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18. Februar nach Brünn zurückzekehrt ist, werden sich König Albert und Königin Karola am Sonnabend nach Leipzig begeben und bis zum 23. daselbst ver weilen. — Rach dem Ramming'schen Handbuch der Kirchen statistik verlheilen sich die Juden, deren es im König reich Sachsen bei der Zählung von 1885 7755 gab, dergestalt, daß über die Hälfte, nämlich 3928 im Leipziger, 2597 im Dresdener, 979 im Zwickauer und 251 im Bautzner Kreise wohnen. Unter den 206 Bewohnern, welche bei der letzten Zählung ein be stimmtes ReligionSbekenntniß überhaupt nicht abgaben, dürsten sich auch noch mehrere Juden befinden. Schandau. Im Dezember v. I. wurde in der Nähe von Schöna die Leiche eines aus Böhmen stam menden jungen Mannes aufgefunden. Bei der Ob duktion wurde festgestellt, daß der junge Mann eines gewaltsamen Todes gestorben ist. Die ersten Nach forschungen nach dem Thäter blieben erfolglos. Gegen wärtig befindet sich beim hiesigen Amtsgericht ein etwa 27 Jahre alter Arbeiter aus Böhmen in Haft, welcher in den letzten Tagen eingestanden hat, den Mord bei Schöna vollführt zu haben. (Derselbe ist bereits nach Dresden überführt worden.) Areiberg. Mit dem Ankauf der früher einer Aktiengesellschaft gehörigen Gasanstalt hat unsere Stadt ein gutes Geschäft gemacht. Außer den 24,000 Mark, welche alljährlich von dem Reingewinn an die Stadtkasse abgeliefert werden, konnte man in den Haushallplan für 1888 auf das Konto der Abschrei bungen 20,810 M. 17 Pf. stellen. Als die Höhe der letzteren Summe in der Stadtverordnetenschast Be denken erregte, wurde von dem Vertreter des Raths mitgetheilt, daß der im Jahre l887 erzielte Reinge winn den Voranschlag weit überragte. Von den in dem verflossenen Jahr verdienten 60,000 M. sind 24,000 M. an die Stadtkasse gezahlt und 36,000 M. für Abschreibungen verwendet worden, welche so hoch als möglich gegriffen werden, um die ganze Anstalt bezahlt zu machen, was, nach den letzten Abschlüssen zu urtheilen, nicht sehr lange dauern wird. Die städtische Verwaltung wird dann einem etwaigen Ueber- gang zur elektrischen Beleuchtung ruhig entgegensehen und dieselbe selbst unternehmen können, statt sie der Privatindustrie zu überlassen. Die nahe bevorstehende weitere Herabsetzung um 1 Ps. per Kubikmeter wird nur, wie die letzte Preisverminderung, dazu dienen, den Verbrauch wesentlich zu erhöhen und die Gewerb- treibenden zur Erwerbung von Gasmotoren zu er- muthigen, die sich in erfreulicher Weise einbürgern. Die Probiranstatt soll aus der Gasanstalt in das Realgymnasium verlegt werden und das Ergebniß der dort von einem unparteiischen Techniker vorgenommenen Prüfungen der Lichtstärke will man allmonatlich ver öffentlichen. Chemnitz. Aus dem Chemnitzer Bezirke kommt die ^betrübende Meldung, daß der schon sein längerer Zeit befürchtete Krach in dec Handschuh brauche mit einem Male eingetreten ist; seit den jüngsten Wochen liefen täglich Konkursanzeigen ein aus Hart mannsdorf, Wittgensdorf, Taura, Wüstenbrand. Eine Aussicht auf Besserung ist angesichts der anhaltenden Stockung vorläufig nicht zu erwarten, so daß auch die mit der Branche in Verbindung stehenden Geschäfte, insbesondere die Garn- und Seidenhändler, wesentlich in Mitleidenschaft gezogen werden. Alle Maßregeln, wie die Gründung eines Fabrikantenversins behufs gemeinsamen Vorgehens in der Feststellung der Preise, Einschränkung der Arbeitszeit, Gründung einer Ver kaufsstelle von Lagerwaaren in Verbindung einer Art Leihanstalt, sind ohne Erfolg geblieben. Das einzige Mittel zur Abhilfe wären umfangreiche Arbeitsein stellungen, damit die Läger beseitigt würden und die Ueberproduktion ein Ende nehme. Wird in der jetzigen Weise weiter gearbeitet bei mehr als unterwerthigen Preisen, dann bleibt eine Gesundung der Geschäfts verhältnisse in der Handschuhbranche in weite Ferne gerückt. AuS dem Erzgebirge. In voriger Woche ist in Carls seid das neue Hüttengebäude der ehemals v. Vultejus'schen Glashüttenwerke zusammengestürzt. Dasselbe brannte im Jahre 1886 ab und sind die zum Theil stehengebliebenen Mauern bei der allerdings kühnen Bedachung mit Eisen, welche von einer Ber liner Firma ausgesührt wurde, wieder benutzt gewesen. Die Bedachung ivurde erst im Oktober v. I. beendet und scheinen die einseitig aufgelagerten Schneemasse» den Einsturz herbeigefühcr zu haben. Schönheide. Am vergangenen Sonnabend kam hier ein 50 Jahre alter Handarbeiter dadurch ums Leben, daß er, als er beschäftigt war, im Hose die Schneemassen zu beseitigen, durch plötzlich vom Dache stürzenden Schnee zu Boden geworfen wurde und er stickte, ohne daß Jemand den Unfall rechtzeitig be merkte. Cunewalde. An der Trichinosis liegen gegen wärtig 30 Personen noch schwer und 30 mittelschwer > krank darnieder, während 75 auf dem Wege der Besserung sich befinden und 30 aufgestanden sind, wenn sie sich auch noch oft legen müssen. Durch die Todesfälle sind 8 volle und 12 halbe Waisen geworden. Borna. Am 1. April tritt für den hiesigen amtS- hauptmannschaftlichen Bezirk (mit Ausschluß der Städte Borna, Pegau und Groitzsch) ein Regulativ über das Schornsteinfegerwesen in Kraft, welches verschie dene Neuerungen aufweist. Das Regulativ enthält 24 Paragraphen, und wird darin betont, daß dem Schornsteinfeger außer der ordnungsgemäßen Reinigung der Schornsteine auch die Ueberwachung der baulichen Instandhaltung der Feuerungsanlagen und die Unter stützung der Behörden bei Schadenfeuern und bei Re visionen der Feuerstätte» und Schornsteine obliegt. Für die Revisionen werden aus der Gemeindekasse 1 M. 50 Pf. pro halben Tag als Entschädigung ge währt, während für die bei Schadenfeuern zu leistende Unterstützung Gebühren nicht gezahlt werden. Außer dem Kehrlohn dürfen der Schornsteinfeger oder seine Leute von den Besitzern oder den Bewohnern der Ge bäude keinerlei Geschenke oder Trinkgelder fordern. Das Gratuliren zum Neujahr oder ähnliche Betteleien sind untersagt. Für das Kehren eines Schornsteins in einem einstöckigen Hause beträgt die Taxe 10 Pf., in einem mehrstöckigen Hause 20 Pf., bei gewerblichen Betrieben (Brauereien, Brennereien, Bäckereien rc.) 30 Pf. und bei freistehenden Schornsteinen pro Höhen meter 20 Pf. Leipzig. Die Genossenschaft freiwilliger Kranken pfleger im Kriege hat bereits ihren zweiten Kursus begonnen und ist erfreulicher Weise die Betheiligung an demselben eine sehr rege. Nach der deutschen Etappenordnung, welche am 3. September vom Kaiser genehmigt worden ist, besteht die Aufgabe der Kranken pfleger im Kriege mit darin, die Verwundeten von dem Etappenhauptort nach dem Etappenanfangsort zu bringen. Für das kgl. sächs. (12.) Armeekorps bildet im Kriegsfälle Leipzig den Etappenanfangsort. Tagesgeschichte. Berlin. Das Armeeverordnungsblatt veröffent licht die vorläufigen Aussührungs- und Ergänzungs bestimmungen zu dem publizirten Gesetz über Aenve- rungen der Wehrpflicht. Danach sind die verab schiedeten aber zum Eintritt in die Landwehr zweiten Aufgebots verpflichteten und infolgedessen wiederange stellten Offiziere in den Ranglisten auszunehmen. Die Offiziere der Landwehr zweiten Aufgebots sind als Mitglieder des Osfizierkorps ihres Landwehrbataillons bezirks dem Ehrengerichte unterstellt. Die Offiziere der bisherigen Landwehr bleiben Angehörige des ersten Aufgebots. Die Mannschaften der Ersatzreserve ge hören dem Beurlaubtenstande an. Die bisherige Ein- theilung in Landwehr-Regimenter und -Bataillone kommt, die Garde ausgenommen, in Wegfall. An deren Stelle treten die den Jnfanteriebrigaden direkt unterstellten Landwehrbataillonsbezirke. Die Land wehrbezirkskommandos werden künftig kurz nach dem Stabsquartier bezeichnet. Die Offiziere und Stamm mannschaften des Bezirkskommandos, die Offiziere der Provinziallandwehrinfanterie und alle bei einer Mobil machung aus dem Landwehrbataillonsbezirk hervor gehenden Jnfanteriesormationen trage» statt der bis herigen Regimentsnummer die Nummer ihrer Jnfan- teriebrigade. Beigegeben ist ein vollständiges Tableau der neuen Landwehrbezirkseintheilung, welches auch das württembergische und die beiden bayerischen Armee korps mit umfaßt. — Der Zustand des Kronprinzen ist unver ändert, doch hatte derselbe leider keine ganz gute Nacht. — Es hat sich also doch eine Stimme gefunden im deutschen Reichstage, welche sich gegen die Wehr vorlage — allerdings nachträglich — ausspricht. In dem offiziellen stenographischen Bericht über die Reichs tagssitzung vom 9. d. M. befindet sich eine Nachtrags erklärung des Abg. Gustav Johansen, welcher den Wahlkreis Hadersleben - Baderburg vertritt und der einzige Däne im Reichstage ist. Diese Erklärung lautet: „Abstimmungsmotivirung, betreffend den Gesetzentwurf wegen Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Ver waltung des Reichsheeres. Weder die Begründung des Entwurfs, noch die Ausführungen des Herrn Reichskanzlers, noch der Bericht der Kommission für den Reichshaushaltsetats haben mich von der Noth- wendigkeit und Zweckmäßigkeit dieses Gesetzes über zeugen können, wogegen ich der Meinung bi», daß eine Berichtigung der deutschen Grenzen durch Aus scheiden der fremden, nicht zu Deutschland gehören wollenden Nationalitäten das einzige Mittel zur Er haltung des Weltfriedens ist. Deshalb stimmte ich gegen den Gesetzentwurf. Gustav Johannsen." — In seiner jüngsten Neichstagsrede erklärte be kanntlich der Reichskanzler, daß er bereit sei, Rußland in der bulgarischen Frage so weit entgegenzukommen, als cs im Rahmen des Berliner Vertrages möglich sei; nur müsse Rußland seine Wünsche ohne Rückhalt offen bekannt geben, da die bisherigen vertraulichen Vor schläge des Petersburger Kabinets die Situation nur verwirrt hätten. An demselben Tage, als Fürst Bis marck diese Worte sprach, verließ Graf Schuwaloff nach Ablauf seines Urlaubs die russische Hauptstadt, wo die maßgebenden Kreise bereits von dem haupt sächlichsten Inhalt der Kanzlerrede in Kenntniß gesetzt waren. Czar Alexander muß in der Thal, wie auch die jüngsten Petersburger Berichte betont haben, durch die Darlegungen des deutschen Staatsmannes in hohem Grade befriedigt worden sein, denn er übergab dem Grafen Schuwaloff neue russische Vorschläge in der bul garischen Frage. Dies wird jetzt offiziös von Berlin aus bekannt gegeben, mit dem Zusatz, daß diese Vor schläge der deutschen diplomatischen Unterstützung so lange sicher sein können, als sie sich im Rahmen des Berliner Vertrages bewegen. Da aus de» jüngsten Veröffentlichungen über die deutsch-österreichisch-italie nischen Bündnißoerträge klar hervorgeht, daß diese drei Mächte in der bulgarischen Frage nur gemeinsam ver abredete Schritte zu unternehmen sich verpflichtet haben, so muß man sehr darauf gespannt sein, ob die jetzt von Rußland geäußerten Wünsche derartige sind, daß sie auch Oesterreich-Ungarns und Italiens Zustimmung finden können. — Die im Abgeordnetenhaus« eingegangene Eisen bahnbauvorlage fordert 111 Millionen Mark; da von 76 Millionen für neue Bahnen und Betriebs mittel; zur Anlage zweiter, dritter oder vierter Gleise, Brücken und Bahnhöfe 22'/, Millionen; endlich 8 Millionen für Betriebsmittel schon bestehender Bahnen. — Der 13. deutsche Feuerwehrtag wird vom 28. bis mit 30. Juli in Hannover stattfinden. — In der Grube „Kreuzgraben", in der Nähe von Kamphausen im Saargebiet, fand am Abend des 15. Februar eine Gruben-Explosion statt, durch welche 40 Grubenarbeiter getödtet wurden, wettere 36 wurden gerettet. — Seit dem 10. August vorigen Jahres ist auf den Kongo-Stationen keine Nachricht von Stanley angelangt. — Die Frage über Abschaffung des Kürasses, welche bekanntlich vorläufig seitens der dazu berufenen militärischen Kommission einstimmig bejahend entschie den worden ist, hat eine weit gröbere Bedeutung für die Leistungsfähigkeit unserer Kavallerie, als dies all gemein bekannt sein dürfte. Es handelt sich hierbei nicht allein darum, den Mann von einer Belastung zu befreien, welche die Athmungsfähigkeit beeinträchtigt, ohne ihn im Ernstfälle vor Verwundungen durch feind liche Geschosse zu schützen, sondern auch um eine wesentliche Erleichterung für das Pferd und, damit im Zusammenhangs stehend, um ein wesentlich ver- änvertes, für die Mehrzahl unserer Kavallerie bedeu tend günstigeres Nemontesystem. Seither mußten nämlich für die Kürassierregimenter außergewöhnlich große und schwere Reitpferde beschafft werden, deren Anschaffungskosten den durchschnittlichen Nemontepreis erheblich überstiegen. Dieser Mehrbetrag mußte aber bei den Remontepferden für die übrigen Kavallerie- Regimenter erspart werden, sodaß denselben vielfach minderwerthige, unter dem Durchschnittspreise erstan dene Pferde überwiesen wurden. Da die zehn preußi schen Kürassierregimenter im Frieden einen Bestand von 6000 Pferden erfordern, so ergiebt sich hieraus von selbst, welche großen indirekten Nachtheile hier durch den übrigen Kavallerieregimentern für Rechnung, der Kürassierpfsrde erwuchsen. Wird der Küraß ab geschafft, so ist es auch nicht mehr nöthig, besonders große und starke Leute für diese Regimenter auszu- uchen, und als weitere Folge ergiebt sich auch das Einstellen eines leichteren Pserdeschlages, welcher nicht kostspieliger ist, wie derjenige der anderen Reiterregi menter. Die jetzigen Kürassierregimenter würden dann wohl im Laufe der Zeit andere Bezeichnungen an nehmen müssen. Das wäre kein Verstoß gegen die „Tradition", da beispielsweise die beiden Kürassier regimenter, welche die ruhmvollste Geschichte haben, ms Leib-Kürassierregiment und das Kürassierregiment Nr. 2 (Pommersches) sich ihren Kriegsruhm als Dra gonerregimenter erworben haben; ist doch das letztge nannte Regiment aus dem berühmten Dragonerregi ment „Bayreuth" hervorgegangen, welches in der Schlacht von Hohensriedberg zwanzig feindliche Ba taillone zersprengte und siebenundzwanzig Fahnen er beutete. Aber auch noch Gründe humanitärer Art prechen für den Wegfall des Kürasses. Beim Sturz mit dem Pferde läuft der Kürassier leicht Gefahr, das Genick zu brechen, außerdem hat die Erfahrung der letzten Kriege gezeigt, daß viele Geschosse, welche den Küraß durchbohrt hatten, zersplitterten und weiterhin Metallstückchen des Kürasses mitrissen, die dann in den Körper des Verwundeten eindrangen. Da im Uebrigen der Küraß nicht im Stande ist, der Durchschlagskraft gezogener Geschosse zu widerstehen, abgesehen von