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118 die städtischen Behörden beschlossen, das Grundstück zu verkaufen. In dem zu diesem Zwecke am Mittwoch stattgefundenen Termin ist für dasselbe ein Gebot von 415,200 Mark von einem Apotheker in Berlin gethan worden. Der Zuschlag ist. noch nicht erfolgt. Ehrenfriedersdorf. Von der Höhe des Schnees am Greifenstein zeugt folgender Fall: Der Besitzer wollte am 14. Februar nach dem nahen Orte Jahns- bach fahren, um etwas Proviant zu holen, allein kaum 50 Schritte vom Hause entfernt, versank das Pferd bis an den Hals im Schnee, und mutzte von den zurückgebliebenen Insassen des Greifensteines ausge schaufelt werden, um den Rückweg wieder antreten zu können. Zittau. Die Dummen werden nicht alle. Eine Somnambule, die zuyleich als „schönste Albine" gelten soll, wird jetzt in Zutau gezeigt. Die „Wunder dame" besitzt schneeweißes, seidenartiges Naturhaar und angeblich rolhe Augen. Ersteres ist unzweifelhaft, die rothen Augen jedoch sind nicht wörtlich zu nehmen. Die hellsehende Kraft der Dame zeigt sich zunächst im Errathen von Jahreszahlen rc., welche eine Zwischen person absragt. Als Zugabe erhält jeder Besucher gegen 10 Pfennige Vergütung einen gedruckten Zettel, auf dem die zukünftigen Lebensschicksale des Betreffen den verzeichnet sind. Die weiteren Ueberraschungen bestehen darin, daß Ehepaare von der Dame über die Höhe ihres zukünftigen Kindersegens unterrichtet wer den, Unverheiratheten der baldige Zeitpunkt ihrer Ver lobung und Verheirathung verkündigt wird. Und das alles für 20 Pfennige! Tagesgeschichte. Berlin. Die Theilnchmer an dem Festmahl, welches im kaiserlichen Palais zu Ehren der Ab ordnung des russischen Infanterie-Regiments Kaluga, dessen Chef der Kaiser seit 70 Jahren ist, stattfand, können nicht genug die geistige Frische des greisen Monarchen bei der Tafel rühmen. Der Kaiser brachte in fließendem und elegantem Französisch einen Trink spruch auf den Kaiser von Rußland und das Regiment Kaluga aus, in welchem er verbindlich für das Er scheinen der Deputation dankte. — Das in London erscheinende medizinische Fach blatt „The Lancet" veröffentlicht ein Telegramm aus San Remo, welches meldet, daß in dem Befinden des Kronprinzen eine „erhebliche Besserung" eingetreten sei. Es seien keine Symptome von Bronchitis oder von Pneumonie vorhanden. Die Färbung des Auswurfs, welche durch die Kanüle verursacht worden sei, habe fast aufgehört. Die Schwellung am Kehlkopfe habe sich bedeutend verringert. — Das Genossenschaftsgesetz kommt demnächst an den Reichstag und soll noch erledigt werden, die Alters versorgungsvorlage dagegen nicht. Ob der Schluß des Reichstages dadurch noch bis zum 10. März sich er möglichen läßt, erscheint fraglich. — Der Reichstag beschäftigte sich am 21. Febr. mit der Erledigung von Initiativanträgen. Die An träge Munkel wegen Entschädigung für unschuldig er littene Strafen wurde unter Ablehnung der damit ver bundenen Anträge Rintelen auf Aenderung der Be stimmungen bezüglich des Wiederaufnahmeverfahrens und der dazu gestellten Abänderungs-Anträge Kule- mann unverändert angenommen. Von der Negierung nahm daber Niemand an der Debatte Theil. — Dec Antrag Johannsen wegen Reform des Gesängniß- und Slraivollstreckungswesens wurde dagegen nach kurzer Diskussion vom Antragsteller zurückgezogen, indem in der Diskussion betont worden, daß dies eine Ange legenheit sei, welche zur Kompetenz der Einzelstaaten gehöre. — Dem Vernehmen nach ist jetzt durch kaiserliche Kabinetsorbre befohlen worden, daß das Gardekorps und 3. Armeekorps vor Sr. Maj. dem Kaiser und König in diesem Herbste Manöver abhalten werden. Es werden große Parade, Korpsmanöver gegen mar- kirten Feind, und zwar jedes Armeekorps für sich, und Feldmanöver beider Armeekorps gegen einander staltfinden; bei jedem Korps wird sich eine Kavallerie division befinden. — Die Herbstübungen der übrigen Armeekorps werden nach den Bestimmungen der Feld dienstordnung staltfinden. Außerdem wird eine Pon- tonnierübung auf der Weichsel und eine Belagerungs übung bei Graudenz abgehalten werden. — In der Audienz, welche der Neichstagsabgeord- nete vr. Goetz vor Kurzem bei dem Kriegsminister Bronsart von Schellendorf gehabt, halte Ersterer aus Mängel aufmerksam gemacht, welche sich auf den mi litärischen Turnplätzen nach der Meinung der „Deut schen Turnerschast" oorfinden; namentlich mar die Entfernung des aus der schwedischen Schule stam menden Querbaums als wünschenswert!) bezeichnet worden. Der Minister hat nunmehr aus dieser An regung Veranlassung genommen, von kompetenter Stelle einen Beruht über die militärischen Turngeräthe zu verlangen. — Die Angaben über die Zahl der mit dem eisernen Kreuz ausgezeichnete» Turner sind jetzt von Herrn vr. Goetz ermittelt und Sr. Excellenz übermittelt worden. Darnach haben von allen Mann» schaffen, welche im Kriege von 1870 am Kampfe gegen den Feind Antheil nahmen, ungefähr 3'/, Pro zent das eiserne Kreuz erhalten; von den in gleicher Lage befindlichen Turnern erhielten diese Auszeichnung ca. 5'/» Prozent. Baden. Prinz Ludwig von Baden, geboren am 12. Juni 1865, zweiter Sohn des Großhcrzogs Friedrich und Enkel des Kaisers Wilhelm, ist am 23. Februar, früh 6 Uhr, in Freiburg i. Br. an Lungenentzündung gestorben. Bayern. Der bayerische Landesfeuerwehr- Verband, der Heuer sein 20jähriges Jubiläum be gehen kann und aus kleine» Ansängen zu einer groben Gesammtheit mit mehr als 5000 Korps herangewachsen ist, hat die Bildung einer Sterbekasie für seine Mit glieder (etwa 275,000 Mann) beschlossen. Die im Eterbesalle zu zahlende Summe ist im Maximum auf 350 M. festgesetzt worden, und die Beiträge richten sich nach dem Alter des Beitretenden. Die Geschäfte werden vorerst im bayerischen Landesseuerwehrbureau (Unteranger 20) besorgt, und die Verwaltung dieser neuen Kasse besteht aus folgenden Angehörigen der Münchener Feuerwehr: kgl. Rath Jung, erster Vor sitzender (zugleich Vorsitzender des bayerischen Feuer- wehrausschuffes), Oberingenieur Niedermayer, zweiter Vorsitzender, Prokurist Payr, Schriftführer, Hoflösch maschinenfabrikant Kirchmair, Kassirer, Goldschmied Werz, Kontroleur. Die Münchener Feuerwehr hat sofort ihren Beitritt erklärt, und auch von anderen Korps sollen bereits Anmeldungen eingegangen sein, so daß die zur Eröffnung der Kasse vorgeschriebenen 2000 Anmeldungen bald erfolgt sein dürften und ein großes humanes Werk demnächst ins Leben treten kann. Frankreich. Die gerichtliche Verhandlung gegen den Schwiegersohn des früheren Präsidenten, Wilson, in Sachen des Ordensschwindels hat einen für ihn sehr ungünstigen Verlauf genommen. Der Staatsanwalt beantragte, ihn aus Grund des Artikels 405 des Straf gesetzbuches zu verurtheilen, wonach betrügerische und schwindelhafte Manöver mit Gesängniß von 1 bis 5 Jahren bestraft werden. Gegen die anderen Ange klagten, welche nur eine untergeordnete Rolle gespielt hatten, wurden geringere Strafen beantragt. Wenn das Urtheil gesprochen wird, läßt sich noch nicht genau bestimmen. Italien. Die vatikanische Ausstellung der Geschenke des Papstes ist immer noch im Wachsen. Täglich noch kommen Kisten und Kollis an. Um nur von heiligen Geräthen zu sprechen, zählt man bis'jetzt: 800 geistliche Ringe, 9000 Kelche, 30,000 Stolen, 100,000 Pektoralen, 50,000 Meßgewänder und 40,000 Chorhemden. Sehr viele dieser Meßgegenstände sind von außerordentlichem Werth, so die Stola der Damen von Bogota (Columbia), sie ist aus Silberbrokat, ge schmückt mit 14,800 Perlen, 800 Smaragden, 340 Diamanten. Jüngst ließ der Papst seine Landsleute von Carpineto, die zu seiner Beglückwünschung nach Nom gekommen waren, auf eigene Kosten bewirthen und entsandte seine Neffen, die Grafen Pecci, um denen von Carpineto die Honneurs zu machen. Bulgarien. In der internationalen Lage und speziell in der bulgarischen Frage ist zweifellos endlich ein Schritt nach vorwärts geschehen. Rußland hat bei den übrigen Mächten den „Antrag gestellt", man solle in Konstantinopel gemeinsam die Entfernung des Koburgers aus Bulgarien verlangen, doch wird eigens versichert, daß Rußland keinerlei Zwangsmaß- regeln vorschlage. Ueber die Stellung der einzelnen Mächte zu dem russischen Vorschläge liegen noch keine authentischen Mittheilungen vor, da aber derselbe also Zmangsmaßregeln ausschließen soll, so läßt sich der Antrag Rußlands allerdings besprechen, freilich auf welche Weise der Koburger aus Bulgarien hinaus- manövrirt werden soll, wenn man von Anwendung von „Zwang" absehen will, daß ist noch eine offene Frage, denn daß sich weder Fürst Ferdinand noch das Bulgarenvolk durch bloße Drohungen einschüchtern lassen, ist ja sattsam bekannt. Daß der Sultan sich durch eine feierliche Erklärung Gesammteuropas, die gegenwärtigen Zustände in Bulgarien seien ungesetz liche, bestimmen lassen sollte, nunmehr ernstlich gegen den Koburger vorzugehen, glaubt natürlich auch Nie mand und so wird der russische Vorschlag vorläufig nun »en einen Effekt haben, daß er die diplomatische Behandlung der bulgarischen Frage überhaupt wieder ein wenig in Fluß bringt. Uebe: das Weitere dürfte die europäische Diplomatie wohl selber einigermaßen in Verlegenheit sein! Animalische und vegetabilische Kost. Unsere Kost hat die Aufgabe, die Verluste, welche der Körper durch den fortwährenden Stoffwechsel an Stickstoff und Kohlenstoff erleidet, zu decken. Dieser absoluten Anforderung würde nun zwar eine Menge von Nahrungsmitteln (Fleisch, Brod, Käse, Milch rc.), jedes für sich allein, genügen können — aber eine derartige Ernährung wäre wenig zweckmäßig, da keine jener Substanzen Stickstoff und Kohlenstoff in dem für eine richtige Kost geeigneten Verhältnisse enthält. Ueberall ist zu wenig oder zu viel von dem einen oder anderen Nahrungsstoffe vorhanden, so daß man entweder eine zu geringe Menge genießen oder dem Magen eine zn große Ueberlastung zumuthen müßte. Beispielsweise sei erwähnt, daß man, um das nötbige Quantum Stickstoff zu bekommen, nur beiläufig '/»Pfd. Käse in einem Tage zu genießen braucht, wogegen der Kohlenstoffgebrauch erst durch etwa 2'/, Pfd. ge deckt wäre; wer sich von Schwarzbrod allein nähren wollte, müßte davon 3 Pfd., von Milch allein ebenso 4'/, Liter, von Kartoffeln allein über 9 Psd. zu sich nehmen. Es ist also am besten, die Kost aus verschiedenen Nahrungsmitteln zu mischen. Da nun im Allgemeinen die aus dem Thierreich stammenden Nahrungsmittel reich an Eiweiß (d. i. Stickstoff), die vegetabilischen dagegen — mit wenigen Ausnahmen — arm an Ei weiß, aber reich an Kohlehydraten sind, so empfiehlt sich am besten eine aus animalischen und vegetabi lischen Substanzen gemischte Nahrung. Welches Verhältniß Beider zu einander soll aber nun in unserer Kost vorwalteu? — Wären die Lebens mittel aus dem Pflanzen- und Thierreiche gleich gut verdaulich, so würde im Allgemeinen der Marktpreis darüber entscheiden, ob den Ersteren oder den Letzteren der Vorzug zu geben sei. In Wirklichkeit liegt die Sache jedoch anders: Die animalischen und vegetabi lischen Nahrungsmittel enthalten allerdings im Großen und Ganzen die gleichen Nahrungsstoffe, wenn auch in relativ verschiedenen Mengen — aber die Aus nützung derselben im Verdauungskanale ist eine sehr verschiedene, b. h. wenn gleichwerthige Mengen beider Gruppen genossen werden, so gehen nach der Ver dauung nicht gleich große Mengen von Nahrungs stoffen in's Blut über. Bei den meisten aus der Thierklasse gelieferten Speisen wird das mit denselben eingeführte Eiweiß (und auch Fett) ziemlich vollständig aufgesaugt. Die Vegetabilien dagegen verhalten sich größtentheils anders. Vor Allem ergiebt sich bei ihnen ein großer Unterschied hinsichtlich der Ausnutzung des Eiweiß einerseits und der stickstofffreien Stoffe (Kohle hydrate) andererseits. Während nämlich bei vielen derselben ein großer Theil des Eiweiß völlig un verdaut bleibt, werden die stickstofffreien Stoffe in viel reichlicherer Menge aufgesaugt. Es giebt aller dings solche, aus denen das Eiweiß säst ebenso voll ständig in das Blut übergeht, wie aus manchen animalischen Nahrungsmitteln — es sind das die so genannten Leguminosen: Erbsen, Bohnen, Linsen — dagegen ist der Eiweißverlust bei der Mehrzahl der selben ein sehr großer. Dieser Umstand trifft be sonders für Kartoffeln, grüne Gemüse uno Schwarz brod zu. Es ist diese Thatsache jedoch insofern von Bedeutung für die Ernährung, als wir aus ihr er sehen, wie schwierig es ist, mit einseitig pflanzlicher Kost dem Körper größere Mengen Eiweiß, welcher er bei entsprechender Arbeit des Individuums benöthigt, zuzuführen. Andererseits springt der große Nutzen vegetabilischer Nahrung, wo es sich um Deckung des Kohlenstoffbedarfs für den Organismus handelt, in die Augen. Die Ursachen dieser schlechten Ausnutzung des Eiweißgehaltes sind noch nicht ganz klar. Wahr scheinlich spielt das große Volumen und die dadurch bedingte zu große Inanspruchnahme der Verdauungs säfte eine Nolle. Aus dem Vorausgehenden folgt, daß ein Theil der Nährstoffe animalischen Ursprungs sein soll. Man kann zwar aus Brod, Reis, Riais, Kartoffeln rc., mit Zusatz von etwas Fett, eine Kost bereiten, welche die Nahrungsstoffe in den nöthigen relativen Mengen enthält; aber eine solche Kost wird nur bei ganz ge sundem Darmkanal vertragen/ so daß selbst die Vege tarianer meistens dem Genuß von Milch, Käse und Butter nicht völlig Lebewohl sagen. Jedenfalls wird der Organismus durch eine ausschließlich pflanzliche Nahrung nicht auf die Dauer zu anstrengender Arbeit fähig erhalten. Ein Arbeiter gebraucht viel Eiweiß zur Erhaltung seiner Muskelmasse, denn die Thätigkeit der Muskeln zersetzt auch viel Eiweiß. Daher soll im Allgemeinen die Kost um so eiweißreicher sein, je mehr Anstrengung vom Körper verlangt wird. Aber ebenso sind auch die Vegetabilien nicht entbehrlich; man kann dies um so eher behaupten, als es jetzt ziemlich sicher ist, daß der Skorbut seine Entstehung dem Mangel frischer Gemüse in der Nahrung ver dankt — aber man soll nur soviel an Eiweiß und Stärkemehl (oder Kohlehydraten) zu sich nehmen in der Forni pflanzlicher Nahrung, als ohne Beschwerden für den Verdauungsapparat möglich ist; das Uebrige ist durch Fleisch und Fett zu ersetzen.