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„Weißeritz.Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners- ' tag und Sonnabend. — , Preis »ierteljiihrlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. W Witz -M«W. Amtsblatt Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfa. die Spaltenzeile oder oeren Naum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. für die Königliche Amishauptmaimschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ithnc in Dippoldiswalde. Nr. 12. Dienstag, den 2. Februar 1886. 52. Jahrgang. Beschuldigung der Minister v. Putt- Die Polenfrage im preußischen Abgeordnetenhause. In einer gewaltigen, mehrtägigen Debatte hat nun die Volksvertretung Preußens in Folge eines Antrages der Konservativen und Nationalliberalen Stellung zu der Ausweisungsangelegenheit auswärtiger Staatsan gehöriger aus den östlichen preußischen Provinzen, oder besser gesagt, zur Polensrage, genommen. Un möglich ist es in einer solchen riesigen Debatte, in welcher sich außer den Ministern 37 Abgeordnete zum Wort gemeldet hatten, die einzelnen Redner eingehend zu verfolgen, aber der Kern der Debatte läßt sich um so sicherer kennzeichnen. Es handelt sich in derselben um die Kardinalsrage: Giebt es in Preußen, das in seinen östlichen Grenzprovinzen über zwei Millionen Einwohner polnischer Abkunst besitzt, noch eine pol nische Frage und kann dieselbe für Preußen oder Deutschland früher oder später gefährlich werden? Die preußische Regierung hat auf Grund der letzt jährigen Erfahrungen, wie früherer Beobachtungen, diese Frage bejaht und deshalb für nothwendig erachtet, durch Ausweisungen ausländischer Polen aus den Ostprovinzen, ferner aber auch durch positive Maß regeln das Deulschthum in Posen zu stärken, und Konservative wie Nationalliberale haben ihre Zu stimmung, als im nationalen Interesse geboten, dazu gegeben. Der Rechtfertigung dieser Maßregeln und einer Gegenaktion gegen den Beschluß der oppositionellen Reichstagsmehrheit in der Polenfrage war deshalb die große Debatte im preußischen Abgeordnetenhause ge widmet. Aus derselben heben ivir als das bedeut samste Argument hervor, daß Fürst Bismarck in einem historischen Ueberblick über die Polensrage nachwies, daß der polnische Adel keinen aufrichtigen Frieden mit der preußischen Regierung geschlossen habe und nur so lange ruhig sei, bis sich eine günstige Gelegenheit zum Loslegen zeige. Da nun die ehemals polnischen Landestheile jetzt einen sehr wichtigen Theil der preu ßischen Monarchie ausmachen, so müsse Preußen Alles ausbieten, um irgend welchen Gefahren durch die polnische Frage die Spitze abzubrechen. Des Weiteren klagte Fürst Bismarck die Neichstagsmehrheit, gebildet aus dem Centrum, den Deutschfreisinnigen, Sozial demokraten rc., an, daß sie eine antinationale Politik treibe und dem Auslande das demüthigende Schauspiel darbiete, deutsche Unterthanen fremdländischer Abkunft gegen die Regierung vertheidigen zu müßen. Der Minister des Innern von Puttkamer wies dann die Vorwürfe, es hätten bei den Ausweisungen grenzen lose Härten obgewaltet, als Unwahrheiten und Ueber- treibungen zurück pnd erinnerte daran, daß man sich in der Politik nicht allein von der Humanität, sondern auch von der Nothwendigkeit leiten lassen müsse. Der Kriegsminister Bronsart v. Schellendorf erkannte bereit willig die vorzüglichen Leistungen der Soldaten pol nischer Abkunft aif, diese verdankten sie aber deutscher Zucht und Führung und nicht derjenigen der polnischen Edelleute, welche sofort die polnischen Regimenter zur Auflehnung aufhetzen würden. Die Klage der Re gelung richtet sich überhaupt nicht gegen die polnischen Ürziger und Bagern, die loyal und friedlich seien, oydern gegen Herr polnischen Adel, dessen Unter- hgnenpflicht gegen Preußen auf Kündigung bafire. Deshalb ging Fürst Bismarck sogar soweit, den pol nischen Edelleuten die Expropriation, das Ankäufen ihxer Güter durck den Staat auf dem Zwangswege aiszudrohen. Diesen Ausführungen der preußischen Regierungsvextret^r suchten nun Namens der Polen der Abg. v. Stahslewski und Namens der Cemrums- phrtei der Abg. Windthorst entgegenzutreten, indem npch ihren Auslassungen die Polen in ihren Rechten beengt und die g< gen sie gerichteten Anklagen ungerecht ssien. Nach Wi idthorst's Erklärungen seien die Aus weisungen in Pl sen auch gegen die katholische Kirche gerichtet, welcher Beschuldigung der Minister v. Putt ¬ kamer nachdrücklich entgegentrat. Gegen die Negierung wandten sich auch die Redner der Deutschfreisinnigen, weil durch die Ausweisungen das Völkerrecht und die Humanität verletzt sei. Wie unbehaglich sich aber die Deutschsreisinnigen in ihrer Position fühlten, geht aus einem von ihnen durch den Abg. Baseler eingebrachten Antrag hervor, wonach das Abgeordnetenhaus positiven Maßregeln zur Pflege der deutschen Nationalität in den Ostprovinzen sorgfältige Prüfung angedeihen lassen soll. — Die im In- wie Auslande großes Aussehen erregende Debatte endigte mit der Annahme des An trages der Konservativen und Nationalliberalen, der das Vorgehen der Negierung in der Polenfrage billigt. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monate Januar 946 Einzahlungen im Betrage von 71,846 M. 30 Pf. gemacht, dagegen er folgten 846 Rückzahlungen im Betrage von 69,658 Mark 52 Pf. Sparmarken ü 5 Pf. sind 800 Stück verkauft worden. — Von Herrn H. Schneider in Reichstädt erhalten wir folgende Zuschrift: „In Nr. 7 Ihres geschätzten Blattes haben Sie eines Vorfalles, meinen Hund be treffend, Erwähnung gethan, dessen Berichtigung Ihrer seits ich hierdurch erbitte. Gereizt durch stetes An bellen und Berfolgtwerden beim Vorüberfahren ist mein Hund mit dem kleinerem des Wirthschaftsbe- sitzers Glöckner am l3. Januar zusammengerathen, und hat sich trotz meiner Warnung, die Hunde doch allein sich zanken zu lassen, die Frau Glöckner ganz unbesonnener Weise selbst zwischen die Hunde ge worfen, wo sie natürlich der Gefahr des Gebissen werdens von meinem oder ihrem Hunde sich ausge setzt hat. Jedes Kind im Orte kennt meinen Hund, und weiß genau, daß er Niemandem etwas thut. — In Bezug auf die in Nr. 10 unseres Blattes enthaltene Notiz aus Beerwalde, daß die ansässigen Bewohner dieser Gemeinde von allen Gemeindeanlagen befreit seien und jährlich noch Gelder aus der Gemeinde kasse erhalten, wird uns von der Gemeindevertretung Beerwalde berichtet, daß diese Angaben den thatsäch- lichen Verhältnissen keineswegs entsprechen, daß im Gegentheil alle Bewohner des Ortes zu den Gemeinde anlagen herangezogen seien und solche bezahlen müß ten, und daher nicht beneidenswerther als die Be- wohner anderer Orte seien. Dippoldiswalde, 1. Februar. In der letzten Freitag stattgefundenen Versammlung des Gewerbe vereins erfreute zunächst die Mittheilung, daß das königl. hohe Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts auf Vermittelung der königl. Amtshaupt mannschaft der Volksbibliothek für Dippoldiswalde und Umgegend, welche unter der Verwaltung des Gewerbe vereins steht, 60 Mark Beihilfe gewährt habe. Ferner nahm man von einer Offerte des Herrn Ingenieur Blank-Schloltwitz, im Anschluß an den Vortrag des Physikers Rühl, im Verein über Elektrolyse, Tele graphie, Telephonie, bez. praktische Galvanoplastik zn sprechen, dankend Kenntniß, behielt sich aber die Ent scheidung vor. Außer der vorläufigen Einladung zu der von Mitte August bis Mitte September d. I. stattfindenden Altenburger Landes-Ausstellung lagen noch die Jahresberichte der Gesellschaft für Volksbildung für Sachsen, speziell für den Zittauer Zweigverein auf auf 1884 vor. Die Aufforderung der Handels- und Gewerbekammer Dresden, den Abzahlungsbazaren die Aufmerksamkeit des Vereins zuzuwenden, fand nebst den vorgeschlagenen Mitteln zur Bekämpfung der da bei vorkommenden Ungehörigkeiten Beifall und Zu stimmung. — Schließlich sprach Herr Schuldirektor Engelmann unter theilweiser Anlehnung an einen vom Zeichenlehrer Kalb in Gera gehaltenen Vortrag über „die Kunst im Handwerke", über Kunst, Kunst gewerbe, verschiedene Stylarten, Verirrung des Kunst ¬ geschmackes, sowie über die Mittel, der Kunst im Handwerk immermehr Eingang zu verschaffen und Kunstliebe in weiteren Kreisen zu verbreiten. Wiederum konnte der Verein sich vier neuer Anmeldungen zur Mitgliedschaft erfreuen. Poffendorf. Vom 1. Februar ab wird die dritte zur Postbeförderung benutzte Privat - Fahrgelegenheit von Possendorf nach Dresden 15 Minuten später als bisher, und zwar um 6,«s abgefertigt werden. Lauenstein mit Kratzhammer und Unterlöwenhain. Ausweislich der Armen statistik sind hier im ver flossenen Jahre 18 Personen laufend unterstützt wor den. Doch gewiß viel für eine Einwohnerzahl von 837. Rehefeld. Bei einer am 29. Januar abgehal tenen Jagd im hiesigen Jagdbezirk erlegte König Al bert einen riesigen Zwölfender; der Durchmesser des Geweihes an der Wurzel beträgt 8 bis 9 Centimeter. In seiner Freude über den glücklichen Schuß gewährte der glückliche Schütze bedürftigen Waldarbeitern eine namhafte Unterstützung. Dresden. Die Finanzdeputation L.. der zweiten Kammer schlägt einen Gesetz-Entwurf vor, nach welchem der Urkundenstempel von Quittungen und Abtretungen vom 1. April 1886 ab aufgehoben wird. Weiter schlägt sie vor, der Erwartung Ausdruck zu geben, daß jedenfalls dem nächsten Landtage eine Vor lage für die endliche gesetzliche Feststellung der Vor schriften über die Kassenerhebung in den nicht der reichsgesetzlichen Ordnung unterworfenen Rechtssachen gemacht werde. — Das höchste Einkommen in Sachsen hat ein Einwohner Dresdens: jährlich circa 800,000 Mark. Dann folgt daselbst ein solcher mit 455,000 M. Ein kommen, dann einer mit 405,000 und einer mit 335,000 M. Dann folgt ein Leipziger mit 290,000 Mark und ein Chemnitzer mit 285,000 M. jährlichem Einkommen. Hierauf wieder 2 Leipziger mit 280,000 und ein solcher mit 275,000 M. Nun kommt wieder ein Dresdner mit 270,000, ein Leipziger mit 265,000, ein solcher mit 260,000 und zwei Leipziger mit 250,000 Mark. Um einen summarischen Vergleich der drei Großstädte mit den übrigen Städten des Landes zu ermöglichen, sei hier noch der Prozentziffern gedacht, welche darthun, in welcher Progression sich seit dem Jahre 1879 das Einkommen der reichen Klassen vermehrt hat, wenn man unter diese alle Ein kommen über 9600 Mark zusammenfaßt. Es betrug diese Steigerung in Werdau 118 Prozent, in Anna- berg 107, Plauen 88, Krimmitschau 62, Chemnitz 60, Meißen 59, Glauchau 48, Leipzig 48, Reichenbach 48, Bautzen 37, Dresden 34, Freiberg 26, Meerane 24, Zwickau 21, Zittau 14 Prozent. Man sieht, wenn man bis 9600 Mark herabgeht, stehen die Fabrik städte obenan. — Die im Jahre 1884 gemachten kirchlichen Stiftungen beziffern sich, soweit sie in Geld und Geldeswerth bestanden, auf einen Gesammtbetrag von 77,790 Mark gegen 127,274 Mark im Jahre 1883 (Lutherfeier) und 84,300 M. im Jahre 1882. Von der im Jahre 1884 gewidmeten Summe entfielen auf Legate und Geschenke an Kirchen ohne nähere Zweck bestimmung 8252 M., auf Zuwendungen für Kirchen ausschmückung 11,526 Mark, für bauliche Zwecke, Orgeln u. s. w. 18,419 M., auf Begräbnißstistungen 13,850 M., auf Vertheilung von Bibeln und Gesang büchern 250 M., auf Armenstiftungen rc. 20,010 M., auf Stiftungen besonderer Gottesdienste 900 M., auf Traubibeln 160 Mark und auf verschiedene kirchliche Zwecke, einschließlich der Zuwendungen an kirchliche Vereine 4423 M. — König Albert hat das über den Steinmetzge hilfen Karl Ferdinand August Johne aus Hermsdorf bei Königstein wegen Mordes im ideellen Zusammen hangs mit Raub verhängte Todesurtheil nicht bestätigt, sondern denselben zu lebenslänglichem Zuchthaus be-