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Stets hat es jede edle Nation als eine Pflicht der Pietät und als eine heilige Mahnung für die auf wachsenden Geschlechter angesehen, ihre großen Tobten zu ehren, und sicher ist es ein Herzensbedürfniß aller deutschen Patrioten, daß dem verewigten Helden-Kaiser Wilhelm ein Gedenktag geweiht werde. Welcher Tag märe wohl geeigneter, als der 22. März, der Geburts tag des Entschlafenen? Hatte dieser Tag doch im Leben des deutschen Volkes bereits einen hohen Ehren platz erhalten, so daß man stets mit herzlichster Freude seiner gedachte und ihm frohe Feste nicht nur in ganz Deutschland, sondern auch in fernen Ländern, wo Deutsche wohnten, widmete. Der 22. März ist daher bereits so voll und ganz als Erinnerungstag an Kaiser Wilhelm dem Gedächtnisse der Nation eingeprägt, daß eS durchaus folgerichtig ist, den 22. März überhaupt als weihevollen Gedenktag Kaiser Wilhelms zu feiern. Wenn wir uns so recht vergegenwärtigen, was der verewigte erste Kaiser des neuen deutschen Reiches seinem Vaterlande, ja der ganzen Kulturwelt war und dabei erwägen, mit welcher Bescheidenheit, ja rühren der Demuth der Große Wilhelm über sein Wirken urtheilte, so muß jeder ehrliche Mann ohne Weiteres zugeben, daß der entschlafene Held nicht nur das Muster eines Fürsten, sondern vor allen Dingen auch das Muster eines Menschen war und daß es unsere heilige Pflicht ist, Kaiser Wilhelms Lebensbild uns und unseren Kindern an einem Gedenktage vor die Augen zu führen. Kaiser Wilhelm war der erste und beste Krieger des deutschen Heeres, er war der erste und treueste Beamte des Reiches, er war der erste und treueste Bürger des Staates. Er sagt von sich: „Ich erblicke in allen Menschen meine Brüder und lege jeden Herrscherstolz ab," und doch hat er niemals seiner Kaiser- und Königswürde auch nur das Geringste vergeben. Kaiser Wilhelm durste von seiner Regie rungszeit, seinem hohen Amte, seinem segensreichen, unermüdeten Wirken zu allen Deutschen sagen: „Ich habe für das Wohl des Vaterlandes mehr gearbeitet, mehr gesorgt, und mehr gewagt, als Ihr Alle!" Aber niemals hat man von dieses Kaisers Mund dergleichen Worte gehört, wohl aber hat er an seinen ruhmreichen Tagen Aussprüche gethan, welche seine lautere Herzens bescheidenheit, seine tiefe Demuth bekundeten. „Welche Wendung durch Gottes Fügung, ihm gebührt die Ehre!" telegraphirte Kaiser Wilhelm nach dem Tage von Sedan an seine Gemahlin. Ferner hörte man bei Gelegen heiten, wo Kaiser Wilhelm Huldigungen dargebracht wurden, von ihm nicht selten die Worte: „Was ich bin, bin ich durch Gottes Gnade! Wir sind nur die Werkzeuge Gottes und haben keine Ursache, stolz zu sein!" Und wie muß der Mund der Zweifler und Spötter verstummen, wenn sie überblicken, welchen herrlichen Segen die Pflichttreue, die Demuth und die Gottesfurcht Kaiser Wilhelms seinem Wirken gebracht hat! Die Welt ist freilich undankbar und für Groß- thaten leicht vergeßlich, aber man blättere nur nach in der Weltgeschichte, ob man einen einzigen Herrscher findet, der solche Erfolge, solche dauernde, schöne, herz gewinnende Erfolge auszuweisen hat, als Kaiser Wil helm. Obwohl Sieger in drei Feldzügen und Be zwinger der größten Kriegsmacht der Welt, legte sich Kaiser Wilhelm doch nach den blendendsten Erfolgen weise Mäßigung auf, er sah in den Kriegen nur ein notwendiges Uebel, ein Gottesgericht, er ruhte nicht auf kriegerischen Lorbeeren aus, sondern wandte sich sobald als möglich der Förderung der inneren Wohl fahrt des Landes wieder zu. Ohne irgend welche Uebertreibung darf man auch von Kaiser Wilhelm sagen, daß er der verkörperte deutsche Genius für ein ganzes Jahrhundert war. Als jammernden Knaben sehen wir Kaiser Wilhelm in der großen Leidenszeit Preußens und Deutschlands ist den Jahren 1806 bis 1812. Aber 1813 erwacht in dem fürstlichen Jüngling schon der deutsche Genius, der ihn auf die Schlacht felder treibt und ihm zeigt, wo und wie die Schicksale der Nation entschieden werden. Eine lange, lange Zeit der Prüfung muß er nun erst bestehen, ehe er, bereits ein Greis, zur Herrscherwürde gelangt. Doch der königliche Greis fühlt in sich die Kraft des sieges bewußten Feldherrn und die gereifte Kunst des Staats mannes und kaum hat er zehn Jahre weiter regiert, so ist aus dem verkannten Preußen und dem zer splitterten und verachteten Deutschland der erste Staat der Erde geworden. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 20. März. Sowohl die Prüfung im Turnen am Montage, als die mündlichen in den sonstigen Lehrfächern am Dienstag in unserer Stadt schule war von Eltern und Schulfreunden, sowie von Mitgliedern des Schulausschusses zahlreich besucht. Auch beehrte Herr Bezirksschulinspektor Mushacke die 1. Knabenklasse mit seiner Gegenwart. Was die Aus stellung von Schülerarbeiten in Zeichnungen, Heften, Landkarten, geometrischen Körpern und weiblichen Handarbeiten anlangt, so muß man Fleiß und Sauber keit gleichmäßig anerkennen und ist zu dem Urtheile berechtigt, daß unsere Stadtschule in dieser Hinsicht den Vergleich mit den Schulanstalten gleicher Kategorie keineswegs zu scheuen braucht. Man sieht, daß Leh rende und Lernende ihre Aufgabe erkannt und mit Eifer bestrebt gewesen sind, derselben gerecht zu wer den. Wir empfehlen den Besuch der Ausstellung dringend. Ueber die mündlichen Prüfungen werden wir nach ihrem Schluffe nochmals berichten. — Mit heute beginnt der Frühling. Freilich nur der astronomische; denn von Anzeichen des natür lichen ist bis jetzt bei uns noch keine Spur vorhanden. Rings Eis und Schnee wie mitten im Winter, dazu eine Temperatur beständig unter Null, so daß man mit Theilnahme Derer gedenken muß, denen die Mittel fehlen, den schon längst zusammengeschwundenen Heiz vorrath zu erneuern, aber auch der Vögel, die weder Futter finden, noch in dieser Temperatur den Nestbau aussühren können. — Aus dem Amtsgerichtsbezirk Dippoldiswalde stellten sich am 19. und 20. März vor die Muste rungskommission 391 Mann, von denen 84 taug lich waren, 27 kamen zur Ersatzreserve, 33 zum Land sturm I. mit Waffe, 5 zum Landsturm I. ohne Waffe, 181 wurden 1 Jahr zurückgestellt und 61 waren dauernd untauglich. — Im ganzen Bezirke wurden gerade-800 Mann untersucht, von denselben waren 197 tauglich, 63 kamen zur Ersatzreserve, 63 zum Landsturm I. mit Waffe und 11 zum Landsturm I. ohne Waffe, 362 wurden 1 Jahr zurückgestellt, wäh rend 105 dienstuntauglich waren. Dippoldiswalde. Die Frequenz auf der schmal spurigen Sekundärbahn Hainsberg-Kipsdorf im Monat Februar gestaltete sich in folgender Weise auf den einzelnen Stationen und Haltestellen: Tvurbillels. Tnncsbillets. Militär- dillets. 11. m. II. III. Hainsberg. 36 427 57 514 2 Dresden . 25 210 60 536 16 Dippoldisw. 29 480 162 1115 14 beim Zugs. 24 859 64 2016 18 Sa. 114 1976 343 4181 50 6664. Befördert wurden 2,691,651 Kilogramm Güter, in Sa. per Januar und Februar 5,305,182 Kilogr. Der Versandt von den Güteragenturen ist hierin nicht mit inbegriffen. — Es erfolgt bereits ein Hinweis darauf, daß die am Osterheiligabend und dem ersten Feiertag gelösten Tagesbillets auf den sächsischen Staatsbahnen zur Rückfahrt bis mit Mittwoch, den 4. April, Giltigkeit haben. Niederfrauendorf. Am Donnerstag, 22. März, wird im hiesigen Gasthofe eine Kaiser-Feier statt finden; es seien die betreffenden Kreise darauf auf merksam gemacht. 4 Poffendorf. Unter Vorsitz des Lokalschulin spektors, Herrn k. Nadler, wurden am vergangenen Montag und Dienstag die Oste rprüfun gen an hie siger Massigen Volksschule und der Fortbildungsschule abgehalten. Diese Schulfeierlichkeit erhielt durch zahl reichen Besuch eine erhöhet« Bedeutung. Die mit den Prüfungen stattgesundene Ausstellung von weiblichen Handarbeiten legte Zeugniß von dem Fleiß der Schü lerinnen ab und machte der Lehrerin, Frau verw. Herklotz, alle Ehre. — Das Gesangsconcert, welches der hiesige Männergesangverein „Liederwald" wegen Ablebens des Kaisers Wilhelms am 11. März nicht abhalten konnte, findet nun am 3. Osterfeiertag statt. Dresden. Die Zweite Kammer wählte am 20. März durch Zuruf Mitglieder des StaatsgerichtS- hoses und erledigte dann die Kap. 20, 21, 104—106 des Staatshaushaltsvoranschlags. Eine längere De batte entwickelte sich über die eingegangenen Petitionen, die Grundsteuer ganz aufzuheben oder dieselbe herab zusetzen. Endlich aber beschloß die Kammer gegen 7 Stimmen, dieselben sümmtlich auf sich beruhen zu lasten. — Die Uebernahme" der am I. April in den Besitz des sächsischen Staates übergehenden Bahnstrecke Dres den-Elsterwerda erfolgt bis Ende dieses Monats, nachdem alle nöthigen Vorbereitungen getroffen worden sind. Der Fahrplan der ganzen Linie wird in der Hauptsache seine bisherige Gestalt behalten. — Das kgl. Landgericht Dresden verhandelte am 20. März gegen den 1826 in der Spechtritzmühle ge borenen 3 Mal wegen Beleidigung vorbestraften jetzt in Großdobritz wohnenden Gastwirth C. H. Pretzschner wegen Unterschlagung, Betrug und Beleidigung. Nach umfangreicher Beweisaufnahme wurde der Angeklagte wegen Unterschlagung und Betrug sreigesprochen, da gegen wegen Beleidigung zu 100 Mark Geldstrafe, bei deren Uneinbringlichkeit zu 20 Tagen Gefängniß ver- urtheilt. Meißen. In der Gegend von Munzig bei Mil titz wurde vor einigen Jahren nach Silbererzen ge schürft; hierbei kamen u. A. ganz vorzügliche krystalli- firte Arsenkiese zu Tage, doch scheint die Silber gewinnung nicht lohnend gewesen zu sein, wie sich aus folgender Bekanntmachung des hiesigen Amtsgerichtes ergiebt: Die Erben des verstorbenen Rittergutsbesitzers Rudolph von Heinitz auf Miltitz haben das dem Letzte ren mittelst Verleihungsurkunde bes k. sächsischen Berg amtes zu Freiberg am 7. Oktbr. 1871 und Nachtrags urkunde vom II. November 1875 unter dem Namen „Adolph zu Miltitz" verliehene Bergbaurecht aufge geben. Freiberg. Die landwirthschaftliche Winter schule zählt am Schluffe ihres diesjährigen Semesters 41 Schüler, von denen 10 aus der Amtshauptmann- schast Dippoldiswalde, und zwar aus den Orten Bur kersdorf, Reinhardtsgrimma, Höckendorf, Johnsbach, Großölsa, Niederpretzschendorf, Nassau und Kleba stammen. — Das Stipendium für einen würdigen und bedürftigen Schüler, im Baarbetrage von 50 Mark, erhielt beim Schluffe des vorigen Wintersemesters Karl Albrecht Fischer aus Reichenau, während zu gleicher Zeit Wilhelm Max Göbel aus Ruppendorf, Paul Zschommler aus Seifersdorf und Emil Oskar Geißler aus Pretzschendorf Bücherprämien zuerkunnt bekamen. Chemnitz. Die Typhus-Epidemie in hiesiger Stadt ist im entschiedenen Zurückgehen begriffen. Wäh rend in der Woche vom 12. bis 18. Februar 497 Personen, in der darauffolgenden Woche 346 Per sonen erkrankten, fiel von da an die Zahl der Er krankungsfälle und erreichte sie in der Woche vom I I. bis 17. März nur 18.