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Mchmh-ZkitW Verantwortlicher Redacteur: Carl Ahne in Dippoldiswalde. 54. Jahrgang. Dienstag, den 1. Mai 1888. Nr. 51. ZMerale, welch« bei d« bedeutenden Auflage det Blattes ein« schr wirk same Berbreitunafinden, «erden mit 10 Pfg. di« Spalten»eile »der oere» Raum berechnet. — Ta» bellarische und complieirt« Inserate mit entsprechen» dem Aufschlag. — Eiime» sandt, rm redaktionellen Th eile, di» Spalteiqeil« 20 Pf,. »le „Weißerih. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Psg-, zweimonatlich 84 Psg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 1V Psg. — Alle P-stan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- , , , Amtsblatt für die Lönialiche Umlshauplmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Miglich-n Ymtsgerichle und di- Ktadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 30. April. Der Gewerbeverein, der nunmehr in sein 31. Lebensjahr eintritt, hielt am vorigen Freitag seine Jahresversammlung ab, um die geschäftlichen Angelegenheiten zu ordnen. Freilich ent sprach der Besuch derselben nicht den Erwartungen, welche man von einem 110 Mitglieder starken Verein haben sollte. Nachdem Herr Kaufmann Lincke als Schriftführer einen kurzen Jahresbericht verlesen, kam die von Herrn Kaufmann Richter geführte Jahresrech nung zum Vortrage, nach welcher einer Einnahme von 1565 M. 1 Pf. eine Ausgabe von 193 M. 99 Pf. gegenübersteht, so daß mit dem vorhandenen Kaffen- bestande und einigen Resten sich ein Vermögensbestand von 1618 M. 62 Pf. ergiebt. Der seinerzeit abge sonderte Ausstellungssond beträgt 233 M. 20 Pf. — Hierauf erstattete Herr Einnehmer a. D. Fretter, als Bibliothekar Bericht über die Benutzung und die Kassen verhältnisse der vom Gewerbeverein verwalteten Volks bibliothek für Dippoldiswalde und Umgegend. Ersterer lehnte sich an eine von Herrn Fretter gefertigte höchst übersichtliche Statistik, aus letzterer ersah man mit Freude, daß auch im vergangenen Jahre die Bibliothek sowohl durch das kgl. hohe Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts, als durch die städtischen Kollegien unterstützt worden ist. An den beiden Herren für ihre ausgezeichnete klare Rechnungsführung durch Erheben von den Sitzen dargebrachten Dank knüpfte der Vorsitzende den Antrag, auch in diesem Jahre der Volksbibliothek 30 M. aus der Vereinskasse zu be willigen, der einstimmig angenommen wurde. Zu Rechnungsprüfern wurden die Herren Kaufmann Bem- mann und Steinbruchbesitzer Liebel ernannt. — Bei der hierauf vorgenommenen Neuwahl des Vorstandes wurden die bisherigen Mitglieder desselben wieder ge wählt. Schließlich wurde der Vorschlag gemacht, in diesem Sommer einen Ausflug nach den Muldener Hütten und Freiberg zu machen, wogegen von anderer Seite auf die im Laufe dieses Sommers in Meißen -stattfindende Gewerbeausstellung als Zielpunkt einer Exkursion hingewiesen wurde. Der Vorsitzende forderte dazu auf, diese und vielleicht noch andere Vorschläge in der nächsten Versammlung vorzubringen, wo da rüber abgestimmt und Beschluß gefaßt werden soll. — In einigen Tagen werden wir die Sammlung für die Ueberschwemmten in den norddeutschen Niederungen schließen und bitten deshalb Alle, welche uns noch Beiträge für dieselben zugedacht haben, uns dieselben möglichst bald zu übergeben. — Am vorvergangenen Sonnabend hielt die hiesige Ortskrankenkasse, deren Rechnungsabschluß im Jn- seratentheile der heutigen Nummer enthalten ist, ihre Generalversammlung ab, welche sich in der Hauptsache auf Anhöcen des Geschäftsberichts und Richtigstellung der geprüften Jahresrechnung beschränkte. Der Be such war, wie gewöhnlich, bedauerlicherweise ein äußerst schwacher. Es dürfte sowohl Arbeitern wie Arbeiter freunden von Interesse sein, auch an dieser Stelle Einiges über die Wirksamkeit der Kaffe im vorigen Jahre zu erfahren. Unsere Ortskrankenkasse umfaßt sämmtliche versicherungspflichtigen Betriebe hiesiger Stadt und schwankt die Mitgliederzabl derselben zwischen etwa 350 bis 500 Personen, je nachdem Jahreszeit und Geschäftsgang das Baugewerbe, die Fabrik- und andere Gewerbebetriebe beeinflussen. Der Wechsel des Arbeiter- und Gehilfenpersonals ist ein sehr reger. Im Jahre 1887 waren 573 Neuanmeldungen und 523 Abmeldungen zu verzeichnen. An Versicherungsbei trägen (je nach Alter und Geschlecht der Arbeitnehmer 24, 15, 12 und 9 Pfg. pro Woche) wurden insge- sammt 4749 M. 93 Psg. vereinnahmt. Krankmel dungen erfolgten 371 und waren 134 dieser Fälle mit zeitweiliger Erwerbsunfähigkeit verbunden. 17 Er krankte wurden in Krankenhäusern verpflegt und da für qn Verpflegkosten rc. 611 M. 91 Pfg. und an die Angehörigen von zwei dieser Verpflegten 103 M. 87 Pfg. Familienunterstützung bezahlt. An die in ihrer Behausung bez. bei ihren Arbeitgebern Verpfleg ten bezahlte die Kaffe an Krankengeld 1022 M. 70 Pfg., außerdem 54 M. Unterstützung an Wöchnerinnen und 84 M. Sterbegeld für 3 Todesfälle. Für die ärztliche Behandlung der 371 Erkrankten hatte die Kaffe 1278 M. 75 Pfg. (für 42 ärztliche Operationen, 32 Galvanisationen, 108 Verbände, 1102 Ratherthei- lungen in der Wohnung des Arztes und 289 Kranken besuche) aufzuwenden, für Arzneimittel 635 M. 45 Pfg., für zu beschaffende Bruchbänder, Schutzbrillen, Bade- geräth rc. 45 M. 55 Pfg. Trotz der gegenüber den Vorjahren ganz bedeutenden Steigerung der an die Kaffe herantretenden Ansprüche (in den Jahren 1885 und 1886 betrugen z. B. die Krankengelder nur 450 bez. 562 M.) kann dennoch ein Ueberschuß von circa 500 M. an den Reservefond abgeführt werden, wo durch dieser auf den Betrag von 5371 M. 29 Pfg. steigt. Im Allgemeinen ließ sich im vergangenen Jahre erkennen, daß die Wirksamkeit der Ortskrankenkaffe, die nicht blos vom Krankenlager schwer Betroffener die schlimmste materielle Sorge fernhält,sondern welche durch die jedem Versicherten kostenlos und zu jeder Zeit zu Gebote stehende Hilfe manche schwerere Erkrankung im Keime erstickt, in den Arbeiterkreisen immer mehr Ver- ständniß und Würdigung findet, was sich am deutlich sten durch die immer zahlreicheren Austritte auS den sogen, freien Hilfskaffen, welche nicht entfernt die gleichen Vortheile zu bieten vermögen, und Uebertritt in die Ortskrankenkaffe zeigt. Auch in den anfänglich dem Institut vielfach unfreundlich gesinnten Kreisen der Arbeitgeber hat sich immermehr die Ueberzeugung Bahn gebrochen, daß das ihnen angesonnene Opfer von ca. 1 Pfg. täglich doch ein verschwindend kleiner Einsatz ist gegenüber dem Gewinne, einem braven Ar beiter für den Fall der Arkrankung Hilfe, Pflege und Unterstützung zu sichern. — Diejenigen Gesangvereine des Elbgausänger- bundes, welche die Gruppe „Dippoldiswalde" bilden, werden sich in diesem Jahre wiederum zu einer Ge- sammtaussührung vereinigen, wie es im vorigen Som mer bereits in Dippoldiswalde geschah. In einer gestern hier abgehaltensn Berathung der Vorstände und Liedermeister genannter Vereine ist beschlossen worden, die diesjährige Aufführung am 22. Juli auf der „Al- berthöhe" bei Rabenau abzuhalten und den Rein ertrag wiederum zu Wohlthätigkeitszwecken zu ver wenden. — Die Nacht vom 30. April zum I. Mai nennt man bekanntlich Walpurgisnacht. Sie leitet ihren Namen von der frommen Jungfrau Walpurgis her, welche im 8. Jahrhundert, zur Zeit des heiligen Boni- facius, ihren Brüdern Wunibald und Willibald von England nach Deutschland gefolgt war, um mit Jenen hier für die Verbreitung des Christenthums zu wirken. Als die heftigste Gegnerin aller Zauberei und Hexerei, war sie aus allen Kräften bemüht, diese von der Erde zu vertilgen. Sie starb als Aebtissin des von ihrem Bruder Wunibald gegründeten Klosters Heidenheim bei Eichstädt. Durch eine zu Ende des neunten Jahr hunderts von einem Mönche verfaßte, an Wundern reiche Lebensbeschreibung Walpurgis' gewann der Kultus derselben eine sehr große Verbreitung. Durch ganz Deutschland, ja sogar in den Niederlanden und England wurden ihr Kirchen und Kapellen geweiht, Reliquien von ihr gezeigt und Feste zu ihrem Andenken gefeiert. Da ihr Hauptfest, der Tag ihrer Heilig sprechung auf den I. Mai fiel, welcher zur Heidenzeit einer der größten Feiertage war, an dem man große Nathsversammlungen hielt, die heiligen Maifeuer ent zündete und den Göttern opferte, so pflanzten sich nach Einführung des Christenthums die heidnischen Gebräuche unter Zugrundelegung christlicher Bedeutung fort. Als demnach die alten heidnischen Götter durch die christ lichen Bekehrer zu völligen Teufeln gestempelt worden waren und der Hexcnglaube in Schwang gekommen war, erlangte die Walpurgisnacht eine berüchtigte Be deutung, indem man in der Nacht vom 30. April zum 1. Mai die Hexen auf Besen und Böcken zu den alten Opfer- und Gerichtsstätten fahren ließ, um dort mit ihrem Obermeister, dem Teufel, eine große RathSver- sammlung zu halten, in welcher Beschlüsse über die wichtigsten Angelegenheiten im Reiche der Zauberei und Hexerei gefaßt wurden. Nebenbei belustigten sie sich auch dabei mit ihren Buhlen beim Hexentanz. Solche Hexenberge gab eS ziemlich viele in Deutsch land, am bekanntesten aber war der Brocken oder Blocksberg am Harz, dessen wildzerriffene Klippen, wo der Blick von schwindelnder Höhe auf ein Meer von Felsenblöcken herabschaut, die eine dämonische Gewalt aufgerichtet zu haben scheint, den Namen „Hexentanz platz" vollkommen rechtfertigen. Und wenn man ferner in heidnischer Zeit an böse Geister geglaubt hatte, welche den grünenden Saaten und den blühenden Bäu men schaden konnten, so zog man jetzt in christlicher Zeit während der Walpurgisnacht mit Büchsen aus, schoß über die Aecker, schlug an die Bäume, knallte mit Peitschen, lief mit brennenden Strohwischen um und gab dem Vieh zauberbrechendes Futter, um die ver meintlichen schädlichen Wirkungen der Hexen zu vereiteln. — Don allgemeinem Interesse ist die im neuesten Reichsgesetzblatt Nr. 21 veröffentlichte kaiserliche Ver ordnung, durch welche die Verpflegungssätze für Mannschaften und Pferde theilweise abgeändert wer den. Hiernach ist als tägliche Feldmundportion (Feld kost) dem niit Verpflegung Einquartirten — Offizieren, Militärärzten in Okfiziersrang und oberen Beamten, wie Mannschaften und Unterbeamten — zu gewähren: 1. 750 8 Brod; 2. 375 A rohes, frisches oder ge salzenes Fleisch oder 200 § (bisher 250 Z) geräuchertes Rind-, Schweine- oder Hammelfleisch oder (bisher 175 2) Speck oder geräuchertes Fleisch oder Dauer wurst (neu ausgenommen); 3. 125 Reis, Graupen oder Grütze oder 250 g Hülsenfrüchte oder Mehl oder 1500 A Kartoffeln; 4. 25 ß Salz, sowie 5. 25 ß ge brannte oder 30 ungebrannte Kaffeebohnen. Außer der Kaffeeportion hat der Einquartirte Getränke nicht zu beanspruchen. Die Brodportion vertheilt sich gleich mäßig auf die Morgen-, Mittag- und Abendkost. Als Morgenkost ist Kaffee oder Suppe, als Mittagskost Fleisch und Gemüse, als Abendkost Gemüse zu verab reichen. Falls das Brod den Truppen aus den Maga zinen geliefert wird, hat der Quartiergeber solches nicht zu verabreichen. An der Vergütung für Natural verpflegung ist nichts geändert, als daß dieselbe sowohl für Offiziere und Militärärzte im Offiziersrang gleich ist. Hinsichtlich der Fourage für Pferde fallen die bisherigen Unterschiede zwischen mobilen und nicht mobilen Truppen, schwerer und leichter Feldration rc. weg. Der Tagesfouragesatz (schwere Kriegsration) für die Pferde der auf Märschen oder in Kantonnirungen befindlichen Truppen, einschließlich des Heeresgesolges, beträgt zur Zeit 6000 (bisher 5650 g) Hafer, 1500 2 Heu und 1500 8 (bisher 1750 §) Futterstroh. Die Dienstpferde des Regiments der Gardes du Korps erhalten außerdem eine Futterzulage von 500 x Hafer und 1500 x Heu für Pferd und Tag. — Jede unserer Reichsmünzen weist am unteren Rande einen oder zwei gleichlautende Buchstaben auf, welche bekanntlich die Prägestelle angeben, an welcher die Münzen angesertigt sind. Es dürfte auch von weiterem Interesse sein, die Namen der Orte in Er innerung zurückzurusen, welche mit diesen Buchstaben bezeichnet werden. Alle Münzen mit dem Buchstaben sind in der Münze von Berlin geprägt, diejenigen mit einem 8 in Hannover, mit einem 6 in Frank furt a. M., mit einem v in München, mit einem 8 in Dresden bezw. in der Muldener Hütte, mit einem k' in Stuttgart, mit einem 6 in Karlsruhe und mit einem ck in Hamburg. Weitere Münzstätten existiren in Deutschland nicht.