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MHech-MiW Verantwortlicher Redacteur: Carl Ahne in Dippoldiswalde. ' 52. Jahrgang Donnerstag, den 1. April 1886 Nr. 37 ' -1 -! Temperatur (früh morgens schon -j- 10-12«) ein gestellt, daß allerwärts die Knospen aufbrechen und Lerchen und Staare schon ganz lustig und munter trillern und pfeifen. Auf Apritwetter mit seinen wechselnden Launen müssen wir allerdings gefaßt sein, aber auf grüne Ostern dürfen wir Heuer wohl sicher hoffen. — Um verschiedenen Anfragen zu begegnen, sind wir ermächtigt, vorläufig bekannt zu geben, daß, wegen allerlei Abhaltungen in dieser Woche, die Kon- stituirung der Ortsgruppe Dippoldiswalde des deutschen Schulvereins nächsten Dienstag erfolgen soll, wozu indeß durch unser Blatt noch besonders eingeladen werden wird. — Wenn draußen Amsel, Lerche, Fink und Staar ihre ersten Concerte geben, dann ist die Concertzeit für den Saal vorüber. Das Sprichwort sagt aber schon, daß keine Regel ohne Ausnahme ist, und vor einer solchen Ausnahme stehen wir bezüglich des Benefiz-Concerts, das Herr Musikdirektor Hoppe seinem treuen, nimmer müden Flötisten, Herrn Pfund, für Donnerstag, den 1. April, bewilligt hat. Je karger in der Regel der klingende Lohn ist, den die Kunst ihren Jüngern und Pflegern zukommen läßt, wenn dieselben es nicht bis zu den höchsten Höhen gebracht haben, umsomehr verdient eine Veranstaltung unsere Theilnahme und Unterstützung, die einem im Dienste der Kunst ergrauten Veteranen einen Licht blick gewähren will, besten er so sehr bedarf. Wenn Herr Pfund mit so vielen seiner Kunstgenosten aus» rufen kann: „Mein ganzer Neichthum ist mein Lied!" so will er doch damit nicht gesagt haben, daß er es übel nehmen würde, wenn ihm neben der freund lichen Anerkennung seines ehrenwerthen Strebens auch einmal ein Gold- oder mindestens ein „Silberblick" entgegen lachen würde. Es macht sich auf der Flöte auch ganz gut, und Herr Pfund würde es gern blasen: „Lacht nach bangen Kummertagen Dir ein freundliches Geschick, Darf das Herz mit Jubel sagen: Sei willkommen, Silberblick!" Also den Donnerstag in Pfund's Benefiz-Concert. — Von dem hiesigen Gendarm Herrn Hoffmann ist am 22. März in Reichstädt der angebliche Schuh machergeselle Heinrich Winckler aus Grünberg in Schlesien angehalten und wegen Führung gefälschter Legitimation an die kgl. Amtshauptmannschaft einge liefert worden. Nachträglich hat sich herausgestellt, daß der Eingelieferte nicht Winckler sondern Freier heißt, gegenwärtig' als Soldat beim 11. schlesischen Grenadier-Regiment in Breslau eingestellt, von der Truppe aber bereits am Sonntag, den 7. Februar, — und zwar zum zweiten Male — desertirt ist. Wegen der erstmaligen Desertion ist Freier vom 5. Februar vorigen bis 5. Februar dieses Jahres auf der Festung Großglogau internirt gewesen. Seiten der kgl. Amtshauptmannschaft erfolgte die Abgabe des Jnhaftaten an die kgl. Kommandantur zu Dresden, als die nächstgelegene Militärbehörde. — In sächsisch Müglitz bei Lauenstein ist am Montag Vormittag gegen 9 Uhr das Wohnhaus Joseph Dietrich's niedergebrannt. Die Entstehungs ursache des Brandes ist zur Zeit noch unbekannt. — In Reichenau bei Frauenstein wurde am 29. März der 30 Jahre alte Schuhmachergehilfe Johann Robert Wolf in dem zur dasigen unteren Mühle führenden Mühlgraben ertränkt aufgefunden. Der Genannte war noch ledig und stammt aus Frauen stein, woselbst sein Vater Schuhmachermeister ist. Ob Selbstmord oder Verunglückung vorliegt ist unent schieden. Glashütte. Der am Sonntag vom hiesigen Ge sangverein zur Feier des 27. Stiftungsfestes ab gehaltene Familienabend bot für die ersten 2 Stunden das Bild eines Jahrmarkts dar. Das bunte Treiben Fürst Bismarck s Rede über das Branntwein - Monopol. Bei der zweiten Berathung des Branntwein-Mono pols , mit welcher sich der Reichstag am letzten Frei tag und Sonnabende beschäftigte, hat endlich auch Fürst Bismarck das Wort ergriffen und seine Stellung wie diejenige der verbündeten Regierungen zur Monopol frage klar gelegt. Es muß hervorgehoben werden, daß der Reichskanzler weniger für das Branntwein- Monopol, dessen Ablehnung bereits eine ausgemachte Sache war, als vielmehr gegen die Art, wie die Vor lage von der Neichstagsmehrheit behandelt wurde, ge sprochen hat. Die Negierungen seien von der Noth- wenvigkeit durchdrungen, daß die Festigung und der Ausbau des Reiches noch größere Einnahmen für die Staatskassen erfordern, daß aber die direkten Steuer lasten, zumal die Gemeindeabgaben, eine Erleichterung erfahren müßten. Man hätte die Einführung des Branntwein-Monopols dafür als sehr geeignet ge halten, weil dasselbe mit Leichtigkeit hundert Millionen Steuern mehr einbringen könne, als die bisherige Branntweinbesteuerung und sich hinsichtlich der Be denken und Nachtheile des Monopols schon ein Modus gefunden haben würde, um die kleineren Branntwein brenner nicht zu schädigen. Eine Benachtheiligung der Branntweinkonsumenten durch das Monopol werde aber überhaupt nicht eintreten, nur die Branntwein händler und Schenkwirthe würden an ihrem unver- hältnißmäßig hohen Nutzen am Branntweinhandel etwas eingebüßt haben, was aber wohl schwerlich zu beklagen gewesen sein würde. Wenn nun der Reichs tag dennoch das Branntwein-Monopol abgelehnt habe, so hätte er es doch nicht ohne Weiteres, ohne ein gehende Angabe der Gründe, thun sollen, man hätte vielmehr eine andere Art der Besteuerung des Brannt weins, die den finanziellen Erträgen des Monopols nahe komme, von Seiten des Reichstages in Vorschlag bringen sollen. Aber in dieser Richtung sei nichts geschehen und ein entsprechender Antrag der National liberalen in der Kommission, auf Einsetzung einer Subkommission zur Vorberathung einer neuen Brannt weinbesteuerung einfach abgelehnt worden. Die Kräf tigung des Reiches sei vor allen Dingen auch von der Kräftigung seiner Finanzen und der engen finan ziellen Verbindung der Bundesstaaten mit dem Reiche zu erwarten und deshalb wolle er, der Reichskanzler, der seit 30 Jahren an der Gründung und Vollendung der Neichseinheit arbeite, die letzten Jahre seines Lebens noch dazu benutzen, um das Werk möglichst zu vollenden. Kostspielige soziale Reformen, wie zu mal auch noch die Altersversorgung der Arbeiter, seien durchzuführen und überhaupt durch Stärkung der Finanzen und entsprechende Verwendung den Gefahren, die das Reich in der Zukunft bedrohen könnten, vor zubeugen. Leider sei aber die Stütze des Reiches im Reichstage nicht mehr wie vor 15 Jahren vorhanden, da die jetzige Mehrheit des Reichstags aus unter sich ganz entgegengesetzten Parteien bestände und oft der Ausschlag, von erklärten Neichsfeinden, von den Polen, Protestlern und Sozialdemokraten, gegeben werde. Wenn das so fort geht, soll man sich nicht wundern, wenn die Regierungen schließlich auf andere Mittel kämen, dem jetzigen Mißstande ein Ende zu machen. Auf die Ausstreuungen der böswilligen Opposition in Bezug auf einen Staatsstreichplan erwiderte der Reichs kanzler, daß er keine Lust habe, in seinen alten Tagen Hand an das Werk zu legen, das er erst mühselig geschaffen habe, es werde sich Alles gesetzlich vollziehen, die Regierung könne die Mitwirkung der Volksver tretung nicht entbehren. und frische, geschäftige Leben war so recht dazu an- gethan, die Festlaune günstig zu beeinflussen und ent wickelte sich dann auch eine recht animirte Stimmung. — Hier läßt ein sogenannter „Bandjude" seine Stimme erschallen, um Abnehmer für seine niedlichen Sachen zu finden, dort hört man das dumpfe Gebrumm eines Bären und die Hellen Muscheltöne aus einer Menagerie, welche auch einen echten, keinen Friedrichstädter, Wilden zeigt. Da hört man wieder das Schnarren des Glücks rades in einer Würfelbude, während an einer anderen Stelle ein Bänkelsängerehepaar seine Bilder zeigt und in der bekannten volksthümlichen Weise die Erklärung singt. Dort steht eine Delikatessenbude, deren reizend kostümirte Verkäuferin, stets umlagert, für Damen und Herrn Liqueure und Süßigkeiten rc. bereit hält. Sehr besucht wurde auch das Panorama mit LiebeS- spiegel und Kamerun'scher Selbstschnellphotographie. Urkomisch war das ethnographische Museum, dessen Einzelnummern überaus drastisch wirkten. Viel um standen und benutzt wurde die Schießbude. Hatte man sich satt gesehen und gehört, so nahm das Bierzelt „zum stillen Soff" den Müden und dann auch Durstigen auf, um ihn nach längerer oder kürzerer Zeit, gestärkt durch die musikalischen Genüsse einer Tyroler Sänger gesellschaft wieder heraus zu lassen. Zur Staffage dieses Jahrmarktes diente der unvermeidliche Dorf polizeier, der auch einige Male Gelegenheit fand, seine Autorität geltend zu machen, doch regelmäßig den Kürzeren zog. — Die Ausführung der Idee, ein Jahrmarktsbild zu schaffen, kann als eine recht ge lungene bezeichnet werden und kann sich das Komitö über die vorgehenden Enttäuschungen trösten. — Nach dem Schluffe des Marktes entwickelte sich eine förm liche Tanzwuth, die sich erst sehr spät nach Mitternacht legte. — Der hier und da an den Rändern und in Wehen noch liegende Schnee wird durch den in ein zelnen „Flogen" kommenden warmen Regen ganz gründlich vertilgt, wenn auch der mit dem Regen ver mischte Schnee die Temperatur wesentlich erniedrigte. Dresden. Die Rückkehr der Königin Karola von Meran soll in der Charwoche erfolgen, worauf sich beide Majestäten zu längerem Aufenthalte nach Schloß Sibyllenort in Schlesien begeben werden. — König Albert wird sich nicht nach Meran begeben. — Von der kgl. Wasserbaudirektion in Dresden wird nachstehende Zusammenstellung der ihr während des neuesten Hochwassers von den verschiedenen Be obachtungsstationen gemeldeten höchsten Wafferstände veröffentlicht: Melnik 430 cm über Null, Leitmeritz 480, Aussig 626, Bodenbach 605, Schöna 560, Schan dau 549, Königstein 574, Pirna 490, Pillnitz 470, Dresden 420, Meißen 486, Riesa 477, Strehla 470 cm über Null. — Der sächsische Gemeindetag wird am 10. und 11. Juli d. I. in Chemnitz abgehalten. — Die Dörfer Lausa, Friedersdorf, Weix, Gomlitz in der Amtshauptmannschaft Dresden-Neustadt, welche einen Feuerlöschverband bilden, haben die Einführung einer Biersteuer (20 Pf. pro Hektoliter Einfach, 40 pro Hektoliter Doppelbier) beschlossen, deren Ertrag in die Feuerlöschkasie fließt. Ein Brand hilft hier also den andern löschen. — Zur Frage der Nistkästen, die mit dem er wachenden Lenz jetzt wieder in den Vordergrund kommt, erhalten wir von einem eifrigen Förderer des Vogelschutzes einige wohlgemeinte Rathschläge, deren allgemeine Beherzigung nur lebhaft gewünscht werden kann. Als Hauptsache gilt, daß die Nistkästen frei von Astlöchern oder Spalten sind und sie genügend befestigt werden, da ein wackelnder Kasten von den Vögeln unberücksichtigt gelassen wird. Die Befestigung geschieht am besten mittelst geglühten streichholzstarken Drahtes, den man oberhalb des Flugloches um den Kasten und Baumstamm schlingt und fest anzieht. Die „Weißeritz.Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich I M. 26 Psg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- statten, Postboten, sowie die Agenten nehmen B«- , . . Amtsblatt Kr die Königliche Amtsbauptmamschast Dippoldiswalde, sowie sm di- Königlichen Amtsgericht- und die Mdkäthe ' zu Dippoldiswalde und Irauenstein - >> Inserate, welch« bei der bedeutenden Auflage dei Blattes eine sehr wirk- same Verbreitunei finden, «erden mit 10 Pfg. die Spaltenzelle oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenz eil« SV Pfg. «Lokales und Sächstsches. Dippoldiswalde, 30. März. Wenn auch nicht durchweg mit sonnenhellem Wetter, so hat sich der Frühling doch mit einer milden, ja schon wannen W