, Wolf in Reichenau, Grösche in Luchau, Zschüttig in Herms dorf bei Dippoldiswalde, Müller in Reinholdshain, Schwenke in Johnsbach, Dittrich in Ulberndorf, Ein horn in Dippoldiswalde und Steyer in Reinholdshain. Von Seiten des Fohlenaufzuchtvereins für das König reich Sachsen wurden angekauft die einjährigen Fohlen von Zschüttig, Müller und Schwenke zu den Preisen von 300 bis 350 Mark. Leider ergab sich, daß einige 2jährige Fohlen in höchst unrationeller Weise bereits eingespannt worden waren und daher von der Prä mirung ausgeschlossen werden mußten. Möchte doch Jeder, der junge Pferde zieht, sich genau mit dem In halt der vom Landstallmeister Graf zu Münster heraus gegebenen „Mittheilungen für sächsische Pferdezüchter", welche von der kgl. Amtshauptmannschaft und vom Beschälwärter unentgeltlich zu erhalten sind, vertraut machen, damit dieselben die Thorheit erkennen, welche darin liegt, ein kaum zweijähriges Pferd auf sichere Kosten seiner vollständigen Entwickelung und langer Gebrauchssähigkeit durch so frühes Einspannen leicht sinnig, weil auch zum gewissen Schaden des eigenen Geldbeutels, zu entwerthen. Dippoldiswalde, II. Mai. Das Lutherfestspiel von Herrig, dessen zwei erste Vorstellungen vorgestern vor ausverkauftem Hause stattgefunden und dort gleich bedeutenden Erfolg gehabt haben wie seinerzeit in Er furt, Wittenberg, Eisleben, Halle, Magdeburg, Görlitz, Nordhausen, Leipzig u. s. w. ist, um falsche Vor stellungen von demselben von vornherein fern zu hal ten, kein eigentliches Drama, eine um einen gemein samen Mittelpunkt sich entwickelnde geschloffene Hand lung, sondern mehr eine Reihe lebender Bilder, d. h. wirklich lebender Bilder, in denen die auftretenden Personen mit einander reden und verkehren, wie das in jedem Schauspiele geschieht. An und für sich hinter einander würden dieselben keinen andern Zusammen hang haben, als daß in allen die Person Luthers den festen Mittelpunkt bildet. Aber um die Bilder zu einem Ganzen zusammenzuschließen, hat der Verfasser ein ebenso einfaches als wirksames Mittel gewählt. Er läßt 2 Personen nicht im, sondern neben dem Schauspiele auftreten, einen Herold und einen Raths herren, die durch ihre Gespräche mit einander den In halt der einzelnen Scenen verbinden und den Empfin dungen der Zuschauer Worte geben, während der Sängerchor dieselben in Choralform zusammenfaßt. Herrig hat damit das, was schon die alten Griechen in ihren Schauspielen thaten, erneuert, er hat den Chor, der gleichsam als die Stimme eines höheren Richters über die Ereignisse und Handlungen des Stücks sein Urtheil sprach, wieder zu Ehren gebracht und da mit in der That eine außerordentlich tiefgehende Wir kung erzielt. Wer die Oberammergauer Passionsspiele gesehen hat, erinnert sich an den die einzelnen Bilder und Scenen einleitenden und abschließenden Chor mit seinen Führern. Die demselben gestellte Aufgabe ist bei Herrig dem nicht auf der Scene erscheinenden, sondern derselben gegenüber ausgestellten Sängerchor zugetheilt. Der Herold und der Rathsherr über nehmen etwa die in den Schauspielen des Mittelalters vom Prologus, bez. Epilogus geübte Thätigkeit. Der Rathsherr ist im Allgemeinen der Typus der alten Zeit. Er weiß nichts von Allem, was seit dem 15. Jahrhundert geschehen ist. Ihm wird das Leben Luthers in seiner reformatorischen Bedeutung vor geführt, und schließlich nach Beendigung des Stückes setzt ihm der Herold auch noch auseinander, daß das in jenen Tagen zerspaltene Deutschland wieder einig geworden sei, und daß wir einen deutschen Kaiser haben, der Katholik und Protestant beherrscht mit seiner starken Hand. In den einzelnen 7 Bildern erblickt man Luther I. in der Klosterzelle zu Erfurt in schwermüthige Be trachtungen versunken, in denen ihn der eintretenve I)r. Slaupitz tröstet. — 2. Bild: Luther in Wittenberg, den Kampf gegen den Ablaß beginnend. — 3. Bild: I Luther zur Verbrennung der Bannbulle schreitend und seine Ladung vor Kaiser Karl's V. Thron, — 4. Bild: Der Reichstag zu Worms. — 5. Bild: Luther auf der Wartburg. — 6. Bild: Luther in Wittenberg gegen die Bilderstürmer. — 7. Bild: Luthers letzter Weih nachtsabend im Kreise seiner Familie. — Gleichzeitig mit Herrigs Lutherfestspiel ist eine streng dramatische Bearbeitung desselben Stoffes von Otto Devrient er schienen, nach demselben (1887) „Luther und seine Zeit" von Trümpelmann in Torgau. So vortrefflich diese Dichtungen auch sein mögen, als volksthümlichste erscheint die Herrig'sche, und allerdings geeignet, die Ideen über Volkstheater, die Herrig in seiner Schrift: „Luxustheater und Volksbühne" entwickelt, ihrer Ver wirklichung näher zu führen. Herrig will das gegen wärtig bestehende Luxustheater nicht reformiren. Eines- theils hält er das für unmöglich, anderntheils erkennt er den guten Theatern der Gegenwart eine große Be rechtigung zu; aber er will neben dem Luxustheater eine Volksbühne schaffen, in denen das Volk selbst, ohne Luxus-Aufwand (ohne besondere Dekoration) Scenen aus seiner Geschichte darstellen und sich daran erheben soll. — Wir müssen uns auf diese Andeu tungen beschränken, wollen aber wünschen, daß dieselbe zum Besuche des Dresdener Festspiels anregen mögen. — Wie aus der Bekanntmachung im amtlichen Theile der heutigen Nummer hervorgeht, wird nächsten Dienstag wiederum ein sogen. Theater-Extrazug von Hainsberg nach Kipsdorf abgelaffen werden, um den Besuch des Lutherspieles auch den Bewohnern hiesiger Gegend zu ermöglichen. So dankbar wir nun auch das Entgegenkommen der kgl. Generaldirektion der Staatsbahnen begrüßen, können wir doch leider die Wahl des Tages als keine glückliche bezeichnen, glauben vielmehr schon jetzt, da in der Pfingstwoche Alles und Jeder angestrengt zu arbeiten haben wird und nicht an Vergnügungen denken kann, eine sehr schwache Benutzung voraussagen zu müssen. Hätte es sich ermöglichen lassen, den Extrazug am Himmelfahrts tage abgehen lassen zu können, so dürfte der Zug um somehr besetzt worden sein, als neben den Mitgliedern des hiesigen Gesangvereins, der am genannten Tage seinen alljährlichen Ausflug unternahm, auch die Mit glieder der Turnvereine hiesiger Gegend, da ja am gleichen Tage auch die Kreisturnfahrt nach Tharandt stattfanh, in der Lage gewesen wären, mit dem Extra zug in die Heimath zurückzukehren. Hoffentlich hält