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90 «in Fischerreigen, der von 8 Damen und 8 Turnern in Kostüm aufgeführt wurde, sand solch' riesigen Bei fall, wie er wohl selten gewährt wird, und mußte, dem dringenden Ersuchen aller Erschienenen entsprechend, von Anfang bis zu Ende wiederholt werden. Den Mitwirkenden sowohl, die beim Einstudiren des schwie rigen Reigens eine wahre Engelsgeduld gezeigt haben müssen, als auch dem Arrangeur, dem rührigen Herrn Turnwart Eidner, wurde durch diesen Beifall eine kleine Anerkennung zu Theil für die Mühen, die sie gehabt und für die Freundlichkeit, mit der sie ihre Kräfte in den Dienst einer guten Sache stellten und dieselbe fördern halfen. — Am 1l. Februar, früh V»8 Uhr, hat sich die Ehefrau Auguste Therese Herklotz, geb. Garte, infolge Schwermuths in der Weißeritz beim Wehr am Walk steige ertränkt. — Der bekannte vr. Falb kündigt wieder „kri tische Tage" an, und zwar nennt er für 1888 folgende: 12. Februar, 27. Februar, 12. März, 27. März, 11. April, 26. April, 25. Mai, 9. Juli, 23. Juli, 7. August, 6. September, 20. September, 5. Oktober, 4. November, 3. Dezember. Die bedenklichsten dieser Tage sollen der 27. März, 26. April, 5. Oktober und 4. November sein. Ob's zutrifft, ist freilich noch eine andere Frage. — Im Monat Januar ist innerhalb der Amts- hauptmannschast Dippoldiswalde von ansteckenden Thierkrankheiten der Milzbrand in je einem Gehöft von Seifersdorf und Schönfeld aufgetreten, in ersterem Orte waren 25, in letzterem 15 Rinder gefährdet; in jedem Falle erkrankte ein Stück und verendete. Lungkwitz. Bezüglich der in vorvoriger Nummer mitgetheilten Verhaftung der Mögel'schen Eheleute und des Vaters Mögels ist zu erwähnen, daß die Verhafteten bereits am andern Tage wieder ihrer Hast entlassen wurden. Kreischa. Wie bereits in einigen unfern Nachbarorten die Kasinogesellschasten durch ein amts hauptmannschaftliches Dekret ausgehoben wurden, so ist auch das hiesige Kasino vorigen Sonntag zu Grabe getragen worden, was die tanzlustige Jugend freilich mit tiefer Trauer erfüllt. Aber in einer Zeit, wie die gegenwärtige, die reich genug schon ist an Vereinen, die in der Thal gemeinnützige Zwecke verfolgen, man denke an Gesang-, Turn-, Verschönerungs-, Gewerbe-, Militär-, Frauen- und landwirthschastliche Vereine, sowie auch an die Feuerwehrkorporationen, — sind bloße Vergnügungsvereine wohl doch vom Uebel. Unser Ort hat um so weniger Ursache, um den Verlust eines Vereines zu trauern, als er vor kurzem durch Grün dung eines zweiten Gesangvereins um einen Verein reicher geworden ist. Derselbe nennt sich Gesangverein „Harmonie Kreischa". Trotzdem dieser Verein erst zwei Monate besteht, zählt er doch schon gegen 40 Mitglieder. Rufen auch wir dem jungen Verein ein „Blühe fort" zu. , Meißen. Der hiesige Gewerbeverein hatte in einer Eingabe an den Rath das Ersuchen gestellt, daß an Sonn- und Festtagen vor dem Vormittags gottesdienste die Verkaufsgeschäfte ohne Beschrän kung wieder geöffnet sein könnten, wie vorher, zumal das Gesetz über Vie Feier der Sonntage eine andere Deutung zulasse. Der Rath erblickte hierin eine Be schwerde gegen seine Ausfassung des Gesetzes und über gab diese der Königlichen Kreishauptmannschaft zur Entscheidung. Diese lautete nun folgendermaßen: „Die Kreishauptmannschaft hat aus die Beschwerde nichts zu verfügen gesunden, da der öffentliche Handel an Sonn- und Festtagen in der Zeit vor dem Be ginne des Vormiltagsgottcsdienhes unter das im I. Absatz von § 3 des die Sonn-, Fest- und Bußtags feier betreffenden Gesetzes vom 10. September 1870 erlassene allgemeine Verbot fällt, demnach aber gesetz lich unzulässig ist, nachdem in dem 3. Absatz daselbst die ausnahmsweise Zulassung belegten Handels aus drücklich auf die Zeit zwischen dem Vor- und Nach millagsgottesdienste und nach beendigtem Nachmittags gottesdienst oder, wo ein solcher nicht stattfindet, nach beendigtem Vormiltagsgottesdienste beschränkt worden ist." Somit sind hier die Geschäfte vor dem Vor- miltagsgoltesdienste geschloffen zu halten. Dieser Entscheid der Kreishauptmannschaft kam in der letzten Versammlung des Gewerbevereins zur Mittheilung. Au» der Lausitz. Die Gesammtzahl der Todes fälle in Folge der Trichinenkrankheit beträgt in Cune walde und in den früher genannten Nachbarorten nun mehr 25. Die letzten Opfer waren am 4. d. M. die Schwester des Flerschers Angermann in Obercunewalde am 6. der Weber Ernst Eger ebendaselbst und am Mittwoch des letzteren Ehesrau. Das Eger'sche Ehe paar hinterläßt 4 Kinder, von denen das jüngste noch nicht ein Jahr und das älteste erst vier Jahre alt ist. Plauen i. B. Die hiesige kgl. Amtshauptmann schaft erklärt da- Aushängen von geschlachteten Thieren, von Fleisch und Fleischwaaren an den Außenseiten der Häuser, wie dies seither doch in den meisten kleineren Städten und Dörfern des Bezirks üblich gewesen ist, für unstatthaft und wird Zuwider handlung gegen dieses Verbot, sofern nicht nach gesetz licher Vorschrift eine höhere Strafe verwirkt werden sollte, polizeilich niit Geldstrafe bis zu 60 M. oder mit Haft bis zu 14 Tagen ahnden. Annaberg. Man erinnert sich wohl noch der theilbaren Pfennigstücke, welche seiner Zeit bei der Enthüllung des Barbara-Uttmann-Denkmals in Anna berg als kleines Andenken von Hand zu Hand gingen. Dieselben bargen in ihrem Innern das Bildniß und eine kleine Lebensskizze der Begründerin der Spitzen klöppelei im Erzgebirge und wurden von einem Uhr macher in Annaberg angefertigt. In derselben Weise hat jetzt offenbar derselbe Uhrmacher in Annaberg An denken an die epochemachende Reichstagsrede des Fürsten Bismarck hergestellt. Diesmal enthält der Pfennig in der einen Hälfte das Bild unseres großen Staatsmannes, in der anderen Hälfte die Inschrift: „Wir Deutschen fürchten Gott, sonst Niemand auf der Welt! 1888." Jedenfalls werden diese Pfennige in der Menge von Andenken an den weltgeschichtlichen Akt, welche in nächster Zeit im Handel auftauchen, zu den ansprechendsten gehören. Frohburg. Am Sonntag wurde eine Vorbe sprechung über den in Konkurs gefallenen Kredit - und Vorschußverein Frohburg abgehaltcn. Die Anwesenden beschlossen, gegen die Direktion und den Kontrolausschuß, die von 1867 bis 1874 den Verein geleitet haben, ihre Rechte geltend zu machen und den Beistand der Behörden nachzusuchen, weil sich heraus gestellt hat, daß es die damalige Direktion verstanden hat, ein großes Defizit zu verdecken und einige Jahre ihrer vorgesetzten Behörde — der Generalversammlung — falsche Bilanzen vorzulegen. Leipzig. Die Universität hat an einem Tage zwei herbe Verluste erlitten, da am 10. Februar der Orientalist Fleischer und der Patholog Wagner verstarben. Tagesgeschichte. Berlin. Die Neichstagskommission für das So zialistengesetz beschloß am 10. Februar gegen 3 Stim men, das bestehende Gesetz um 2 Jahre zu verlängern. Das Gesetz im Ganzen wurde schließlich mit allen gegen 3 Stimmen angenommen. — Was man nach den letzten Nachrichten über das Befinden des deutschen Kronprinzen befürchten mußte, ist eingetreten. Wie wir in unserer letzten Nummer bereits kurz meldeten, hat vr. Bramann, der Assistenzarzt des geh. Raths Prof. vr. v. Bergmann in Berlin, am Donnerstag Nachmittag am Kronprin zen den Luftrührenschnitt vollzogen, nachdem die schnell zunehmende Schwellung im Halse und infolgedessen ein tretende Erstickungsanfälle die schleunige Vornahme der Operation, welche durchaus geglückt ist und welche dem Kranken, dessen Zustand ein befriedigender ist, große Erleichterung verschafft hat. Natürlich muß der hohe Kranke das Bett hüten und sich zunächst des Sprechens enthalten. Die Operation wurde im großen Salon der Villa Zirio vorgenommen. Der Kronprinz lag auf einem Sopha. Anwesend waren alle Aerzte, Mackenzie, Hovell, Krause, Schrader und Bramann. Von der kronprinzlichen Familie war Niemand zu gegen. Die Operation dauerte ungefähr 10 Minuten. Der Kronprinz hatte auf die Mittheilung, daß die sofortige Operation absolut nothwendig sei, ruhig und würdevoll erklärt, dann solle man so schnell als mög lich die Operation vornehmen. Der Kronprinz wurde während der Operation nicht ohnmächtig und verspürte keine Schmerzen. Der Blutverlust war ein äußerst geringer. — Das Befinden deS deutschen Kronprinzen ist fortgesetzt ein so günstiges, daß er bereits am 12. Fe bruar auf einige Stunden das Bett verlassen hat. Prof. v. Bergmann, der am Sonnabend in San Remo angekommen war, findet das Aussehen der Wunde sehr günstig und bleibt bis auf Weiteres am Krankenlager. — Der stenographische Bericht der namentlichen Abstimmungen der Reichstagssitzung am 7. Februar über die Verlängerung der Legislaturperioden liegt jetzt vor. Der Antrag ist bekanntlich mit 183 gegen 95 Stimmen angenommen worden, einer über raschend groben Mehrheit, da die sogenannten Kartell parteien den vereinigten Oppositionsparteien bei voll besetztem Hause nur um einige zwanzig Stimmen über legen sind. Die Abstimmungsliste ergiebt nun, daß vom Centrum nicht weniger als 45 Mitglieder, also beinahe die Hälfte fehlten, darunter 10 ohne Ent schuldigung. Von den Sozialdemokraten fehlten 8, darunter 7 ohne Entschuldigung, von den Polen waren nur 2 anwesend, 10 fehlten ohne Entschuldigung. Von den 15 Elsaß Lothringern war außer dem national liberalen vr. Petri nur einer anwesend. Von den Freisinnigen endlich fehlten 6, darunter 2, die Abgg. v. Richter und Siemens, ohne Entschuldigung. Von der Majorität fehlten dagegen bei den Nationalliberalen 16, bei den Konservativen 8, bei der Neichspartei 9. „Man sieht also", bemerkt die „Nat.- Lib. Korr.", „in welchem Mißverhältniß die tönenden Phrasen über den Angriff auf die Volksrechte mit der Gleichgiltigkeit stehen, womit die Parteigenosse» der Redner im Reichs tag einen angeblich so verhängnißvollen Beschluß mit solcher Majorität zu Stande kommen ließen. Selbst Herr Richter fehlte also und hielt es nicht einmal der Mühe werth, sich zu entschuldigen". — Sicherem Vernehmen nach wird dem preußischen Landtage in den nächsten Tagen eine Vorlage zugehen, welche für den Ausbau des namentlich in strategischer Hinsicht bisher sehr vernachlässigten Eisenbahnnetzes an der östlichen Grenze eine Summe von etwas über hundert Millionen fordert. Lippe-Detmold. Der zwischen der fürstlichen Re gierung und der sächsischen Lotteriedirektion auf vorläufig acht Jahre geschlossene Vertrag wird dem nächst in Kraft treten. Nach den Bestimmungen des selben erhält die sächsische Lotteriedirektion das Recht des Alleinvertriebes ihrer Loose in Lippe, wofür sie einen jährlichen Zins von 6l60 Mark zu zahlen hat. Sie darf nicht mehr als 12 Kollekteure anstelle». Oesterreich. Die „Neue Freie Presse" will aus Nom die Hauptpunkte der Bündnißverträge zwischen Oesterreich, Deutschland und Italien erfahren haben. Der Vertrag zwischen Oesterreich und Italien ver pflichtet hiernach Oesterreich zu wohlwollender Neutra lität im Falle eines italienisch-französischen Krieges, während andererseits für Italien bei einem eventuellen österreichisch-russischen Kriege die gleiche Bedingung gestellt ist. Nach dem Vertrage zwischen Italic» und Deutschland sind beide Theile verpflichtet, im Falle eines Angriffs durch Frankreich sich mit der gesammten Kriegsmacht beizustehen. Eine hinzugefügte Clausel bestimmt ferner die gemeinsame Aktion der drei Mächte, falls Frankreich mit Rußland gegen Oesterreich und Deutschland oder auch nur gegen Deutschland allein einen Angriff unternehmen würde. Ergänzt werden diese Verträge außerdem durch Vereinbarungen mit England betreffs des Küstenschutzes im Kriegsfälle. — Die Station Langen der Arlbergbahn ist mit einem Postzuge durch einen Lawinensturz verschüttet. 2000 Arbeiter sind mit Rettungsarbeiten beschäftigt. Frankreich. Der Kriegsminister Logerot theilte der Militärkommission des Senats mit, er beabsichtige, Frankreich in fünf große Militärkommandos zu theilen, deren Inhaber die Oberbefehlshaber der betr. Armeen im Kriege sein sollen. Dieselben hätten damit bereits im Frieden Gelegenheit, mit den ihrer Führung zu unterstellenden Armeekorps bekannt zu werden. In Friedenszeit sollen diese fünf Oberkommandirenden sammt ihren Generalstäben in Paris resiviren, um nicht eventuell eine Art von Prokonsul zu werden und das Mißtrauen der Republikaner und Demokraten wegen einer bedrohlichen Machtstellung dieser militäri schen Befehlshaber zu erregen. Rußland. Die russischen Blätter scheinen durch die Rede des Reichskanzlers Fürsten Bismarck auch zur Vernunft gekommen zu sein, wenigstens ist der „Graschdanin" überzeugt, daß die Kriegsfurcht unbe gründet sei. Die im Wortlaute vorliegende Rede des Fürsten habe einen großen und tiefen Eindruck gemacht. Rußland. Kaiser Alexander soll geäußert haben: „BiSmarck bat Recht, ich wünsche keinen Krieg". — Die Generäle Richter, Gurko und Kostanda haben ent schieden abgerathen, weitere Truppen an die West grenze vorzuschieben. England. Im Oberhause widmete der Premier minister Salisbury dem deutschen Kronprinzen Worte herzlichster Theilnahme und sprach seine Freude über die gelungene Operation aus. Bei Berathung der Adresse erklärte Salisbury, er glaube an die Erhal tung des Friedens. Die sehr bestimmten und ent schiedenen Mittheilungen Rußlands, daß es nicht an eine unmittelbare Aktion denke und sich solcher sorg sam enthalten werde, seien nicht blos versöhnlich, sondern auch aufrichtig. — Die Thronrede, mit welcher das englische Parlament am Donnerstag eröffnet worden ist, ent hält auffallender Weise weder über die bulgarische Frage, noch über die europäische Lage im Allgemeinen eine Aeußerung, sie beschränkt sich da nur auf die Versicherung, daß die Königin die Aufrechterhaltung des Weltfriedens herzlichst wünsche. Die Rede hofft von der afghanischen Grenzregulirung die Beseitigung der möglichen Mißverständnisse zwischen England und Rußland in Centralasien, bevauert das Scheitern der englischen Vermittelung im abyssinisch-italienischen Kon flikte und spricht sich erfreut über den Abschluß der Suez-Kanal-Konvention, über die bezüglichen Ver handlungen mit Frankreich und den Abschluß des Hebriden-VertrageS mit diesem Lande aus. Außerdem