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Beibehaltung aller drei Märkte wurde als Wünschens werth bezeichnet, so lange nicht allerwärtS an Aufhebung derselben gedacht werde. Roßwein. Der Stadtrath hat jetzt mit 11 gegen 2 Stimmen beschlossen, den der Stadt nach Süden vorliegenden 53 Acker großen Hartenberg innerhalb eines Zeitraums von 18 Jahren mit Nadelholz (Fichte) zu bepflanzen. Bis jetzt war der Berg in kleinen Stücken als Kartoffelacker verpachtet; der Pacht preis ging aber immer mehr und mehr zurück. Ein Gutachten des königl. Forst-Ingenieurs TimäuS aus Dresden betonte, daß in nicht zu langer Zeit der gute Boden fast ganz abgeschivemmt sein würde und dann eine forstwirthschaftliche Bebauung auf große Schwierig keiten stoßen würde. Frankenberg. Bei der seit 40 Jahren bestehenden hiesigen städtischen Sparkasse ist am 25. Februar das 20,000. Sparkaffenbuch ausgefertigt worden. Ueber die Gründung und Entwickelung dieser Kaffe mögen folgende Mittheilungen von einigem Interesse sein. Im Jahre 1842 hatte man im Rathskollegium das Bestehen einer Sparkasse wohl für nützlich, durch Ueber- nahme der Bürgschaft Seitens der Stadt aber für zu kostspielig erachtet und deshalb den Vorschlag gemacht, gegen ein Entgelt von 25 Thalern einen Prokuristen zu bestellen, welcher Einlagen hiesiger Einwohner ent gegennehmen und bei der Sparkaffe in Chemnitz zins bar anlegen solle. Nachdem aber die Stadtverordneten diesen Vorschlag abgelehnt hatten, beschloß man, einem hiesigen Bürger (Heinrich Ehregott Schaarschmidt) die Einrichtung der Sparkaffe gegen Bürgschaft der Stadt- gememde zu übertragen. Da derselbe jedoch ablehnte, entschied man sich endlich für Gründung der Sparkaffe Seitens der Gemeinde. Es vergingen indeß weitere vier Jahre über diesbezügliche Verhandlungen, und erst nachdem von Seiten der Bezirksamtshauptmann schaft Chemnitz neue Anregung gegeben wordön war, schritt man zur Gründung der Sparkaffe, welche am 15. März 1847 eröffnet wurde. (Wir wollen hierbei erwähnen, daß die am 18. Mai 1850, also ca. 3 Jahr später eröffnete Sparkaffe zu Dippoldiswalde bis jetzt 22,375 Bücher mit einem Einlagekapitale von ca. 2 V» Mill. Mark ausgegeben hat.) Leipzig. Der große Schlacht- und Viehhof, welchen unsere Stadt Hierselbst nahe Connewitz er richten ließ, ist so eingerichtet, daß alles Schlachten dort erfolgen kann und muß. Nun beabsichtigt die Fleischerinnung in Lindenau, einen eigenen Schlacht hof in diesem Orte zu errichten, was zu einem Streite mit Leipzig, welches bekanntlich die Vororte einzu verleiben gedenkt, geführt hat. Jetzt haben nun auch die Bewohner von Lindenau selbst sich gegen die Er richtung eines Schlachthofes erklärt — ganz mit Recht; denn in Hinsicht auf die gesundheitlichen Verhältnisse ist nur zu wünschen, doß das Schlachtwesen möglichst einheitlich geregelt wird. Tagesgeschichte. Berlin. Der Reichstag beschloß am 28. Febr. nach längerer Debatte, zur gerichtlichen Versolgung des Redakteurs Dürholt in Hirschberg wegen Beleidigung des Reichstages die Ermächtigung nicht zu ertheilen. Das Haus genehmigte die ersten l l Paragraphen des Gesetzentwurfs über die Rechtsverhältnisse in den Schutzgebieten in der Kommissionssaffung. Bei der Abstimmung zu dem Antrag Rinteln: Den Artikel der Berliner Konferenz vom Jahre 1885 wegen Gewähr leistung der Gewissensfreiheit und religiöser Duldung an Eingeborene und Fremde in das Gesetz auszunehmen, ergab die Beschlußunfähigkeil des Hauses. — Die Wahlprüfungs-Kommission des Reichstages hat die Wahl des sächsischen Abgeordneten vr. Götz (Leipzig-Land) mit allen gegen 1 Stimme für giltig erklärt. Der sozialdemokratische Protest mit 43 Be schwerdepunkten hat der Kommission nicht einmal Ver anlassung zu einer Resolution gegeben. — Die Wahl prüfungskommission hat mit dieser Gültigkeitserklärung ihre Arbeiten beendet. — Der Neichstagsschluß wird nunmehr bestimmt vor Ostern erfolgen. Präsident v. Wedell-Piesdorf wies in der Sonnabendsitzung des Reichstages auf den demnächst erfolgenden Schluß der Session hin und leitete er hieraus die Erklärung ab, er könne nur noch in dringenden Fällen Urlaubsgesuche bewilligen, da die noch schwebenden Arbeiten endlich ihrer Erledigung zugesührt werden müßten. Daß dies bis etwa zum 15. März geschehen wird, kann nicht bezweifelt werden, ja vielleicht wird der Reichstag bis zu dem genannten Zeitpunkte auch noch das von der Kommission nun mehr fertiggestellte Weingesetz durchberathen können, während es anderseilig fraglich erscheint, ob z. B. auch der beantragte Gesetzentwurf über die Sonntagsruhe zur Erledigung gelangt. Natürlich kann von einer auch nur vorläufigen Berathung des Alters- und Jnvaliditäts-Versicherungsentwurfes durch den Reichstag in Anbetracht der parlamentarischen Geschäftslage nicht — 130 — mehr die Rede sein und ob der jetzt dem Bundesrathe zuaegangene GenossenschastSgesetzentwurf noch zu einer ersten Lesung im Reichstage gelangt, muß ebenfalls bezweifelt werden, auch hätte eine solche gegen Ende der Session keinen Zweck mehr. Dieser Gesetzentwurf ist vielleicht das umfassendste Schriftstück, welches dem Bundesrathe in dieser Tagung zugegangen ist. Der Gesetzentwurf enthält 155 Paragraphen. Dieselben zerfallen in 10 Abschnitte, und zwar Errichtung der Genoffenschaft, Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und der Genossenschastsverlretung, Geschäftsführung, Revision, Ausscheiden einzelner Genoffen, Auflösung und Liquidation, Konkurtzperfahren und Haftpflicht der Genossen, besondere Bestimmungen der Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht und mit beschränkter Haftpflicht, Strafbestimmungen, Schluß- und Ueber- gangsbestimmungen. Ungemein umfangreich ist die Begründung. Eine Vorbemerkung enthält die kurze Geschichte der Bestrebungen auf dem Gebiete des Genossenschaftswesens und betont die Revisionsbedürftig keit des Genoffenschaftsgesetzes vom 4. Juli 1868. Dann verbreitet sich die allgemeine Begründung über Zulassung von Genossenschaften mit beschränkter Haft pflicht, über Geltendmachung der Haftpflicht, über das Nachschubverfahren, über Entstehung und Endigung der Mitgliedschaft, über Organisation und Revision, über Vermögen und Geschäftsbetrieb der Genossen schaften, über ländliche Genossenschaften und die Revision selbst. — Professor Kußmaul untersuchte, wie schon mit- getheilt, am 26. Februar den Kronprinzen; er fand zwar keine Anzeichen einer Lungenasfektion, allein er erklärte den allgemeinen Zustand der Krankheit des Kronprinzen für sehr unbefriedigend. Die den Kranken behandelnden deutschen Aerzte untersuchten in den letzten Tagen mikroskopisch den Auswurf des Kronprinzen und behaupteten, darin untrügliche Anzeichen von Car- cinom (Krebs), nämlich Älveolargebilde, gefunden zu haben. — Das Befinden des deutschen Kronprinzen ist unverändert. Professor Kußmaul ist am 27. Februar von San Nemo abgereist. Geh. Rath v. Bergmann hat den Kaiser ebenfalls gebeten, abreisen zu dürfen, bleibt aber noch auf speziellen Wunsch desselben. — Die „Volkszeitung" veröffentlicht den Schul - antrag des Centrums. Derselbe fordert die preu ßische Regierung zu einem Gesetzentwurf auf, welcher den Kirchen und Kirchenorganen die Befugnisse ge währt, welche der Verfassungsartikel 24 zusichert, ins besondere dürfen zu Volksschullehrern nur Personen berufen werden, gegen welche die kirchliche Behörde keine Einwendung in kirchlich-religiöser Hinsicht erhebt. Bei späteren Einwendungen entfällt die Ertheilung des Religionsunterrichts. Die kirchlichen Oberen bestimmen die Leiter des Religionsunteirichts. Der Leiter kann den Religionsunterricht selbst crlheilen oder überwachen. — Die Krrchenbehörden bestimmen die religiösen Un terrichtsbücher, Umfang, Jnhast und Vertheilung des schulplanmäßigen religiösen Unterrichtsstoffs. Oesterreich. Erst am 12. Mai sollen die öster reichisch-ungarischen Delegationen wieder zusammen treten, was darauf hindeutet, daß man in Wien die Weltlage nicht als beunruhigend ansieht. Das ministe rielle Wiener „Fremdenblatt" wieverholt, daß eine Weigerung des Prinzen Ferdinand, freiwillig das Lana zu verlassen, mit dessen Schicksalen er sich bisher iden- tlfizirt habe, auch in Betracht gezogen werden müsse. Wenn der Prinz der an ihn auf den Antrag aller Mächte gerichtete» Aufforderung der Pforte, die Ne gierungsgewalt niederzulegen, ebensowenig nachkommen würde, wie vor Monawn, als die Pforte die gleiche Eröffnung in Sofia machte, dann würde die Lage nur noch verwickelter werden. Es erscheine deshalb nicht ungerechtfertigt, bei der Ansicht zu beharren, daß es durch das Interesse an einer haltbaren Regelung der Zustände Bulgariens gefordert werde, wenn man, ehe entsprechende Schritte in dieser Angelegenheit unter nommen werden, sich auch vollkommene Klarheit über alle Folgen derselben zu verichafsen suche. Frankreich. Aus Damaskus ist ein neuer fran zösisch-türkischer Zwischenfall zu verzeichnen und wieder handelt es sich um das dortige französische Konsulat. Denn wie schon am 28. Januar, so soll, wie die „Agence Havas" aus Konstantinopel zu melden weiß, die türkische Polizei auch am 24. Februar im fran zösischen Konsulat zu Dama-'kus eine Verhüttung vor genommen haben. Der französische Botschafter, de Montebello habe deshalb bei der Pforte Vorstellungen erhoben und sei von derselben Genugthuung zugesagt worben. Türkischerseits sei Rim Bey und franMscher- eits der Botschaftsrat!) Jmbert mit der Untersuchung des Vorganges beauftragt worden. Deren Ergebniß wird mithin abzuwarten sein, doch scheint es, als ob ranzönscherseits die Bedeutung auch des neuen Zwischen aktes'unnüthig aufgebauscht würde. — 54,671 Stimmen hat General Boulanger bei den neun am letzten Sonntag stattgehabten Nachwahlen zur Deputirtenkaminer auf seine Person vereinigt. Das ist immerhin eine beträchtliche Ziffer, und man muß gestehen, daß die Radikalen und Intransigenten, wen» es ihnen nur auf eine „Demonstration" ankam, ihren Zweck vollauf erreicht. England. Im Londoner Auswärtigen Amte sind nach längerer Pause wieder einmal Nachrichten von Emin Pascha eingegangen. Nach denselben erwartete Emin Pascha die Ankunst Stanleys für den Monat November und empfahl die Route Mombasa als die geeignetste. Die Nachrichten sind vom 15. September des vorigen Jahres datirt und haben also, wenn man die außerordentlichen Schwierigkeiten berücksichtigt, -welche Mittheiluugen aus Centralafrika überwinden müssen, nicht allzuviel Zeit gebraucht, um nach Europa zu gelange». Leider ist nicht gesagt, welchen Weg die Nachrichten Emin Paschas genommen haben und aus ihnen selbst läßt sich nichts entnehmen, welches auf das Schicksal der Stanley-Expedition einen sicheren Schluß gestatteten, von der nun seit Juni vorigen Jahres jede Kunde fehlt. — Eine englische Expedition gegen Thibet steht bevor. Die Thibetaner haben Lingtu ini Gebiet von Sikkim (Nord-Indien) besetzt und da sie sich weigern, Lingtu zu räume» und sogar Verstärkungen empfangen haben, sollen anglo - indische Truppe» gegen die Thi betaner vorgehen. Der Jugendbrunnen. Es hat eine Mär aus alter Zeit Zn uns sich sortgespomien — Man kennt sie im Lande weit »nd breit, Die Mär vom Jugcndbronncn. Wenn der Frühling mit seinem Blüthenduft und Vogelsang bei uns einzieht, verlassen Tausende von Menschen ihren lieben heimalhlichen Herd und ziehen nach weltberühmten Bädern. Hier tauchen sie ihre Glieder in die heilsamen Gewässer, oder trinken das Wasser munter sprudelnder Quellen. Andere begeben sich an das unendliche Meer und wiegen sich auf den salzigen Wogen, welche die Fluth an die Küste treibt. Viele kehren der Meeresküste den Rücken und steigen hinauf auf die blauen Spitzen der Mittel und Hoch gebirge, — lieber Berge, über Klüfte, Die ermatteten Glieder zu baden In den erfrischenden Strömen der Lüfte. Sie Alle glauben, den Jugendbrunnen gefunden zu haben und Jugendsrische, Jugendkrast und jugend liche Fröhlichkeit müßten fortan als treue Genossen mit ihnen durch's Leben gehen. Manches Nebel mag an diesen Orten befestigt worden sein, manch' un gelenkes Bein mag seine Beweglichkeit wiedergewonnen haben, allein ron der geträumten Jugend ist nichts zu spüren. Mit dem Eintritt in die alte gewohnte Lebens weise stellen sich oft die mancherlei Beschwerden in höherem Grade ein. Da kleidet man sich nun vom Kopf bis zur Sohle in reine Wolle; da trinkt man vertrauensselig die btttersten Arzneien, die Marktschreier als Universal heilmittel ausposaunt haben. Keine Ausgabe ist zu hoch, wenn es gilt, Jngendfrische und Gesundheit zu erwerben. So suchen Alle nach dem Jugendbrunnen der alten Sage — und sie finden ihn nicht. Die Jugend, wir dürfen nur unsere Knaben und Mädchen beobachten, offenbart sich in einem regen Triebe nach Bewegung. Laufen, Springen, Tanzen, Klettern, weithinschallende Fröhlichkeit sind die Lebens äußerungen der Jugend. Streben nach Ruhe, ver minderte Schaffensfreudigkeit, Ernst und Trübsinn, der Verfall der Kräfte kennzeichnen das Alter. Nach dem alten Sprichworts: 30 Jahr ein Mann, 40 Jahre wohlgechan, 50 Jahre Stillestand, 60 Jahre geht's Alter an, — sollten Körperfrische und Lust zu Leibesübungen deu Mann bis zum 60. Jahre duszeichnen. Betrachten wir nun die Mehrzahl der Männer in den dreißiger und vierziger Jabren, so bemerken wir eine geflissentliche Scheu vor jedem Sprunge und Laufe^ vor jeder Anstrengung der Arme, die über die Beruks- thäligkeit hinausgeht. Viele würden es im Banne von allerhand Standes- vorurtheil geradezu lächerlich finden, wenn man Leistungen dieser Art von ihnen forderte. Daher ist es nicht zu verwunoern, daß wir uns viele Personen, wie Geistliche, Lehrer, höhere Beamte, werfend, ringend, laufend, springend, an Bewegungsspielen theilnehmend^ gar nicht vorzustellen vermögen. Nur der Geistesarbeit obliegend, bringen sie ihre Tage sitzend, langsam gehend und schlafend dahin. Befinde» sie sich wohl und glücklich dabei? Nein! Der eine wird durch die das ideale Menschenbild entstellende Leibesfülle an jeglicher Körperanstrengung verhindert;