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ML x „W ei-rritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummer« 10 Pfg. — M- Postan- ftalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Wchmtz-ZitW. Amtsblatt Inserate, welch« bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine seht wirk- same Verbreitung finde«, «erden mit 10 Pfg. die Spaltenzeil« oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionelle« »heile, die Spaltenzeil« M Pfg. für die Königliche Umlshauptmannschafi Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redactmr: Carl Ichne in Dippoldiswalde. Die internationale Lage. Es ist keine ungewöhnliche Erscheinung, daß sich im Hochsommer, also im Allgemeinen der Ruhezeit der parlamentarischen wie diplomatischen Geschäfte, aller hand beunruhigende Gerüchte über die Bedrohung des europäischen Friedens einstellen und auch der heurige Sommer macht hiervon keine Ausnahme. Ja, gerade Heuer treten derartige Gerüchte schärfer und bestimmter auf, als sonst und allerdings sind verschiedene Mo mente geeignet, diesen allarmirenden Meldungen »ine gewisse Unterlage zu verleihen. Hauptsächlich ist es das wüste Gelärme der panslavistischen Blätter, in welches der Chorus der Nevancheblälter jenseits dec Vogesen getreulich sekundirenv einfällt, das hierbei seine Rolle spielt und es läßt sich nicht läugnen, daß solche in ihrer Tendenz unverholen deutschfeindliche Aeuße- rungen, wie man sie erst kürzlich seitens der pansla vistischen „Moskauer Zeitung" vernehmen konnte, der Stimmung maßgebender russischer Kreise nur ent sprechen. Mit anerkennenswerther Offenheit giebt man hier der Ueberzeugung Ausdruck, daß es zuletzt immer wieder Deutschland ist, welches der russischen Thatenlust, soweit sich diese nach dem Westen Luft machen will, insgeheim einen Riegel vorschiebt und der Unmuth über diese angebliche geheime Gegner schaft Deutschlands kommt eben in der russischen Presse stets aufs Neue zum Ausdruck. Selbstverständlich findet das antideutsche Treiben der Panslaoistenblätter in der chauvinistischen Presse Frankreichs ein lebhaftes Echo und sofort ist man jenseits der Vogesen bereit, an dem russisch-französischen Bündnisse, diesem Lieb lingstraume der Patriotenliga, weiter zu weben und hierbei mit die verschiedensten Vorkommnisse der jüng sten Zeit, wie besonders die Theilnahme des russischen Militärbevollmächtigten Fredericks an der Chancy- Feier in Nuart und das bisherige Unterbleiben der Begegnung des Herrn von Giers mit dem Fürsten Bismarck, zu verwerthen. Aus diesem Treiben der russischen und französischen Chauvinisten leitet sich eben die allgememeine Beunruhigung her, die in den letzten Wochen durch förmliche „Krieg-in-Sicht"-Artikel ihren Ausdruck fand. Aber stehen denn wir überhaupt wirklich vor einer unmittelbaren Kriegsgefahr, ist das aus den Spalten der Zeitungen widertönende und weite Bevölkerungskreise beunruhigende Kriegsgeschrei den thatsächlichsn Verhältnissen entsprechend? Nun, bei einer unbefangenen Prüfung der gegenwärtigen internationalen Lage findet sich glücklicherweise, daß die Pessimisten und ewigen Unglücksraben denn doch arg übertreiben. Gewiß giebt es in Rußland — wie ja auch in Frankreich — selbst in den einflußreicheren Kreisen zahlreiche deutschfeindliche Elemente, aber die maßgebenden Faktoren an der Newa wissen offenbar sehr gut, was für das Czacenreich — nun gerade heraus gesagt — in einem Kriege mit Deutschland auf dem Spiele steht. Und ist denn auch die poli tische Konstellation so sehr günstig für Rußland? Das so viel gepriesene Einverständniß mit Frankreich ist zum Mindesten noch in einer recht embryonistischen Gestalt vorhanden, auf der Balkanhalbinsel wollen sich durchaus keine russischen Allianzen anknüpfen lassen, Italien würde für Rußland ein sehr „unsicherer Can- toniste" und somit blieben nur noch Oesterreich und England. Da aber giebts nur eine kurze, jedoch schwer wiegende Antwort: Gastein! In dem Salzburger Bade orte hat am Sonntage die Fortdauer der deutsch-öster reichischen Allianz durch die Begegnung Kaiser Wil helms mit dem Kaiser Franz Josef ihren entschiedenen Ausdruck gefunden und gestaltete sich dieselbe diesmal durch die Theilnahme des Prinzen Wilhelm von Preußen, des künftigen Erben des deutschen Kaiser thrones, des Fürsten Bismarck und des Grafen Kal- noky, sowie des Staatssekretärs im deutschen aus wärtigen Amte, Grafen Herbert Bismarck, zu einem hochbedeutsamen Akte, der besser als alles andere die Nr. 92. Donnerstag, den 12. August 1886. unerschütterte Einigkeit Deutschlands und Oesterreichs, dieser nach wie vor einzig zuverlässigen Unterlage für den europäischen Frieden, dokumentirt. Außerdem ist aber auch der stellvertretende englische Botschafter in Konstantinopel, Sir William White, in Gastein an wesend gewesen und dies spricht deutlich dafür, welcher Zug in der auswärtigen Politik des neuen englischen Kabinets Salisbury maßgebend sein wird, nämlich das Streben nach Einverständniß mit der Friedens politik der beiden centraleuropäischen Kaisermächte und diese Annäherung Englands an das deutsch-österrei chische Bündniß kann für die Erhaltung des Friedens in Europa und dem Orient nur von glücklicher Vor bedeutung sein. Es liegt somit nach menschlichem Er messen kein Grund vor, eine unmittelbare Kriegsgefahr zu befürchten, die internationale Lage ist eben nicht danach angethan und diese Erkenntniß wird sich hoffent lich bald überall Bahn brechen und zur Wiederbe ruhigung der Gemülher beitragen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde» 1l. August. Da durch das freundliche Entgegenkommen der kgl. Generaldirektion der Staatsbahnen dem Gewerbeverein für Donners tag, den 12. d. M., ein Extrazug in Anschluß an den um 11 Uhr 1V Min. Abends in Dresden abgehenden Zug gewährt worden ist, wird hoffentlich nicht nur die geplante Wursion nach Königstein möglichst zahlreich unternommen werden, sondern es wird auch an an deren Passagieren nicht fehlen, die die Gelegenheit zum Besuche des Theaters oder eines Concerts und dergl. wahrnehmen, damit wiederholte Gesuche mit Hin weis auf schwache Betheiligung nicht abgelehnt werden. Es ist freilich zu bedauern, daß die Genehmigung zu spät eintraf, um in letzter Nummer noch bekannt ge macht werden zu können. Nun, man kann auch ein mal einen raschen Entschluß fassen; darum wer bisher von der Gewährung des betr. Zuges noch nichts ge hört und erst jetzt davon erfährt, der rüste sich schleu nigst, daß morgen früh der Gewerbeverein stattlich und wirklich als solcher antreten kann. Wie bereits mitgctheilt, sind Frauen, Familienglieder und andere Gäste herzlich willkommen. — Die Temperatur des Wassers im Kaltbade ist zwar noch nicht höher als 13'/r« R., da aber die Außentemperatur eine hohe ist, so ist, wie wir ver sichern können, ein Bad jetzt außerordentlich angenehm und erfrischend. Man benutze ja die Zeit und scheue sich nicht vor einem Versuche. Freilich dehnt man ein kaltes Flußbad nicht lange aus; 5--8 Minuten genügen völlig, um des Wohlgefühls bei und nach demselben theilhaftig zu werden. — Für Gartenbesitzer dürfte gewiß die Mittheilung von Interesse sein, zu erfahren, daß vom Reichsgericht in Leipzig eine Entscheidung getroffen wurde, welche Gartenbesitzer berechtigt, Katzen, welche in ihre Gärten eindringen, daselbst den Singvögeln und anderem Ge flügel nachstellen, als Raubthiere zu behandeln und zu tödten. — 11. August. Während dem in vergangener Nacht hier auftretenden Gewitter wurde in der Rich tung nach Seifersdorf zu ein rasch aufflammender und ebenso rasch verschwindender Feuerschein wahrge nommen. — Ueber das Jahresfest des Gustav-Adolf- Vereins in Sebnitz bringen wir einen längeren Ar tikel in nächster Nummer. AmmelSdorf. Trotzdem daß der Himmel am Morgen alle Schleußen geöffnet hatte, stellte sich doch der angekündigte Besuch des Verbandes Plauen bei Dresden der sächsischen Fechtschule vorigen Sonntag '/,2 Uhr im Restaurant Horn hier ein, unter Voran tritt des Schmiedeberger Musikkorps. Nachdem man den Magen durch einen kräftigen Mittagstisch befrie digt, begann das Vogelschießen, welches bis gegen 52. Jahrgang. 4 Uhr dauerte, um welche Zeit Herr Lehrer Winkler von hier den Königsschuß that. Zugleich wurde Re staurateur Horn zum Oberfechtmeister ernannt, da der selbe über 100 Mitglieder dem Vereine angeworben hat. Hierauf bewegte sich der Festzug nach dem Erb- gericht, wo Einheimische und Fremde noch lange Terpsi chore« huldigten. Die Plauenschen Fechtschüler brachte der letzte Zug von Gchmiedeberg in ihre Heimath. — In Hennersdorf blüht beim Gastwirth Hey- mann ein vergangenes Frühjahr gepflanzter Birnbaum bereits das zweite Mal. Glashütte. Am Sedantage wird der hiesige Ge sangverein einen Familienabend abhalten, in welchem äußerst gediegene Sachen zum Vortrag kommen. So hat Herr Bezirksschulinspektor Mushacke einen Vortrag zugesagt, ebenso wird ein Pedalharfenoirtuos einige Nummern vortragen, auch der Gesangverein selbst be- theiligt sich mit einigen neuen Liedern, und werden Freunde und Kenner besonders aufmerksam gemacht. — Der Besuch der Uhrmacherschule durch fremde Uhrmacher behufs Besichtigung derselben hat dies Jahr nicht die Höhe erreicht, als andere Jahre, doch waren mit Ausnahme von Asien, alle Erdtheile, sogar mehr fach vertreten. — Am Sonntag Morgen zog eine Anzahl (60) Dresdner Turner hier ein, die Sonnabend von der Heimath fortgezogen, in Weesenstein und Häßlich über nachtet hatten. Von hiesigen Turnern empfangen, zogen sie nach einem Frühstück in „Stadt Dresden" unter Trommelklang durch die Stadt, um über Dippol diswalde und Rabenau Hainsberg zu gewinnen nnd von da wieder at koms zu fahren. Dresden. Die Vermählung der Prinzessin Maria Josepha mit dem Erzherzog Otto Franz Josef von Oesterreich soll, jetziger Bestimmung gemäß, am 20. Oktober stattfinden. Auf ausdrücklichen Wunsch König Alberts soll für dieselbe ein gewisser Familien charakter gewahrt werden und sollen alle prunkvolleren Veranstaltungen unterbleiben. — Der im Bureau des König!. Sächs. LandeS- kulturrathes über den Saaten st and im Königreich Sachsen im Monat Juli dieses Jahres gegebenen all gemeinen Uebersicht zufolge haben die wolkenbruch artigen, häufigen Niederschläge im Juli im Allgemeinen mehr geschadet als genützt. Aus fast allen Bezirken wird über starkes Lagern der Halmfrüchte, das auf die Körnerbildung ungünstig einwirkt, geklagt. Die Rapsernte ist beendet, das Druschresultat, wie zu er warten stand, schlecht. Die Roggenernte ist größten- theils im Gange, zeigt kurzes Stroh, Minderzahl an Puppen gegen das Vorjahr, aber zumeist schönes volles Korn. Die Sommerfrüchte zeigen, wo dieselben nicht zu sehr lagern, allenthalben schönen Stand, nur sind viele Erbsenfelder stark verloht. Dagegen scheint die Nässe an den Kartoffeln große Schäden anzurichten, denn aus vielen Bezirken wird über zeitiges Absterben des Kartoffelkrautes, Kräuselkrankheit, Schwarzwerden der Knollen, geklagt. Besser stehen Runkel- und Zuckerrüben. Auch die Flachsernte verspricht gute Re sultate. Starke Hagelniederschläge haben am 26. v. M. vielen Schaden angerichtet; der Pirnaer Bezirk ist größtentheils bis zu »/»<,, der westliche Theil des Zwickauer Bezirkes total verhagelt. In Folge der unbeständigen Witterung ist die Heuernte im Gebirge nicht allenthalben beendet; die Resultate derselben sind sehr verschieden, besonders da das Einbringen sehr er schwert gewesen und auf die Qualität ungünstig ein wirkte. Am meisten Nutzen von der allzugroßen Nässe haben die Kleefelder und Wiesen gehabt, deren Nach wuchs fast überall sehr schön steht. Bis jetzt hat es den Anschein, als ob die Gegenden mit Sand- oder leichtem Boden und im Gebirge bessere Ernten zu er warten haben, als diejenigen mit schwereren Böden; bei Kartoffeln ist dies entschieden der Fall.