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Amtsblatt 54. Jahrgang. Nr. 3. Jnl-rak«, welch« bei d« bedeutenden Auflage bet Blattes eine sehr wirk' fame Verbreitung finden, »erde» mtt IV Pfg. die SpaltmzeUe »der der« Raum berrchnet. — La» bellarische und complictrtr Inserate mit entsprech««» dem Aufschlag. — Singe» sandt, tat redaktionell« Heile, die Spalt«»«« -» Pf«. Die Weltlage im neuen Zahre. Noch die letzten Tage des nun dahingeschwundenen Jahres hatten Allarmnachrichten gebracht, durch welche sich die Kriegsbesorgniffe bis zur höchsten Potenz stei gerten und merkwürdig, fast mit dem ersten Glocken schlage des neuen Jahres hat der so schwer umdüsterte politische Himmel eine Aufhellung erfahren, welche man kaum mehr zu erhoffen wagte. Zunächst darf die Veröffentlichung der gefälschten Aktenstücke als ein Beweis betrachtet werden, daß in der bis zur Jahres wende vorherrschend gewesenen hochgradigen Spannung eine entschiedene Abschwächung eingetreten ist. Wenn sich jetzt der Zar nach langem Zögern entschloß, jene Dokumente, welche bestimmt waren, in ihm einen tie fen Argwohn gegen die Ehrlichkeit der deutschen Po litik hervorzurufen, dem Fürsten Bismarck zuzusenden und sie somit der Oeffentlichkeit zu übergeben, so kann man dies gewiß als einen beruhigenden und aufklä renden Moment betrachten. Der Zar erkennt hiermit an, daß die deutsche Politik in den bulgarischen Dingen Rußland gegenüber kein doppeltes Spiel spielte, sondern sich durchaus loyal gegeben hat und hierdurch verliert offenbar die allgemeine Lage nicht unwesent lich an ihren bisherigen Bedrohlichkeiten. Bereits schlägt die Petersburger Presse infolge dieses Ereig nisses einen versöhnlichen Ton an und meint z. B. die „Neue Zeit", die Nolhwendigkeit guter und ehr licher nachbarlicher Beziehungen sei nunmehr wieder hergestellt und müsse dies als ein erfreuliches Resultat der Audienz des Fürsten Bismarck beim Kaiser von Rußland betrachtet werden. — Aber es sind auch noch weitere Anzeichen für die eingetretene Wendung zum Bessern vorhanden. Die verschiedenen offiziellen An sprachen, welche der Neujahrstag gebracht Hal, geben der Hoffnung, daß doch noch die Erhaltung des Welt friedens gelingen werde, erneuten Spielraum und er scheinen da namentlich die Neujahrsansprachen des Präsidenten Carnot, des französischen Staatsober hauptes, und des ungarischen Ministerpräsidenten Tisza als bemerkenswerthe Kundgebungen. Daß es Kaiser Wilhelm beim Empfange des diplomatischen Korps am I. Januar vermied, sich in irgend einer Weise über die politische Lage zu äußern, kann nicht als ungünstiges Zeichen gedeutet werden, denn cs ist bekannt, daß der greise Monarch sich beim Neujahrs - empfange politischer Ansprachen zu enthalten pflegt und wenn er es so auch Heuer gehalten hat, so kann dies weiter nicht auffällig erscheinen. Endlich wird noch aus Wien gemeldet, der russische Botschafter Fürst Lobanoff habe, obgleich nur gesprächsweise, dem Gra fen Kalnocky erneuerte friedliche Versicherungen gege ben; freilich, besonders hoch wird man den Werth solcher privatim gegebenen Versicherungen kaum ver anschlagen dürfen, immerhin paffe» sie aber sehr gut in das veränderte Situationsbild, welches uns das neue Jahr in seinem Beginne gebracht hat. — Trotz alledem wäre es jedoch ein nicht zu rechtfertigender Optimismus, wollte man nun annehmen, daß die Nebel, welche den politischen Horizont noch beim Aus gange des alten Jahres so schwer und dicht bedeckten, vor der Friedenssonne des Jahres 1888 bald gänz lich zerstreut sein würden. Dazu ist die seither herr schende Unsicherheit eine viel zu langandauernde ge wesen, um nun eine baldige radikale Aenderung in den bisherigen Verhältnissen in der hohen Politik er warten zu dürfen und es nehmen ja auch einerseits die russischen Truppenbewegungen, anderseits die Vor sichtsmaßregeln Oesterreich-Ungarns, wozu u. A. die Einberufung der österreichischen Reservisten behufs einer siebentägigen Uebung mit dem Mannlicher - Nepetir- Gewehr gehört, ihren vorläufigen Fortgang. Indessen die Anfänge zu einer Aufklärung und Verständigung sind nun doch sichtbar vorhanden und hoffentlich wird «S der diplomatischen Arbeit gelingen, die Lage einer weiteren befriedigenden Klärung entgegenzuführen. einheimischen Arbeitern überfüllt sind, weshalb es fremden Arbeitern geradezu unmöglich wird, Beschäf tigung zu finden; überdies treten auch die amerikani schen Arbeiterassoziationen den eingewanderten BerufS- genossen in jeder Weise hinderlich entgegen. Im eigen sten Interesse der Auswanderer liegt es daher, sich diesen Zustand der Dinge gewissenhaft vor Augen pr halten, ehe sie eine nur in den allerseltensten Fälle« wieder gutzumachende Uebereilung begehen. — Astronomischen Nachweisungen zufolge sind für die nächstkommenden Nächte wieder größere Stern schnuppenfälle zu erwarten. Von heute bis IS. und vom 28. bis 31. d. M. kann man ferner des Abends nach Beendigung der astronomischen Dämmerung am molken- und dunstlosen Westhimmel das Zodiacallicht beobachten. Dasselbe ist ein vom Horizont nach links schräg aufsteigender, nach oben spitz zulaufender Licht schein, welcher ohne Schwierigkeiten gesehen werden kann, sobald das Auge von anderem Lichte nicht ge blendet wird. Arauevstein, 5. Januar. In Nr. 2 dieses Blattes hat sich bei den Kirchennachrichten der hiesigen Parochie vom Jahre 1887 ein Druckfehler eingeschli chen; Es darf nicht heißen: Im Jahre 1887 waren I S8 Kommunikanten, sondern 1578. — Diese Nacht sowohl, als auch heute Vormittag wüthetc hier ein fürchterliches Wehwetter, welches allen Verkehr nach und von hier lahm legte. Die vorgestrige Nachtpost gelangte gar nicht an demselben Tage hier an, sondern blieb zwischen Friedersdorf und Pretzschendorf im Schnee stecken und kam erst am an dern Mittag nach hier. — Das am Montage vom Herrn Musikdirektor Hoppe aus Dippoldiswalde im Rohland'schen Saale hier gegebene Konzert hatte sehr unter der Ungunst der Witterung zu leiden, da infolge des ungestümen Wetters die Konzertbesucher aus der Umgegend weg geblieben waren. Der Besuch aus unserer Stadt war ein mäßiger, würde jedoch ein wesentlich größerer ge wesen sein, wenn nicht weitere im Laufe der Woche stattfindende Festlichkeiten konkurrirend dazwischen ge treten wären. Das Konzertprogramm war ein recht gut gewähltes und hätte die wohlgelungene Ausfüh rung desselben zahlreicheren Besuch verdient. Kreischa. Nicht blos auf Eisenbahnstrecken haben die Stürme der letzten Tage Verkehrsstockungen ver ursacht, auch die noch wenig im Lande verkehrenden Personenposten erlitten Ungemach. So hat die Krei schaer Personenpost, die nach Bahnhof Niedersedlitz verbindet, am Abend des 2. Januar zweimal Unfälle erlitten. Der Postschlitten, welcher gegen 6 Uhr in Niedersedlitz eintreffen sollte, stürzte zwischen Lockwitz und Niedersedlitz mit 6 Passagieren, 4 Damen und 2 Herren, um, und zwar unglücklicherweise auf die Lhür- seite. Die Insassen mußten mehr oder minder verletzt zum engen Fenster der oberen Schlittenkastenseite her ausklettern und kamen natürlich zu spät zum Anschluß an den >/»7 Uhrzug. Auf der Rückfahrt widerfuhr demselben Gefährt zwischen Lockwitz und Hummelmühle dasselbe Unglück mit 4 Insassen. Hier scheint der Unfall weniger unangenehm abgelaufen zu sein. L Glashütte. Am 3. Januar Nachmittags kam in Dittersdorf der Tagelöhner Erler von hier da durch zu Schaden, daß er mit der Hand in die Dresch maschine kam, wodurch ihm drei Finger zerquetscht wurden. Vom hiesigen Arzte mußten ihm dieselben abgelüst werden. — In der hiesigen Hauptverpflegstation er hielten im letzten Vierteljahre 1887 173 Mann Nacht verpflegung, 85 Mann Tagesverpflegung, während 1v Mann keine Pflege beanspruchten. Während des gan zen Jahres erhielten 586 Mann Nachtverpflegung, 295 Mann Tagesverpflegung, 202 Mann halbe Ver pflegung. Unter den 586 zur Nacht Verpflegten be finden sich: 50 Arbeiter bez. Handarbeiter, 41 Echuh- Lokales «nd Sächsisches. Dippoldiswalde, 5. Januar. Wir können mcht umhin, abermals an eine wichtige Pflicht zu ermnern, die beim Beginn des Jahres wiederum an diejenigen Familien herantritt, von denen Kinder nächste Ostern die Schule verlassen. Ein knappes Vierteljahr noch — den 1. April fällt Ostern. Es dürfte die höchste Zeit sein, für diejenigen Söhne, die ein Handwerk lernen sollen — und wir möchten wünschen, daß das recht viele sein möchten — sich nach einem Lehrmeister umzuthun. Die Zahl derselben ist nicht so groß, als Viele denken. Gar mancher gute Meister hat es m Anbetracht der Unzuträglichkeiten, die ihm durch den Lehrling selbst oder nicht selten auch durch die dem selben in ungerechtfertigter Weise beistehenden Eltern verursacht werden, längst aufgegeben, je wieder Lehr linge anzunehmen; andere haben zu wenig Arbeit, um einen Lehrling beschäftigen, andere zuviel, um sich ge hörig um den Lehrling bekümmern zu können : also ist die Auswahl unter den Lehrlingsstellen nicht so groß, daß man es darauf ankommen lassen könnte. „Wer nicht kommt zur rechten Zeit, der muß nehmen, was übrig bleibt," das trifft auch hier zu; und was übrig bleibt, ist nicht immer das Beste. Also bald dazuthun und sich nicht damit beruhigen, daß sich schon noch Alles finden werde; es geht durch dieses Zögern gar oft ein Viertel-, ein halbes Jahr verloren, ganz abgesehen davon, daß unbeschäftigte, keinem bestimmten Berufe zugeführte Knaben, selbst wenn sie zu häus lichen Arbeiten angehalten werden, sich leicht das Bummeln angewöhnen, was ihnen die später strenge Berufsarbeit um so schwerer macht. — Für Diejenigen, die auf Schulen kommen sollen, ist die Zeit der An meldung gleichfalls herangerückt und für die zum Dienen bestimmten Mädchen werden gewissenhafte El tern jetzt schon um ein paffendes Unterkommen sich bekümmern. — Es bedarf wohl bloß dieser Anregung, um sorgsame Familien an diese ihnen obliegende Pflicht zu erinnern. — Nachdem am Dienstag und Mittwoch die Kälte wesentlich abgeschlagen und sogar schon Thauwetter eingetreten war, stand gestern das Thermometer wie der unter Null und die angethaute Schneedecke bekam einen Eisüberzug. Dergleichen Uebergänge werden bei uns von den Hausbesitzern noch viel zu wenig be achtet. Obschon die polizeiliche Verordnung, daß bei eintretender Glätte die Trottoirs mit Sand oder Asche zu bestreuen sind, ost genug erneuert worden ist, wird sie doch immer wieder vergessen. Es wäre die Frage, ob bei durch unterlassenes Streuen verursachten Un glücksfällen der betreffende Hausbesitzer nicht haft pflichtig sei; wenigstens würde aber die moralische Ver antwortlichkeit für einen Arm- oder Beinbruch auf ihm lasten. Darum das Streuen nicht vergessen! (Der erste Staatsanwalt in Prenzlau hat kürzlich fol gende Bekanntmachung erlassene „Wer hier bei Eis glätte auf unbestreutem Trottoir verunglückt, wolle im öffentlichen Interesse schleunigst bei mir den Straf antrag gegen den Schuldigen wegen fahrlässiger Körper verletzung stelle».") — Am 4. Januar, Abends in der 10. Stunde, brach in dem Anbau deS Fabrikgebäudes beim Pappen fabrikant Wilhelm Nitz sche in Obercarsdorf Feuer aus und wurde infolgedessen dieser Anbau total ein geäschert, wie auch das Gebäude selbst am Dache und dem hölzernen Giebel zum Theil beschädigt. Außer der Ortsspritze erschien die Gemeindespritze von Ulbern dorf und waren beide mit Erfolg thätig. Der Kala- mitose hat nicht versichert. — Auswanderungslustige möge,» sich die Klage rufe zur Warnung dienen lassen, welche aus den Kreisen der im Laufe dieses Jahres zahlreich nach Amerika übergesiedelten deutschen und österreichischen Arbeiter laut werden. Wir entnehmen denselben, daß Mseits des Ozeans alle BeschäftigungSzweige mit „«ellerttz gelt««," «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 26 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 1V Pfg. — Alle Postan fialten, Postboten, sowie di« Agenten nehme» Be- sür die Königliche KmtshaupLmannschafL Dippoldiswalde sowie A Mißlichen Amtsgerichte und die StadtrSLse zu Dippoldiswalde und Irauenstem Verantwortlicher Redacteur: Carl Zehnt in Dippoldiswalde. Sonnabend, den 7. Januar 1888.