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WM Wßmtz -M«W Inserate, welche bet der bedeutenden Auflage bei Blattes eine sehr wirk« sanie Verbreitung finden, werden mit 10 Pfa. die Spaltenreile oder deren Staun« berechnet. — Ta bellarische und coniplicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im revaktionellen Theil«, die Spaltenzeile LOPfg. Die „Melßeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis oierteljithrlich 1 M. 26 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfa. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- " Amtsblatt für die Königliche Umtshauptrnannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. Nr. 38. Sonnabend, den 3. April 1886. 52. Jahrgang. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Die zweite Lesung des So zialistengesetzes im Reichstage brachte am ersten Tage der Debatte, am Dienstage, zunächst eine kleine Ueber- raschung, indem Abg. vr. Windthorst wider alles Er warten seine in der Kommission abgelehnten Ab änderungsanträge wieder einbrachte. Dieselben be zwecken im Wesentlichen die Aufhebung des Verbots einzelner Versammlungen im Voraus, die Beschränkung des kleinen Belagerungszustandes auf Berlin und Um gegend und die Verlängerung des so amendirten Ge setzes auf nur zwei Jahre. Für den Fall der Ab lehnung der Windthorst'schen Anträge beantragt Abg. Frhr. von Hertling, der Fraktionsgenosse des Herrn Windthorst, die Verlängerung des bestehenden Gesetzes auf zwei Jahre, also bis zum 30. September 1888. Nachdem der Referent der Kommission, der gleichfalls dem Centrum angehörige Abg. Fritze, die Verhand lungen in der Koinmission kurz dargestellt und Namens derselben die Ablehnung der Vorlage beantragt hatte, ergriff der preußische Minister des Innern, v. Putt- kamer, das Wort, um zunächst das Bedauern der Ne gierung darüber auszusprechen, daß der Abg. Windt horst seine Amendements nicht zurückgezogen habe. Alsdann plaidirte der Minister für die unveränderte Verlängerung des Gesetzes aus patriotischen und humanen Rücksichten und bezog sich hierbei eingehend auf die anarchistischen Vorgänge in Belgien, wobei v. Puttkamer namentlich an der Hand des berüchtigten „Volkskatechismus," welcher in der gegenwärtige» Ar beiterbewegung in Belgien eine so eigenthümliche Nolle spielt, nachwies, wie sehr es die anarchistischen Send- linge verstehen, den Haß der unteren Volksklaffen gegen die besitzenden Klaffen zu schüren und zu ent flammen. Schließlich betonte noch der Minister im ausdrücklichen Auftrage des Kaisers, wie tief der Monarch eine Ablehnung des Gesetzes empfinden würde. Hierauf trat Abg. Windthorst für seine Amendements ein und hob hierbei besonders hervor, daß in den sozialdemokratischen Bestrebungen ein guter Kern unverkennbar enthalten sei und deshalb gälte es, den Auswüchsen der Sozialdemokratie nicht mit so unbeugsamer Strenge entgegenzutreten, die von ihm gestellten mildernden Amendements genügten voll ständig zu Verhinderungs- und Vorbeugungsmaß regeln. Weiter kam auch Abg. Windthorst auf die belgischen Vorgänge — die überhaupt den rothen Faden darstellten, der sich durch die gesammte Debatte zog — zu sprechen und führte aus, v. Puttkamer habe keinen Zusammenhang zwischen den Vorgängen in Belgien und der deutschen Sozialdemokratie nach gewiesen, daraus, daß dort Arbeiterunruhen ausge brochen sind, folge noch nicht, daß cs zu solchen auch bei uns kommen werde. Minister von Puttkamer er widerte auf die Ausführungen des Centrumsführers, daß die Regierung seine Amendements als keine aus reichende Waffe gegen die Bestrebungen der Umsturz partei betrachte, die Negierung wolle durch das So zialistengesetz die deutsche Arbeiterwelt verderblichen Agitationen entziehen, denn in Deutschland lägen die selben Gefahren vor, wie in Belgien, denen vorgebeugt werden müsse. Man sehe nie klar, ob die Sozialisten eine Unisturzpartei seien, ob sie eine Revolution wollten oder nicht; das Gesetz richte sich auch nicht gegen die Arbeiter, sondern sei für sie und ihr Wohl. Im weiteren Verlaufe der Verhandlungen sprachen Abg. Windthorst nochmals für seine Amendements, v. Hell dorf und Stöcker für, Ceaielski (Pole) und Bebel gegen die Vorlage. Der Chef der deutschen Sozial demokratie gab sich in seinen Ausführungen im All gemeinen ziemlich gemäßigt, wenngleich es an scharfen Ausfällen gegen die Regierung und die anderen Par teien — besonders gegen das Centrum wegen dessen taktischen Verhaltens in der Frage der Verlängerung des Sozialistengesetzes — nicht fehlte. Schließlich trat von Puttkamer nochmals für die Regierungsvorlage ein; die Debatte endete an diesem Tage mit einer Fluth persönlicher Bemerkungen. — Die zur Vorbe- rathung der Ansiedelungs-Vorlage für Posen und Westpreußen einberufenen Abtheilungen des preußischen Staatsrathes hielten am Montag und Dienstag unter dem Vorsitze des Kronprinzen Sitzungen ab. Der hohe Herr betheiligte sich wiederholt an den Debatten, bei denen auch Fürst Bismarck zugegen war. Wie man hört, haben die Verhandlungen zu einer Ver ständigung geführt und handelte es sich hierbei um die Grundzüge eines Planes, nach welchem die Be siedelung, beziehungsweise der Ankauf polnischer Güter vor sich gehen soll, und ferner um die Ausarbeitung derjenigen Bestimmungen, welche die Kolonisations vorlage der königlichen Verordnung vorbehalten hat. Auch über die Instruktion für die unter Kontrole des Staatsministeriums stehende ausführende Kommission soll der Staatsrath ein Gutachten abgegeben haben. — Im engsten Familienkreise feierte der Reichskanzler Fürst Bismarck am Donnerstag seinen 71. Geburts tag, zu welchem unserem leitenden Staatsmanne wiederum zahllose Glückwünsche nicht nur aus allen Theilen des Reiches, sondern auch von weit außerhalb der Grenzen desselben, ja, sogar von jenseits der Ge stade des Weltmeeres her zugegangen sind. Möge der große Kanzler aus diesen spontanen Kundgebungen der Verehrung und Hochachtung von Neuem Muth und Kraft schöpfen, auch fernerhin die Geschäfte kraft voll zu führen, all' den verschiedenen Anfeindungen zum Trotz, mit denen der Begründer der deutschen Einheit noch bis in seinen Lebensabend hinein kämpfen muß! Möge er, der treueste Berather des Kaisers, noch lange auf seinem Posten wirken, zum Heil und Segen des qesammten Vaterlandes! — Aus dem Kreise der preußischen Bischöfe ist der 9Ijähr.Bischof von Kulm, -v. d. Marwitz, durch den Tod abberufen worden. Schweiz. Die Streikbewegung im westlichen Europa ist nun auch bereits nach der Schweiz über gesprungen, doch giebt sie sich hier vorläufig nur in der mildesten Form kund. Wegen Nichtbewilligung der zehnstündigen Arbeitszeit haben in Basel die Tischler, Zimmerleute, Glaser, Drechsler und Bild hauer die Arbeit niedergelegt. Der Umstand, daß dies in so verschiedenen Branchen gleichzeitig erfolgte, läßt vermuthen, daß es sich hierbei um einen schon von länger her sorgfältig vorbereiteten Streik handelt. Belgien. Endlich, endlich hat sich das belgische Kabinet Bernaert veranlaßt gesehen, in der Brüsseler Deputirtenkammer sich über den Arbeiteraufruhr und seine furchtbaren Ausschreitungen zu äußern. Aus den bezüglichen Mittheilungen, welche der Minister präsident Bernaert machte, geht zunächst hervor, daß die Kohlengrubenbesitzer gar nicht in der Lage sind, bedeutende Lohnerhöhungen zu gewähren, da die Er trägnisse aus den Gruben schon seit Jahren einen sehr spärlichen Reinertrag geben und wollte man diesen den Arbeitern zukommen lassen, so würde doch jeder Arbeiter täglich nur einen Mehrverdienst von 6 Cent (4 Pfennige) haben. Der Minister gestand dann, daß die Behörden von den Unruhen anfänglich überrascht worden seien, daß aber baldigst energische Maßregeln zur Unterdrückung der Revolte ergriffen worden seien; der erlassene Befehl zur Einberufung zweier weiterer Klaffen der dienstpflichtigen Mannschaft sei in rascher Ausführung begriffen. Weiter erklärte Bernaert, die Negierung werde nach Mitteln suchen, den Arbeitern zu helfen und forderte zum Schluß einen Kredit von 43 Millionen Francs zum Bau von Sekundärbahnen. Die belgische Regierung scheint also von den äußersten Maßregeln gegen die revoltirenden Arbeiter absehen und ihnen vielmehr durch umfassende Bahnbauten größeren Verdienst verschaffen zu wollen; letzteres ist ja sehr löblich, vorläufig scheint aber unnachsichtliche Strenge gegen die plündernden Banden der Streiken den viel mehr angebracht zn sein. Frankreich. In Frankreich folgt man der Arbeiter bewegung in dem benachbarten Belgien mit begreif licher Besorgniß, zumal da jetzt die Arbeitseinstellung in Decazeville eine allgemeine geworden ist. Die Be hörden der an Belgien grenzenden Departements haben Instruktionen erhalten, um jedes Uebergreifen der Be wegung nach Frankreich zu verhindern, zum Schutze de? Personen und des Eigenthums sind strenge Maß regeln angeordnet. — Die Budgetkommission hat in das große Anleiheprojekt des Kabinets Freycinet ein bedeutendes Loch gemacht, indem von ihr beschlossen worden ist, bei der Kammer die Ausnahme einer An leihe von nur 900 Mill. Frcs. zu beantragen, während die Regierung dieselbe bekanntlich in der Höhe von 1466 Millionen aufnehmen will. Die Negierung wird sich wohl in diesen Abstrich finden müssen, da weder in der Kammer noch im Lande die Stimmung sonder lich zu Gunsten der Anleihe ist. England. Am Horizonte der centralasiatischen Politik Englands sind wieder „dunkle Punkte" auf getaucht. Rußland macht bei der Regulirung der afghanischen Grenze irgendwelche Schwierigkeiten, doch thut man in England so, als ob man die Sache durchaus auf die leichte Achsel nehme. In diesem Sinne ist auch die neueste Londoner Depesche über diesen Gegenstand gehalten; dieselbe meldet, die eng lische Regierung habe ihre Vertreter bei der afgha nischen Grenzkommission zur direkten Erledigung aller minder wichtigen Fragen ermächtigt. Unter den augen blicklich schwebenden Fragen sei keine wichtig genug, um ernste Meinungsverschiedenheiten hervorzurufen. Die 2. Geflügel-Ausstellung zu Dippoldiswalde vom 1. bis 4. April 1886. Die gute Aufnahme, welche die vorjährige, vom Geflügelzüchterverein zu Dippoldiswalde und Umgegend veranstaltete Geflügel-Ausstellung in den betheiligten Kreisen, aber auch über diese hinaus, gefunden, hat den genannten, von dem sehr rührigen Herrn Oswald Lotze in's Leben gerufenen und von demselben gelei teten Verein veranlaßt, auch in diesem Jahre den Stand bez. die Fortschritte und Ergebnisse der Ge flügelzucht in Hühnern und Tauben, in einer sehr stattlichen Ausstellung zur Anschauung zu bringen. Dieselbe, in den besonders gut geeigneten Räumen der „Neichskrone" eröffnet, bietet des Interessanten vielerlei, besonders aber möchten wir hervorheben, daß die Ausstellung entschieden das Praktische bevorzugt, obschon auch Sportobjektc nicht fehlen. — Der zur nutzbringenden Betrachtung der Ausstellung unent behrliche Katalog weist von 103 Ausstellern 356 ein zelne Ausstellungsgegenstände auf. Selbstverständlich ist Dippoldiswalde und Umgegend mit 37 Ausstellern verhältnißmäßig am stärksten vertreten, von Deuben haben 8, von Radeberg, Großröhrsdorf und Kamenz gleichfalls 8, aus Dresden 3, aus Kötzschenbroda 2, aus Niederoderwitz 2 ausgestellt; aber auch aus ent fernteren Gegenden, nämlich aus Plauen i. V., aus Eisleben, Berlin, Siegen und Bremen sind Ausstellungs gegenstände eingegangen. Interessenten dürfte es er wünscht sein, die am meisten betheiligten Aussteller zu erfahren; es sind dies die Herren: Claus-Dresden, Frenzel und Gietzolt-Dippoldiswalde, Höhne und Neubert-Deuben, Johne-Schönborn, Weinhold-Ober häslich, Streit-Obercunnersdorf. Was nun die Ausstellungsobjekte anlangt, so sind 99 Stamme Hühner, 7 Stämme Enten, 1 Stamm Truten, 2 Stämme Gänse, 22S Stämme Tauben und .. ""t Kanarienhähnen ausgestellt. Alle Na ¬ tionalitäten sind vertreten. Neben Paduanern, Ita lienern, Holländern, Spaniern, Hamburgern unter den Hühnern, und Römern, Türken, Minorkanern, Mal tesern, Modenesern, Deutschen, Franzosen, Engländern, deren Heimath Europa, ist auch Yokohama, Sumatra, der Malayerarchipel und China durch gefiederte Gäste