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Die glänzenden Festlichkeiten, welche soeben in der ungarischen Hauptstadt anläßlich der 200jährigen Er innerungsfeier der Befreiung Ofens von der Türken herrschaft stattgefunden haben, vermochten in Deutsch land nur sehr gemischte Empfindungen hervorzurufen. Sie lenken unwillkürlich den Blick auf das Verhältniß zwischen Deutschen und Ungarn, namentlich in Folge der bekannten Ablehnung, welche Berlin und München der Einladung des Pester Magistrats, sich an der Jubelfeier durch Abgesandte zu betheiligen, haben zu Theil werden lassen und in welcher Ablehnung sich jenes Verhältniß ganz deutlich widerspiegelt. Der Korb, den die Gemeindevertretungen der beiden größten deutschen Residenzstädte dem Gemeinderathe der un garischen Hauptstadt gaben, ist in unseren offiziösen Kreisen mehr oder weniger mißgünstig besprochen wor den, aber das deutsche Volk in seiner überwiegenden Mehrheit stimmte dem Verhalten der städtischen Kolle gien von Berlin und München offen zu und die Un- fläthigkeiten, mit denen ein gewisser Theil der magya rischen Presse unsere Nation wegen dieses Vorfalles überschüttete, beweisen nur, daß die Ablehnung der ungarischen Einladung gerechtfertigt war! In der That, die Ungarn können sich nicht rühmen, sonderliche Ansprüche auf die Sympathien der Deutschen „draußen im Reiche" zu besitzen! Schon die Behandlung unserer deutschen Landsleute im Lande der Stefanskrone und im Speziellen die Leidensgeschichte der siebenbürger Sachsen vermag nicht, unsere Bewunderung für die ritterliche Nation aus Arzads Stamme zu erwecken; obwohl die Deutschen, seitdem sie König Geisa II. Ende des II. Jahrhunderts in größeren Massen nach dem südlichen Ungarn berief, sich ihrem neuen Vaterlande mit der Hingebung und Treue, die dem germanischen Charakter eigen ist, gewidmet, obwohl sie für dasselbe oft ihr Blut verspritzt und sich um die Förderung der materiellen wie der geistigen Interessen des Magyaren landes unvergängliche Verdienste erworben haben, wurden sie dennoch von den Herren des Landes hier für schlecht belohnt. Und gerade die neuere Zeit hat himmelschreiende Thaten von Ungerechtigkeit und Ver gewaltigung gesehen, welche die Ungarn an den Deutschen ihres Landes begingen, um sie zu magyarisiren und dem gegenüber erscheint die Thatfache, daß es auch den anderen Völkerminoritäten innerhalb der grün- weiß-rothen Grenzpfähle nicht viel besser ergeht, denn doch nur als ein schlechter Trost! Wahrlich, schon diese mit allen Mitteln betriebenen Magyarisirungs- Bestrebungen, welche unsere Brüder in Ungarn seit einer Reihe von Jahren in immer verstärkter Auflage über sich ergehen lassen müssen, wären allein geeignet, unseren gerechten Zorn gegen die Ungarn zu erregen. Aber es tritt noch eine andere Ursache hinzu: die unverhohlenen Sympathien und Kundgebungen, welcher sich die Ungarn im Jahre 1870/71 für unsere Feinde, die Franzosen, befleißigten, und überhaupt das fast demonstrative Liebäugeln des Magyarenthums mit dem Franzosenthum, das schon zu wiederholten Malen zu konstatiren gewesen ist. Die franzosenfreundlichen De monstrationen der Magyaren haben in Deutschland von Anbeginn nur Unwillen erregt, sie konnten ledig lich dazu dienen, dem Vorgehen der Magyaren gegen unsere deutschen Stammesgenossen ein um so bezeich- nerendes Relief zu verleihen und jetzt ist eben den ungarischen Heißspornen durch die Zwischenfälle von München und Berlin einfach einmal eine gebührende Quittung des deutschen Volkes zugegangen. Uebrigens, Deutschland ist ja doch bei den Ofener Festlichkeiten vertreten gewesen, durch seinen Generalkonsul in Buda pest und durch die auf speziellen Befehl Kaiser Wil helms hierzu entsendeten Offiziere, die den ehemalig brandenburgischen Regimentern entnommen waren, welche am 2. September 1686 Ofen mit erstürmen halfen. Es liegt hierin ein Beweis von Kourtoisie unseren greisen Kaisers, den man hoffentlich wenigstens in den leitenden Pester Kreisen zu schätzen wissen wird. Aber wenn sonach auch das deutsche Reich aus leicht begreiflichen Gründen in Budapest offiziell ver treten war — die Repräsentanten des deutschen Volks und Bürgerthums fehlten doch und dies wird wohl den Magyaren die Gefühle des deutschen Volkes über die Art und Weise, wie man in Ungarn mit dem deutschen Empfinden umspringt, zur Genüge verdol metschen. Wenn man maßgebenden Orts in der Ju biläumsstadt des 2. September sich zu dieser Erkenntniß endlich aufschwingen wollte, so würde für das künftige Verhältniß zwischen Deutschen und Magyaren in jeder Beziehung viel gewonnen sein! Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 6. September. Gestern fand das Reiterschießen der Schützengilde mit solennem Auszuge derselben statt. Herr Lehrer Eidner errang dabei die Königs- und Herr Rentier Fischer die Mar schallswürde. Gleichzeitig — d. h. von 5 Uhr Nach mittags an — gab das Hoboistenkorps des 103. säch sischen Infanterie-Regiments unter Direktor Gietzelts Leitung im Schießhausgarten ein zahlreich besuchtes Concert, in welchem sich das genannte Korps, dem ein guter Ruf vorausging, desselben vollkommen würdig zeigte. Beinahe 'wären Reiterschießen und Concert vereitelt worden, denn nachdem von 2 Uhr an sich der Himmel sehr bedenklich mit Gewitterwolken um zogen hatte, brach nach 2 Uhr ein Sturm aus, der dicke Staubwolken in die Luft trieb und Schlimmes befürchten ließ; doch war er zum Heil, denn er zer streute die drohenden Gewitterwolken, aus denen schon grelle Blitze zuckten und der Donner grollte, und in Kurzem war der Himmel wieder klar. Der Aufenthalt unter den schattigen Linden des Schiebhauses war darum höchst angenehm, und die Temperatur bis zum Schluffe des Concertes so mild, daß auch die von demselben Korps gespielte Ballmusik keine Strapaze, sondern ein Vergnügen für die Tanzlustigen gewesen sein muß. - Unter den bisher in unserer Umgebung statt gefundenen Manöoern hatte das am Freitag zwischen hier, Elend und Oberhäslich ausgeführte die meisten Zuschauer angelockt, und waren dieselben durch die Entwickelung der militärischen Uebungen auf das an genehmste befriedigt. Der Kirch- und der Rathhaus thurm, alle hochgelegenen Oberboden, ja sogar Feuer essen waren zu Beobachtungsposten geworden, und Mancher ist erst durch die erhaltenen Anschauungen zu der Einsicht gelangt, daß militärische Manöver nicht etwa blos Schaustellungen, sondern in der That für die militärische Tüchtigkeit und Ausbildung nothwendige Schulungen sind. Dem betreffenden Manöver wohnten wiederum Se. Majestät der König, Se. Kgl. Hoheit Prinz Georg und Prinz Leopold von Bayern bei. Auch bemerkte man zu Pferde Ihre Kgl. Hoheit Prinzeß Mathilde nebst Gefolge. Heute — Montag soll vor Sr. Majestät Parade in der Gegend von Wendisch carsdorf und Börnichen stattfinden. — Das am Sonn abend vom Musikdirektor Trenkler im Schießhausgarten gegebene Abendconcert vereinte eine große Anzahl auch auswärtiger Gäste, namentlich auch aus der jüngeren Damenwelt, die sich darauf nach den Klängen des be liebten Orchesters wacker im raschen Tanze drehten, zumal es an tüchtigen Tänzern aus dem zahlreich vertretenen Offizierskorps nicht fehlte. — Die ungewöhnlich große Hitze der vergangenen Woche, die selbst dem ruhig im Zimmer Arbeitenden höchst lästig war, wurde besonders von den Soldaten bei den Manöoern gespürt; wenn nun auch Viele von der Hitze ohnmächtig geworden sind, so sind Todesfälle glücklicherweise nicht zu beklagen gewesen. — Manöverfreud' — Manöverleid, das ist das Thema, das in vielen Gegenden unseres Vater landes gegenwärtig behandelt wird. Die Herbst übungen der verschiedenen Armeekorps sind im Gange, und im Osten wie im Westen herrscht fröhliches, frisches, aber gleichwohl friedliches militärisches Leben. ES ist eine Freude für den Soldaten, die er um nichts An deres daran geben möchte, wenn er hinausrücken darf aus dem engen Dienste des Garnisonlebens, von Exer zierplatz und Wachtposten, hinaus in Feld und Flur, Dorf und Wald, und wenn er mitthun darf, bei der Kopie des ernsten Krieges. Zwar harrt seiner manch' böser Moment, manche Strapaze, bei der es heißt: die Zähne aufeinander beißen und nicht „schlapp" werden; aber es ist doch eine Abwechslung in dem Einerler des Alltagsdienstes, und Abends bei lustiger Unter haltung mit den Kameraden beim improvisirten Tänz chen und kleinen Schäkereien mit den Schönen des Dorfes, da wird Mühe und Schweiß leicht vergessen. Und in unserm Volke ist der Soldat überall herzlich, willkommen. Der Landmann muß sich wohl selbst manche Bequemlichkeit versagen, wenn er Einquar tierung bekommt, und es mag ihm zuweilen schwer ankommen, wenn er seiner Reputation eine gute Gans und etliche Fläschchen aus der hintersten Kellerecke opfern muß; aber schließlich freut er sich doch, wenn er sieht, wie die braven Jungen schnabulieren, und das Herz geht ihm auf bei der Erinnerung an die Zeit, da er selbst noch den „Kuhfuß" trug. „Prosit, Jungen! Wir trinken Eine!" — Und wenn es dann zum Scheiden geht, da ist es oft, als ob man sich von langjährigen, / guten Freunden trennen müsse; und daß das schwer ist, weiß Jeder. Es giebt zwar manch' Manöverleid, Doch größer ist Manöoerfreud', D'rum laßt uns frisch marschiren! — Gesuche um Entlassung von Soldaten vom Militär nach zweijähriger Dienstzeit im Interesse häus licher Verhältnisse müssen jetzt schleunigst bei den Orts behörden angebracht werden, wenn dieselben noch in diesem Jahre Berücksichtigung finden sollen. Die Re servisten und Dispositions-Urlauber werden nämlich gleich nach Beendigung der Manöver, also etwa Mitte des laufenden Monats, entlassen. Rabenau. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat August dieses Jahres 224 Einzahlungen im Betrage von 10,620 M. 27 Pf. gemacht, dagegen erfolgten 46 Rückzahlungen im Betrage von 7057 M. 87 Pf. Sparmarken, ü 10 Pf., wurden 480 Stück verkauft. W Frauenstein, 2. September. Im vorigen Monat wurden in hiesiger Sparkasse 19 844 Mk. 85 Pf. in 164 Posten eingezahlt, während 16362 Mk. 44 Pf. in 114 Posten zur Rückzahlung gelangten. Die Gesammteinnahme betrug in 125 Kaffenposten 24 687 Mk. 1 Pf., die Gesammtausgabe 20924 Mk. 67 Pf. in 152 Kaffenposten. — Das heutige Sedanfest wurde von den hiesigen Vereinen und Korporationen gemeinschaftlich gestern Abend im Franke'schen Saale durch eine Vorfeier be gangen. Dieselbe bestand in einer vom Herrn Diako- nus Weigel gehaltenen Festrede, verschiedenen, vom Gesangverein „Liedertafel" vorgetragenen patriotischen Gesängen und einigen gemeinschaftlich gesungenen Vater landsliedern. Die diesjährige Sedanvorfeier war, wahrscheinlich wegen des für heute Abend im Wehner- schen Saale von dem Trompeterchor des König!. Sächs. 1. Ulanen-Regiments Nr. 17 aus Oschatz, unter Leitung des Stabstrompeters Herrn Herbst zu gebenden Fest- Concerts nicht so stark besucht, als wie dies bei der artigen gemeinschaftlichen patriotischen Festfeierlichkeiten bisher der Fall war. Heute früh wurde das Sedan fest durch eine vom hiesigen Musikchor gespielte Re- veille eingeleitet, worauf sich unser Städtchen bald im reichsten Flaggenschmucke präsentirte. Im Laufe des Vormittags wurde den Schülern der 1. Knaben- und Mädchenklasse die Wichtigkeit des nationalen Festtags