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Stelle Nachforschungen veranstaltete, und der Wach samkeit der GendaMerie ist es endlich gelungen, die vermuthliche Thäterin dieser unerhörten Biutthat zu ermitteln. ES mußte schon aussallen, daß gerade die Dienstmagd, die sich bei den Eheleuten, um einen Dienst zu erhallen, aushielt, am Tage nach der That spurlos verschwunden war. Auf sie lenkte sich daher sofort der Verdacht, der sich jetzt bestätigt haben soll. Die Dienstmagd, Namens Agnes Beier, im Alter von 22 Jahren stehend, wurde vor wenigen Tagen an die k. Staatsanwaltschaft eingeliefert. Man sand bei der Thäterin Blutspuren an den Kleidern und verschiedene dem erschlagenen Ehepaar gehörige Gegenstände. Ob jedoch die Beier den Doppelmord allein ausgefühlt oder, was fast anzunehmen ist, Helfershelfer dabei ge habt hat, darüber wird die weitere Untersuchung Auf klärung schaffen. Tagesgeschichte. Berlin. Der Kaiser war durch leichte Erkältungs erscheinungen in den letzten Tagen am Ausfahren ver hindert, weshalb auch das auf den 6. Januar ange setzte Botschafter-Diner auf einige Tage verschoben wurde. — Die Eröffnung des preußischen Landtages am 14. Januar wird durch den Vizepräsidenten des Staatsministeriums v. Puttkamer erfolgen. — Das Antwortschreiben des Kaisers auf die Neu jahrsadresse der Berliner Stadtverordneten sagt: Tief gerührt habe den Kaiser besonders die innige Theil- nahme an der schweren Erkrankung des Kronprinzen. Der Allmächtige, dessen Rathschluß unerforschlich sei, habe damit über den Kaiser und sein Haus eine ernste Prüfung verhängt. Groß sei der Schmerz des Kaisers über die Heimsuchung, welche den Kronprinzen nun schon seit langer Zeit von der vollen Ausführung seiner Berusspflichten und von der Heimath fernhalte. Mit dem ganzen Volke, welches in seltener Einmüthig- keit dem Kronprinzen seine mitfühlende Liebe zu er kennen gegeben, hoffe der Kaiser zu Gott, daß er in seiner Weisheit Alles zum Besten wende. — Der deutsche Kronprinz hat in einem Schrei ben an die Potsdamer Stadtbehörden die Hoffnung ausgedrückt, Potsdam, wie alljährlich, im Sommer begrüßen zu können. — Die Rückkehr des Reichskanzlers, Fürsten Bis marck, aus Friedrichsruhe nach Berlin dürfte für Mitte Januar zu erwarten sein. — Das zuletzt erschienene „British Medical Jour nal" enthält einen, zweifellos vom vr. Mackenzie ver faßten Artikel über die Art des Leidens des deut schen Kronprinzen. Derselbe lautet in der Ueber- setzung: „Wir erfahren mit höchster Befriedigung von einer höchsten Autorität, daß die Symptome, welche im November so großen Alarm verursachten, fast ganz verschwanden; die Schwellung unterhalb des Stimm bandes, welche damals mit solcher Besorgniß gesehen wurde, verminderte sich jetzt zum vierten Theil ihrer damaligen Größe; das Geschwür auf der Oberfläche der Schwellung heilte vollständig und die Drüsen, welche damals vergrößert und verhärtet waren, sind jetzt in völlig normalem Zustande. Eine kleine Schwellung, welche sich kürzlich auf dem linken falschen Stimmbande zeigte, löste sich bald nach ihrer Forma tion ab, und die geschworene Oberfläche derselben war nahezu vernarbt, als Mackenzie San Remo verließ. Wir können es jetzt als Mackenzies Ansicht aussprechen, daß die Erscheinungen im Halse des Kronprinzen durch aus vereinbar sind mit einer schwereren Art einer chronischen Laryngitis (Entzündung des Kehlkopfes). Mackenzie führte bereits in seinem vor acht Jahren geschriebenen Buche über Halskrankheiten einen ganz ähnlichen Fall an, in welchem zu der kongestiaren Schwellung der Schleimhäute und der unter der Schleimhaut belegenen Partien manchmal eine orga nische Verdickung oder Hypertrophie der betreffenden Weichtheile eintrat und die knotigen Auswüchse sich öfters als das Resultat einer chronischen Entzündung darstellten. Das Leiden des Kronprinzen scheint ein genauestes Beispiel jener vor acht Jahren beschriebenen Erscheinungen zu sein. Zweifellos ist außer jenem chronischen Entzündungsprozeß auch noch eine Perichon dritis (Knorpelhaut-Entzündung) vorhanden. Mackenzie wies in seinem obigen Werke daraus hin, daß häufig in solchen Fällen die Thätigkeit des einen oder anderen der beiden Stimmbänder geschwächt ist; und thatsäch- lich war bei dem Kronprinzen die Thätigkeit des linken Stimmbandes seit Monaten verschlechtert. Obgleich daher jetzt aller Grund zur Annahme vorhanden ist, daß die Krankheit den hier auseinandergesetzten mil deren, günstigeren Charakter besitzt, wäre es doch thöricht, einer allzu optimistischen Auffassung der Situation uns hinzugeben. Die Möglichkeit einer bösartigen Natur des Leidens kann trotz aller jetzigen gegentheiligen Erscheinungen nicht absolut bestritten werden, und andererseits darf man nicht vergessen, daß selbst das mildere Leiden, worauf jetzt alle Anzeichen hindeuten, sowohl an und für sich wie in den mög lichen Folgen ein ernstes ist." Auch die „Lancet" wird einen ähnlichen Artikel wie das „British Medical Jour nal" veröffentlichen. In dem Artikel wird u. A. auch ausgeführt werden, daß alle heutigen Erscheinungen gerade die entgegengesetzten, wie diejenigen im Novem ber sind, und man daher hoffen könne, das Leiden sei eine chronische, durch Pausen unterbrochene Entzün dung in Verbindung mit Perichondritis. Ueberdies habe Professor Virchow niemals bösartige Elemente gefunden und es existire kein Fall, daß eine gutartige Schwellung in unmittelbarer Nachbarschaft des Krebses vorgekommen sei. Man müsse daher annehmen, daß alle Erscheinungen des ganzen Jahres ein einziges Ganzes bilden, und daß auch die jüngsten Neubil dungen einen gutartigen Charakter besitzen. — Bald nach seinem Zusammentritt wird dem Reichstage ein Nachtragsetat mit Forderungen der Militärverwaltung für die aus der neuen Wehrvorlage hervorgehende Heeresverstärkung zugehen. Die Höhe ist zwar noch nicht genau bekannt, doch nehmen unter richtete Kreise nahezu 100 Millionen Mark an. Aus dem Elsaß. In den schwer zugänglichen bewaldeten Grenzdistrikten der Vogesen hat sich trotz der sorgfältigen Grenzüberwachung ein schwunghaft betriebener Schmuggel, besonders auf französisches Gebiet hinüber, entwickelt. Fälle, in denen die Schmuggler von den französischen Grenzbeamten er wischt werden, gehören zu den Seltenheiten, da erstere offenbar über die Aufstellung der Grenzwächter stets genau unterrichtet sind. Die wichtigsten der seither nach Frankreich geschmuggelten Artikel bestanden in Tabak und Alkohol. In Bezug auf letzteren hat sich jedoch neuerdings das Blatt gewendet. In Folge des neuen Branntweinsteuergesetzes ist nämlich hier der Preis des Alkohols auf durchschnittlich 1 M. 70 Pf. für das Liter gestiegen, während er in Frankreich, wenn er zur Ausfuhr nach Deutschland angemeldet ist, schon zu 60 bis 70 Pf. zu haben ist. Dieser Preis unterschied hat nun zum Einschmuggeln von franzö sischem Spiritus geführt. Die deutschen Behörden haben übrigens bereits in mehreren Ortschaften größere Mengen französischen Alkohols beschlagnahmt und die betreffenden Schmuggler gefänglich eingezogen. — In Folge der vor einigen Jahren erfolgten Zollerhöhung auf Taschenuhren ist die Uhrenindustrie der angren zenden schweizerischen Orte, welche hauptsächlich nach Deutschland auszuführen pflegten, stark benachtheiligt worden. Es hat dies mehrere Fabrikanten zu dem Entschluß geführt, ihre Fabriken nach den dicht an der Grenze gelegenen elsässischen Gemeinden zu ver legen. Den Anfang macht die Firma Hübschlin-Tardy in Bomfol, welche die für einen Betrieb mit 100 Ar beitern erforderlichen Gebäulichkeiten zu Pfetterhausen bereits fertiggestellt hat. Auch nach Niedersept wird demnächst eine schweizerische Uhrenfabrik verlegt werden. — Am 7. Januar fand auf dem Fort Manteuffel in Metz die Explosion eines Verbrauchspulvermaga zins statt, wobei 1 Unteroffizier und 1 Kanonier des sächs. Fußartillerieregiments Nr. 12 getödtet wurden. Der Unfall soll durch Unvorsichtigkeit verursacht sein. Oesterreich-Ungarn. Die eingetretene Beruhi gung der allgemeinen Lage wird durch neuerliche Meldungen österreichischer Blätter weiter bekräftigt. Dieselben besagen, daß der in diesen Tagen von Petersburg, resp. Gatschina auf seinen Posten zurück gekehrte russische Militärattache in Wien, Baron Zu- geff, in der That der Träger einer Friedensmission gewesen ist und daß er namentlich dem österreichischen Herrscher ausdrückliche Friedensversicherungen des Cza- ren überbracht hat. Ferner meldet man aus Galizien, daß einzelne Abtheilungen der an der dortigen Grenze stationirt gewesenen russischen Truppen nach den be nachbarten Städten zurückgezogen worden seien, an geblich deshalb, weil die bisherigen Standquartiere sich als ungesund herausgestellt haben. Die Ursachen dieser „Rückwärtskonzentrirung" sind demnach aller dings nur äußerlicher Natur, immerhin wird diese Dislokation mit zur allgemeinen Beruhigung beitragen. Zieht man überhaupt das Facit all' der Meldungen und Stimmungsberichte, welche seit dem neuen Jahre über den diplomatischen Zwischenfall, wie er durch die russischen Truppenansammlungen an der galizischen Grenze Herbeigeführt worden ist, eingegangen sind, so ergiebt sich die offenbare Beseitigung desselben. Selbst verständlich ist aber hiermit die Klärung der allge meinen Lage noch keine vollständige und an Rußland ist es, in dieser Beziehung vorzugehen. Bemerkens werth erscheint übrigens die Energie, mit welcher öster reichischerseits die Anregung russischer Blätter zu einer russisch österreichischen Sonderabmachung zurückgewiesen wird. Die „Neue Freie Presse" z. B. meint, Oester reich würde sich alsdann zwischen zwei Stühle setzen und für zwei sichere Freunde einen unsicheren ein tauschen. Wolle Rußland seine Friedfertigkeit beweisen. so brauche es nur seine nach den Westgrenzen ge worfenen Truppen wieder nach dem Inneren zurück zuziehen. Oesterreich. Die Statthalterei ordnete telegraphisch die Einstellung der Pumparbeiten in den überschwemm ten Schächten bei Teplitz an; die Teplitzer Quellen sind in höchster Gefahr. Frankreich. Die Lücke, die in dem französischen Ministerium Tirard durch das Ausscheiden des Marineministers Mahy eingetreten war, ist nunmehr wieder ausgefüllt worden. Zum Nachfolger de Mahy's wurde Admiral Krantz ernannt, während Admiral Gervais, welcher ursprünglich als Ersatzmann Mahy's in Aussicht genommen worden war, die Leitung des Generalstabes der Marine übernommen hat. Endlich wurde der Deputirte Felix Faure zum Unterstaats sekretär für die Kolonien ernannt und erscheint hier mit das Ministerium Tirard wieder ergänzt. Daß in dieser Rekonstruktion, welche sich sobald nach dem Amtsantritte des neuen französischen Ministeriums nöthig machte, für letzteres ein besonders günstiges Anzeichen liegen sollte, wird wohl Niemand behaupten wollen. Frankreich. Ueber das neue Gewehr Tra- mond-Lebel bringen Pariser Blätter jetzt Daten, denen wir Folgendes entnehmen: Das Gewehr hat ein Ka liber von 8 mm, das Geschoß wiegt 15 Ar und ist von gehärtetem Blei. Die Anfangsgeschwindigkeit be trägt 600 m und da bei dieser großen Geschwindigkeit das Blei des Geschosses sich vollständig deformircn würde, so hat man es mit einem Neusilber-(?)Mantel umgeben. Die Geschoßform bleibt daher möglichst un verändert, was für die Präzision der Waffe und für die Durchschlagskraft des Geschosses von großem Werth ist. Ingenieur Vieille hat ein neues Pulver erfunden, welches beim Abfeuern nur eine schwache Detonation von sich giebt und ohne Rauch verbrennt. Dem Schützen wird also für die Zukunft nicht mehr sein Ziel durch dicken Qualm verhüllt, während gleichzeitig dem Feind die Stellung des Schützen nicht mehr ver- rathen wird. Nimmt man dazu noch die große Rasanz der Flugbahn des neuen Gewehres, so haben die Fran zosen jetzt eine Musterwaffe — auf dem Papier wenigstens. Schweiz. Der Bundesrath hat soeben eine sofort in Kraft tretende Verordnung über Einrichtung, Aus rüstung, Aufgebot, Ueberwachung und Verwendung des Landsturmes erlassen. Ihre Hauptpunkte sind: Eintheilung des Landsturms in Bataillone. Das Bataillon besteht in der Regel aus 4 Kompagnien, jede höchstens 200 Mann stark, welche in 4 Sektionen zerfallen. Je nach den örtlichen Verhältnissen kann die Stärke der Kompagnie zwischen 80 und 200 Mann wechseln. In den Bataillonskreisen können unter ge eigneten Verhältnissen Schützen-Kompagnien und Sek tionen gebildet werden. An der Spitze des Bataillons steht ein Major. Die Kompagnien werden durch Hauptleute, die Sektionen durch Lieutenants geführt. Für jede Kompagnie werden 1 Feldwebel, 1 Fourier, 16 Unteroffiziere und einige Spielleute ernannt. Im Divisionskreise ist eine aus gedienten Kanonieren be stehende Abtheilung von 300 Mann zu bilden. Der größte Theil der Hilfstruppen ist der Pionier-Ab theilung zuzuweisen, welche aus Leuten zu bilden ist, die sich für Schanzarbeiten eignen. In den, Batail lonskreisen sind eine oder mehrere Pionier-Abtheilun- gen kompagnieweise mit einer Stärke bis auf 200 Mann zu bilden. Die Kompagnien können zu größe ren Abtheilungen bis auf ein Bataillon zusammenge zogen werden. Den bewaffneten Bataillonen werden diejenigen Leute zugetheilt, welche mit der Handhabung der Handfeuerwaffen vertraut oder als Schützen be kannt und kräftig sind. Die Gesammtstärke des be waffneten Landsturms soll etwa 30 Prozent der Land sturmpflichtigen betragen. Die Bekleidung der bewaff neten Leute besteht aus Kaput, weichem Filzhut unk Feldbinde, die Bewaffnung aus einem kleinkalibrigen Hinterlader aus den eidgenössischen Beständen. Rußland. Einer toree mujeure weichend, zieht Rußland einen Theil seiner Truppen von der un mittelbaren Grenze zurück. Allerdings werden sie nur in die benachbarten Städte verlegt, weil Typhus und Dyffenterie furchtbare Verheerungen angerichtet haben. Aber man wird darin vielleicht eine gute Ge legenheit sehen können, daß Rußland ohne Kränkung seines Stolzes auch noch weitere friedliche Maßnahmen ähnlicher Art ergreift und dadurch die sicherste Friedens garantie bietet. Ist der Zar wirklich so friedliebend, wie er jetzt geschildert wird, so kann er diesen Aus weg wohl ergreifen. — Bemerkenswerth ist es übrigens, daß auch die russischen Blätter jetzt zugeben, daß trotz aller Feindseligkeit gegen Oesterreich auch der jetzige / „faule Friede" noch besser sei, als selbst ein siegreicher ' Krieg, weil die Mächte, welche den Frieden feststellen würden, doch in der Majorität Rußland feindlich ge sinnt wären. — Bezüglich der Forderungen Rußlands^