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Leipzig. In einer Wohnung der Südstrabe er eignete sich, am vorigen Donnerstag der unglückliche Fall, daß ein 1'/« Jahre altes Kind durch die eigene Mutter, welche mit einem Topfe siedenden Wassers aus der Küche kam und an welche das arme Kind unversehens anstieb, mit dem Wasser überschüttet und dabei schwer an der Brust und den Armen verbrüht wurde. Obgleich sofort ärztliche Hilfe bei der Hand war, starb das Kind doch am andern Tage an den erhaltenen Brandwunden. — Während im vorigen Jahre nach Vermehrung der königl. preußischen Lotterie die Kollekteure der königl. sächs. Laudeslotterie Mühe hatten, ihre Loose abzusetzen, ist jetzt ein vollständiger Umschwung eingetreten. Die Direktion der Landeslotterie in Leipzig hat mehrere Gesuche von Kollekteuren um Ver mehrung ihrer Loose mit dem Bemerken abgewiesen, daß der Vorrath erschöpft sei. Die Errichtung von Kollektionen in anderen Bundesstaaten trägt also ihre Früchte. Oder wäre die Neigung zum Lotteriespiel größer geworden? Leipzig. Die Meßbuden bringen der Stadt Leipzig jährlich eine Einnahme von 51 WO M., wenn nun auch davon 23800 M. für Aufstellen und Ab brechen, Reparaturen rc. in Abzug zu bringen sind, so beträgt die Reineinnahme daraus doch immerhin rund 28000 Mark. Oder-Cunewalde. Ein trostloses Bild bietet jetzt Ober-Cunewalde. Nach neuerer genauer Feststellung wurden daselbst allein 104 und in Cunewalde 16 an der Trichinose erkrankte Personen verzeichnet. Es sind wieder eine Anzahl neue Erkrankungen dazuge kommen und ein Paar Todesfälle eingetreten. Bei einem Gange durch Ober-Cunewalde hört inan jetzt nur noch selten das Klappern des Webstuhls, Alles ist still, unheimlich still, denn es sind nur noch wenige Häuser übrig, in denen nicht Kranke liegen. Die noch Gesunden haben vollauf zu thun, um den Nachbarn beizustehen und zu rathen. In manchen Fällen liegen sämmtliche Glieder, zum Theil bis 6 Personen, dar nieder. Und wie traurig sieht es oft in einem solchen Hause aus! Da ist seit Weihnachten kein Verdienst gewesen, da fehlt es buchstäblich an Allem. Der Zu sammentritt eines Hilfskomitees hat sich nöthig ge macht; auch eine Albertinerin wurde herberufen. Marienberg. Bei Liquidation des hiesigen Vor schuß-Vereins hatten sich mehrere Mitglieder ge weigert, der Solidarhaft nachzukommen. Dieselben wurden indeß prozessirt und es ergeht ihnen nun also: Diejenigen Beklagten, welche bis zur Auflösung des Vereins Mitglieder waren, sind vom Landgerichte Frei berg verurtheilt worden, den ausgeschriebenen Nach schuß an je 877 M. 50 Pf. sammt 5 Prozent Zinsen seit 1. April 1886 zu bezahlen und die antheiligen Kosten zu tragen. Die von ihnen hiergegen an das kgl. Oberlandesgericht Dresden eingelegte Berufung ist von dem letzteren als unbegründet verworfen wor den. Letzteres Urtheil ist zur Zeit noch nicht rechts kräftig. Den Beklagten steht noch die Möglichkeit offen, beim Reichsgericht Revision einzulegen. Schwarzenberg. In Obersachsenseld ist die Trichin osis ausgebrochen; es sind bereits leider gegen 20 Personen mehr oder minder schwer erkrankt. Sämmtliche Erkrankte haben Fleisch von einem von dem Müller und Bäcker Stegert geschlachteten, jedoch nicht auf Trichinen untersuchten Schwein gegessen. In Folge dieses betrübenden Falles erheben sich wiederum viele Stimmen für allgemeine Einführung der Tri chinenschau. Tagesgeschichte. Berlin. Der Reichstag erledigte am 24. Jan. nach unerheblicher Debatte die erste Lesung des Ge setzentwurfes, betreffend den Erlaß der Wittwen- und Waisengeldbeiträge, ebenso in zweiter Lesung die Etats beS Rechnungshofes und der Eisenbahnverwaltung. Hierauf begann die zweite Lesung des Militäretats, dieselbe wurde fortgesetzt bis zu dem Kapitel „Bauten". Abgelehnt wurden den Kommissionsanträgen gemäß die Herstellung einer angemessenen Faxade für das Generalkommando in Stettin geforderten 57 900 Mk., sowie 207000 Mark für den Kasernenbau in Stolp und 198 000 M. für einen Exerzierplatz bei Schweidnitz. — Die diesmalige Generaldebatte über den Etat im preußischen Abgeordnetenhause ist außerge wöhnlich glatt und ruhig verlaufen und von irgend welchen Zwischenfällen war nicht die Rede. Die Besserung in den preußischen Finanzen übte da offen bar ihren Einfluß auf die Gemüther aus; mußte doch selbst der Abg. Rickert, der Generalredner der frei sinnigen Partei, die eingetretene günstigere Wendung anerkennen, was freilich nicht ohne verschiedene Wenn's und Aber's abging. Mit allseitiger Genugthuung wurde die von der Regierung vorgeschlagene Erleichte rung der Volksschullasten der Kommunen begrüßt, es fehlte aber auch nicht an Ausdrücken des Bedauerns — 50 — darüber, daß die Volksschullehrer nicht derselben Ver günstigung theilhaftig werden sollen, wie sie den un mittelbaren Staatsbeamten durch den Wegfall ihrer Wittwen- und Waisenbeiträge in sicherer Aussicht steht. An Wünschen der einzelnen Parteien bezüglich der ver schiedenen Vorlagen war auch kein Mangel und dürfte in dieser Beziehung die Berathung des Entwurfes über die Erleichterung der Kommunalschullasten wohl etwas lebhaftere Debatten bringen. — Ein konseroativ- nationalliberaler Antrag, betr. die Gleichstellung der Lehrer an den kommunalen und höheren Schulen mit ihren Kollegen an den entsprechenden staatlichen An stalten, ist im Abgeordnetenhause angekündigt. Von letzterem war schon im Jahre 1886 ein bezüglicher Gesetzentwurf genehmigt worden, der an der ablehnen den Haltung des Herrenhauses scheiterte. Ob sich die Anschauungen des Herrenhauses in dieser Frage in zwischen geändert haben, ist noch nicht bekannt ge worden, es scheint jedoch nicht der Fall zu sein. — Es steht jetzt endgiltig fest, daß Sic Morell Mackenzie Ende nächster Woche wieder von London in San Remo eintreffen wird. Es befindet sich nämlich im Kehlkopfe des Kronprinzen ein abgestorbener Knorpel, welcher beseitigt werden muß und dessen Entfernung Mackenzie wahrscheinlich vornehmen wird. Auch ist es sehr wahrscheinlich, daß eine abermalige Konsultation von bedeutenden Autoritäten um dieselbe Zeit in San Remo stattfinden wird, damit ein definitives Urtheil über den Charakter des Leidens abgegeben werde. Ein solches Gutachten wird neben anderen Gründen auch deshalb gewünscht, damit festgestellt werden kann, ob und wann der Kronprinz nach Deutschland zurück kehren kann. Die Persönlichkeiten der Autoritäten selbst sind noch nicht festgestellt; doch sind Unterhand lungen im Gange. Jedenfalls wird Mackenzies Besuch Ende nächster Woche eine sehr wichtige Epoche in der Krankheit des Kronprinzen bilden, da es für mehr als wahrscheinlich gilt, daß das auf Krebs lautende Gut achten vom letzten November umgestoßen werden dürfte. — Die am 9. d. M. in Berlin zusammengetretene Kommission zur Prüfung der neuen Sattelmodelle hat ihre Arbeiten beendet. Behufs praktischer Er probung der in näheren Betracht gezogenen Modelle dürfte im Lause des Sommers eine Versuchs-Eskadron formirt werden, worauf dann die Kommission sich über den anzunehmenden „Einheitssattel" schlüssig machen würde. — Die jüngsten Verhandlungen der Reichstags- Kommission über das neue Wehrgesetz brachten auch Klärung über das Verhältniß der zur Zeit bereits verabschiedeten Landwehrosfiziere, die noch nicht das 39. Lebensjahr vollendet haben. Ganz im Sinne einer früheren Auslassung der „Kreuzzeitung" sprach sich der Minister dabei dahin aus, daß das Ge setz zwischen Offizieren und anderen Wehrpflichtigen keinen Unterschied mache. Die verabschiedeten Offi ziere, die noch nicht 39 Jahre alt sind, müssen sich also gleichfalls zur Eintragung in die Listen des zweiten Aufgebots melden. Sie erhalten dann durch königliche Ordre entweder ihren früheren Rang wieder oder werden uus den Listen gestrichen; als Gemeine oder Unteroffiziere können sie nicht eingestellt werden. — Die einmaligen Ausgaben zur Durchführung des neuen Wehrgesetzes sollen nach einer Andeutung des Kriegsministers einen Zinsenaufwand von jährlich 8 Mill. Mark erheischen, was ungefähr einer Kapitals aufwendung von 230 Mill. Mark entsprechen würde. Die Anforderung ist freilich, zumal nachdem erst im vorigen Frühjahr l76 Millionen für außerordentliche militärische Zwecke, Festungsbauten, strategische Bahnen, Ergänzung des Kriegsmaterials und de:gl. aufgewendet worden, eine sehr bedeutende, aber nur durch die selbstverständliche Folge des neuen WehrpflichlgesetzeS und der durch die heutige Weltlage auferlegten Noth- wendigkeit, für den Ernstfall die äußerste Wehrkraft aufzubieten und rechtzeitig die Vorbereitungen hierfür zu treffen. Mit dieser neuen Aufwendung wird man dann aber die Vervollständigung und Ausrüstung unserer Wehrkraft für absehbare Zeiten als abge schlossen ansehen dürfen. Wenn uns der Frieden er halten bleibt, so dürste daran die Entschlossenheit und Energie, womit das Deutsche Reich seine Wehrkraft allen Gefahren gegenüber in volle Bereitschaft gesetzt hat, zum großen Theil das Verdienst haben. Elsaß-Lothringen. Die „Lothringer Ztg." meldet: Am Sonnabend bemerkte der Grenzaufseher Hahne mann Vormittags zwischen Lommaringen und Fentsch auf deutschem Gebiet einen Jagenden, Namens Bar berot, beschloß dessen Verhaftung, setzte demselben nach und traf ihn einige Schritte vor der Grenze auf deutschem Boden. Da Barberot energisch Widerstand leistete, entstand ein Ringen, welches mit der Ent waffnung Barberots endete. Am 24. Januar begaben sich der Kreisdirektor Killingen und der Kommissar Keller aus Diedenhofen nach dem Thatort, behufs Aufnahme von Erhebungen. Trotzdem sich die fran zösischen Zeitungen sofort des Vorfalles bemächtigten, dürften politische Verwickelungen kaum daraus entstehen. Frankreich. In einer Anarchistenversammlung in Havre am 23. Januar feuerte ein gewisser Lucas zwei Revolverschüsse auf Louise Michel ab. Einer derselben drang hinter dem Ohre ein und scheint eine schwere Verwundung herbeigeführt zu haben. Lucas wurde sofort verhaftet. — Mit Befriedigung berichtet die „France", daß die Deutsch en Hetze im Stande ist, sogar Fraruosen um ihr Brod zu bringen; die Gebrüder Voegele, halb deutschen Ursprungs, mit viel französischem Blut, Dank zahlreichen Mischheirathen in dec Familie, besitzen ein großes Böttchereigeschäft in Charmes (Vogesen). Die Mitglieder der Familie sind ausnahmslos entweder geborene oder naturalisirte Franzosen. Verwandte, wie die eigenen Sühne, dienen als Offiziere in der französischen Armee. Sie haben kein anderes Unrecht begangen, sagt die „France", als einige alte deutsche Beziehungen nicht abzu brechen. Aber das genügte. Der „Nepublicain de l'Est" denunzirte die Deutschen, die zudem es wagten, unter ihren zahlreichen Arbeitern auch einen Deutschen zu beschäftigen, in wenigen Wochen konnten sie ihre Werkstätten schließen; sie waren so gut wie. ruinirt. Sie erheben Klage auf 20000 Francs Schadenersatz; der patriotische Gerichts hof weist sie ab. Und die „France" fügt hinzu: „Möge diese kleine Lektion allen hier naturalisirte n Deutschen dienen, welche sich hie und da so weit ver gessen, sogar Mitglieder teutonischer Gesellschaften zu werden!" Italien. Aus Nom wird noch immer von Nach klängen zur Pap st-Jubelfeier berichtet. Am Sonn abend empfing der Papst diejenigen Persönlichkeiten aus Deutschland und Oesterreich-Ungarn, welche den Komites zur Darbringung der Jubiläumsgeschenke, Vorbereitung der vatikanischen Ausstellung und Orga nisation der Pilgerzüge angehört haben. Die deutschen Mitglieder wurden vom Fürsten Löwenstein, die öster reichischen vom Grafen Pergen vorgestellt. Ferner erfolgte am Sonntag Vormittag die Heiligsprechung von Louis Gragnon de Montfort, des Gründers dec Missionäre des heiligen Geistes, in der Peterskirche. Der Erzbischof von Paris celebrirte die Messe. Am Nachmittag verrichtete der Papst vor dem Bilde des Heiliggesprochenen sein Gebet. — Ueber die Vorgänge in Ostafrika lauten die Nachrichten noch immer etwas verworren. Bald heißt es, die Italiener seien entschlossen, Saati anzugreifen, bald heißt es, diese Position sei von den Abyssiniern gar nicht besetzt, nach einer dritten Version wären die italienischen Vortruppen ohne Kampf schon in Saati eingetroffen. Auch über die Haltung des Königs Menelik von Schoa, des mächtigsten Vasallenfürsten des Negus, lauten die Meldungen sehr widerspruchs voll; das Wahrscheinliche ist, daß Menelik einstweilen abwarten wird, wie der erste Zusammenstoß zwischen den Italienern und den Abyssiniern abläust. Ferner regen sich Privatberichten zufolge die Sudanesen wieder und sollen dieselben merkwürdiger Weise eine die Abyssinier bedrohende Haltung annehmen, während doch erst kürzlich von einem Vorstöße der Sudanesen unter Osman Digma gegen Suakin, also gegen die Stellung der Engländer am rothen Meere, die Rede war. Vielleicht, daß die jeden Tag zu erwartenden näheren Berichte des italienischen Oberbefehlshabers, des Generals Marzano, über die gesammte Lage vor Masiauah endlich die erwünschte Aufklärung bringen. Bulgarien. Die Petersburger Zeitung „Swet" bringt eine Richtigstellung der bisherigen Meldungen über den Putsch von Burgas. Hiernach haben die Aufständischen in drei Abheilungen von 35, 25 und 100 Mann Stärke das bulgarische Gebiet betreten, die beiden ersten, bei denen sich der Kapitän Nabokoff be fand, seien über die türkische Grenze zurückgeworfen, von türkischem Militär entwaffnet und in Adrianopel internirt worden. Die dritte Kolonne dagegen, durch bulgarische Ueberläufer verstärkt, habe sich gegen die bulgarischen Truppen behauptet. Diese letztere war es demnach, die bei Burgas zersprengt wurde. Telegraphische Depesche. Dresden, 2S. Januar. In ihrer heutigen Sitzung hat auch die Erste Kammer den Bau der Müglitzthalbahn einstimmig genehmigt. — So wären denn jahrelange Hoffnungen und Wünsche eines großen Landstriches in Erfüllung gegangen. Mögen alle Hoffnungen, die sich an das Projekt knüpfen, in Erfüllung gehen. Glück auf! Sparkasse tu Reinhardtsgrimma. Nächster Erpeditions-Tag: Sonnabend, den 28. Januar, Nachmittags von 3—6 Uhr. Sparkasse in Pretzschendorf. ErpedilionStag: Sonntag, den 29. Januar, Vormittags von 11—12 und Nachmittags von 3—5 Uhr.