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Wchttih-Milg Amtsblatt „Welßeritz^Zettnng" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. Ai Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern jO Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. für die Königliche Umlshauptmamschasl Mxpoldiswalde, sowie für die Königlichen "Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Iraumstein bedeutenden Auflage des Blattes «in« sqr wirt- same Verbreitung find««, «erden Nrtt 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder oeren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionelle« »heile, die Spaltenzeil« 20 Pfg. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Donnerstag, dm 9. September 1886. Nr. 104. 52. Jahrgang. Die deutsche^Orient-Politik. Zehn Jahre sind es her, als Fürst Bismarck im Reichstag das geflügelte Wort sprach von den orien talischen Dingen, welche für Deutschland die gesunden Knochen auch nur eines einzigen pommerschen Mus ketiers nicht werth seien. „Wir hoffen," sagte der Reichskanzler damals, „in erster Linie, daß wir uns den Frieden und die Freundschaft mit unseren bishe rigen Freunden bewahren; in zweiter Linie, daß wir, soweit es durch freundschaftliche, von allen Seiten be reitwillig aufgenommene Vermittlung nöthig ist, unter absolutem Ausschluß aber jeder drohenden Haltung von unserer Seite, uns bestreben, den Frieden unter den europäischen Mächten nach Möglichkeit zu erhalten." Man wird keinen Widerspruch erfahren bei der Aufstellung, daß diese in markigen Zügen gekennzeich nete Politik durch zehn lange Jahre wechselvoller und tiefgreifender Ereignisse hindurch unentwegt beibehalten, vom größten Erfolge begleitet und vom einstimmigen Beifalle des deutschen Volkes getragen wurde. Auch in den bulgarischen Wirren der letzten Wochen hat die Reichspolitik im Wesentlichen an diesem Prinzips fest gehalten: Deutschland hat kein unmittelbares eigenes Interesse an den Dingen im Orient, wohl aber ein ganz eminentes an der Aufrechterhaltung des Friedens! Dies letztere Ziel zu erreichen, galten die Anstrengungen des Kaisers und des Kanzlers, und es hat allen An schein, als ob es in der That gelungen sei, dies köst liche Gut zu bewahren. Diese klare und nicht genug dankenswerthe That- sache müßte, so sollte man glauben, auf's Neue die unbedingte Zuversicht auf die Gewandtheit und Ste tigkeit der Neichspolitik befestigen, wenn die einfache Sachlage nicht von zwei Seiten geflissentlich eine Trü bung erfahren hätte, die noch nachwirkt. Den Frieden hat Niemand, kein Mensch und keine Partei in Deutsch land um des Fürsten Alexander von Bulgarien ge brochen sehen wollen. Die entsetzlichen Folgen eines so furchtbaren Kriegsbrandes, wie ihn die Welt kaum je noch gesehen, stehen zu klar vor aller Augen. Aber die herzliche Antheilnahme, welche die weitesten Kreise an dem tragischen Geschick des tapferen Bulgaren fürsten, eines deutschen Prinzen, der einer schurkischen Meuterei zum Opfer fiel, und dann die tief in unserm Volke steckende Besorgniß vor der wachsenden Macht und dem drohenden Einfluß des Slaventhums — diese beiden ganz n-türlichen Gefühle wurden nach zwei Richtungen zu einer Hetze ausgebeutet, die ebenso be zeichnend für unsere inneren Zustände als beklagens- werth ist. Von Seiten einer grundsätzlichen Opposition wurde ein lautes Frohlocken über angebliche Mißerfolge des Reichskanzlers erhoben, gegen welche sich die öffent liche Meinung in Deutschland auflehne. Und über eifrige Vertheidiger der Regierung wieder verdonnerten die Sympathie für den Battenberger als gefährlich und bedrohlich für den Bestand des Reiches, da sie uns die Feindschaft Rußlands zuziehen müsse. In die einzelnen Phasen dieser unerquicklichen Zänkereien einzugehen, liegt um so weniger Grund vor, als die frivole Uebertreibung beiderseits in dem gesunden Sinne unseres Volkes keine Wurzeln ge schlagen hat. Man hat das Vertrauen zu der starken Hand des Reichskanzlers in der auswärtigen Politik nicht verloren; klar und deutlich sehen wir ihr Ziel: die Erhaltung des Friedens vor uns, und wenn auch hier und da Unklarheit über die Mittel zum Zweck herrschen mag, so bedenken wir, daß uns doch nur «in kleiner Theil des Geschehenen und seiner Motive bekannt ist. Die warme Theilnahme für Alexander von Bulgarien und die nach Selbstständigkeit ringenden Bulgaren, der Unwillen über die Art, wie dem Fürsten mitgespielt wurde, die Empörung über die gewaltthä- rige Politik Rußlands verdrängt gleichwohl nicht die verständige Erwägung, daß Deutschland, sollte es diesen ganz natürlichen Empfindungen des Herzens unbedacht nachgeben, sich in Gefahren stürzen würde, deren Größe und Schwere unberechenbar sind. Andererseits aber wird unser Mißtrauen gegen Rußland, das mit rücksichtsloser Derbheit seine Pläne verfolgt, nicht eingeschläfert durch die Nothwendigkeiten der Lage. Unser Volk ist dem Fürsten Bismarck auf richtig dankbar für jede Stunde der Sicherung des Friedens mit Rußland, aber es fühlr auch, daß wir in Rußland dennoch keinen treuen Freund für die Zukunft besitzen. Darüber lassen uns die Ausbrüche des slavischen Deutschenhasses keinen Zweifel, deren Heftigkeit hier und da des Sarmaten übertünchte Höflichkeit durchbricht. Kommt der Weltkampf zwischen Slaven und Germanen einmal — hoffentlich erst in recht später Zeit — zum Ausbruch, so wird er Deutsch land gerüstet, die Hand am Schwert zur Vertheivigung seiner eigenen Lebensbedingungen finden; in den orien talischen Dingen aber wird für Deutschland das Wort vom pommerschen Musketier bis auf Weiteres seine Giltigkeit behalten. s. Sitzung des Bezirks-Ausschusses am 2l. August 1886. Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildete der ständige Antrag auf Revision der bisherigen Grund sätze für Gewährung von Beihilfen aus dem Wegebau- Unterstützungsfond des kinngk. -Ministeriums des In nern, worüber hohen Orts Begutachtung erfordert worden ist. Der Bezirks-Ausschuß sprach sich nun über diese Frage dahin aus, daß zunächst wohl un bedingt an dem einen Grundsatz, wonach der beregte Fond an erster Stelle zur Förderung und Unter stützung größerer Wegebau-Projekte zu dienen habe, festzuhalten sein werde, daß aber auch ferner die Füg lichkeit einer Bewilligung für Gemeinden mit umfäng licherer Wegebaulast bei kostspieligerer, grundhafter Instandsetzung von Wegen rc., sowie für Fälle geboten sein möchte, wo die laufende Unterhaltung der Wege zufolge außergewöhnlicher Abnutzung derselben den unterhaltungspflichtigen Gemeinden beträchtlichere Opfer auferlege, ingieichen wo dies zu einiger Ausgleichung besonderer Härten wünschenswerth erscheine, mit wel chen bekanntlich die in tz 2 des Wegebaugesetzes vom 12. Januar 1870 festgesetzte Wegebaupflicht für ein zelne Gemeinden verbunden sei, indem darnach Ge meinden auch die Unterhaltung solcher in ihrer Flur gelegenen öffentlichen Wege treffe, an denen sie selbst ein besonderes Interesse nicht weiter hätten. Uebrigens aber würden für die Bemessung der Unterstützung auch künftig einerseits die Höhe der Bausumme, andererseits die Leistungsfähigkeit der Gemeindemitglieder bez. die Vermögensverhältnisse der Gemeinde maßgebend zu sein haben. Den erneuten Gesuchen Heinrich Scherzs in Wilms dorf und Hermann Kempes in Hennersdorf um Schank konzession (bloss Ueberlragung) wurde auf Grund der Auslassungen der betreffenden Gemeindevertretungen nach anderweiter Erwägung stattgegeben, während man die Schankkonzessionsgesuche Carl Ferdinand Auers walds in Lungkwitz (bloss Ueberlragung) und Traugott Friedrich Horns im Huthaus Skt. Michaelis bei Höckendorf, da man ein diesfallsiges örtliches oder allgemeineres Bedürfniß — bez. ferner — nicht an zuerkennen vermochte, zurückwies. Die Gesuche um dispensationsweise Genehmigung von Grundstücksabtrennungen, betr. die Folien 82 von Döbra, 53, 144, 159 und 160 von Nechenberg und Fol. 9 von Burkersdorf wurden, insoweit es sich um Bebauungszwecke handelte, bedingungslos, im Uebrigen unter Konsolidationsbedingung genehmigt. Zu geringfügigen Aenderungen an den Gemeinde bezirken Schmiedeberg und Reinhardtsgrimma, herbei- zeführt durch Arealaustausch zwischen einzelnen Be- itzern, gab der Bezirks-Ausschuß ohne Weiteres seine Genehmigung. sion (§ 22 düng von Die Wahl der Mitglieder zur Körkommiss des Gesetzes vom 19. Mai 1886, die Bi! Zuchtgenoffenschaften und die Körung von Zuchtbullen betreffend) fiel auf die Herren Rittergutsbesitzer Oeh- michen-Berreuth, Gutsbesitzer Steyer - Reinholdshain, Rittergutsbesitzer Fiedler-WilmSdorf und Gutsbesitzer Gottlieb Sohr-Pretzschendorf, letztere Beiden als Stell ¬ vertreter. Nach dem vom Herrn Vorsitzenden, Amtshauptmann von Keßinger, vorgetragenen Ergebniß der nach § 13, Abs. 2 des Gesetzes, die Bildung von Bezirksverbänden und deren Vertretung betr., vom 21. April 1873 vor genommenen Revision ließ es der Bezirks-Ausschuß bei dem bisherigen Vertheilungsplan der Bezirksabge ordneten auf die Städte und die Landgemeinden des Bezirks an sich bewenden, und beschloß, vorbehältlich der Zustimmung der Bezirksversammlung, eine Ab änderung nur insofern, als die Stadt Glashütte ihrer dermaligen Bevölkerungsziffer entsprechend künftig durch 5 Wahlmänner (§ 10, Abs. 2 des obgedachten Ge setzes) bei der Wahl der betreffenden städtischen Bezirks abgeordneten vertreten sein solle. Der Feuerwehrverband der Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde erhielt zu Anschaffung eines Instru ments für Prüfung der Feuerspritzen eine Beihilfe von 40 Mk. aus Bezirksmitteln bewilligt. Das Regulativ der Gemeinde Cunnersdorf über Erhebung von BefitzveränderungSabgahen wurde, in soweit darnach die Einführung einer neuen Abgabe zur Gemeindekaffe beabsichtigt ist, mit Rücksicht auf den geltenden Grundsatz, daß in der Regel die Ab gaben von Besitzveränderungen in einer Gemeinde zu sammen den Betrag von 1 Mk. pro 300 Mk. Kaufs oder Werthsumme nicht übersteigen sollen, beanstandet, im Uebrigen hohen Orts zu befürworten beschlossen. Zum Schluß genehmigte man den Vorschlägen des Direktoriums der Bezirksanstalt entsprechend die defi nitive Anstellung des seiner Zeit probeweise angenom menen Anstaltsaufsehers Kästner und dessen Gehalts regelung. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 8. September. Während am Montage das zwischen Possendorf und Wenvischcarsdorf abgehaltene Divisionsmanöver von nah und fern be sucht worden war, nahm am Dienstag das große Bi- vouak schon von früh an die Aufmerksamkeit in An spruch und belebte unsere Stadt auf ungewohnte Weise. Von früh 5 Uhr an trafen die zur Anfuhr der Bivouak- bedürfniffe requirirten Lastgeschirre auf dem Oberthor- platze ein, wurden mit dem Heerestheile, dem sie dienen sollten, bezeichnet, dann auf dem Scheunenplatze be laden und warteten nun in Reih und Glied auf den Befehl des Abmarsches. Gar bald erwies sich der Oberthorplatz als ungenügend, und der Markt und die Brauhofsstraße mußten zur Aufstellung der mit Holz, Stroh, Brod, Viktualien, Tornistern u. dergl. beladenen Wagen zu Hilfe genommen werden. Dazwischen der Verkehr von Begleitsmannschaften, Ordonnanzen, Be amten — es war ein Bild, wie es uns von 1866 noch gut in der Erinnerung ist, und von dem man bei aller Lebhaftigkeit und Heiterkeit desselben wünschen möchte, daß es sich nicht einmal vor uns in Wirklichkeit entrollen möge. Endlich um 12 Uhr kam der Befehl zum Aufbruch nach Oberhäslich. Weit über 100 Wagen fuh ren nun die Straße nach Oberhäslich ab, denn zwischen diesem Dorfe und Wendischcarsdorf sollte das Bivouak der einen Brigade stattfinden, während die andere, feind liche Brigade bei Hirschbach und Reinhardsgrimma hr Lager aufgeschlagen hatte. Schon von 5 bis 6 Uhr Abends entwickelte sich auf der Dresdner Straße eine -leine Völkerwanderung von Fußgängern und Wagen, renn Alles wollte das Feldlager sehen. Am besten ließ ich die gesammte Ausstellung der nächsten Brigade von der Höhe nahe bei Oberhäslich überblicken. Rings eine weitgedehnte Vorpostenkette, endlich hinter dem