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Inserate, welche bei del MeWtz -ZeitW Amtsblatt 52. Jahrgang Donnerstag, den 4. November 1886 'S Nr. 128 7- Parteien der Zukunft. Politische Parteien entstehen und vergehen je nach den wechselnden Zeitströmungen und Bedürfnissen; sie gelangen zu einer gewissen Blüthe nur in Zeiten politischer Bewegung und Aufregung und werden in Zeiten ruhiger und friedlicher Entwickelung regelmäßig durch Standes- und Interessengruppen abgelöst, bez. aufgelöst. Wenden wir diese Erfahrungssätze auf die in unserem Reichstage vorhandenen Fraktionen an, so finden wir, daß die beiden politischen Parteien, die nationalliberale und die Fortschrittspartei im letzten Jahrzehnt an Mitgliedern ganz erheblich verloren haben, und da sie an jungem Nachwuchse ausge sprochenen Mangel leiden, auf dem Aussterbeetat stehen. Die Bedingungen, welche einstmals zur Entstehung dieser Parteien Anlaß gegeben, sind theils erfüllt, theils hinfällig geworden und die fernere Existenzbe rechtigung dieser Parteien ist daher mindestens sehr zweifelhaft. Umgekehrt haben die Standes- und Jn- teressenvertreter, zu welchen wir die Konservativen und Sozialdemokraten rechnen, an Mitgliederzahl bei den letzten Wahlen ganz erheblich gewonnen. Nur die konfessionelle Partei, das Centrum, ist in ihrem Be sitzstände unverändert geblieben. Mit dem Ende des Kulturkampfes wird indeß auch diese Partei ihre Existenzberechtigung verlieren und es ist wahrscheinlich, daß schon die nächsten Reichstagswahlen den Zer- bröcketungsprozeß auch dieser Partei bezeugen werden. Die Entwickelung der Dinge drängt daher, daß nach dem Wegfalle großer, die Masse des Volkes bewegen der politischer Prinzipfragen, allmählig nach dem Vor gänge Englands, nur zwei Parteien, eine Regierungs partei und eine Opposition sich herausbilden werden. Wir betrachten in dieser Richtung die gegenwärtig in den großen Tagesblättern vielfach behandelte Frage einer Verschmelzung der konservativen und national liberalen Fraktion des Reichstages als symptomatisch. Allerdings ist bei uns die englische Sitte, daß die Minister aus der Majorität des Parlaments genommen werden, nicht heimisch und es wird dies vielfach als Hinderniß für die Bildung einer Regierungsmajorität angesehen. Indeß wir sollten meinen, daß, was in den einzelnen deutschen Landtagen — beispielsweise in dem sächsischen — möglich geworden, auch im Reichstage zu erreichen sein müßte. Auch wir haben in unserem Landtage die drei Gruppen der Konser vativen, Nationalliberalen und Fortschrittler, allein wie die Fortschrittspartei ausdrücklich erklärt hat, die Regierung in dem Kampfe gegen die Sozialdemokratie unterstützen zu wollen, so haben wir thatsächlich eine geschloßen stimmende Regierungspartei in allen belangreichen Fragen, wenn auch nominell die ge nannten drei Fraktionen getrennte Zusammenkünfte, Beratungen und Beschlußfassungen haben. Theils Rücksichten auf die Wähler, theils das Hangen an alter Gewohnheit, theils eine gewisse Scheu vor dein Namen Regierungspartei mögen zur Beibehaltung und Fortführung der hergebrachten Parteien beitragen. Es ist dies belanglos gegenüber der Thatsache, daß unsere durch däs Vertrauen der großen Masse des Volkes getragene Regierung, bei der Abstimmung mit ganz vereinzelten Ausnahmen, auf eine Majorität in beiden Kammern rechnen kann. Die Herstellung eines ähn lichen tatsächlichen Zustandes im Reichstage, mit einst weiliger Fortdauer der einzelnen Fraktionen, würde des weitverbreiten Beifalls der deutschen Nation gewiß sein, zumal jetzt, wo ein des Vertrauens des Volks in noch nicht dagewesener Weise sich erfreuender Reichs kanzler, wie Fürst Bismarck, an der Spitze der Ge schäfte steht. Daß die öffentliche Meinung und Strö mung nach einer solch,« Gestaltung der Dinge, nach einer Regierung-Majorität drängt, beweist zweifellos das Wachsthum der konservativen Partei bei den letzten Wahlen. Die Zeit ist eine andere geworden, als sie vor 80 Jahren war, die Dynastien, Regie ¬ rungen und Kammern der Einzelstaaten sind gut deutsch und die Führer der in einer vergangenen Zeit entstandenen und damals berechtigten Parteien werden unseres Erachtens gut thun, wenn sie Bausteine liefern zur Herstellung einer neuen den gänzlich veränderten Zeitbedürfnissen Rechnung tragenden Partei, mag man sie Regierungs- oder Mittelpartei oder sonstwie nennen. Andernfalls könnte es kommen, daß jene Parteiführer einer Abteilung Offiziere ohne Soldaten gleichen. Pompora mutantur ot noo mutamur in illis! r. Spaltenzme ob«'Deren l ? Raum berechnet. — Ta- - bellarische und complicirte . Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. *-Eiime- > sankt, lm redaktionellen »Helle, die Spaltenzeil» »0 Pf» Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 3. November. Vorigen Sonn abend stürzte auf einem Neubau in Dresden Fried richstadt der hier geborene 84jährige Schmiedegesell Richter, der Sohn der noch lebenden verw. Maurer Richter, der bei demselben als Handlanger beschäftigt war, vom hohen Gerüste herab und war auf der Stelle todt. Gestern fand unter Begleitung sämmtlicher Bau leute das demselben veranstalte feierliche Begräbniß statt. — Nächsten Montag Abend wird auf unserer Bahn, wie aus der bezüglichen Bekanntmachung der hiesigen Bahnverwaltung in dieser Nr. hervorgeht, ein sogenannter Theaterextrazug abgelaffen werden. Naundorf. Am 1. November waren es 40 Jahre, daß Herr Otto das Rittergut Naundorf mit dem Äirchenpatronats-Rechte für Sadisdorf und Johnsbach käuflich übernommen hatte. An diesem Tage fanden sich außer einem kleinen Kreise näher befreundeter I Herren auch von Seiten der königl. Kircheninspektion Herr Amtshauplmann v. Keßinger in Dippoldiswalde, der Kirchenvorstand für Sadisdorf und eine Depu tation des Kirchenvorstandes für Johnsbach, geführt von den betreffenden Herren Geistlichen Kahl und Helm, in dem Schlosse zu Naundorf ein, um Worte innigen Dankes und herzliche Glückwünsche dem Herrn Kirchenpatron persönlich auszudrücken. Abends 8 Uhr erschien der Gesangverein zu Schmiedeberg, dirigirt von Herrn Kantor Hasche, paffend gewählte Lieder im Fackelscheine des von Herrn Fabrikbesitzer Bernhard Straube in Naundorf geleiteten eigenen Feuerwehr- Korps vortragend. Arauenstein, 3. November. Die heimtückische Diphtheritis will Heuer gar nicht aus unserer Parochie weichen. Gar manches Glied derselben be weint liebe Angehörige, welche dieser schlimmen Krank heit zum Opfer gefallen sind; im vergangenen Oktober waren es 9 Kinder. Ganz besonders schwer ist in dieser Beziehung der Zimmermann und Einwohner Ernst Robert Börner in Reichenau geprüft worden, welchem binnen 3 Tagen zwei Kinder, ein Mädchen von 3 Jahren 5 Monaten 16 Tagen und eins von 5 Jahren II Monaten 33 Tagen verstorben sind. Ein gleiches Schicksal hat den Wirthschaftsbesitzer Trau gott Hänel in Reichenau betroffen, welchem am IO. Oktober eine ziemlich 5 Jahr alte Tochter und am 16. Oktober ein 3>/» Jahr alter Sohn von der Diph- thcritis hinweggerafft wurden. — Bei der hiesigen Naturalverpflegstation kehrten im vergangenen Oktober 104 Handwerksburschen em und erhielten 64 Mann Nacht-, 16 Tagesver pflegung und 34 Frühstück, refp. Vesper. Hierfür 3! M. 60 Pf. verausgabt und zwar 16 M. für die Nachtverpflegung, 3 M. 30 Pf. für die Taqes- EMgung und 3 M. 40 Pf. für das Frühstück, refp. — Im Laufe dieser Woche wird die hiesige Feuer- c em Nachtmanöver abhalten, worauf die Leser dieses Blattes in Frauenstein und Umgegend hierdurch aufmerksam gemacht werden, damit dieselben nicht durch das Alarmsignal in unnöthige Besorgniß gerathen. -- Monat Oktober d. I. wurden in die hiesige Sparkasse 30,893 M. 56 Pf. in 169 Kassenposten eingelegt, wogegen 30,965 M. 63 Pf. in 140 Posten ,ur Rückzahlung gelangten. Die Gesammt-Einnahme beziffert sich in 383 Posten auf 43,539 M. 8 Pf., die Gesammtausgabe in 174 Posten auf 37,636 M. 63 Pf. Glashütte. Daß hier im Otte einem recht fühl baren Bedürfniß abgeholfen wäre, wenn ein großer Concertsaal gebaut würde, merkte man wieder recht deutlich bei dem am Kirmesmontage von der ca. 35 Mann starken Kapelle des I. Leib-Gren.-Reg. Nr. 100 unter der persönlichen Leitung des Musikdirektors Herrn Ehrlich gegebene Concerte, welches sich, wie nicht anders zu erwarten war, eines überaus zahl- . reichen Zuspruchs, namentlich auch von auswärts, zu erfreuen hatte; bot doch schon der Name ves Dingenten > Garantie dafür, daß man Gediegenes hören würde, , was auch in Hinsicht des Vortrages, der Intonation re.A? die in jeder Hinsicht ausgezeichnet ausfielen, der Fall war. Was aber die vorgetragenen Stücke selbst be- trifft, so hätte bei einzelnen Nummern doch eine andere Wahl getroffen werden können. So war der,,BröllupS- Z marsch" von Eöldermann musikalisch sehr seicht. Nicht - viel besser war die „große Fantasie a. d. Oper Mikado" von Sullivan. Dagegen kamen vorzüglich zur Wir-, kung: „Larghetto" aus op. 108 von Mozart (Solo für Klannette), Ouvertüre zur Oper „Mignon" von Thomas, der Schatzwalzer a. d. Oper „Der Zigeuner baron" von I. Straub, ferner das „Zwiegespräch der Oboe und Klannette" von Hamm, wenn auch hier und da der Oboist, jedenfalls in Folge allzugroßer Aengstlichkeit, die Läufer nicht richtig griff. Wohlver- , dienter Beifall nöthigte den Dingenten noch zur Zu gabe dreier Stücke. Nach dem Concett fand Ball musik statt. — In der Nacht zum I. November waren im Müglitzthale 3>/,° L. Kälte, in der Nacht zum 3. Novbr. dagegen etwas mehr als 3« R. Rabenau. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat Oktober dieses Jahres 330 Einzahlungen im Betrage von 13,778 M. 30 Pf. gemacht, dagegen erfolgten 59 Rückzahlungen im Betrage von 9314 M. 19 Pf. Sparmatten, ä 10 Pf., wurden 380 Stück verkauft. Dresden. Nachdem Prinz Georg in der Nacht zum I. November von Berlin nach Dresden zurück gekehrt war, blieb König Albert noch daselbst, wohnte am I. November dem Gottesdienste in der Hedwigs- kirche bei, stattete dem erkrankten Prinzen Wilhelm in Potsdam einen Besuch ab und langte erst am Mon tag Nachmittag wieder in Dresden an. Kirchberg. Das Direktorium des hiesigen Vor schubvereins sah sich veranlaßt, innerhalb einer kurzen Zeit die Mitglieder zu mehrmaligen außer ordentlichen Generalversammlungen einzuberufen, ruä) zwar wegen Abänderung einiger Paragraphen der Statuten. Manche Mitglieder sind ängstlicher Natur, und in ihrem Vorurtheile glauben sie, es könne ge nannter Verein dasselbe Schicksal haben, wie der zur Parochie Kirchberg gehörige Begräbnißkaffen- und Altersunterstützungsverein, welcher nach mehreren ab gehaltenen Generalversammlungen 70 Prozent der ein gezahlten Summe zu erstatten beschlossen hat. Dem gegenüber jedoch wird von maßgebender Seite aus berichtet, daß der hiesige Vorschußverein in vollständig geordneten Verhältnissen sich befindet und keinerlei Anlaß zu Befürchtungen etwaiges Verluste zur Zeit Ehrenfriedersdorf. Die Anstellung eines gemein- samen Kassenrevisors für sämmtliche Stadt- und Landgemeinden des Bezirkes der Amtshauptmannschaft Annnaberg plante ein im Bezirksausschüsse eingebrachter Antrag des hiesigen Stadrrathes. Der Bezirksausschuß hatte den Bürgermeister Rüder-Ehrenfriedersdorf be auftragt, über den Antrag Bericht zu erstatten. Der selbe hat sich an die Stadt- und Landgemeinden ge wandt, um die Stellung derselben gegenüber dem An- «scheint wöchentlich drei- nE Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2b Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonätlich 42 Pfg. Einzelne Nummern IO Pfg. — Alle Postan- «alten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be ¬ stellungen an. fiir di- Königliche Umlshauptmannschaft Dippoldiswalde sowie l« d« Kömgüchen Amtsgerichte und die StadtrLche zu Dippoldiswalde und Irauenstem Verantwortlicher Redacteur: Csrl Ithllk in Dippoldiswalde.