Volltext Seite (XML)
Wchklih-ZitW Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhne in Dippoldiswalde. 52. Jahrgang. Dienstag, den 9. März 1886 Nr. 27. Inserate, welch« bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk same Verbreitung findeit, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeil« 20 Pfg. Die „Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal : Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 Dl. 26 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., eimnonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummer« 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- . . , ElIllisPlall LämaiMn Amtsgerichte und die Stadträthe für die Königliche Wntshauptmannschast Dippoldiswalde sowie für Königlich zu Dippoldiswalde und Iranenjmn Fastnacht. Mancher wird sich schon den Kopf zerbrochen haben, woher wohl dieser den landläufigen Begriff durchaus nicht deckende Ausdruck stammen mag. „Fastnacht?" In der That scheint die gewählte Bezeichnung mehr als unpassend für einen Tag, der in den meisten Gegenden das Privilegium hat, durch Essen und Trinken und allerlei tolle Lustbarkeit mehr als jeden andern des Jahres ausgezeichnet zu werden. Die Franzosen sagen es doch gerade heraus, was ihnen der betreffende Tag sein soll. Sie nennen ihn, luarcki gra8, d. h. fetter Dienstag, gerade wie unsere Bor fahren, die noch mehr vertragen konnten, als wir, „den feisten oder schmalzigen Sonntag", den „Fraß montag" hatten, bis dann der folgende Dienstag allerdings auch schon „Fastnacht" genannt wurde, ohne jedoch der mönchisch - asketischen Hebung des Fastens und Kasteien gewidmet zu sein. Die Bezeich nung „Fastnacht" soll andeuten, daß in der Nacht des betreffenden Dienstags die in der ersten Christenheit streng gehaltene 40tägige Fastenzeit beginne. Dieselbe sollte zu einer würdigen Vorbereitung auf die Char- woche (die Leidenszeit des Erlösers) dienen, und da Enthaltung von Fleischspeisen als ein Unterstützungs mittel der Andacht angesehen wurde, so war in dieser Zeit der Genuß des Fleisches streng untersagt. Es war ganz natürlich, daß man sich für eine so lange Entbehrung durch vorausgehende Extragenüsse schadlos zu halten suchte und in ver Zeit, wo man sich auf den Abschied vom Fleischgenusse vorbereitete, desto mchr davon genoß. Man nannte die Zeit vor dem Fasten in Italien den „Karneval" (von oaro, das Fleisch, und valo, lebe wohl!) und feierte ihn, offen bar mit Anklängen an altrömische, heidnische Lustbar keiten, durch allerlei Mummenschanz und Schabernack. Essen und Trinken spielen bei dem mäßigen Südlän der überhaupt keine große Nolle, also war und ist bei ihnen der Karneval vielweniger Veranlassung zu Auf wand in Speisen und Getränken als bei den Nord ländern, wo der Pfannkuchen und Bratwurst einer seits, Punsch, Grog und diverse Spirituosen anderer seits in der Fastnacht eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Aber auch der Mummenschanz hat sich bei uns in Deutschland einzubürgern gewußt, wenn er auch nur auf deu Maskenball beschränkt bleibt, während er sich in Italien, besonders aber in Nom, auf öffentlichen Plätzen und Straßen frei entfaltet. Wenn auch die Schilderung, die uns Göthe von dem Karneval in Nom macht, bei der ernster gewordenen Zeit nicht mehr zutrifft, so entwickelt sich doch während des Karnevals in der Siebenhügelstadt immerhin noch ein bedeutendes Stück Volksleben, und der heitere Sinn des Südländers kommt zum Durchbruche. Die Versuche, die man in Leipzig gemacht hat, einen öffent lichen Karnevalszug auf die Beine zu bringen, scheitern an gar vielen Klippen; Heuer würde wohl die Witterung den beachtenswerthesten Einspruch erheben. Für eine gemüthliche Hausfeier eben ist der Schnee draußen ein wesentliches Förderungsmittel, und so wollen wir denn unfern Lesern wünschen, daß ihnen ihre Pfann kuchen oder Minzen zu einem Glase steifen Schlummer punsches recht gut schmecken mögen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 8. März. Der gestrige Sonn tag war wieder mal ein Prachtexemplar von einem Wintertage und überragte die beiden vorhergehenden, gleichfalls schönen Sonntage, um Haupteslänge. Ueber- haupt muß man dankbar erkennen, daß jede neue Auf lage des heurigen Winters bis jetzt auch eine ver mehrte und verbesserte gewesen ist. — Der hiesige landwirthschaftliche Verein hat Herrn Rittergutsbesitzer Otto auf Naundorf, seit 40 Jahren sein treues und eifriges Mitglied, zu seinem Ehrenmitglieds ernannt. Durch eine Deputation ist ihm am gestrigen Sonntag das betreffende Diplom überreicht worden. — Von vielen Seiten hört man, daß der jüngst ein getretene harte Nachwinter und die bedeutenden Schnee wehen den ersten Satz junger Hasen ich'E ge schädigt haben dürfte. Da dieser erste Satz besonders zur Vermehrung der Hasen beiträgt, so würde aller dings, wenn sich jene Befürchtung bewahrheitet, ein günstiges Ergebnis; der Hasenjagd für künftigen Herbst bedenklich in Frage gestellt werden. Rabenau. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat Februar des Jahres 1886 210 Einzah lungen im Betrage von 8650 M. 45 Pf. gemacht, dagegen erfolgten 56 Rückzahlungen im Betrage von 2899 M. 38 Pf.. Sparmarken, ü 10 Pf., wurden 460 Stück verkauft. Pretzschendorf. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat Februar 48 Einzahlungen im Betrage von 7026 M. 29 Pf. gemacht; dagegen erfolgten 20 Rückzahlungen im Betrage von 2840 M. 22 Pf. Frauenstein, 5. März. Bei der hiesigen Na turalverpflegstation sanden sich im Monat Februar 169 Handwerksburschen ein, wovon 138 Mann Nacht- und 31 Mann Lagesverpflegung gewährt wurden. — Im Monat Februar wurden in die hiesige Sparkasse 26,977 M. 35 Pf. in 402 Kassenpvsten eingelegt, wogegen 25,373 M. 72 Pf. in 219 Posten zur Rückzahlung gelangten. Die Gesammt-Einnahme beziffert sich in 410 Posten auf 38,029 M. 93 Pf., die Gesammtausgabe in 263 Posten auf 36,009 M. 40 Pf. — Ein seit 25 Jahren in unsrer Stadt nicht ge sehenes Schauspiel bot sich an vergangener Mittwoch dar. Vier hiesige Fleischerburschen führten einen so genannten „Meisterochsen" in der Stadt herum. Den Führern wurden von der Bürgerschaft außer Geld die verschiedenartigsten Geschenke gespendet, als Tücher, Mützen, Hosenträger, Cigarren, Kinderhäubchen und -Jübchen, div. Flaschen mit Branntwein unv Wein rc. Die Geschenke waren in bunter Abwechslung dem den letzten Gang thuenden Ochsen zum größten Theile umgehangen. Im Laufe des Nachmittags wurde der selbe vom Gastwirth und Fleischer Wehner in Nassau geschlachtet, welcher damit sein Meisterstück ablegte. — In Folge des gestrigen orkanartigen Schnee sturmes war der Verkehr zwischen hier und den Nach barorten gänzlich lahm gelegt. Die Post, welche gestern Nacht St2 Uhr von Klingenberg hier ein treffen sollte, ließ bis heute früh um 8 Uhr auf sich warten. Ebenso konnte wegen der totalen Verwehung der Straße die Post heute früh Sb Uhr nicht nach Klingenberg abgefertigt werden, sondern erst um 9 Uhr. — Mit großer Betrübniß haben die Bewohner Frauensteins und Umgegend Kenntniß davon ge nommen, daß deren Petition um Erbauung einer Bahn von Klingenberg nach hier von der Stände versammlung unberücksichtigt bleiben soll. Es bleibt den Bewohnern Frauensteins und Umgegend, die die Petition eingereicht haben, angesichts der wenig erfreu lichen Nachricht nichts Anderes übrig, als der Hoff nung zu leben: „Es wird doch einmal werden! Auf einen Hieb fällt kein Baum! und: Viele Tropfen höhlen den Stein!" Vielleicht gelingt es mit der Zeit, die hohe Ständeversammlung durch beharrliches Pe- tiren von der Nothwendigkeit einer Eisenbahn für die Frauensteiner Gegend zu überzeugen. Möge uns die mit so schönem Erfolge gekrönte Ausdauer Dippoldis- waldas im Petiren um Erbauung einer Eisenbahn ein leuchtendes und aufmunterndes Vorbild sein! Dresden. Aus der evangelisch-lutherischen Kirche find m den Jahren 1870 bis mit 1885 in Sachsen übergetreten zu den separirt-evangelisch-lutherischen Gemeinden 1085, zu den apostolisch-katholischen Ge meinden 2284, zu den Methodisten 700, z» frei religiösen Gemeinden 35, zu den Baptisten 50, zur Tempelgesellschaft 63, zu den Jrvingianern 11, zur evangelischen Gemeinschaft 105 Personen. Die an geführten Zahlen beruhen auf den von den Be theiligten an Amtsstelle gemachten Angaben. — Die sächsische Kohlenabfuhr betrug im Jahre 1885 646,289 Ladungen (gegen 617,169 im Vorjahr) es hat also eine Zunahme von 4,?s Prozent stattge funden. In den einzelnen Bezirken gelangten zur Aufgabe: Zwickau 405,091 Ladungen (2,«« Prozent mehr als 1884), Lugau-Oelsnitz 178,796 Ladungen (9,«r Prozent mehr als 1884), Dresden 62,102 La dungen (7,o - Proz. mehr als 1884). Den stärksten Empfang an sächsischer Steinkohle — 8,s Proz. der Gesammtabfuhr — hatte wiederum Chemnitz mit 54,745 Ladungen. — Am 1. d. Mts. und folgende Tage hat eine abermalige Ausloosung Königlich Sächsischer Staats papiere stattgefunden, von welcher die 4proz. Staats schuldenkassenscheine vom Jahre 1847, 3proz. dergleichen vom Jahre 1855, ingleichen diö am 1. Juli 1886 mit 8S pCt. Prämienzuschlag rückzahlbar werdenden 4proz. sächsisch-schlesischen Eisenbahnaktien betroffen worden sind. Die Inhaber der genannten Staatspapiere werden hierauf noch besonders mit dem Hinzu fügen aufmerksam gemacht, daß die Listen der ge zogenen Nummern in der „Leipziger Zeitung", dem „Dresdner Journal" und dem „Dresdner Anzeiger" veröffentlicht, auch bei sämmtlichen Bezirkssteuerein nahmen und Gemeindevorständen des Landes zu Jeder manns Einsicht ausgelegt werden. Mit diesen Listen werden zugleich die in früheren Terminen aus- geloosten, aber noch nicht abgehobenen Nummern wieder aufgerufen, deren große Zahl leider beweist, wie viele Interessenten zu ihrem Schaden die Aus- loosungen übersehen. Es können dieselben nicht genug davor gewarnt werden, sich nicht dem Jrrthume hin zugeben, daß, so lange sie Zinsscheine haben und diese unbeanstandet eingelöst werden, ihr Kapital un gekündigt sei. Die Staatskaffen können eine Prüfung der ihnen zur Zahlung präsentirteu Zinsscheine nicht vornehmen und lösen jeden echten Zinsschein ein. Da »ui; aber eine Verzinsung ausgelooster Kapitale über deren Fälligkeitstermin hinaus in keinem Falle statt findet, so werden die von den Betheiligten in Folge Unkenntniß der Ausloosung zu viel erhobenen Zinsen seinerzeit am Kapitale gekürzt, vor welchem ost empfind lichen Nachtheile sich die Inhaber von Staatspapieren nur durch regelmäßige Einsicht der Ziehungslisten (der gezogenen wie der restirenden Nummern) schützen können. Freiberg. Die Verhandlungen der ersten dies jährigen Sitzungsperiode beim kgl. Schwurgericht nehmen am Montag, den 15. März, ihren Anfang und werden ca. 8 Tage dauern. Radeberg. Der Verkauf des Grundstückes „Saxonia", die Aktiengesellschaft ist bekanntlich in Konkurs gerathen, ist auf den 30. April vom Gericht anberaumt worden. Zittau. Bei der Sparkasse in Reichenau ist ein Defizit von 200,000 Mark entdeckt worden. Der ungetreue Kassirer ist bereits in Haft genommen morden. Zwickau. In diesem Jahre werden hier der Schwanen- und der sogen, lange Teich gefischt, was in einem Zeiträume von 3—6 Jahren geschieht. Als veranschlagtes Erträgniß ist die Summe von 7000 M. m den städtischen Haushaltplan eingestellt morden. Wurzen. In dem nahegelegenen Machern be stand im 15. Jahrhundert der sonderbare Gebrauch, daß die Leichen der Frauen von Frauen zu Grabe ge tragen wurden. Es trat hierin eine Aenderung erst un Jahre 1715 ein, wo man die Frauen dieser Ver pflichtung zwar enthob, dafür aber veren sechs zu dem damals üblichen Begräbnißschmauße einladen mußte.