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Mcheritz -MW 54. Jahrgang Donnerstag, den 10. Mai 1888. Nr. 55. Es kreisen die Welten im weiten All In nimmer zu messender Ferne; Sie kreisen um unser» mitkreisenden Ball, Die wandernden Sonnen und Sterne. Ein mächtiges, ungezähltes Heer, Ein ewig bewegtes und funkelndes Meer, Der Himmel, der weite, der Himmel. Und dennoch ist er verschlossen uns nicht; Die »rücke beginnt sich zu bauen, Verlischt unS hinieden der Augen Licht, Und Schauen wird, liebliches Schaue« Die Auffahrt; der Vorhang, er rollt und rollt. Bis offen in seinem hellstrahlenden Sold Da droben der Himmel, der Himmel. Die Sterblichen heben die Blicke empor, Sie sinnen und grübeln und fragen; Sie waffnen die Augen, um schon am Thor Ohnmächtig sie niederzuschlagen. Den Kindern der Erde ist er zu weit, Zu blendend in all' seiner Herrlichkeit, Der Himmel, der sonnige Himmel. Die friedlichste Wolke der Höhe neigt Zur blühenden Erde sich nieder, Umhüllet den Auferstand'nen, und steigt Empor in'L Unendliche wieder Mit ihm, dem Verklärten, und Seraphim, Sie öffnen die Pforten der Heimath ihm, Die Pforten des Himmels, des Himmels. Der göttliche Sieger, er ging dahin, Die Heimstatt auch uns zu bereiten, Und Wohnungen viele hat er darin, Und Frieden für Ewigkeiten. Hoch über dem Grabe der Erdenwelt, Da fluthet das Leben, das bleibt und halt, DaS selige Leben im Himmel. Inserat«, welche bei der bedeutenden Auflage d^ Blattes ein« sehr werk, same Verbreitung finden, »erden mit 10 Pfg- di« Spaltenzeile »der der«« Raum berechnet. — Ta« bellarisch« und compkteirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, ,m redaktionell«« Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. kirche und der evangelischen Hofkirche einen erhebenden bleibenden Eindruck. Wir wollen nicht unterlassen, unsere Leser auf diesen eigenartigen Genuß aufmerk sam zu machen, der von heute an bis zum 2. Pfingst- feiertage gewiß auch von auswärts lebhaft gesucht werden wird. Wir kommen nach der ersten Aufführung nochmals darauf zurück. — 9. März. Da sich innerhalb der gestellten Frist keine Stadt zur Uebernahme des 2. sächs. Kreis turn - festes bereit erklärte, wurde auf dem vorletzten Kreis - turntage beschlossen, an Stelle dieses Festes eine Kreis turnfahrt zu veranstalten, und zwar so, daß für jede der 4 Kreishauptmannschaften eine Turnfahrt statt findet. Diesem Beschlüsse gemäß werden morgen zum Himmelfahrtstage in ganz Sachsen die Turner unter wegs sein, um zu gemeinsamer Wanderung und Ar beit zusammenzukommen. Für die Vereine innerhalb der Kreishauptmannschaft Dresden ist Tharandt als Ziel bestimmt. Wenngleich der Himmelfahrtstag wegen der Nähe des Pfingstfestes sich nicht besonders zu einem solchen Vorhaben eignet, da viele Handwerker mit Arbeit überhäuft sind, so wird doch dessen unge achtet morgen reges Leben in Tharandt herrschen, denn die Vereine von Dresden und dessen Umgebung dürften eine gewiß stattliche Zahl von Turnfahrtlern stellen. Der Abmarsch von Dresden erfolgt 9 Uhr, um 2 Uhr beginnen die allgemeinen Freiübungen, welches anregende Bild gewiß viele Zuschauer heran ziehen wird. Auch , unser Turnverein betheiligt sich an dieser Turnfahrt und nimmt seinen Weg über Seifersdorf-Lübau-Somsdorf nach Tharandt. — Bei dieser Gelegenheit sei der erfreulichen Thatsache ge dacht, daß dem von Seiten unseres Turnvereins an die Eltern und Lehrmeister gerichteten Ersuchen : ihre aus der Schule entlassenen Knaben, Lehrlinge und Arbeiter zum Turnen anzuhalten, zahlreich entsprochen worden ist, denn noch in keinem Jahre sind so viel Aufnahmen von Zöglingen erfolgt als Heuer. Die Erkenntniß von der Zweckmäßigkeit des Turnens und dessen heilsamen Einfluß auf die Gesundheit verbreitet sich immer mehr und führt der Turnsache Anhänger aller Stände zu. Möchte diese Einsicht auch bei den Gewerbsgehilfen, welche verhältnißmäßig wenig unter den Turnern vertreten sind, mehr Platz greifen und viele von ihnen aus ihrer Beguemlichkeitsliebe und Energielosigkeit sich aufraffen und zu frischer, fröhlicher Turnarbeit einfinden. — Zum Pfingstheiligenabend w,rd unser Turnverein in der Lage sein, Turngenossen aus unserer Reichshauptstadt in seiner Mitte begrüßen zu können. Nach einer anher gelangten Mittheilung "us Berlin beabsichtigt Turnwart Lauenberg mit etwa 40 größeren Schülern eine Turnfahrt nach Böhmen und werden dieselben von Hainsberg durch den Rabe- nauer Grund und die Haide wandern und Abends hier aglangen. Am andern Morgen soll der Wetter marsch nach NiklaSberg erfolgen. In dem von' dem Baumeister Röllig in Rein- »w „Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2b Pfg-, zweimonatlich 84 Psg., «inmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummer« so Psg. — Alle Postan fialten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Die Türkei und Griechenland. Nachdem es im europäischen Wetterwinkel ganz leidlich ausgeschaut hat, kommen jetzt von der Balkan halbinsel wieder etwas bedenklicher klingende Nach richten, und vor Allem sind es die Meldungen über eine sich bemerklich machende Spannung zwischen der Pforte und Griechenland, welche die Aufmerksamkeit der europäischen Politiker auf sich ziehen. Für die Existenz dieser Spannung sprechen verschiedene An zeichen und Vorgänge der letzten Wochen, namentlich aber die in ernste Erwägung genommen gewesene Ab berufung des türkischen Gesandten in Athen, Feridun Bay. Allerdings ist von Letzterem inzwischen dem grie chischen Ministerpräsidenten Trikupis offiziell mitgetheilt worden, er habe von seiner Regierung den Befehl er halten, auf seinem Posten zu verbleiben, die gereizte Stimmung zwischen Athen und Konstantinopel erfährt hiermit also eine Milderung, jedoch kann sie schon mprgen wieder einen akuten Charakter annehmen, und was eine türkisch-griechische Verwickelung für den euro päischen Frieden bedeuten würde, braucht wohl nicht des Näheren erörtert zu werden, jedenfalls kann Europa heutzutage nicht mehr die Rolle des behaglichen Zu schauenden spielen, wenn „hinten, weit in der Türkei, die Völker auseinander schlagen!" Wenn behauptet wird, daß russische Umtriebe bei der türkisch-griechischen Spannung die treibende Kraft abgeben, so klingt dies durchaus nicht unglaubwürdig, denn nachdem die pan- slavistisch-russische Kriegs- und Hetzpartei mit ihren Versuchen, in Serbien, Bulgarien und Rumänien neuerliche Zeltelungen anzustiften, offenbar Fiasko ge macht hat, ist es gar nicht so unwahrscheinlich, daß sie zur Abwechselung nunmehr die Griechen bearbeitet, und in Griechenland finden die Bemühungen der panslavi- stischen Hetzagenten ein nur zu dankbares Feld. Ob wohl vor fünf Jahren der ernstliche Versuch der Grie chen, die Durchführung der ihnen im Berliner Ver trag verheißenen Gebietserweiterung mit Gewalt zu erlangen, durch das energische Dazwischentreten der Großmächte zurückgewiesen wurde, sind die hierauf zie lenden Bestrebungen im griechischen Volke dieselben geblieben, während zugleich auch die Agitation für die Vereinigung der Insel Kreta mit Griechenland niemals gänzlich geruht hat und die russischen Machinationen finden da begreiflicher Weise einen außerordentlich günstigen Boden. Ob das offiziöse Rußland für die letzteren mit verantwortlich zu machen ist, mag dahin gestellt bleiben, die auffällige Reise indessen, welche der russische Botschafter in Konstantinopel, Herr von Nelidoff, vor einiger Zeit nach Athen unternahm, wider spricht einer derartigen Annahme gerade nicht, wie denn auch der kürzliche Besuch des griechischen Ministers des Auswärtigen in St. Petersburg darauf hinzu deuten scheint, daß zwischen Rußland und Griechen land gewisse Abmachungen bestehen. Dieselben lassen sich zwar nicht haarscharf Nachweisen, aber sie bekunden sich in der ganzen provozirenden Haltung, welche Griechenland jetzt gegen die Pforte allmählich einnimmt, und der griechische Gernegroß würde schwerlich wagen, derartig auszutreten, wenn er sich nicht auf seinen russischen Freund verlassen zu können meinte. In Londoner politischen Kreisen will man denn auch be stimmt wissen, daß trotz der griechischen Ableugnungen in Athen russische Einflüsse spielen, infolge deren man es griechischerseits auf eine förmliche Herausforderung der Türkei abgesehen habe und einen Konflikt hiirbei- zuführen beabsichtige, bei welchem Rußland natürlich im Trüben fischen könnte. Vielleicht mag man nun in London die türkisch-griechische Spannung allzu pessi mistisch beurtheilen, aber schon deren Existenz ist eine Bedrohung des europäischen Friedens und es steht darum zu erwarten, daß die Mächte, denen an der Erhaltung desselben gelegen ist, ihren Einfluß zur Beseitigung dieses sich am europäischen Horizont wieder zeigenden „dunkelen" Punktes aufbieten werden. Frei lich sind aber wiederum die Beziehungen der Groß mächte zu einander vielfach so verwickelter und deli kater Natur, daß die eventuelle diplomatische Behand lung des sich markirenden türkisch-griechischen Zwischen falles zum Mindesten eine langwierige Arbeit werden würde. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 9. Mai. Heute beginnt in Dres den die sorgfältig vorbereitete Ausführung des Herrig- schen Volksschauspiels „Luther." Nicht im Hof theater, nicht von Berufsschauspielern gelangt dies volksthümliche Festspiel zur Aufführung. Eigentlich ist als Schauplatz die Kirche gedacht, wie denn auch bei der Aufführung eine starke Orgel mit zur Verwendung kommt; da man aber aus naheliegenden Gründen von der Darstellung des Schauspiels in dem Gotteshause Abstand nehmen mußte, so ist ein besonderer, bisher anderen Zwecken dienender Bau durch geeignete Deko ration und Ausstattung zu einem des Dramas wür digen Schauplatze gestaltet worden. Von der Mit wirkung von Berufsschauspielern hat man hauptsächlich deshalb abgesehen, weil das Stück, ein Volksstück, im besten Sinne de« Wortes, eine Erneuerung und Wieder erweckung volksthümlicher Schauspiele, wie sie im Mittelalter von ehrsamen Bürgern dargestellt wurden, anbahnen helfen soll. Die Darstellenden sind beson ders ausgewählte Privatpersonen, begeisterte Kunst- und Lutherfreunde, die es als eine ehrenvolle Ausgabe erachten, das Bild und Wort des großen deutschen Mannes einmal dem Volke sinnlich plastisch vor die Seele zu führen. Der Gedanke, den Reformator dra- 7°^ »ur Anschauung zu bringen, ist am Lulherfeste 1883 entstanden und seitdem schon von verschiedenen Verfassern zur Ausführung gelangt. Von der Herrig- Bearbeitung rühmt man besonders die ernste, volksthümliche, ans Her, greifende Sprache und hofft von der Mitwirkung der vorzüglichen Chöre der Kreuz- ' El m t S b l a t t . Amtsgerichte und di- ztadträthe fü- di. Königlich. Am.-h°uptmEsch-fl Mp°^ Verantwortlicher Redacteur: Earl Ithut in Dippoldiswalde.